Specialized hat beim US-amerikanischen Patentamt ein Patent angemeldet, das das bereits im Downhill World Cup erprobte Hinterbau-Konzept mit Umlenkung unterhalb des Tretlagers zeigt. Darstellungen im Antrag legen nahe, dass dieses System auch beim neuen Specialized Enduro zum Einsatz kommen könnte.
Specialized meldet Patent mit Umlenkung unterhalb des Tretlagers an
Seit der letzten Saison testet Specialized im Downhill World Cup fleißig ein neues Bike, das zahlreiche interessierte Blicke auf sich gezogen hat – doch so wirklich viel konnte man nicht erkennen, weil der Bereich rund um den Dämpfer großflächig abgedeckt war. Das hat sich beim World Cup-Finale in Mont-Sainte-Anne geändert, als das erfolgreiche Team die Hüllen fallen ließ.
Zum Vorschein kam ein Hinterbau-System mit klassischem Horst Link und dem Clou, dass sich ein Teil der Umlenkung unterhalb des Tretlagers befindet. Der Dämpfer sitzt dabei horizontal oberhalb des Tretlagers, was für einen sehr niedrigen und zentralen Schwerpunkt sorgen dürfte. Der Hauptdrehpunkt befindet sich ungefähr auf Höhe des Kettenblatts, während eine charakteristische Zugstange und eine weitere Wippe im Bereich unterhalb des Dämpfers und des Tretlagers positioniert sind.
Neues Patent: Wird das System beim Specialized Enduro eingesetzt?
Dieser Ansatz, bei dem sich ein Teil der Dämpfer-Anlenkung unterhalb des Tretlagers befindet, ist nicht grundlegend neu – beim legendären Ancilotti kommt ein ähnliches System zum Einsatz. Allerdings erweitert Specialized dieses eher ungewöhnliche Hinterbau-Design um einen Horst Link. Im Grunde handelt es sich beim UBB-Design (Under Bottom Bracket) also um einen ziemlich aufwendigen FSR-Hinterbau, der aber laut Specialized einige Vorteile bieten soll – dazu später mehr.
Interessant wird es nun mit einem Patent, das die Marke aus Kalifornien bereits im März 2023 bei den US-Behörden eingereicht hat. Dieses Patent wurde nun veröffentlicht – und es zeigt keinen Downhill-Rahmen, sondern einen Hinterbau, der in den Zeichnungen und Graphen einen Federweg von 172 mm generiert. Natürlich geht es beim Patent in erster Linie darum, ein Konzept schützen zu lassen. Doch der Federweg in Kombination mit einer skizzierten Flasche im Hauptrahmen und einer Single Crown-Federgabel legt zumindest die Vermutung nahe, dass Specialized das UBB-Design auch bei einem neuen Specialized Enduro anwenden will.
Das aktuelle Specialized Enduro bietet satte 170 mm Federweg und wurde im August 2019 vorgestellt. Deshalb ist davon auszugehen, dass Specialized derzeit intensiv an einem Nachfolger arbeitet. Dass Specialized beim Downhill- und Enduro-Boliden jeweils dasselbe Hinterbau-Konzept verwendet, wäre keine Neuerung: Auch die aktuelle Generation Demo und Enduro haben abgesehen von leichten Abwandlungen einen sehr ähnlichen Ansatz.
UBB-Design soll mehrere Vorteile bieten
Welche Vorteile genau soll das UBB-Design bieten? Dazu macht Specialized im eingereichten Patent mehrere Angaben, wenngleich die Sprache in solchen Anträgen immer ziemlich verschachtelt ist. Durch das komplexe System sollen sich verschiedene Parameter wie Anti-Rise und Anti-Squat, die Raderhebungskurve oder das Übersetzungsverhältnis unabhängig voneinander abstimmen lassen. Auch das ist keineswegs ein neuer Ansatz, sondern im Prinzip das Ziel, das alle Hersteller bei den verschiedenen Hinterbau-Designs verfolgen.
Specialized möchte diesen Spagat nun mit einem Design schaffen, das den Dämpfer sehr zentral im Rahmen platziert – dadurch dürfte der Schwerpunkt sehr tief sein. Außerdem sind am Prototyp, der von Loïc Bruni und Finn Iles sehr erfolgreich im Downhill World Cup pilotiert wurde, Markierungen zu erkennen, die für eine große Anpassbarkeit des Hinterbaus sprechen. Auch im Patent wird von einer großen Anpassbarkeit gesprochen.
Die im Patent gezeigten Graphen und Raderhebungskurven zeigen kein allzu extremes Design. Im progressivsten Ansatz der fünf gezeigten Konfigurationen liegt die Progression über den gesamten Federwegsbereich bei etwa 19 %, was insgesamt für einen Specialized-typisch eher linearen Hinterbau spricht. Der Anti-Squat liegt bei ziemlich genau 100 %, wenn man von einem Sag von 30 % ausgeht. Interessant sind die gezeigten Anti-Rise-Verläufe, die viele unterschiedliche Ansätze zeigen. Generell muss man bei den dargestellten Graphen jedoch vorsichtig sein, da keineswegs gesagt ist, dass diese den Serien-Produkten entsprechen müssen.
Aktuell liegen uns noch keine Informationen vor, wann neue Specialized-Rahmen mit dem UBB-Design in Serie gehen könnten. Da Specialized im World Cup bereits so intensiv und erfolgreich das Konzept erprobt hat, ist es wohl nur eine Frage der Zeit, bis die Kalifornier auch bei Serien-Produkten wie dem Demo oder dem Enduro auf den neuen Hinterbau setzen. Allerdings ist zumindest das Demo laut dem Specialized World Cup-Team noch weit von einer Serienreife entfernt und wird aktuell ausgiebig getestet
Das gesamte Specialized-Patent als PDF
Alternativ findet ihr hier das verlinkte Specialized-Patent als PDF.