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Santa Cruz Bronson – erste Ausfahrt des 650b-Enduros

20 Jahre Santa Cruz Bicycles – 20 Jahre MTB-Entwicklung: Die wohl kultigste kalifornische MTB-Firma zelebriert ihr 20-jähriges Jubiläum und feiert dies mit einem brandneuen Modell. Das Jubiläums-Bike hört auf den Namen Bronson und soll das über 20 Jahre hinweg angesammelte Know-how der Mountainbike-Entwicklung verkörpern. Nach eigenen Angaben sei es das beste Bike, das Santa Cruz je gebaut hat. Große Töne, die sich da aus Santa Cruz vernehmen lassen. Wir haben die Probe aufs Exempel gemacht und uns das neue Bronson für einen Kurzfahrbericht zur Brust genommen. 

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Bronson: Der Name gedenkt der Geburtsstätte von Santa Cruz Bicycles in der Bronson Street des kalifornischen Surfer-Ortes Santa Cruz. Erst kürzlich wurde der dortige Firmensitz aufgegeben, um in ein moderneres Gebäude in der unweit gelegenen Mission Street zu ziehen. In genau dieser hieß man uns vor Kurzem willkommen, wo uns die Gelegenheit gegeben wurde, das neue Bronson einem Praxistest zu unterziehen.


# Santa Cruz Bronson 27,5″

Der erste Eindruck

Im Produktportfolio von Santa Cruz ordnet sich das Bronson zwischen Blur LT und Nomad ein und soll die perfekte Mischung beider Bikes darstellen: zum einen leicht und spritzig wie das Blur, zum anderen aber haltbar und widerstandsfähig wie das Nomad. Man könnte quasi sagen, dass man bei Santa Cruz die besten Zutaten verschiedener Erfolgsrezepte vereint hat, um dem Gericht am Ende mit zwei neuen Zutaten den letzten Schliff zu geben. Die neuen Zutaten würden in diesem Fall lauten: 27,5″-Laufräder, sowie eine Geometrie, mit der man sich laut Santa Cruz stark am europäischen Markt orientiert hätte.

Eine Geometrie, die sich am europäischen Markt orientiert, was soll damit gemeint sein? Es scheint ein Kalifornien typisches Phänomen zu sein, dass Bikes aus diesem Bundesstaat meist kurz und mit steilen Lenkwinkeln konzipiert werden. Wer einmal die Gelegenheit hatte die dortigen Trails zu besuchen wird das jedoch schnell nachvollziehen können. Die meisten Trails sind eigens für Mountainbikes angelegt und daher bestens präpariert. Steilhänge und Wurzelfelder wie wir sie kennen sind schwer zu finden – es besteht also kein Bedarf nach einem laufruhigen Bike, das sich den Weg durchs unwegsame Gelände selbst sucht. Gefragt sind hingegen verspielte Bikes, welche sich auf den Trails mit zahlreichen schnellen Richtungswechseln leichtfüßig manövrieren lassen. Genau in diese Gattung ordneten sich Santa Cruz Bikes bisher bestens ein.


# Das Bronson zwischen seinen Geschwistern im neuen Show-Room.

Das Bronson fällt deutlich länger aus, als alle bisherigen Santa Cruz-Modelle dieser Federwegsklasse. Man habe sich gezielt am Enduro-Rennbereich orientiert und sei damit den Wünschen der Santa Cruz Syndicate Team-Fahrer nachgekommen, so die Aussage des Entwicklungs-Teams. Schon beim ersten Aufsitzen merkt man jedoch schnell, dass das Bronson noch lange nicht als lang zu bezeichnen ist. Im Vergleich zu den hier zu Lande populären Modellen gleicher Gattung fühlt sich das Bronson immer noch recht kurz an. Auch unserer Testfahrer Jens, der mit seiner Körpergröße von 1,9 m (und Schrittlänge 91cm) für gewöhnlich „Medium“-, ja teilweise sogar „Small“-Rahmen bevorzugt, entschied sich während der Testausfahrt mit dem Bronson vom „Medium“ auf ein „Large“ zu wechseln.

Schon auf den ersten Metern macht sich das geringe Gesamtgewicht des Bronson in der Top-Ausstattung bemerkbar. Mit nur 11,85 kg ohne Pedale stellt das Bronson eine echte Kampfansage im Bereich der Enduro-Bikes dar. Trotz des geringen Gewichts betont man bei Santa Cruz, dass das Bronson so stabil sei, wie alle Santa Cruz Bikes und Bikepark-Ausritte nicht zu scheuen bräuchte. Auch die superleichten Enve Carbon-Laufräder machen sich sofort bemerkbar: man hat das Gefühl als könnte man das Bronson fast schon widerstandslos beschleunigen, was nicht nur in der Ebene und bergauf sehr angenehm ist, sondern dem Bike auch im Gelände eine unvergleichliche Spritzigkeit beschert. Zudem passen die Enve-Laufräder bestens zur Optik des Bronsons und sorgen in Kombination mit XX1 und Shimano XTR-Bremsen für ein stimmiges Gesamtbild.


# Santa Cruz Bronson in freier Wildbahn

Ausfahrt in Santa Cruz

Unsere Ausfahrt startet am neuen Firmensitz von Santa Cruz Bicycles in der Mission Street. Unsere Tour führt uns auf direktem Weg ins Gelände und zu einem längeren Anstieg. Das Bronson lässt sich entspannt pedalieren und vermittelt den Eindruck die eingespeiste Kraft gut auf den Boden zu bringen. Besonders angenehm ist die aufrechte Sitzposition beim bergauf Strampeln: trotz des kurzen Vorbaus und des kurzen Rahmens bleibt das Vorderrad auch bei steilen Anstiegen mühelos am Boden. Wechselt man zum Sprint in den Wiegetritt, so sorgt der Kettenzug in VPP-Manier für eine erstklassige Kraftübertragung ohne viel Tretenergie in der Federung verpuffen zu lassen. Eine super Basis für ein Race-Enduro, wie man es im Hause Santa Cruz betitelt.

Auf den abwechslungsreichen Trails rund um Santa Cruz kann das Bronson seine Stärken voll ausspielen. Die kurvenreichen Trails sind durchsetzt mit kurzen schnellen Abfahrten und ebenso kurzen, aber knackigen Anstiegen. Es geht durch Anlieger, über Sprünge und diverse Wurzelteppiche. Das Bike ist handlich und folgt den Lenkbewegungen auch bei schnellen Richtungswechseln sehr präzise. Man bekommt das Gefühl, als würde man die zahlreichen Kurven nicht nur ohne Geschwindigkeitsverlust durchfahren, sondern am Kurvenausgang sogar noch Geschwindigkeit aufnehmen. Zu verdanken ist das der ausgezeichneten Balance in puncto Gewichtsverteilung auf Vorder- und Hinterrad, man spürt weder Über- noch Untersteuern.


# Größenverhältnis: auf dem Medium-Rahmen wirkt Jens ein wenig überdimensioniert

Verantwortlich dafür sind mehrere Faktoren: Eine mittelmäßig progressive Kinematik des Hinterbaus [da diese dafür sorgt, dass die Masse des Fahrers beim Einfedern nicht nach hinten im Hub des Dämpfers verpufft], aber auch die Kombination aus einem etwas längeren Hinterbau und einem steileren Lenkwinkel. Leider trifft Punkt eins nur bedingt zu – da das Tune des Fox Float CTD Dämpfers auch im „Large“-Rahmen dasselbe ist wie bei den kleineren Größen und offensichtlich nicht für schwere Fahrer ausgelegt ist. IBC-Tester Jens hatte teilweise damit zu kämpfen, dass der Dämpfer zu stark im Federweg versackte. Dieses Problem dürfte sich wohl mit dem neuen Float X Enduro-Dämpfer von Fox beheben lassen – bleibt zu hoffen, dass wir die Chance bekommen, dies bald auf die Probe stellen zu können.

Dank der angesprochenen, eher progressiven Federungscharakteristik des Hinterbaus, lässt sich mit dem Bronson durch „pushen“ im Gelände wunderbar Schwung aufnehmen. Bei großen Sprüngen und unsanften Landungen gerät das Bike nicht aus der Ruhe und der Hinterbau nicht an seine Grenze – was das Gefühl eines endlosen Federwegs hervorruft [bei einem Fahrergewicht von 78 kg]. Während sich schnelle Fahrer über das straffe Fahrwerk freuen dürften, könnte dem einen oder andern missfallen, dass das Ansprechverhalten bei kleinen Unebenheiten darunter leidet. Erfreulich hingegen ist die Eigenschaft des Hinterbaus, auch bei langsamer Fahrweise und gezogener Bremse seinen Dienst zu verrichten. So bleibt die Federung auch beim Anbremsen voll aktiv und das Bike auf Spur.


# Kurvenkünstler – das Bronson hat Kurven und Richtungswechsel im Blut

Neben all dem Lob über das Heck gibt es an der Front jedoch einige Kritikpunkte anzubringen. Gegenüber dem Hinterbau scheint die Front mit einer Fox 34 und 150 mm Federweg etwas überfordert zu sein. Geht es einmal heftig zur Sache, so mangelt es der 34 an Steifigkeit und damit an Lenkpräzision. Irgendwie will die weiche Gabel so gar nicht mit dem steifen Rahmen harmonieren. Von den Defiziten der 34 unter starker Beanspruchung abgesehen, stünde dem Bronson eine 160-mm-Gabel deutlich besser zu Gesicht. Die höhere Bauweise würde dem Rad einen minimal flacheren Lenkwinkel bescheren, die Front etwas anheben und somit für mehr Laufruhe und eine etwas entspanntere Fahrposition in steilem und verblocktem Gelände sorgen.

Es sei abschließend angemerkt, dass dieser Kurzfahrbericht im Zuge unseres Kalifornien-Trip zustande kam. Die Beschaffenheit der Trails in Santa Cruz und im Raum Nordkalifornien ist nur schwer mit den Bedingungen hier in Mitteleuropa zu vergleichen sind. Die dortigen Trails sind größtenteils künstlich für Biker angelegt worden: Auf Steinfelder, Spitzkehren oder andere wanderweg-typische Strukturen trifft man nur selten. Die Fahreindrücke lassen sich also nur bedingt auf die hier befindlichen Gegebenheiten übertragen.


# Unter all den Vorzügen versteckt sich eine Schwäche: das Bronson will sich nur widerwillig auf das Hinterrad ziehen lassen.

Wo haben wir das Bronson für unseren Kurzfahrbericht getestet?

Fazit

In der Top-Ausstattung könnte man das Bronson geradewegs als Paradebeispiel für Enduro Race-Bikes vorzeigen. Das Bike sieht nicht nur schnell aus, sondern ist es auch, und das sowohl bergauf wie auch bergab. Dennoch spürt man dem Bronson seine kalifornischen Wurzeln an, denn der Rahmen fällt Santa Cruz typisch kurz aus, wodurch das Bike bei hohen Geschwindigkeiten und im rauen Gelände zur leichten Nervosität neigt. Für mitteleuropäische Verhältnisse wäre man gut beraten, das Bronson mit einer 160-mm-Gabel auszustatten. Die Stärken des Bronson liegen jedoch ganz klar bei schnellen Richtungswechseln, in Kurven und beim Beschleunigen. Unter diesen Punkten dürfte Enduro-Racern vor allem das überlegene Kurvenfahrverhalten entgegen kommen, denn bekanntlich lässt sich in Kurven die meiste Zeit gewinnen. Mit einer potenteren Gabel wäre das Bronson jedoch auch für eine richtig harte Gangart bestens gewappnet. Abschließend muss man sagen, dass das Bronson in einer Liga spielt, in der jeder Kritik als „Meckern auf hohem Niveau“ zu betrachten ist. Das Bike darf sich in dieser Ausstattung zurecht in die Riege der Traumbikes gesellen, wird aufgrund des unangemessen hohen Preises von 10.624 US-Dollar [Euro-Preis noch nicht bekannt] für die meisten aber wohl auch immer nur ein Traum bleiben.

Pro:

Contra:

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Produktinformationen

Features:

Testbike:
  • Rahmen: Santa Cruz Bronson – 2013 – Gr. „Large“ und „Medium“
  • Dämpfer: Fox Float CTD Factory Kashima
  • Gabel: Fox 34 CTD Factory Kashima – 150 mm Federweg
  • Laufräder: ENVE TWENTY7.5 Carbon AM [27,5″]
  • Bremsen: Schimano XTR [Vr. 180mm / Hr. 160mm Ice-Tec Scheiben]
  • Antrieb / Schaltung: SRAM XX1
  • Kurbeln: SRAM XX1
  • Kettenführung: e.13
  • Lenkzentrale: Thomson & Easton Carbon Haven
  • Sattelstütze: Rock Shox Reverb Stealth – 125 mm
  • Reifen: Maxxis High Roller II & Maxxis Ardent
  • Gewicht – Rahmen: ca. 2,4 kg inkl. Dämpfer [Gr. Medium]
  • Gewicht – Bike: 12,3 kg [Testbike in Gr. Medium – mit Pedalen]
  • Preis – Rahmen: 3.370 Euro // Carbon-Rahmen mit Dämpfer
  • Preis – Komplettbike: 10.624 US-Dollar [Preis in Euro für Deutschland noch unbekannt]

Geometrie:


# Santa Cruz Bronson – Geometrie

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Weitere Bilder vom Bronson


# Santa Cruz Bicycles


# Santa Cruz Bronson Testflotte


# Auch für den Uphill bestens zu haben


# Das Bronson wusste zu überzeugen.


# Bronson-Ausfahrt: Fort Ort Trails bei Monterey


# Im Staub versunken 


# SRAM XX1 Antrieb


# Bronson: Umlekung mit geschmiedeten Aluminium-Wippen und Abschmiernippel 


# Enve Carbon-Laufräder mit DT Swiss 240s-Naben


# Fox CTD Federelemente


# Shimano XTR Bremsen


# Easton/Thomson Lenkzentrale / RS Reverb Stealth 125 mm


# Santa Cruz

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Weitere Informationen:

Website: santacruzbicycles.com/home

Facebook: facebook.com/santacruzbicycles

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Redaktion: Maxi Dickerhoff // Fahrer: Jens Staudt, Maxi Dickerhoff // Bilder: Manuel Sulzer

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