Pedale stellen, neben den Griffen und dem Sattel, einen der Kontaktpunkte zwischen Fahrrad und Fahrer dar. Sieht man von grundsätzlichen Vorlieben wie Klick- oder Plattformpedal ab, könnte man denken, dass es kein Hexenwerk sein kann, ein gutes Plattformpedal zu entwickeln. Doch mit solch einer Einschätzung liegt man schwer daneben. Neben Fußgrößen spielen auch Repositionierbarkeit, Bauhöhe, Anordnung der Pins sowie Haltbarkeit eine große Rolle. Mit einer großen Aufstandsfläche, reichlich langen Pins sowie einer niedrigen Bauhöhe kommt das Azonic Big Foot daher – wir haben es getestet.
Azonic Big Foot – Kurz & knapp
Azonic möchte mit dem „Big Foot“ – wie der Name schon sagt – vor allem Fahrer mit großen Füßen glücklich machen. Die Daten versprechen mit 16 Pins pro Pedal und einer niedrige Bauhöhe Grip und einen sicheren Stand.
- 12 mm Pedalkörper
- Geschmiedete Platform, 120 x 110 mm
- Material: geschmiedetes 6061 Aluminum
- Gewicht: 370 Gramm pro Paar (Herstellerangabe)
- Achse: geschmiedeter 4130 Chromoly-Stahl
- Doppelt abgedichtete Industrielager IGUS
- Hochglanzpolierte und anodisierte Oberfläche
- 32 abschraubare Stahlpins, 16 pro Pedal
- 4 Ersatzpins im Lieferumfang enthalten
- UVP: 129,90 Euro | Bikemarkt: Azonic Big Foot kaufen
Azonic Big Foot – In der Hand
Wer auf Fräsoptik steht, wird auf den ersten Blick mit dem Big Foot nicht ganz glücklich werden – der Pedalkörper ist geschmiedet, was durch die Verdichtung des Materials beim Schmiedevorgang hohe Festigkeiten bei niedrigem Gewicht ermöglicht. Ein großer Vorteil gegenüber einem Fräsvorgang aus dem vollen Material. Die Aussparungen wurden nach dem ersten Arbeitsschritt mit Hilfe einer Fräse herausgenommen.
Pedalkörper
Alle Stege sind recht filigran ausgeführt – so schmal, dass auf der gegenüberliegenden Seite der Pins mehr Material platziert wurde, um den Gewindesitz für die Madenschrauben unterzubringen. Anders als beim optisch ähnlichen VP Harrier, welches auf Zylinderkopfschrauben setzt, um die Pins von der Rückseite durch’s Pedal zu führen.
Achse & Lagerung
Niedrige Bauhöhe verlangt immer auch nach kleineren Lagern. Die Wahl fiel bei Azonic auf Polymer-Gleitlager aus dem Hause IGUS. Selbst direkt am Übergang zur Kurbel findet sich kein Kugel- oder Wälzlager, was Fahrern, die gerne nah an der Kurbel stehen, entgegenkommen dürfte.
Die Achse ist mit Hilfe einer selbst sichernden Mutter gesichert, so kann man ohne Spezialwerkzeug simpel und schnell das Pedal zerlegen und einen Service durchführen. Ein Set aus Achse und Lager ist als Wartungskit für 59 € (UVP) verfügbar.
Azonic Big Foot – Auf dem Trail
Während sich manchen Nutzern, die schon mal ungewollten Kontakt an Schienbein oder Wade mit Pins eines Plattformpedals hatten, beim schieren Anblick von 6 mm hohen Pins die Nackenhaare aufstellen, werden Gripfanatiker diese gerne willkommen heißen. Da ich mich zu letzteren zähle, bin ich in jedem Fall froh, nicht erst im Baumarkt längere Pins organisieren zu müssen, um eine entsprechend feste Verbindung zum Fahrrad zu erzeugen.
In der Mitte des Pedals finden sich niedrigere Pins, die mit einem mitgelieferten Schlüssel ein- und ausgeschraubt werden können. Das erzeugt in Summe ein Gefühl eines leicht konkaven Pedalkörpers, obwohl das Big Foot selbst komplett flach gefertigt ist. Position, Anzahl und Höhe der Pins wurden bei diesem Pedal sehr gut gewählt. Mit Schuhgröße 43/44 habe ich zwar keine Riesenfüße, aber dennoch gefiel mir die recht große Aufstandsfläche, da ich in verschiedenen Fahrsituationen gerne Druck von der Außenkante auf das Pedal aufbringe. So kam ich nie in Verlegenheit, dass mein Fuß danach nicht mehr in der richtigen Position zu finden war.
Wer im „Foot out, Flat out“-Stil unterwegs ist, wird das Level an Grip unter Umständen fast als zu hoch empfinden, da eine Repositionierung nicht immer ohne weiteres möglich ist. Da ich aber viel zwischen Klick- und Plattformpedalen hin und her wechsle und den Fuß auch bei Flats selten in Kurven vom Pedal nehme, war dies für mich in der Testphase nie ein Problem. Bei Matschfahrten verhindern große Öffnungen und schmale Stege am Big Foot zuverlässig, dass sich zu viel Morast im Pedal sammelt.
Haltbarkeit
Wer bereit ist, knapp 130 Euro für ein Pedal auszugeben, welches früher oder später den einen oder anderen Kontakt zu Steinen und Wurzeln haben wird, der möchte sein Geld in ein Produkt investiert wissen, welches diese Situationen ohne Schaden übersteht. Hier erwies sich das Big Foot leider als nicht sehr durchdacht: Die Achse war bereits nach geringen Steinkontakten nicht mehr ganz gerade. Ein weiterer Kritikpunkt sind die Madenschrauben, welche als Pins dienen. Kommen sie wiederholt mit Steinen in Kontakt, beginnen sie, ihren Sitz im Aluminiumkörper des Pedals zu weiten. Bei einem weiteren Bodenkontakt reißen sie das Gewinde, in dem sie Halt finden, mit heraus. Bei von hinten durch den Pedalkörper geschrauben Zylinderkopfschrauben, ist zumeist mit etwas Mühe der Pin entfernbar und ein neuer kann eingebaut werden. Ohne Gewinde lässt sich dies beim Big Foot aber nicht reparieren. Zusätzlich entwickelte sich bereits nach wenigen Wochen seitliches Spiel im Pedal, was im Fahrbetrieb nicht wirklich negativ auffiel, aber in der Preiskategorie des Azonic nicht auftreten sollte.
Fazit – Azonic Big Foot
Niedrige Bauhöhe bedingt leider auch eine dünnere Achse sowie Platzsparmaßnahmen an der Lagerung. So war schon nach wenigen Wochen und auch nur leichten Steinkontakten die Lagerung renovierungsbedürftig und die Achse verbogen. Die Madenpins an den Außenkanten brachten zwar guten Grip, aber sie beschädigen bei einem Steinkontakt ihre eigenen Gewinde und sind so im Fall der Fälle nicht austauschbar. Wer große Füße hat und selten Steinkontakt mit seinen Pedalen pflegt, kann mit dem Azonic Big Foot allerdings glücklich werden. Der Grip ist hoch und die Selbstreinigung im Schlammeinsatz sehr gut.
Stärken
- Hoher Grip
- Leicht
Schwächen
- Pins schlecht ersetzbar, da nicht durchgeschraubt
- Lagerung und Achse für Gelände mit potentiellem Stein- und Wurzelkontakt unterdimensioniert
Testablauf
Wir testen das Azonic Big Foot auf Trailbikes in Latsch und der Albkante sowie auf Downhillbikes im Odenwald. Kilometerleistung cirka 500 km.
Hier haben wir die Azonic Big Foot getestet
- Latsch: Steinige und sandige Trails
- Albkante: Kalkstein und sehr matschige Trails im Winter
- Odenwald: Schnelle und flowige Trails auf rutschigem Untergrund
Jens Staudt
- Körpergröße: 190 cm
- Gewicht (mit Kleidung und Ausrüstung): 90 kg
- Schrittlänge: 91 cm
- Armlänge: 58 cm
- Oberkörperlänge: 56 cm
- Fahrstil: Schnellste Linie, auch wenn es mal ruppig ist
- Fährt hauptsächlich: Singletrails, sprunglastiger Localspot, Freeride, DH
- Besondere Vorlieben bzgl. Fahrwerk: Straff, gutes Feedback vom Untergrund, viel Druckstufe, progressive Kennlinie
- Besondere Vorlieben bzgl. Rahmen: Kettenstreben nicht zu kurz (mind. 435 mm), Lenkwinkel eher flacher
Preisvergleich
Weitere Informationen zu Azonic Big Foot
Webseite: www.azonic.eu
Text & Redaktion: Jens Staudt | MTB-News.de 2016
Bilder: Jens Staudt, Maxi Dickerhoff