Spot-Check Grindelwald
Inzwischen ist es schwierig geworden, seinen Freunden von neuen Regionen, epischen Trails und Bergpanoramen zu berichten. Wenn es um die Alpen geht, gibt es wahrscheinlich keine Region, die noch nicht die Vorzüge des Bikesports für sich entdeckt hat. Jedoch gibt es ein paar wenige, die noch nicht überrannt sind und mit abenteuerlichen Enduro-Trails herausragen. Wir waren in einer dieser Regionen: Grindelwald in der Schweiz.
Nachdem nahezu alle Rennen, Termine und Events für dieses Jahr abgesagt wurden, die Überstunden im Büro nur so überquollen, die Lust auf Biken aber viel zu groß war, um einfach daheim zu bleiben, kam es wie gerufen, dass sich die Gelegenheit auftat, gemeinsam mit meinem Kumpel Leo die Region Grindelwald erkunden zu können. Um ehrlich zu sein, hatte ich bis dato noch nie von Grindelwald gehört – die Eiger-Nordwand war mir ein Begriff, aber generell hatte ich in Anbetracht meines Geldbeutels bisher immer einen großen Bogen um die Schweiz gemacht.
Da ich aber keine wirkliche Lust auf die ganzen großen Bikeparks hatte und endlich mal wieder etwas Neues sehen wollte, packte ich voller Motivation meinen Bus und sammelte Leo kurzerhand auf dem Weg in Schweiz ein. Ein kurzer Abstecher auf die Freiburger Trails, die ich bisher auch noch nicht gefahren war, war der perfekte Start für den Trip.
Leo ist erfolgreicher YouTuber und ein netter Typ, mit dem ich bisher noch nicht viele gemeinsame Trailkilometer gesammelt hatte. Die Fahrt wurde natürlich auch nicht langweilig, da es hochinteressant war, sich über unsere beiden doch sehr individuellen Berufungen auszutauschen.

Als wir auf Höhe Interlaken in das Tal Richtung Grindelwald abbogen, wurden die Berge bereits immer imposanter. Am Hotel angekommen, verdeckten zu diesem Zeitpunkt noch ein paar Wolken den Blick auf das Bergpanorama, jedoch war es auch so schon eindrucksvoll genug, dass wir nicht so wirklich wussten, wo wir als erstes hinschauen sollten. Ich dachte bisher wirklich, dass ich keine krasseren Berge mehr sehen würde, nachdem ich schon einige Roadtrips durch die Rocky Mountains in Kanada unternommen hatte. Doch die Schweizer Berge sind wirklich next Level und hauen einen jedes Mal auf’s Neue von den Socken.

So, jetzt aber genug geglotzt – Leo und ich hatten Bock auf Ballern! Nach einem kurzen Meeting und Kaffee lernten wir unseren Guide François kennen. Wettertechnisch sah es eher nach Dusche aus, doch das hielt uns nicht davon ab, die Gondel zu unserem ersten Trail zu nehmen. Nach ca. 20 Minuten hatten wir uns schweißfrei auf gut 2000 Meter schrauben lassen. Auf einem gut ausgeschilderten Schotterweg pedalierten wir noch ca. 45 Minuten zu unserem Ziel.
Der Bachalpsee Loop Trail


Endlich, das erste Mal in diesem Jahr so richtig hochalpine Trails ballern! Ordentlich durchnässt, aber dank der Gondel noch voller Energie, stürzten wir uns nach kurzer Einweisung von François in den Trail. Nach 5 Minuten bergauf und bergab auf einfachem Singletrail verwandelte sich dieser in einen extrem spaßigen Weg, der einige unterschiedliche Linien bereithielt. Leider war die Aussicht an diesem Tag noch nicht perfekt, aber hinter den Wolkenschleiern ließen sich bereits die brutalen Ausmaße des Eigers erahnen. Wir waren ohnehin damit beschäftigt, den teils doch recht technischen Trail zu meistern.





Ab der Hälfte verwandelte sich der hochalpine, steinige Charakter in einen wurzeligen, dank des Regens matschigen und später im Nadelwald absoluten fluffigen Premium-Boden. Inzwischen machte sich der deutliche Höhenunterschied, den wir bereits hinter uns gebracht hatten, bei unseren untrainierten Körpern bemerkbar, doch das konnte uns unser Grinsen nicht nehmen.

Nun war unsere erste alpine Trailabfahrt in 2020 geschafft und ein voller Erfolg. Absolut empfehlenswert, dieser Bachalpsee Loop Trail – und in punkto Vielseitigkeit hinsichtlich des Geländes für uns Flachländer immer wieder ein Genuss. Von der Schwierigkeit blieb die Abfahrt konstant und überraschte nicht mit plötzlichen gefährlichen Stellen. Wir waren sehr zufrieden! Ein perfekter erster Tag, an dem das Wetter den Spannungsbogen auf die zu erwartende Aussicht hochhielt.
Nach dem üblichen 6-Gänge-Menü, wie man es sich eben als Mountainbiker so gönnt (ein kleines Dankeschön an das Hotel Kirchbühl), war der erste Tag mit einer mehr als nur 2 Minuten langen Abfahrt in diesem Jahr im Kasten. Cheers!
Trail von der großen Scheidegg
Für heute stand ein entspannter, aber spaßiger Trail von der großen Scheidegg auf dem Programm. Die Möglichkeiten, dorthin zu kommen: Per Bus, Gondel oder selbst treten. Wir entschieden uns gemütlicherweise wieder für die Gondel und traversierten in einer guten Stunde über einen flowigen Singletrail von der First zur großen Scheidegg.

Nun offenbarte die Region ihr wohl größtes Gut: Die Wolken wurden lichter und die Aussicht auf die Bergkette rund um den Eiger ließ uns deutlich die Kinnladen runterklappen. Zum Glück war der Trail nicht so schwierig, da der Blick immer wieder in Richtung Ferne zu den krassen Bergen glitt. Als Fahrtechnik-Trainer sollte man eigentlich wissen, wo der Blick hingeht, in diesem Moment war mir dies aber egal.

Für die darauffolgenden Tage entschieden wir uns, auf E-Bikes zu wechseln, da man in der Tat sagen muss: viele Abfahrten mit dem Trailbike würde man hier nicht runterreißen. Es ist insgesamt mehr zum Genießen und für Ganztags-Touren geeignet, die Shuttles und Auffahrtsmöglichkeiten via Gondel und Bus können schnell ins Geld gehen. Wer also Abfahrtskilometer runterreißen möchte, sollte lieber in anderen Regionen verkehren. Grindelwald ist etwas für Genießer.
So muss man bei seiner Tourenplanung zum Beispiel auch beachten, dass die Zahnradbahn Richtung Eiger Biker erst ab 16:00 Uhr mitnimmt. Daher muss man abwägen, ob man auf’s schwerere Gerät setzt und mehr bergab fährt oder sich sportlicherweise die Höhenmeter aus eigener Muskelkraft erarbeitet. Generell gilt in der Schweiz ein gewisses Fairplay-Prinzip auf Trails: Jeder Trail darf von Bikern befahren werden, es sei denn, es ist explizit verboten. Die Region kämpft dafür, weitere Trails als offizielle MTB-Abfahrten auszuschreiben, doch wer sich rücksichtsvoll auf den Wanderwegen verhält, ist natürlich auch willkommen. Wir werden definitiv zurückkommen!


Trails auf Komoot
Die Fortsetzung zu diesem Spot-Check gibt es auf eMTB-News.de
Weitere Informationen zur Region: grindelwald.swiss, mehr Informationen zu Oliver und seinen Camps gibt es auf www.sundayrides.de.
Wer hat noch Lust auf schicke Alpentrails in der Schweiz bekommen?
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Information: MTB-News.de steht in keiner Weise in finanzieller Verbindung zu Verfasser, Fotograf oder Organisator des Berichts. Der Bericht wurde uns von Oliver Sonntag kostenfrei zur Verfügung gestellt. Für weitere Informationen zum Angebot findet ihr den Link zum Anbieter im Artikel.
35 Kommentare
» Alle Kommentare im ForumJa bei Umgang mit ihnen, ist zu einer Augen/Ohrenmaske zu raten.
G.
Mir kommts bei allen verkaufsrekorden der individuellen trethilfen trotzdem so vor als läuft dieses tourismusding nicht richtig oder man hat noch kein konzept.
Braucht man sich nur die schlange an den liften ansehn obwohls doch mittlerweile fähige bikes und uphillflowege gibt.
Ich seh auf strava für was die bikes verwendet werden. Der eine fährt weil er grad krank ist, fährt langweilige hausrunden und der andere checkt die neuen locations für die tour am nächsten tag. Das sind so nutztiere. Praktisch ja, aber das schöne erlebnis wird mit dem mtb genossen.
Ich glaube wenn die sportler am nächsten tag aufs dc oder gravel gewechselt hätten und da die möglichkeiten aufgezeigten, das der bericht für die destination ungleich viel mehr werbewirkung hätte.
Jetzt ist nur noch die frage wer am abend mehr isst und mehr lohnt. Der mtb oder der tretstromfahrer. Das wäre ein spannender vergleich. Ich bin für eine studie jederzeit bereit.
Bei dem Titel "Ein ruhiges Fleckchen mit einsamen Trails" und dem Hinweis auf Tourenbeschreibungen dachte ich irgendwie an schöne Uphills, Übernachtungs- und Einkehrmöglichkeiten und an schöne Trails mit atemberaubenden Ausblicken ins Tal.

Wurde dann aber eines besseren belehrt, als es dann losging mit Gondeln und "Ballern". Ich verbinde eine "Tour" und "Mtb" immer noch mehr mit etwas anderem - aber ich bin wahrscheinlich auch einfach zu alt
https://www.br.de/mediathek/video/b...-und-stilfserjoch-av:5bc9a29d975ea3001c557b17
Das Bild sieht sehr lecker aus! Nur ist es leider in der falschen Fahrtrichtung geschossen worden! Von der First her kommend, geht der Trail dort hoch und nicht runter. So wie eigentlich der ganze Trail rüber zur Grossen Scheidegg.
Grundsätzlich ein typischer Influencer-Bericht. Die Fakten werden halt passend gebogen, damit es geil aussieht oder klingt. Das Berner Oberland hat viele coole Bike-Spots. Grindelwald gehört meiner Meinung nach definitiv nicht dazu. Ich komme aus der Region Thun und fahre einmal im Jahr diese Bachalpsee-Region.
Der Eigertrail wäre auch cool und auch runter ins Lauterbrunnental, nur ist man da schon nicht mehr so willkommen. Eigentlich auf der ganzen Seite der kleinen Scheidegg. Dort haben sie viel lieber die Jungfrau-Besucher und die Biker stören ja nur. Die Biker haben ja in Grindelwald jetzt schon EINEN Trail und viele Forststrassen. Das muss reichen...
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