El Hierro ist die westlichste und kleinste der zu Spanien gehörenden Kanarischen Inseln. Während es auf Teneriffa aktuell Probleme mit Wegsperrungen gibt, soll hier ein echtes Bike-Paradies schlummern. Die nur etwa 270 Quadratkilometer große Insel liegt knapp 1500 Kilometer vom spanischen Festland entfernt. Trotz der kleinen Fläche geht es hier auf bis zu 1500 Meter über dem Meeresspiegel hinauf. Ein Geheimtipp für den Winterurlaub? Wir haben uns die Trails auf der Insel genauer angeschaut.
Spot-Check: El Hierro
Fünf Tage hatten wir Zeit, um die Trails auf El Hierro kennenzulernen. Im Januar erwarteten uns angenehme Temperaturen um die 20°C und Sonnenschein. Perfektes Bikewetter also.
El Hierro ist die wohl am schwierigsten erreichbare Kanarische Insel. Mit dem Flugzeug geht es nach Teneriffa, von dort aus ist El Hierro entweder mit einem kleinen Insel-Hopper Flugzeug vom Flughafen Teneriffa Nor oder mit der Fähre von Los Cristianos erreichbar. Wir haben die aufwändige Anreise auf uns genommen, um uns die abgelegene Insel anzuschauen. Uns erwartet raues Vulkangestein, sandige Wüstenregionen, zauberhafte Nebelwälder, trockene Kiefernwälder und grüne Hochebenen, die an Irland erinnern. Viel Abwechslung für eine nur knapp 270 Quadratkilometer große Insel. Nicht umsonst wurde El Hierro von der UNESCO zum Weltbiosphärenreservat erklärt.
Tag 1: Anreise von Teneriffa nach El Hierro
Zunächst geht es von Frankfurt mit dem Flugzeug nach Santa Cruz de Tenerife. Ab etwa 300 € sind Hin- und Rückflug zu haben. Mit dem Shuttle geht es nach Puerto de la Cruz, wo wir eine Nacht verbringen, bevor es am nächsten Tag mit der Fähre nach El Hierro gehen soll. Wir bauen unsere Bikes auf und machen uns auf, um Abendessen zu suchen und uns die Stadt anzusehen. Puerto de la Cruz ist eine schöne kleine Stadt mit vielen kleinen Restaurants und Bars. Es gibt frischen Fisch und spanisches Bier. Die Nacht verbringen wir im Hotel Trovador.
Am nächsten Morgen geht es mit dem Shuttle Richtung Vilaflor auf etwa 2200 m. Von dort erwartet uns eine sandige Trailabfahrt mit etwas Schotterpistenanteil direkt nach Los Cristianos.
Hier fällt auf, wie stark touristisch geprägt Teneriffa ist. Große Hotelbauten, ein Strand gespickt mit Sonnenschirmen – wer’s mag… Zugegebenermaßen ist Los Cristianos wohl der unschönste Ort auf Teneriffa, andernorts ist der Tourismus weniger stark ausgeprägt und die Aussicht wesentlich schöner. Von Los Cristianos geht es mit der Fähre in etwa zweieinhalb Stunden hinüber nach El Hierro. Die Überfahrt kostet hin und zurück etwa 100 €.
Auf der kleinen Insel angekommen erwartet uns ein gänzlich anderes Bild als in Los Cristianos. Hier gibt es keine großen Hotelbauten oder überfüllten Strände. Die Küste ist zum größten Teil von steilen Klippen geprägt. Nur etwa 10.000 Menschen leben auf El Hierro und die Unterkünfte sind alle recht klein gehalten. Alles wirkt recht ursprünglich und familiär. Wir wohnten im Hotel Ida Inés in Frontera im Zentrum der Insel. Die Zimmer sind einfach gehalten, aber es ist alles sehr sauber und es gibt kostenloses WLAN – für uns durchaus immer ein wichtiger Aspekt. Auch frühstücken kann man im Hotel. Wer kein Spanisch spricht, muss sich ein wenig mit Händen und Füßen verständigen – vor diesem Problem wird man auf El Hierro aber immer wieder stehen.
Den Abend verbringen wir in einem nahegelegenen Restaurant und lassen uns die frische Paella schmecken. Wer Fisch mag, wird auf El Hierro auf seine Kosten kommen.
Tag 2: Zauberwald & Marathon-Abfahrt
Mit dem Shuttle geht es auf etwa 1300 m nach Los Llanos. Hier fahren wir auf einer kurzen Trailrunde durch einen zauberhaften Nebelwald. Immer auf und ab geht es über griffigen Erdboden vorbei an moosbedeckten Ästen.
Dann geht es größtenteils über sandige schnelle Trails in Richtung La Restinga bis direkt ans Meer, wobei auch einige Transfers auf Schotter überwunden werden müssen. Auch einige kurze und technische felsige Passagen gilt es zu meistern. Nach den 1300 Tiefenmetern springen wir zur Abkühlung kurzerhand ins Wasser und stärken uns dann mit frischem Fisch.
Nach dem Mittagessen geht es mit dem Shuttle wieder bergauf nach Los Llanos. Ein weiteres Mal geht es auf flowigen Trails durch den Nebelwald. Darauf folgt eine schnelle Abfahrt über ein offenes Feld mit schwarzen Vulkansand. Nach kurzer Zeit finden wir uns im Wald wieder und der Trail wird mit jedem Meter felsiger und technischer. Nach einer schier endlosen Abfahrt mit etwa 1000 Tiefenmetern am Stück treffen wir mit müden Armen auf eine Asphaltstraße, die uns zurück zum Hotel nach Frontera führt.
Bilanz des Tages: etwa 3000 Tiefenmeter, davon etwa 400 selbst getreten. Unterwegs waren wir auf abwechslungsreichen Trails und von Waldboden über Vulkansand bis zu felsigem Terrain war alles dabei.
Tag 3: Sonnenaufgang an der Abbruchkante
Nach einer Auffahrt mit dem Shuttle starten wir wieder von Los Llanos. Dieses Mal geht es noch ein Stück bergauf an die Abbruchkante des Golfotals. Hier erwartet uns ein Trail entlang der Kante abwechselnd bergauf und bergab führt. Dazu gibt es einen grandiosen Ausblick und einen atemberaubenden Sonnenaufgang zu sehen.
Wir durchqueren auch heute wieder den Nebelwald und fahren danach über eine grüne Hochebene mit niedrigen Mauern, die stark an Irland erinnert. Die Trails sind größtenteils flowig mit wenigen technischen Passagen.
Unterwegs durchqueren wir den kleinen Ort Valverde. Kleine Bars laden hier zu einer gemütlichen Mittagspause ein. Ein kurzes Stück müssen wir hier auf Pflastersteinen und Asphalt zurück werden, aber schon bald wird es wieder schmaler.
Auf Trails mit teils tiefem Sand geht es dann hinab zur Badebucht von Tamaduste. Wenn man sich erstmal an das Gefühl von rutschenden Reifen im Sand gewöhnt hat, macht die Abfahrt mächtig Spaß. Nach kurzem Baden im kalten Wasser und Mittagessen in einer kleinen Bar geht es mit dem Shuttle zurück zur Unterkunft.
Tag 4: Malpaso – Abfahrt vom höchsten Punkt der Insel
An unserem vierten und letzten Tag auf der Insel geht es ein weiteres Mal mit dem Shuttle Richtung Los Llanos. Diesmal erwartet uns noch ein kleiner Uphill auf von etwa 200 Höhenmetern, um auf den höchsten Punkt der Insel zu gelangen. Vom etwa 1500 m hohen Malpaso hat man einen hervorragenden Blick über El Hierro.
Heute erwartet uns eine abwechslungsreiche Abfahrt, die zunächst auf Schotterwegen beginnt. Nach einiger Zeit finden wir uns auch heute in einer grünen Hochebene wieder. Hier beginnt ein technischer Trail, der über Felsen und Treppen am Wahrzeichen El Hierros vorbeiführt, dem vom Wind geformten Wacholderbaum El Sabinar. Ab hier wird der Trail wieder sandiger und führt bis hinab auf eine Asphaltstraße, auf der die letzten Meter bis zum Meer zurückgelegt werden.
Reise, Organisation und Unterkunft
Anreise
Die Anreise erfolgt am besten über Teneriffa. Flüge gibt es ab etwa 300 € für Hin- und Rückflug. Dazu kommen eventuell die Kosten für die Fahrradmitnahme, die je nach Airline zwischen 65 und 80 € pro Flugstrecke liegen. Zusätzlich schlägt die Fähre nach El Hierro mit etwa 100 € für Hin- und Rückfahrt zu Buche.
Alternativ kann bei MTB-Active ein Pauschalpaket inklusive Fährfahrt, Unterkunft und Guiding inklusive Shuttleservice gebucht werden. Optional stehen auch Leihbikes zur Verfügung.
Verschiedene Fluganbieter bieten Flüge nach Teneriffa an:
Shuttle-Möglichkeiten
Der derzeit einzige Shuttleanbieter ist MTB-Active. MTB-Active hat derzeit den Hauptsitz auf Teneriffa, bietet aber für Reisegruppen auch die Möglichkeit, nach El Hierro überzusetzen und dort (geshuttelte) Touren zu fahren. Auch Komplettangebote, bei denen lediglich der Flug nach Teneriffa selbst gebucht werden muss, stehen zur Verfügung. Wir waren ebenfalls mit MTB-Active unterwegs und mussten daher nicht alle Höhenmeter selbst treten. Eventuell kann man einen der örtlichen Taxifahrer zu Shuttlefahrten überreden.
Bike-Verleih und Werkstätten
Hier trifft man auf das einzige Problem auf der kleinen Insel. Da der Biketourismus hier noch nicht wirklich angekommen ist, gibt es keinerlei Shops oder Werkstätten. Es muss also das eigene Bike inklusive sämtlicher Ersatzteile mitgebracht werden. Wer über Teneriffa mit MTB-Active anreist, hat die Möglichkeit, Bikes der Marken Canyon oder Bionicon zu leihen und auf den Shuttleservice zurückzugreifen.
Unterkünfte
Hotel Ida Inés
Wir sind im Hotel Ida Inés in Frontera untergekommen. Wie oben bereits beschrieben sind die Zimmer hier zwar recht einfach gehalten, aber sauber. Dazu gibt es kostenloses WLAN. Infos: Hotel Ida Inés
El Sitio
Vor der Heimreise schauten wir uns noch die Apartmentanlage eines deutschen Auswanderers an. Wunderschöne kleine Apartments, grandiose Aussicht, ein Aufenthaltsraum mit Internetzugang, ein Massage- und ein Yoga-Zimmer. Unserer Meinung nach definitiv einen Blick wert. Infos: El Sitio
Links
Fazit
Wer abseits von Menschenmassen und ausgetretenen Pfaden Urlaub machen möchte, ist auf El Hierro genau richtig. Die verschiedenen Klimazonen machen die kleine Insel extrem vielseitig. Wer damit leben kann, dass man ab und an einen Schotter-Transfer fahren muss, hat auf vielen Trails, die bisher noch kaum befahren werden, enormen Spaß. Die Trails sind insgesamt recht flowig zu fahren und bei Weitem nicht so rumpelig wie auf der Nachbarinsel La Palma. Momentan ist El Hierro noch ein echter Geheimtipp, was allerdings auch Probleme bei der Ersatzteilversorgung mit sich bringt. Wer auf der Suche nach neuen Bikeabenteuern ist, kommt hier auf seine Kosten. Kleiner Wermutstropfen bleibt die aufwändige Anreise.
Weitere Informationen
Text & Redaktion: Sebastian Beilmann | MTB-News.de 2016
Bilder: Sebastian Beilmann
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