Specialized Cannibal MTB-Reifen im Test: Wir haben den Wettkampfreifen von Loic Bruni und Finn Iles für euch getestet. Hier erfahrt ihr, wie sich der Specialized Cannibal auf dem Trail schlägt!
Specialized Cannibal: Infos und Preise
Es ist ein offenes Geheimnis: Lange Zeit war das Specialized Gravity Team rund um die beiden Downhill-Superstars Loic Bruni und Finn Iles auf geschwärzten Maxxis-Reifen unterwegs. Diesem für einen Sponsor eher unglücklichen Zustand konnte die Reifen-Entwicklung des kalifornischen Fahrradgiganten mittlerweile allerdings Einhalt gebieten. Der neue Specialized Cannibal wurde zusammen mit den beiden Racern entwickelt und genau auf ihre Bedürfnisse abgestimmt. Dass diese Herangehensweise nicht die Schlechteste ist, zeigen allein die Ergebnisse des Teams. So konnte Finn Iles auf den neuen Reifen dieses Jahr in Mont-Saint-Anne seinen ersten World Cup-Sieg überhaupt einfahren. Grund genug, den Specialized Cannibal mal genauer unter die Lupe zu nehmen.
- Einsatzzweck Downhill, Park, Enduro
- Gummimischung Gripton T9
- Karkasse Grid Gravity
- Laufradgrößen 27,5″ / 29″
- Breite 2,4″
- Gewicht 1.420 g (29″)
- Preis (UVP) 70 €
- www.specialized.com
Das Profil des Reifens wirkt auf den ersten Blick relativ grob. Alle Stollen fallen ziemlich massiv aus und sind ausgesprochen gut abgestützt. Vor allem die dicken Seitenstollen machen mächtig Eindruck. Anders als bei vielen Konkurrenten verzichtet Specialized hier auf eine Schlitzung der Stollen. Ziel bei dieser Profilanordnung: Jede Menge Bremsgrip, das Maximum an Traktion, ein auch bei hohen Geschwindigkeiten sehr berechenbarer, stabiler Reifen und vor allem keine wegknickenden Stollen.
Specialized positioniert den Cannibal klar im abfahrtslastigen Segment und nicht als Allrounder. Dementsprechend wird der Reifen auch nur mit Grid Gravity-Karkasse und T9-Gummimischung verkauft. Dabei handelt es sich um die stabilste Karkasse und das weichste Gummi im Specialized Produktportfolio. Entsprechend ist der Cannibal für den abfahrtslastigen Race-Einsatz und den Bike Park konzipiert. Bei der Laufradgröße hat man die Wahl zwischen 29″ und 27,5″. Die Breite beträgt 2,4″. In der von uns getesteten 29″-Ausführung bringt der Reifen 1.420 g auf die Waage. Der Kaufpreis liegt bei 70 €.
Auf dem Trail
Bevor es auf den Trail gehen kann, steht natürlich die Montage an. Hier hat der Reifen absolut keine Probleme gemacht und sich entspannt auf unseren DT Swiss-Felgen tubeless montieren lassen. Einige Hübe mit der Standpumpe und das altbekannte Ploppen signalisieren: Der Reifen sitzt! Kompressor oder Booster wurden nicht benötigt.
Schon beim Montieren fällt neben dem massiv wirkenden Stollen die ziemlich weiche T9-Gummimischung auf. Diese sorgt dann nicht nur in der Hand, sondern auch auf dem Trail für jede Menge Grip. Gerade auf harten Bikepark-Strecken oder eingefahrenen Downhill-Pisten bietet die Kombination aus Profil und Gummi eine hervorragende Traktion. Man hat hier das Gefühl, wie auf Schienen durch Anlieger, über Wurzelfeder oder Steinfelder zu brettern. Dabei spielt der Reifen gerade bei hohen Geschwindigkeiten und sehr schnellen Kurven seine Stärken voll aus. Mit wegknickenden Seitenstollen hatten wir dank der massiven Abstützung überhaupt keine Probleme. Auch die Bremstraktion lässt nichts zu Wünschen übrig. Dabei liefert der Cannibal sowohl bei trockenen Bedingungen als auch bei Nässe ab und gript zur vollen Zufriedenheit. Auch auf nassen Wurzeln oder Steinen behält der Reifen stur seine Linie bei und schmiert nicht unvorhergesehen weg.
Etwas Federn lassen muss Loic Brunis Pneu hingegen, wenn die Geschwindigkeiten in technischen Situationen langsamer werden. Hier fühlt sich der Reifen etwas bollerig an und man hat das Gefühl, dass sich die Stollen nicht so gut mit dem Untergrund verzahnen. Auch bei sehr tiefen, matschigen Böden kommt der Menschenfresser an seine Grenzen. Hier haben dedizierte Matschreifen oder Abwandlungen wie der Specialized Hillbilly oder der Maxxis Shorty die Nase vorn. Dafür zieht der Cannibal natürlich deutlich weg, wenn der Untergrund wieder fester wird.
Die Dämpfung der Karkasse fällt angenehm, für einen Downhill-Reifen aber nicht übermäßig hoch aus. Hier hätten wir uns für den Einsatz am Downhill-Bike etwas mehr Futter gewünscht. So hatten wir auch bei höheren Luftdrücken immer mal wieder mit unschönen Durchschlägen zu kämpfen. Der Reifen überstand diese allerdings meist unbeschadet. Trotzdem macht es aus unserer Sicht durchaus Sinn für den Einsatz am Downhill-Bike zusätzlich ein Reifen-Insert zu montieren.
Der Rollwiderstand ist in Ordnung und dem Einsatzbereich entsprechend. Für ausgedehnte Enduro-Touren oder flache Flowtrails ist der Cannibal allerdings selbstverständlich nicht die beste Wahl. Auch der Verschleiß hält sich trotz der ziemlich weichen Gummimischung im Rahmen. Unserer Einschätzung nach ist der Specialized Cannibal auf jeden Fall ein gutes Stück langlebiger als ein Maxxis Assegai mit Maxxgrip-Gummimischung.
Etwas unschön ist allerdings, dass bei unseren beiden Testreifen die verwendete Stans-Dichtmilch durch die Reifenflanke diffundiert. Dieses sogenannte Schwitzen ist an dem hier im Artikel gezeigten Vorderradreifen deutlich ausgeprägt. Zwar hat dies keinen direkten Einfluss auf die Trail-Performance, unschön ist es aber trotzdem.
Fazit: Specialized Cannibal Reifen
Mit dem Cannibal hat Specialized nach langem Warten endlich einen waschechten Downhill-Reifen im Programm. Loic Brunis Reifen der Wahl überzeugt mit jeder Menge Traktion und viel Stabilität bei hohen Geschwindigkeiten. Zudem kann der Reifen in puncto Haltbarkeit überzeugen. Kleine Schwächen leistet sich der Cannibal allerdings bei langsamen Geschwindigkeiten. Außerdem könnte die Karkasse für unseren Geschmack etwas robuster ausfallen und auch die schwitzenden Reifenflanken sind unschön.
Für alle, die auf der Suche nach einem griffigen und verhältnismäßig langlebigen Reifen für schnelle Downhill-Strecken oder den Bike Park sind, ist der Specialized Cannibal ein brandheißer Tipp.
Pro / Contra
Stärken
- ausgezeichneter Grip und gute Haltbarkeit
- sehr definiert und vorhersehbar bei hohen Geschwindigkeiten
- perfekt geeignet für harte und Intermediate-Untergründe
Schwächen
- schwitzende Reifenflanken
- Karkasse könnte robuster sein
Mit welcher Reifenkombination seid ihr aktuell unterwegs?
Testablauf
Wir haben die Specialized Cannibal Reifen an einem Scott Gambler Downhill-Bike für eine Saison getestet. Dabei waren wir unter anderem in den Bikeparks Schladming, Leogang, Morzine, Klinovec und Lac Blanc unterwegs.
Körpergröße | 184 cm |
Schrittlänge | 87 cm |
Oberkörperlänge | 67 cm |
Armlänge | 63 cm |
Gewicht | 74 kg |
- Fahrstil
- sauber, hohes Grundtempo
- Ich fahre hauptsächlich
- Enduro, Trail, Downhill
- Vorlieben beim Fahrwerk
- vorne straffer als hinten, schneller Rebound, nicht zu viel Dämpfung
- Vorlieben bei der Geometrie
- moderater Reach, keine zu kurzen Kettenstreben, flacher Lenkwinkel