MTB-News.de

Scott Gambler 2020 im Test
Light Weight, Baby!

Scott Gambler im Test: Das neue Gambler ist für Scott, was Jared Fogle einst für Subway war: Eine traumhafte Geschichte von unglaublichem Gewichtsverlust durch hauseigenen Produkte und Technologien. Aus der ursprünglichen, extrem bulligen Bikepark-Maschine wurde zunächst 2013 ein immer noch bulliges Racebike. 2019 steigt nun das neue Gambler Tuned wie ein filigraner Carbon-Phöenix aus der Asche seiner Vorfahren. Wir konnten das vielfältig einstellbare und vor allem leichte Scott Gambler Tuned in der 29″-Konfiguration bereits testen.

Vollständigen Artikel lesen …

Steckbrief: Scott Gambler

EinsatzbereichDownhill
Federweg200 mm/200 mm
Laufradgröße27,5ʺ, 29ʺ
RahmenmaterialCarbon
Gewicht (o. Pedale)15,0 kg
RahmengrößenS, M, L, XL
Websitewww.scott-sports.com
Preis: 7.999 €

Nur zwei Tage nach der Vorstellung des lang erwarteten neuen Specialized Demo 29 zeigt Scott erstmal sein neues 29″ Downhill-Racebike. Auch wenn die neuste Inkarnation des Scott Gamblers optisch quasi keine Gemeinsamkeiten mit dem Vorgänger aufweist, sind die Schweizer einem Prinzip treu geblieben: Das Bike ist extrem einstellbar! Es wird aktuell zwar lediglich mit 29″-Laufrädern angeboten wird, dafür ist es aber kein Problem, das Gambler mit 27,5″-Laufrad hinten oder sogar vorne und hinten zu fahren. Außerdem sind die Kettenstrebenlänge, Tretlagerhöhe, Progression sowie der Lenkwinkel über verschiedene Bohrungen, Flipchips und Steuersatzschalen komplett justierbar.

Einen besonderen Fokus hat Scott zudem auf das Gewicht gelegt. Der Carbon-Rahmen soll federleichte 2.650 g auf die Waage bringen, unser Testbike wog trotz Stahlfeder-Dämpfer und Alu-Laufradsatz lediglich 15,0 kg. Möglich macht das unter anderem das neue Rahmendesign, eine hauseigene Kettenführung sowie die futuristische Syncros-Lenker-Vorbau-Kombination. Wir haben dem zum Verkaufsstart im Dezember 2019 vermutlich 7.999 Euro teuren Scott Gambler Tuned auf der harten und schnellen DH-Strecke in Bozi Dar die Sporen gegeben.

# Das neue Scott Gambler rollt zwar auf 29"-Rädern vom Band, kann aber prinzipiell auch als 650b- oder Mixed-Bike aufgebaut werden - zum Start soll die Vollgas-Variante mit super leichtem Carbon-Rahmen 7.999 € kosten, bietet jedoch auch alles, was das Herz begehrt.
Diashow: Scott Gambler 2020 im Test: Light Weight, Baby!
Diashow starten »

Geometrie

Die Geometrie des Scott Gambler fällt für ein modernes 29″ Downhill-Race-Bike ziemlich durchschnittlich – also lang und flach – aus. Allerdings ist der Rahmen aktuell vermutlich einer der anpassbarsten auf dem Markt. Die Kettenstrebenlänge lässt sich über verschiedenen Bohrungen zwischen 435 mm und 450 mm justieren. Dabei ist man allerdings nicht auf ein 27,5″-Hinterrad beschränkt – auch mit 29″ ist die kurze Position möglich. Außerdem kommt im unteren Dämpferauge ein Flip-Chip zum Einsatz, der das Tretlager zwischen 8,5 mm und 24,2 mm absenkt. Zu guter Letzt liefert Scott verschiedene Steuersatz-Einsätze mit, die den Lenkwinkel von 63° um ± 1° verstellen.

Selbstverständlich haben die einzelnen Einstellungen auch leichte Einflüsse auf andere Werte, wie den Reach oder die Lenkerhöhe, was die Geometrie-Tabelle ziemlich umfangreich macht. Berücksichtigt man den Federgabel-Auszug, dann sollen die Reach-Werte unabhängig von der Einstellung um lediglich 5 mm wandern. Außerdem verfügen die beiden kleineren Rahmengrößen über einen steileren Sitzwinkel. Dadurch kann der Sattel trotz 29″-Hinterrad etwas tiefer gefahren werden. Zusammengefasst bietet Scott das Gambler in vier Rahmengrößen mit Reach-Werten zwischen 400 und 495 mm an. Unser Testbike in Größe L bot angenehme 460,4 mm Reach und einen 636,5 mm hohen Stack im tiefen Tretlager-Setting.

Größe (29"/27,5")S/900 S/700 M/900 M/700 L/900 L/700 XL/900 XL/700
Low BB SettingHigh BB SettingLow BB SettingHigh BB SettingLow BB SettingHigh BB SettingLow BB SettingHigh BB Setting
Lenkwinkel62,9 ° 63,2° 62,9 ° 63,2° 62,9 ° 63,2° 62,9 ° 63,2°
Steuerrohr110,0 mm 110,0 mm 110,0 mm 110,0 mm 110,0 mm 110,0 mm 110,0 mm 110,0 mm
Oberrohr (horizontal)537,4 mm 535,7 mm 567,5 mm 565,7 mm 621,0 mm 618,9 mm 651,1 mm 648,9 mm
Überstandshöhe719,3 mm 712,3 mm 711,6 mm 705,0 mm 712,1 mm 705,8 mm 709,6 mm 703,6 mm
Tretlagerabsenkung-24,2 mm -8,5 mm -24,2 mm -8,5 mm -24,2 mm -8,5 mm -24,2 mm -8,5 mm
Tretlagerhöhe346,4 mm 342,6 mm 346,0 mm 342,6 mm 345,4 mm 342,6 mm 346,2 mm 342,6 mm
Radstand1.207,6 mm 1.212,8 mm 1.237,6 mm 1.242,8 mm 1.270,0 mm1.272,8 mm1.297,6 mm 1.302,8 mm
Sitzrohr405,0 mm 405,0 mm 405,0 mm 405,0 mm 405,0 mm 405,0 mm 405,0 mm 405,0 mm
Sitzwinkel66,8°67,2° 66,8°67,2° 63,8° 64,2° 63,8° 64,2°
Kettenstrebe438,7 mm 435,0 mm 438,7 mm 435,0 mm 438,7 mm 435,0 mm 438,7 mm 435,0 mm
Reach400,2 mm 405,0 mm 430,3 mm 435,0 mm 460,4 mm 465,0 mm 490,5 mm 495,0 mm
Stack636,2 mm 631,3 mm 636,2 mm 631,3 mm 633,5 mm 631,3 mm 636,2 mm 631,3 mm
# Das neue Scott Gambler ist vielfältig anpassbar - der Flip-Chip im unteren Dämpferauge verstellt je nach Position nicht nur die Tretlagerabsenkung und andere Geometrie-Werte, auch die Progression ändert sich je nach gewählter Bohrung.

Ausstattung

Das neue Scott Gambler wird zunächst in einer Variante mit High-End-Ausstattung angeboten. Das Gambler Tuned bietet alles, was das Racer-Herz begehrt, kostet aller Wahrscheinlichkeit nach allerdings auch 7.999 Euro – der Preis kann sich bis zum Verkaufsstart im Dezember 2019 jedoch noch leicht ändern. So kommt ein hochwertiges Fox Factory-Fahrwerk bestehend aus 49-Federgabel und DHX2-Stahlfederdämpfer zum Einsatz. SRAM stellt hingegen den zuverlässigen und leichten X01 DH 7-fach Antrieb, ohne den kaum ein Downhill-Bike noch auszukommen scheint.

Auch die bissigen Code RSC-Bremsen mit 200 mm Scheiben stammen von SRAM. Erwartungsgemäß setzt Scott auf einige Anbauteile des hauseigenen Komponenten-Herstellers Syncros. Im Gegensatz zu anderen Hausmarken fallen diese jedoch sehr hochwertig aus. Ein besonderes Schmankerl ist die einteilige, zirka 350 Euro teure Syncros Hixon iC DH-Lenker-Vorbau-Kombi, die nicht nur sehr leicht ist, sondern auch optisch deutlich aus der Masse heraus sticht.

Gambler 900 Tuned
FedergabelFox 40 Factory 29”, 203 mm travel / Kashima / Air / GRIP2 / Hi-Lo Comp / Rebound, 20 mm Boost thru axle
DämpferFox DHX2 Factory, HSC, LSC, HSR, LSR, custom tuned, 225 x 75 mm, Spring rates: S – 400 / M – 450 / L&XL – 500
SteuersatzSyncros DH adjustable, Semi integrated / adj ±1° with cup, ID 49,6 mm / OD 56 mm
SchaltwerkSRAM X01 DH, Short Cage, 7-fach
SchalthebelSRAM X01 DH
BremseSRAM Code RSC, 200 mm
KurbelnSRAM X01 DH DUB Carbon, 34 T, 165 mm
KettenführungScott DH Custom
TretlagerSRAM DUB PF MTB107, Shell 107 x 41 mm
LenkerSyncros Hixon iC DH Carbon, 15 mm Rise / 8° / 800 mm, Syncros Pro DH dual lock-on grips
SattelstützeSyncros DH1.5 / 31,6 mm / Alloy7050
SattelSyncros Comox 1.5, Titanium Rails
KetteKMC X11-1
KassetteSRAM CS PG-720 DH, 11–25 T
ReifenMaxxis Assegai 29 x 2,5" / 2 x 60 TPI Kevlar Bead / DH / TR / 3C Maxx Grip
LaufräderSyncros Revelsoke DH 1.5 / 110 x 20 mm Boost front / 157 x 12 mm rear / 29" / 32 H / Tubeless Ready Rims
ExtrasSyncros DH Fender
Gewicht15,0 kg (gewogen)
Preis (provisorisch)7.999 €

# An der Front arbeitete die bekannte und zuverlässige Fox 49 Factory-Federgabel mit 200 mm Federweg.
# Luftdruck, Volumenspacer, HSC, LSC, HSR, LSR - bei so vielen Knöpfen und Einstellmöglichkeiten fühlt man sich schnell wie ein DJ am Mischpult.
# Der Fox DHX2 Factory-Stahlfederdämpfer am Heck ist kaum weniger einstellbar - die mitgelieferte 500 lbs Feder war für unseren 73 kg schweren Testfahrer allerdings zu hart.
# Der Syncros Hixon iC DH Carbon-Lenker mit integriertem Vorbau sticht optisch aus der Masse heraus - Geschmäcker sind bekanntermaßen unterschiedlich. Wir finden ihn zwar etwas gewöhnungsbedürftig, insgesamt jedoch futuristisch und schick.
# Scott-Gambler-Tuned-1499
# Scott-Gambler-Tuned-1498
# Das Scott Gambler verfügt über eine eigene Kettenführung, die ohne die bekannten ISCG-Tabs auskommt - den Entwicklern zufolge nimmt der Standard viel zu viel Platz weg. Dadurch müssen Lagerpunkte verschoben werden, die Reifenfreiheit sinkt und die Kettenstreben müssen schmaler ausfallen. Scott hat nach eigenen Angaben alle Einzelteile der Führung auf Lager, diese können im Schadensfall über jeden Scott-Händler bezogen werden. Die Führung soll 14,90 € kosten, der Bashguard 19,90 €.
# Kaum ein modernes High-End-DH-Bike kommt noch ohne das SRAM X01 DH-Schaltwerk aus.
# SRAM Code RSC-Bremsen sorgen für Bremspower satt …
# … dazu gehören selbstverständlich große 200 mm Scheiben.
# Das von der Fox 36 bekannte Syncros-Schutzblech wurde nun in einer vergrößerten Version an die Fox 40 angepasst und ist an jedem Scott Gambler vormontiert. - Man kann optional auch nur den vorderen oder hinteren Teil fahren. Das Schutzblech soll zirka 20 € kosten.
# Der Syncros Comox-Sattel soll hinten extra kurz gehalten sein, um mehr Platz für den 29" Hinterreifen zu schaffen.
# Der Maxxis Assegai in der 2,50" WT-Version sorgt für massig Bremsgrip …
# … er ist auf Syncros Revelsoke-Laufräder montiert.

Im Detail

Auf den ersten Blick sieht das neue Scott Gambler aus, wie ein aktuelles Scott eben aussieht. Optisch gibt es quasi keine Gemeinsamkeiten mit dem Vorgänger mehr, dafür folgt die Formsprache ganz klar jener von Ransom, Genius und Co. Der Eingelenker-Hinterbau ist einem Viergelenker mit senkrecht im Rahmen montiertem Dämpfer gewichen – dieses System lässt sich laut Scott einfacher anpassen. So besitzt das neue Bike mehr Anti-Rise und soll seine Geometrie in steilen Sektionen besser bewahren, ohne zu sehr auf Kosten des Grips oder Komforts zu gehen. Das schlanke Oberrohr und das etwas voluminösere Unterrohr sind kurz vor dem Sattelrohr weit nach unten gezogen und der Übergang zum Hinterbau gelingt fließend.

Ein Hauptaugenmerk bei der Entwicklung des Bikes war für Scott der Leichtbau – ein Gebiet, in dem die Schweizer bereits seit langem als sehr kompetent gelten. Außerdem ist, anders als im XC-Bereich, in dem es vor allem um effizienten Vortrieb geht, ein extrem steifer Downhill-Rahmen nur bedingt erstrebenswert. Um die perfekte Balance zwischen Gewicht und Steifigkeit zu finden, hat Scott bereits bei der Entwicklung des Genius eigene Testanlagen entwickelt. Auch das Gambler wurde in insgesamt vier sehr unterschiedlich steifen Evolutions-Stufen darauf getestet: Altes Rad, altes Rad mit Carbon-Hinterbau, der massive Horst-Link-Prototyp aus 2018 sowie das aktuelle Carbon-Rad. Die Testergebnisse hat man anschließend mit dem Feedback der hauseigenen World Cup-Profis verglichen und validiert.

# Weg mit dem verschachtelten abgestützen Eingelenker, her mit einem regulären Viergelenker - das neue Design gliedert sich optisch perfekt in die bestehende Scott-Produktpalette mit Ransom, Genius, Spark und Co. ein.
# Scott hat bei der Entwicklung einen besonderen Fokus auf das Gewicht gelegt - der neue Carbon-Rahmen ist im starken Unterschied zu den Vorgängern besonders leicht.
# Auch mit 29"-Laufrädern lässt sich das kurze 445 mm Kettenstreben-Setting nutzen - die Reifenfreiheit ist dennoch ausreichend.
# Der Steuerrohr-Bereich ist wie von Scott gewohnt recht schlicht und aufgeräumt.

Herausgekommen ist ein mit 2.650 g (Angabe von Scott) sehr leichter Vollcarbon-Rahmen. Um die gesteckten Ziele zu erreichen wurden aber auch keine Kompromisse eingegangen. So verzichtet man auf den ISCG-Standard und verbaut stattdessen eine eigene nur 113 g schwere Kettenführung. Grund dafür ist allerdings vor allem, dass der ISCG-Standard den Entwickler zufolge veraltet ist und zu viel Platz wegnimmt. Ohne ISCG können die Kettenstreben breiter und steifer werden und dennoch ausreichen Reifenfreiheit bieten. Dadurch kann man selbst im kurzen Kettenstreben-Setting ein 29″-Hinterrad mit voluminösen 2,5″ breiten Reifen problemlos fahren.

Apropos Kettenstreben-Setting: In Sachen Einstellbarkeit hat man sich bei Scott noch einiges mehr überlegt. Denn auch wenn das Scott Gambler zum Verkaufsstart lediglich mit 29″-Laufrädern angeboten wird, ist es trotzdem möglich, das Rad mit 27,5″ vorne und hinten oder nur hinten aufzubauen. Möglich macht das unter anderem ein vielseitiger Flip-Chip im unteren Dämpferauge. Dreht man diesen um 180°, dann hebt oder senkt sich das Tretlager. Außerdem bietet er zwei verschiedene Bohrungen, die den Winkel des Dämpfers und somit die Progression zwischen zirka 30 % und 35 % verändern. Dazu kommen noch die bereits erwähnten Steuersatzschalen zur Anpassung des Lenkwinkels.

# Die Kettenstreben lassen sich zwischen 445 mm und 460 mm justieren - das kurze Setting ist auch mit 29"-Laufrädern problemlos fahrbar.
# Zum Gambler werden verschiedene Einsätze für den Steuersatz geliefert, die den Lenkwinkel um ±1° verstellen.
# Tuned bezeichnet die High-End-Modelle von Scott - hier werden keine Kompromisse eingegangen.

Innenverlegte und geführte Kabel sowie Protektoren an den Kettenstreben und am Unterrohr sind mittlerweile eigentlich Standard und kaum noch erwähnenswert. Allerdings hat sich Scott hier wirklich viel Mühe gegeben, das Rad so leise wie möglich zu gestalten. Die Kabel wandern am linken der beiden integrierten Gabelanschläge hinter dem Steuerrohr in den Rahmen und treten gut geschützt kurz vor dem Dämpfer oben aus dem Unterrohr. Vor dem Lagerpunkt von einem Kabelbinder zusätzlich fixiert geht es durch Gummi-Ösen wieder in die Kettenstreben – hier kann wirklich gar nichts klappern.

Der Kettenstrebenschutz selbst fällt sehr großzügig aus und weist die von einigen Herstellern eingesetzten, geräuschdämmenden Lammellen auf. Außerdem sind auch die Unterseiten der Kettenstrebe sowie der rechten Sattelstrebe geschützt – vorbildlich. Ein kleines optisches Schmankerl ist der in den Rahmen eingelassene Schoner am Unterrohr. Dadurch lässt er sich von der Seite quasi nicht erkennen und trägt in keiner Weise auf. Außerdem bietet die Hausmarke Syncros nun auch ein anschraubbares Schutzblech für die Fox 40-Federgabel an, das an jedem Scott Gambler vormontiert ist.

# Schaltkabel und Bremsleitung laufen sehr sauber durch den linken Gabelanschlag in den Rahmen.
# Sie treten gut geschützt auf der Oberseite des Unterrohrs wieder hervor und von dort direkt in die Kettenstreben - hier klappert wirklich gar nichts, das Scott Gambler Tuned ist ein unfassbar leises Fahrrad.
# Die Kettenstrebe wird von einem großzügigen Protektor gut geschützt - auch die Unterseite sowie die Druckstrebe sind bedeckt.
# Am Unterrohr befindet sich ein großer Plastik-Schutz - dieser ist zudem in den Rahmen eingelassen, wodurch er von der Seite betrachtet nicht hervorsteht und auffällt.

Auf dem Trail

Wir haben unser Scott Gambler Tuned-Testbike in Größe L mit auf die gnadenlose und ausgebombte iXS Cup-Rennstrecke im tschechischen Bozi Dar genommen. Die mitgelieferte 500 lbs-Feder am Fox-Dämpfer haben wir direkt zu Beginn gegen eine 450er-Feder getauscht. Damit kam unser 73 kg schwerer Testfahrer zirka auf seinen Sag-Punkt. Ansonsten haben wir es beim kurzen Hinterbau-Setting, tiefen Tretlager und der neutralen Steuersatzschale belassen. Die Strecke in Bozi Dar beginnt relativ flach und schnell, was auf einem neuen Bike immer sehr angenehm ist.

In Sachen Geometrie hat Scott einiges richtig gemacht, denn man bekommt schnell das Gefühl, tief im Rad zu stehen, obwohl der futuristische Syncros-Lenker trotz Vorbau-Spacern nicht allzu hoch baut. Auf typischen Bikepark-Strecken mit Anliegern und Sprüngen macht sich das sensationelle Gewicht und der eher aktive Hinterbau des Gamblers bemerkbar: Es geht derartig leichtfüßig in die Luft und lässt sich so spielerisch quer legen, dass man glatt vergessen könnte, dass man auf einem langen und flachen 29″-Downhill-Racebike sitzt.

# Kaum ein modernes, langes und flaches 29"-Downhill-Bike geht derartig spielerisch und leicht in die Luft wie das Scott Gambler Tuned - neben dem niedrigen Gewicht spielt sicherlich auch der aktive Hinterbau und eher etwas steife Rahmen eine Rolle.

Primär soll das Scott Gambler Tuned jedoch in ruppigem und anspruchsvollem Gelände glänzen. Der Viergelenker-Hinterbau spricht in Kombination mit dem Fox DHX2-Stahldämpfer extrem sensibel an und filtert feine Schläge gut raus. Große Schläge werden auch gekonnt geschluckt, allerdings geht das Bike hier etwas sparsamer mit seinem Federweg um als einige Konkurrenz-Bikes. Im linearen Setting bekommt man dadurch durchaus etwas Feedback vom Untergrund. Krasse Lastspitzen, die den Körper schnell ermüden, sind allerdings nicht dabei.

Das lineare Setting ist mit 30 % alles andere als linear und so verwundert es nicht, dass wir in starken Kompressionen zwar spürbar das Ende des Federwegs erreichten, ein harter Durchschlag jedoch ausblieb. Mit dem Dämpferauge in der progressiven Aufnahme verhärtete der Hinterbau in der gefahrenen Konfiguration deutlich stärker. Auf unserer zweiten Teststrecke, einem klassischen mitteldeutschen Fichtenslalom, machte dies das Gambler Tuned etwas agiler und spritziger – in wirklich hartem Terrain hätten wir jedoch gerne eine weichere 400–425 lbs-Feder probiert, die aber leider nicht zur Verfügung stand.

# In ausgebombten Anliegern wie hier in Bozi Dar vermittelt das Scott Gambler viel Grip und versackt nicht zu sehr im Heck. - Der Syncros-Lenker war uns allerdings zu steif und sorgte schnell für schmerzende Hände.
# Scott-Gambler-Tuned-1614
# Scott-Gambler-Tuned-1627

Bei aufeinanderfolgenden harten Schlägen, beispielsweise bei Bremswellen, muss man auch aufgrund des eher steifen Rahmens den Lenker zwar etwas fester greifen, dafür rauscht das Scott Gambler nahezu ungebremst darüber hinweg und bleibt nicht in den Löchern hängen. So ist das Gambler zwar nicht das komfortabelste Downhill-Bike, das wir in den letzten Wochen gefahren sind, aber es ist ohne Frage ein effizientes Racebike.

Zum Glück hat Scott es mit der Steifigkeit wie versprochen nicht übertrieben. Bekommt man mal einen schrägen Hit ab oder vermasselt die Linie, wirft einen das Rad nicht sofort ab, wie wir es bei übermäßig steifen Bikes bereits erlebt haben. Eine Ausnahme gibt es allerdings: Der futuristische und optisch polarisierende Syncros Hixon-Lenker blieb bei uns nicht lange am Rad – er war einfach zu steif, um als 73 kg Fahrer eine total zerbombte vier Minuten lange Strecke in Angriff nehmen zu können. Mit einem etwas höheren Aluminium-Lenker fühlte sich das ganz Rad ausbalancierter und komfortabler an.

# Wer eine Sänfte sucht, ist mit dem Gambler schlecht beraten - das leichte Carbon-Geschoss gibt durchaus etwas Feedback an den Fahrer weiter. Allerdings neigt es nicht dazu, bei schrägen Hits stark abgelenkt zu werden, was mit zu steifen Bikes manchmal ein Problem sein kann.
# In rumpeligen Steinfeldern lässt sich das Bike präzise steuern und erholt sich schnell von großen Schlägen.
# Das Scott Gambler Tuned ist ein Race-Bike und verlangt nach etwas Führung - dann belohnt es jedoch mit ordentlich Spurtreue.

Im Vergleich

Das Scott Gambler zirka 100 Gramm leichter als das YT Tues 29 und somit das leichteste Downhill-Bike, das wir in diesem Jahr fahren konnten. Trotz des geringen Gewichtsunterschieds fühlt sich das Gambler spritziger an und lässt sich leichter in die Luft bewegen, was wir vor allem auf den höher im Federweg stehenden und aktiveren Hinterbau schieben. Beide Räder haben eher steife Rahmen, am Gambler machen sich jedoch die weicheren Alu-Laufräder positiv bemerkbar, denn bei schrägen Schlägen wird das Rad weniger abgelenkt und bleibt kontrollierbarer. Das Tues sitzt generell deutlich tiefer im Heck und frisst große Schläge einfach auf, das Gambler vermittelt mehr Feedback, lässt sich dafür jedoch auch präziser auf der Strecke platzieren.

Auf extrem schnellen und ausgefahrenen Strecken kommt das Scott Gambler Tuned nicht an die Laufruhe und Effizienz des Santa Cruz V10 ran. Geht es richtig zur Sache stellt sich am Santa Cruz schnell das Gefühl des „unendlichen Federwegs“ ein. Dafür braucht es einiges an Kraft und Mühe, um das V10 um verblockte Kurven zu drücken, bei sehr langsamen Geschwindigkeiten gibt es seinen Federweg zudem nur sehr ungern frei. Auf den meisten europäischen Rennstrecken ist es wohl eher eine Frage des persönlichen Vorliebe, ob man besser zum Gambler oder zum V10 greift.

Unser Dauertestbike vom letzten Jahr, das Cube Two15 29, klebt mit einem Luftdämpfer deutlich weniger am Boden. Mit Stahldämpfer kommt es an die Sensibilität des Gamblers ran – Durchschläge sind dann dank des lineareren Hinterbaus allerdings vorprogrammiert. Den meisten Testfahrern gefiel der etwas weichere und flexiblere Alu-Rahmen gut, der auch den ein oder anderen Fahrfehler verzeiht. Kann man mit dem Mehrgewicht und dem gelegentlichen Durchschlag (mit Stahldämpfer) leben, bekommt man bei Cube ein durchaus spaßiges Race-Bike für weniger Geld.

# Das YT Tues 29 ist dank Luftfahrwerk und Carbon-Laufrädern nur wenig schwerer als das neue Scott Gambler Tuned - es fällt jedoch eine Ecke steifer aus. Da es zudem etwas tiefer im Federweg versinkt, setzt man trotz identischer Tretlagerabsenkung öfter auf.
# Verglichen mit dem Santa Cruz V10 29 fühlt sich das Gambler weniger spurtreu an - wir reden jedoch weiterhin von einem langen 29" DH-Bike, das weit davon entfernt ist, nervös zu sein. In Kurven und auf Sprüngen hat das Gambler die Nase vorne.

Das ist uns aufgefallen

# Der futuristische und leichte Syncros Hixon iC DH-Lenker war uns leider etwas zu steif. - Das hängt allerdings stark von den persönlichen Präferenzen hab. Unser Testfahrer präferiert generell eher etwas weichere Alu-Lenker.
# Das Scott Gambler Tuned ist derartig leise, dass uns dies auf den ersten Fahrten geradezu unheimlich war. - Außerdem sind die vielen kleinen Details, wie der großzügige Kettenstrebenschutz oder die kleine Metall-Platte am Kettenblatt sehr lobenswert.

Fazit – Scott Gambler

Müssten wir das neue Scott Gambler Tuned mit einem Schneidwerkzeug vergleichen, würden wir uns für das Skalpell entscheiden: Beides sind sehr effiziente und hochwertige Präzisions-Werkzeuge. Dank seines geringen Gewichts, des aktiven Hinterbaus und der ausgewogenen Steifigkeit macht das Gambler auf der Rennstrecke eine exzellente Figur. Durch die 29″-Laufräder und aggressive Geometrie marschiert es problemlos über grobes Terrain, will letztendlich jedoch nicht einfach stumpf drauf losballern – das können andere Bikes teils noch besser. Dafür nimmt es extrem viel Geschwindigkeit durch ruppige Passagen mit, macht richtig viel Spaß und lässt sich sehr präzise steuern!

Pro / Contra

Pro

  • sehr leise
  • extrem leicht
  • sensibler und progressiver Hinterbau
  • sinnvolle Ausstattung
  • sehr stark anpassbar

Contra

  • sehr steifes Cockpit
# Mit dem Scott Gambler Tuned stellen die Schweizer ein reinrassiges Downhill-Racebike vor. - Das leichte Geschoss belohnt bei präziser Fahrweise mit viel Geschwindigkeit und lässt sich erstaunlich behände durch die Luft bewegen. Trifft man mal nicht die richtige Linie, gibt es zwar komfortablere Bikes, das Gambler stellt jedoch meist ausreichend Federweg zur Verfügung, um sich sicher auf dem Rad halten zu können.

Update: Wir haben im Artikel die Angaben zur Kettenstrebenlänge auf die Herstellerangabe geändert. Gemessen ergaben sich Werte zwischen 445 mm und 460 mm.


Testablauf

Scott hat uns einige Wochen vor der offiziellen Vorstellung des Scott Gamblers ein Testbike zur Verfügung gestellt. Wir konnten dieses sowohl im Bikepark als auch auf unseren Hometrails einem ersten Test unterziehen. Nach dem Testzeitraum ging das Bike zurück an den Hersteller.

Hier haben wir das Scott Gambler getestet

Tester-Profil: Gregor Sinn
Körpergröße 183 cm
Schrittlänge 85,5 cm
Oberkörperlänge 60 cm
Armlänge 61 cm
Gewicht 68 kg
Gregor fährt gerne Fahrräder jeglicher Kategorie, von Mountainbike bis Rennrad. Am liebsten ist er jedoch auf Downhill- und Enduro-Bikes unterwegs – gerne auch unter Zeitdruck im Renneinsatz.
Fahrstil
verspielt
Ich fahre hauptsächlich
Downhill, Enduro
Vorlieben beim Fahrwerk
unauffällig, hinten progressiv, wenig Druckstufe
Vorlieben bei der Geometrie
hinten nicht zu kurz, vorne geräumig, Lenkwinkel nicht zu flach

Wie findet ihr das neue Scott Gambler Tuned?

Die mobile Version verlassen