Vergangene Woche veröffentlichten wir eine Pressemitteilung zum Launch der neuen Bikemarke Sciu, die mit einem Enduro Bike und einem Gravel Bike startet. Da in den Kommentaren diverse Fragen und laut Sciu auch diverse Falschinformationen aufkamen, hatten wir uns entschlossen, das hitzig diskutierte Thema zu schließen und mit Sciu ein klärendes Interview zu führen. Auf Basis unserer Interview-Fragen hat uns Sciu ein umfangreiches Statement zugesandt, das wir an dieser Stelle veröffentlichen.
Statement von Sciu-Gründer Sven Hecker
Ein paar persönliche Worte vorweg
Mountainbiken ist ein intensiver und leidenschaftlicher Sport, der die Basis für eine großartige Gemeinschaft liefert. In den vergangenen mehr als 30 Jahren, die ich bike, habe ich das immer so erlebt. Man fährt Rad und schnackt viel über Erlebnisse, Technik sowie Gott und die Welt. Und was wäre ein Schnack ohne unterschiedliche Meinungen zu Technologien, Service und Marken? Langweilig. Diese persönlichen Bike-Gespräche basieren aber immer auf gegenseitigem Respekt.
Wieso ist das in der Online-Parallelwelt so anders? Mit der Anonymität fallen bei manchen alle Hemmungen und Bashing findet schnell Freunde. Ich frage euch: Wollt ihr selbst so behandelt werden?
Wir haben grundsätzlich nichts zu verbergen. Wenn es Details gibt, die wir bislang nicht beantwortet oder kommuniziert haben, dann kann man uns fragen und wir versuchen die Dinge zu beantworten. Und natürlich gibt es Dinge, die wir nicht detaillieren werden.
Wieso, weshalb, warum?
Wir sind mit SCIU auf dem Weg, unseren Traum einer eigenen Fahrradmarke umzusetzen. Ein Weg fängt immer irgendwo an und das sind bei uns nicht allein unsere Bikes. Wir freuen uns über jeden, der diesen Weg mitgeht oder dem wir aufgeschlossen auf diesem Weg begegnen.
Gjovalin und ich stehen als Gründer von SCIU für unsere gemeinsame Wertevorstellung und die Leidenschaft für coole Bikes. Wir wollen mit unserem neuen Unternehmen Verantwortungsbewusstsein, Gemeinschaft und Spaß am Biken weitergeben. Und aus diesem Grund stelle ich mich entschieden gegen Vorwürfe, die das infrage stellen.
Nachhaltigkeit
Nachhaltigkeit ist uns persönlich wichtig. Es ist kein Lippenbekenntnis, wenn wir von CO2-Neutralität, Unterstützung bei der Bekämpfung von Armut sprechen, oder uns für Lösungen beim Carbon-Recyclings einsetzen wollen.
Manche mögen es nicht mehr hören können: Neben der Vermeidung von Emissionen ist die Pflanzung von Bäumen der effektivste Weg, um CO₂ auf natürliche Weise wieder einzubinden und somit entstandene Emissionen wieder auszugleichen. In Bezug auf unsere aktuellen Produkte bedeutet das, unsere CO2-Emission für die Herstellung, den Transport und unserer Vertriebstätigkeit etc. komplett zu kompensieren. Für Jedes rechnen wir dabei mit 350KG CO2e. Zusätzlich haben wir für das laufende Jahr 30t CO2 für unsere Vertriebs- & Bürotätigkeit kompensiert. Am Ende eines jeden Geschäftsjahres werden wir unsere Emission überprüfen und ggf. zusätzlichen Ausgleich schaffen. Langfristig ist es für uns eine erstrebenswerte Option, lokal zu produzieren: aus vielfältigen Gründen und auch um Emissionen zu reduzieren. Wir starten allerdings erst einmal mit einer Produktion in China, wie 95 % aller Hersteller.
In unserem direkten Arbeitsumfeld versuchen wir zudem, ressourcenschonend zu handeln (von nachhaltigen Verpackungen bis zu Energie- & Emissionseinsparungen, etc.) und das ständig zu optimieren. Als junges und vor allem kleines Unternehmen haben wir in Bezug auf Nachhaltigkeit die ersten Schritte gemacht, die uns zum Start erfüllbar scheinen. Weitere nachhaltige Ideen werden wir sukzessive realisieren.
Unser Ziel ist es, Teil der B Corp-Organisation zu werden. Und jetzt zitiere ich: „B Corp-zertifizierte Unternehmen sind sozusagen ein neuer Typus von Unternehmen. Sie haben sich weiterentwickelt und achten nicht mehr nur auf Gewinn, sondern auf die Balance zwischen Gewinn und positiver Wirkung auf Gesellschaft und Umwelt. (…) Durch die Zertifizierung verpflichten sie sich dazu, die Auswirkungen ihrer Entscheidungen auf alle Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten zu berücksichtigen und halten freiwillig verifizierte Standards bezüglich Gesellschaft und Umwelt ein. Damit ist es ein ganzheitliches Zertifikat, dass sich auf das ganze Unternehmen bezieht und sich somit nicht auf Teilbereiche bezieht.”
Warum Carbon?
Überall dort, wo es auf maximale Belastbarkeit bei geringem Gewicht ankommt, ist Carbon erste Wahl. Ein weiterer Vorteil ist die lange Lebensdauer von Carbon: Carbonrahmen sind äußerst resistent gegen Materialermüdung und Witterung. Ein Rahmen aus Carbon lässt sich nahezu unbegrenzt lange nutzen – außer die Belastung ist zu hoch. Das sind die Hauptgründe, warum wir uns für dieses Rahmenmaterial entschieden haben.
Aus ökologischer Sicht sind der hohe Energieverbrauch in der Produktion und noch nicht optimale Entsorgungsfragen die Problembereiche. Stellt man Carbon dem Einsatz von Aluminium gegenüber, ist die Energiebilanz interessanterweise positiv: Carbon benötigt weniger Energie in der Herstellung. Und im Vergleich zu Aluminium entstehen auch weniger schädliche Emissionen und Abfallprodukte. Wir können und wollen den Energieverbrauch bei der Herstellung nicht schönreden. Aber wir versuchen, dies mit der vollständigen Kompensation der CO2-Emissionen zu heilen.
Kommen wir zur Frage des Recyclings.
Zuerst: Carbonrahmen gehören nicht auf die Mülldeponie! Wir verpflichten uns, unsere Rahmen am Ende ihrer Lebensdauer kostenfrei zurückzunehmen und einer fachgerechten Entsorgung zuzuführen. Entweder über bestehende Downcycling Verfahren oder über ein echtes Re- oder Up-Upcycling. Es gibt mittlerweile industriereife Lösungen für die Verwertung von Carbonfaser. Unser Ziel ist es aber, als erster Fahrradhersteller ein Upcylingprogramm für Carbonrahmen anbieten zu können. Wir führen gerade Gespräche mit einem entsprechenden Forschungsprojekt. Wenn wir hier weiter sind und es konkretere Ergebnisse gibt, erzählen wir gerne mehr.
Am umweltschonendsten wäre es natürlich, gar keine neuen Bikes zu konstruieren, herzustellen und zu verkaufen. Damit sterben dann aber auch unsere Leidenschaft und viele unserer Gespräche. Und irgendwann wann braucht ja jeder von euch mal wieder ein neues Bike…
Zum Thema modifizierte Open-Mold beim SCIU ASPEN
Als wir begonnen haben unsere Marke zu gründen, standen wir vor der Herausforderung, unser erstes Produktportfolio aufzubauen. Wir haben uns bewusst für die Strategie entschieden, einen Open Mold-Entwurf zu optimieren und so unser eigenes Modell zu schaffen. Daraus machen wir kein Geheimnis. Was ist so verwerflich daran, auf eine Open-Mold Grundlage zurückzugreifen, wenn sie funktioniert? Am Beispiel unseres Enduros “Aspen” haben wir konstruktive bzw. produktionstechnische Details, wie zum Beispiel die Kinematik, verändert. Das Ergebnis ist ein besseres und eigenständiges Bike.
Durch die Verwendung einer von uns entwickelten Linkage, haben wir die gesamte Performance des Bikes verbessert. In einem längeren Entwicklungsprozess haben wir einen neuen Upper Link entwickelt, der Lage und Position des Dämpfers verändert und dadurch alle wichtigen Merkmale wie Übersetzungsverhältnis, Sensibilität, Losbrechmoment und aktive Unterstützung durch den gesamten Federweg optimiert. Wir nutzen einen 205×65 mm Dämpfer anstatt eines 185×55 mm Modells. Den Federweg haben wir um 2 mm reduziert und gehen mit 158 mm an den Start. Dadurch konnten wir ein deutlich aktiveres Fahrwerk realisieren. Unser „Aspen“ ist durch die Veränderung ein deutlich besseres Bike geworden als bei Verwendung des Standardrahmens. Diese Weiterentwicklung hat Know-how, Zeit und Geld kostet und fließt natürlich auch in den Verkaufspreis ein.
Wenn einige nun die Preisdifferenz zu einem rohen Open-Mold Rahmen monieren: So in China gekauft ist der Rahmen noch lange nicht lackiert, versendet und fahrfertig bei euch zu Hause – geschweige denn optimiert. Nur wenn ihr Glück habt und der Zoll schläft, kommt ihr um 53,2 % EU-Einfuhrzoll und Antidumping auf den Gesamtpreis herum. 19 % MwSt. und weitere Zubehörteile kommen noch on top. Ach ja, den Premium-Dämpfer bitte nicht vergessen einzukalkulieren! Genauso solltet ihr den zeitlichen Aufwand einrechnen und euch die Frage der Gewährleistung stellen. Die beträgt bei uns übrigens 6 Jahre, unabhängig von Erstbesitz.
Wir vertreiben unsere Modelle nicht nur online, sondern auch über ein Netzwerk von Händlern. Es ist selbstredend, dass ein Händler für seine Beratung und seinen Service auch etwas verdienen möchte.
Was macht eine Marke aus?
Eine Marke ist so viel mehr als nur das Produkt. Sie erfordert viel Zeit, Engagement und Know-how im Aufbau. Dafür bietet sie den geneigten Kunden Identifikation über die gemeinsamen Werte, Erlebnisse, die Produkte und das besondere Design. Unsere Kunden können sich über einen sehr persönlichen und direkten Kundenservice freuen, auf eine umfassende Garantie zurückgreifen und vieles mehr. Und Spaß haben sie auf unseren Bikes auch noch, weil sie einfach gut fahren.
Wir sind auf dem Weg und wir freuen uns über jeden, der uns mit konstruktiven Gesprächen, Feedback und Ideen unterstützt! Wir respektieren auch andere Meinungen, aber wir erwarten auch Respekt für uns und unsere Marke. Ein Haus zu bauen, dauert eben länger, als es niederzureißen.
Meldet euch gerne bei mir persönlich, wenn ihr Fragen, Ideen oder Diskussionsbedarf habt: sven.hecker(at)sciu-bikes.com
Sven Hecker, Gründer Sciu Bikes
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