Stevens Sledge Max im Test: Wie oft haben wir folgenden Satz in diversen Ausführungen schon gelesen? “Ein Mountainbike aus Norddeutschland – ob das gutgehen kann?” Seit 1990 baut Stevens Fahrräder und hat auf dem Weg viel Erfahrung gesammelt. Genug um im Test zu bestehen? Wir haben das Enduro-Bike der Hamburger mit in den Süden genommen und ausführlich getestet. Hier erfahrt ihr, was wir herausgefunden haben.
Steckbrief: Stevens Sledge Max
Einsatzbereich | Enduro |
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Federweg | 170 mm/160 mm |
Laufradgröße | 27,5ʺ |
Rahmenmaterial | Aluminium |
Gewicht (o. Pedale) | 14,1 kg |
Rahmengrößen | 16", 18", 20", 22" |
Website | www.stevensbikes.de |
Vom Enduro-Einsteiger bis hin zum engagierten Enduro-Piloten will Stevens mit der Sledge-Reihe die idealen Bikes im Programm haben. Vom Sledge, über das Sledge ES bis hin zum Sledge Max bieten die Hamburger drei Ausstattungsvarianten, die auf das Fahrer-Level angepasst sein sollen. Wir haben die Topversion, das Sledge Max, im Test gehabt und geprüft, wie wohl sich das Nordlicht in den Bergen Süddeutschlands fühlt. Das hochwertige Fox Factory-Fahrwerk mit satten 170/160 mm Federweg und die ab Werk verbaute e*thirteen-Kettenführung sprechen auf jeden Fall dafür, dass die Hamburger dem Sledge einiges an Abfahrtspotential zutrauen. Die Geometrie hingegen wurde zwar vor zwei Jahren überarbeitet, befindet sich jedoch mit einem moderatem Reach und Lenkwinkel immer noch auf der eher konservativen Seite. Lest weiter, um zu erfahren, warum man mit dem Stevens Sledge Max trotzdem keine Abfahrt zu scheuen braucht.
Geometrie
Das Sledge ist nicht das Erste seiner Art – zur Saison 2015 hat Stevens die neuste Evolutionsstufe vorgestellt, die sich grundsätzlich vom Vorgänger unterscheidet. Seitdem besteht das Stevens Sledge in seiner aktuellen Form und wurde nur in Details modernisiert und verbessert. Auch für 2018 gibt es keine großen Änderungen am Rahmen, lediglich Rahmengröße XL, beziehungsweise 22″, entfällt. Stellt man den Vorgänger neben das aktuelle Sledge, fällt auf: Länger, flacher und moderner ist die Devise. Mit einem 66° Lenkwinkel und sehr moderatem Reach wirkt die Geometrie verglichen mit aktuellen Angeboten auf dem Markt trotzdem etwas veraltet.
Rahmengröße | 16" | 18" | 20" | 22" |
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Sitzrohrlänge | 420 mm | 450 mm | 480 mm | 510 mm |
Sitzrohrwinkel | 75,4° | 74,6° | 74,3° | 74° |
Oberrohrlänge | 530 mm | 547 mm | 565 mm | 584 mm |
Oberrohr horizontal | 565 mm | 585 mm | 605 mm | 625 mm |
Steuerrohrlänge | 110 mm | 110 mm | 110 mm | 130 mm |
Lenkwinkel | 66° | 66° | 66° | 66° |
Gabelvorbiegung | 44 mm | 44 mm | 44 mm | 44 mm |
Kettenstrebenlänge | 430 mm | 430 mm | 430 mm | 430 mm |
Radstand | 1154 mm | 1174 mm | 1194 mm | 1215 mm |
Tretlagerabsenkung | 12 mm | 12 mm | 12 mm | 12 mm |
Tretlagerhöhe | 341 mm | 341 mm | 341 mm | 341 mm |
Vorbaulänge | 50 mm | 60 mm | 60 mm | 70 mm |
Reach | 412 mm | 431 mm | 452 mm | 465 mm |
Überstandshöhe | 726 mm | 736 mm | 741 mm | 744 mm |
Stack | 603 mm | 603 mm | 603 mm | 622 mm |
Ausstattung
Stevens punktet mit einer soliden Ausstattung bei angemessenen Preisen – und das als Händlermarke. Alle Modelle des Stevens Sledge sind mit Federelementen der Marke Fox ausgerüstet. Im Topmodell kommen sogar die Factory-Komponenten mit Kashima-Beschichtung zum Einsatz. Auffällig ist außerdem: Bei den Antriebskomponenten setzt man voll und ganz auf Shimano. Abgesehen von der Kurbel am Stevens Sledge Max werden überall Shimano-Anbauteile verwendet. Auch die restliche Ausstattung kann sich sehen lassen: Spank-Lenkzentrale, Schwalbe-Reifen und DT Swiss-Systemlaufräder runden das 3.799 € teure Sledge Max ab.
- Federgabel Fox 36 Float Factory (170 mm)
- Dämpfer Fox Float X Factory (160 mm)
- Antrieb Shimano XT
- Bremsen Shimano XT
- Laufräder DT Swiss E 1700 Spline Two
- Reifen Schwalbe Magic Mary Evolution / Schwalbe Hans Dampf Evolution
- Cockpit Spank Spike Bearclaw / Spank Spike Race
- Sattelstütze Kind Shock LEV-Integra
Modell | Sledge | Sledge ES | Sledge Max |
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Rahmen | Aluminium 7005 TB | Aluminium 7005 TB | Aluminium 7005 TB |
Gabel | Fox 34 Float Performance | Fox 34 Float Performance | Fox 36 Float Factory |
Steuersatz | Stevens MTB Taper 1 1/8" – 1 1/2" | Stevens MTB Taper 1 1/8" – 1 1/2" | Stevens MTB Taper 1 1/8" – 1 1/2" |
Dämpfer | Fox Float DPS Performance | Fox Float DPS Performance | Fox Float X Factory |
Bremsen | Shimano Deore | Shimano Deore XT | Shimano Deore XT |
Kurbelsatz | Shimano SLX | Shimano Deore XT | Race Face Turbine DM32 |
Umwerfer | Shimano SLX | Shimano Deore XT | - |
Kette | Shimano CN-HG601 | Shimano CN-HG701 | Shimano CN-HG701 |
Schaltung | Shimano Deore XT Shadow+ | Shimano Deore XT Shadow+ | Shimano Deore XT Shadow+ |
Kassette | Shimano SLX | Shimano Deore XT | Shimano Deore XT |
Systemlaufräder | DT Swiss Enduro Classic | DT Swiss E 1900 Spline Two | DT Swiss E 1700 Spline Two |
Reifen | Schwalbe Magic Mary Evolution | Hans Dampf Evolution | Schwalbe Magic Mary Evolution | Hans Dampf Evolution | Schwalbe Magic Mary Evolution | Hans Dampf Evolution |
Lenker | Spank Spike Bearclaw | Spank Spike Bearclaw | Spank Spike Bearclaw |
Vorbau | Spank Spike Race | Spank Spike Race | Spank Spike Race |
Sattel | Oxygen Roccia | Oxygen Roccia | Oxygen Roccia |
Sattelstütze | Kind Shock CRUXi | Kind Shock CRUXi | Kind Shock LEV-Integra |
Schalthebel | Shimano SLX | Shimano Deore XT | Shimano Deore XT |
Bremshebel | Shimano Deore | Shimano Deore XT | Shimano Deore XT |
Gewicht (Herstellerangabe) | 14,3 kg | 14,1 kg | 13,9 kg |
Farbe(n) | Fire Red | Olive Green | Alu Raw |
Zul. Gesamtgewicht | 115 kg | 115 kg | 115 kg |
Im Detail
Stevens Bikes bekommt man als Endkunde im Normalfall über den Händler. Wir bekamen unser Testrad per Spedition in einem großen Karton. Viele Schrauben mussten nicht angezogen werden, bevor das Rad fahrbar war, denn abgesehen vom Lenker war das Bike vormontiert. Die Aufbauqualität fiel dabei positiv ins Auge – hier passt eigentlich alles. Auf dem dezenten Raw-Rahmen, befinden sich viele orangene und schwarze Aufkleber, die zusammen mit den Fox-Komponenten ein stimmiges Gesamtbild ergeben. Auch ansonsten wirkt das Rad wie aus einem Guss. Alles wirkt durchdacht und dem Einsatzzweck entsprechend. Lediglich die Zugführung unter dem Tretlager könnte man bemängeln. So sind die Züge zwar aus dem Weg beweglicher Teile, sind aber auf der Unterseite nur bedingt geschützt.
- Kinematik Viergelenker
- Dämpfer-Einbaumaß x Hub 216 x 63 mm
- Dämpferhardware 22,2 x 8 mm
- Steuerrohrdurchmesser 44 – 56 mm, tapered
- Sattelrohrdurchmesser 30,9 mm
- Variostützen interne Zugführung möglich
- Tretlager BB92 Pressfit
- Kettenführungsaufnahme ISCG05
- Umwerferaufnahme Direct Mount
- Naben-Einbaumaß Boost 148 mm
- Achsmaß 12 mm Steckachse, geschraubt
- Max. Bremsscheibengröße 203 mm
- Trinkflaschenmontage 1x
Die Zugführung ist eines der am meisten diskutierten Themen. Innenverlegte Züge schaffen ein sauberes Bild, können aber bei Defekten oder bei der Wartung gewaltige Kopfschmerzen verursachen. Außenverlegte Züge schön und sinnvoll zu führen, ist schwierig – dafür ist dabei die Wartung sehr viel einfacher. Stevens integriert am Sledge Max alle Züge fast vollständig im Rahmen. Knapp hinter dem Steuerrohr verschwinden Bremsleitung, Schaltzug und Variostützen-Leitung ins Innere des Rahmens, treten aber kurz vor dem Tretlager auf der Unterseite des Unterrohrs wieder heraus. Hinter dem Tretlager wird die Variostützen-Leitung wieder ins Sitzrohr geführt. Bremsleitung und Schaltzug werden von unten wieder in die Kettenstreben eingeführt, treten aber weit vor der Hinterrad-Achse wieder aus den Streben heraus. Das bietet auf der Kettenstrebe Platz für einen großzügig dimensionierten Kettenstrebenschutz. Abgesehen davon sucht man Gummi-Schoner vergeblich.
Will man das Dämpfer-Setup ändern, stößt man bei der Zugstufen-Einstellung auf ein weiteres kleines Problem: Zwischen Wippe und Dämpfer ist kaum Platz, um den Zugstufen-Knopf zu erreichen. Wir mussten den Dämpfer am oberen Dämpferauge lösen und herausdrehen, um die Zugstufe zu verstellen.
Am Sledge Max kommt ein klassischer Viergelenk-Hinterbau zum Einsatz – hier seht ihr, wie er arbeitet:
Stevens Sledge Max Hinterbau von Grinsekater – Mehr Mountainbike-Videos
Auf dem Trail
Bevor es auf den Trail geht, steht zunächst das Setup an. Mit 70 psi erreichen wir an der Fox 36 Factory-Federgabel ca. 20 % Sag, am Heck kommen wir mit 180 psi auf etwa 25 %. Wir starten zunächst mit wenig Druckstufen-Dämpfung: 15 Klicks Lowspeed-Compression und 9 Klicks Rebound. Vorsicht, bei Fox wird von ganz geschlossen gezählt!
Da es sich um das leichteste Rad im Testfeld handelt gehen wir mit hohen Erwartungen in den ersten Uphill und werden nicht enttäuscht. Mit der Serien-Schwalbe-Bereifung rollt das Stevens Sledge Max sehr gut und macht so auch die Anfahrt zum Berg sehr angenehm. Einen großen Teil dazu trägt auch die Sitzposition bei: Diese fällt recht kompakt und aufrecht aus, der Körperschwerpunkt liegt schön über dem Tretlager. So muss man nicht von hinten treten und bekommt gefühlt viel Druck aufs Pedal. Ein leichtes Wippen, das aber nicht weiter stört, kann man auf Asphalt-Zubringern durch den 3-Positionen-Hebel am Fox Float X-Dämpfer komplett unterdrücken. Dieses Feature nutzen wir allerdings überraschend selten, denn vor allem im Gelände sorgt das offene Fahrwerk für mehr Komfort und Traktion. Durch den kurzen Radstand sind technische Uphills mit dem Stevens Sledge Max eine wahre Freude – hier punktet es durch Effizienz, Agilität und die hohe Traktion.
Geht es in den Downhill, fallen direkt zwei Dinge auf: Das Fahrwerk ist auf der straffen Seite – das Bike wiederum auf der verspielten. So ergibt sich der Eindruck, dass das Fahrwerk erst bei höheren Geschwindigkeiten angenehm arbeitet. Längere Abfahrten zehren mit diesem Setup an den Kräften. Nach etwas Experimentieren mit den Luftdrücken landen wir bei jeweils 5 psi weniger, also 65/175 psi. So arbeitet das Fahrwerk etwas sensibler, vermittelt ein sichereres Fahrgefühl und schont die Kraftreserven.
Auf naturbelassenen, verwinkelten Trails kann das Stevens Sledge Max glänzen. Sein direktes Handling gefällt, Richtungswechsel benötigen wenig Einsatz und das Gelände wird zum Spielplatz. Das Bike bügelt nicht alles nieder, sondern gibt Feedback vom Untergrund, ohne dabei unkomfortabel zu werden. Genügend Pop sorgt dafür, dass an Wurzeln und Kanten regelmäßig abgezogen wird. Außerdem tauchen Gabel und Dämpfer nicht zu sehr ab und geben bei steilen Stufen viel Sicherheit. Trotzdem fühlt sich das Sledge Max auf derartigem Terrain etwas frontlastig an, weshalb wir schließlich einen 2 cm Spacer unter dem Vorbau montierten. Diese extrem einfache Tuning-Maßnahme verschafft dem Bike sehr viel mehr Sicherheit in steilem Gelände.
Auf moderaten Trails bietet das Stevens Sledge Max selbst bei hohen Geschwindigkeiten noch ausreichend viel Laufruhe – das Fahrwerk hilft hier, die kompakte Geometrie etwas zu kompensieren. Wird der Untergrund ungleichmäßiger und die Geschwindigkeit höher, verlangt das Bike einiges mehr von seinem Piloten ab. Verglichen mit längeren Bikes büßt es hier deutlich an Laufruhe ein. Stevens geht hier einen anderen Weg als viele konkurrierende Hersteller: das Sledge Max ist kein Mini-Downhiller mit unglaublichem Geradeauslauf, sondern ein vergleichsweise einfach zu fahrendes Rad. Es benötigt weniger Vorausplanung und ist recht schnell auf Geschwindigkeit gebracht – ideal für improvisationsfreudige Fahrer, die permanent nach der besten Linie suchen. Wer sich außerhalb seiner Komfortzone bewegt, sollte allerdings sehr genau wissen, was er tut.
Das ist uns aufgefallen
- Lautstärke Trotz Kettenstrebenschutz ist das Stevens Sledge Max nicht das leiseste Bike. In rauem Gelände klappert die Kette relativ laut. Hier kann jedoch kostengünstig Abhilfe geschaffen werden.
- Reifenwahl Um das Sledge Max noch etwas mehr in Richtung Abfahrtsperformance zu trimmen, haben wir etwas stabilere Reifen in weicherer Gummimischung montiert. So büßt man zwar etwas an Uphill-Performance ein, bekommt aber als Ausgleich mehr Traktion und mehr Sicherheit in nassen Bedingungen.
- Haltbarkeit Das Sledge hat den Testzeitraum unbeschadet überstanden: Kratzer, Risse oder Dellen konnten wir keine feststellen. Auch die Ausstattung zeigte sich solide.
Fazit – Stevens Sledge Max
Stevens spricht mit dem Sledge Max ambitionierte Enduro-Piloten an und trifft damit den Nagel auf den Kopf. Mit seinem einfachen Handling und dem großen Einsatzspektrum ist das Stevens Sledge Max eine wahre Freude auf verwinkelten Naturtrails. Viel Pop im Fahrwerk und eine kompakte Geometrie fördern den Spieltrieb, ohne dabei unkomfortabel zu werden.
Sledge Max – Pro / Contra
Stärken
- Handling
- Fahrwerk
- Vortrieb
Schwächen
- Hinterreifen
- Geräuschkulisse
Testablauf
Das Stevens Sledge Max ist Teil eines Gruppentests und wurde in einem Zeitraum von mehreren Wochen von diversen Testern in verschiedenstem Gelände bewegt. Um einen aussagekräftigen Testeindruck zu gewinnen, wurde jedes Bike neben Shuttle- und Bikepark-Fahrten über 10.000 hm bergauf getreten. Das Stevens Sledge Max wurde uns für den Testzeitraum vom Hersteller zur Verfügung gestellt.
Hier haben wir das Stevens Sledge Max getestet:
- Kronplatz, IT: Teils gebaute, teils naturbelassene Trails
- Saalbach, AT: Ruppige, schnelle Bikeparktrails, harte Böden, etc.
- Lenzerheide, SUI: Alpine Singletrails, Bikeparktrails
- Weiteres Testgelände: Frische, lockere Singletrails, große Sprünge, steinige, steile und technische Trails
- Testername: Lorin Riedel
- Körpergröße: 169 cm
- Gewicht (fahrfertig): 70 kg
- Schrittlänge: 74 cm
- Armlänge: 52 cm
- Oberkörperlänge: 45 cm
- Fahrstil: Eher mehr am Boden als in der Luft, schnelle Linie
- Ich fahre hauptsächlich: Singletrails im Mittelgebirge und den Alpen, lange Abfahrten am Stück, ab und an Bikepark
- Vorlieben beim Fahrwerk: Federweg darf gerne ausgenutzt werden, auf langen Abfahrten eher weicher
- Vorlieben bei der Geometrie: Lenkwinkel gerne flacher, Kettenstreben mittel bis lang (für mehr Laufruhe)