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Rocky Mountain Trail Games St. Moritz
Unser Bericht vom Debüt

Die Rocky Mountain Trail Games debütierten in St. Moritz – wir waren als Teilnehmer beim Team-Event dabei und berichten aus erster Hand, wie sich das neue Event-Format anfühlt.

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Über die Rocky Mountain Trail Games

Die Idee hinter den Trail Games: Eine Veranstaltung für Mountainbiker zu kreieren, bei dem nicht wie üblich die Leistung, sondern das Erlebnis im Vordergrund steht. Dazu werden im Team Trails befahren und immer wieder spielerische Aufgaben bewältigt, bei denen die Fahrer etwa mehrmals möglichst genau die gleiche Zeit oder das Team mit einem vorgegebenen Zeitabstand ins Ziel fahren sollen.

Teilnehmersicht

Die Erstausgabe einer jeden Veranstaltung ist immer etwas besonderes – so auch bei den Rocky Mountain Trail Games in St. Moritz. In verschiedenen Team-Kategorien (Mixed Duo, Men Duo, Women Duo, Men Triple) gingen knapp 60 Teilnehmer an den Start – wir waren als Mixed Duo mit dabei.

Trail Games 2016 – Die Trails

Corviglia – Skifahrer-Ohren werden hier schon hellhörig. Die Hänge nord-westlich von St. Moritz erreichen Biker aus dem Tal direkt von St. Moritz Bad oder Celerina, die Bergbahnen befördern Zweiradfahrer auf Wunsch bis auf 3057 m. Das gilt für alle Besucher des Engadins – als Teilnehmer der Trail Games erfuhren wir in 3 Tagen die ganze Talseite, von Silvaplana bis Samedan. Die Organisatoren hatten dabei einige Schmankerl erkundet, die bei einem Besuch der Region ohne Event höchstwahrscheinlich vorenthalten bleiben; schlicht weil aus einer Wanderkarte nicht ersichtlich ist, ob sich 1 h Uphill und Schieben wirklich lohnen, oder nicht.

# Abfahrt mit Gletscherblick

Wir waren uns aber einig: Die Transferetappen, die uns das Orga-Team zwischen den verschiedenen Spielen verschrieben hat, waren es absolut wert. Denn die Trails, auf denen die Trail Games ausgetragen werden, sind absolute Sahnestücke. Vom ausgeschriebenen Flowtrail bis zum entlegenen Wanderweg, der durch einen märchenhaften Lärchenwald führt, ist alles dabei. Dabei gelingt den Engadiner Trails etwas Ungewöhnliches: Sie sind gut auf für wenig erfahrene Biker fahrbar, aber auch für Könner keinesfalls langweilig. Das allein hat Seltenheitswert bei einem Bike-Event. Und so hatte fast jeder einen anderen Trail als persönlichen Favoriten. Einen Trail, der keinen Spaß bereitet hätte, ist aber niemand gefahren.

Der Trail-Anteil insgesamt: Hoch! An 2,5 Tagen fuhren wir über 6000 hm bergab, davon nur etwa 500 auf Schotterwegen. Alles erfahren lässt sich in 2,5 Tagen kaum, aber wer bei den Trail Games war, der lernt das Gebiet kennen und entdeckt noch das eine oder andere Schmankerl, das zum Wiederkommen einlädt. Steilkurven, Wellen, Steinfelder, Mondlandschaften, blühende Bergwiesen, griffiger Fels, loser Schiefer – gewaltige Abwechslung.

Nicht überraschend, aber in jedem Fall erwähnenswert: Die Engadiner Bergwelt ist in Sachen Ausblicke über jeden Zweifel erhaben. Blicke auf die in immer anders blau schimmernden Seen und die vergletscherten 4000er  werden einfach nicht langweilig.

Trail Games 2016 – Die Games

Trails im Team erfahren ist eine der zwei Hauptkomponenten der Trail Games. Die Games sind die zweite: Insgesamt zehn verschiedene Aufgaben wurden den Teilnehmern gestellt – und die machen den Unterschied zu einem Endurorennen. Denn die Trail Games sind Spiele, und kein Rennen. Auch beim Spiel gibt es Gewinner und Verlierer, doch die Bewertungskriterien sind andere.

# Wie weit sind eigentlich 15 Sekunden? - neue, ungewohnte Fragestellungen an Tag 2.

Zu den beliebtesten Aufgaben gehörten die beiden Wettbewerbsformate „Need to Repeat“ und „Ride Together“. Bei der ersten setzten die Teilnehmer im ersten Lauf auf unbekannter Strecke eine Zeit – die ihnen nicht mitgeteilt wurde – und versuchten diese in der zweiten Abfahrt möglichst genau zu wiederholen. Beim zweiten Durchgang kennt man die Strecke, fährt dadurch etwas schneller – aber wie viel schneller genau? Auf eine Fahrzeit von 7:30 – 10:00 schafften es manche Teilnehmer tatsächlich auf die Sekunde genau ihre Fahrzeit zu wiederholen und sammelten damit die meisten Punkte, auch wenn sie bei weitem nicht die schnellsten waren. Durch dieses Format wird das klassische Leistungsprinzip ausgehebelt – eine sehr interessante Erfahrung.

Auch bei Ride Together zählt nicht, wie schnell oder langsam die Strecke absolviert wird – sondern allein, wie genau die 45 Sekunden Abstand, mit denen die Teampartner starten, an Zwischenstationen und im Ziel eingehalten werden. Je größer die addierte Abweichung von der Vorgabe, desto weniger Punkte gibt’s. Da sich die Fahrer bei einem Abstand von 45 Sekunden nicht mehr sehen konnten, galt es, sich in den Partner hinein zu fühlen – erneut eine Aufgabe, bei der es um Gefühl und nicht um Kraft, Ausdauer oder Fahrtechnik geht.

In eine ähnliche Kerbe schlug auch die letzte Wertungsprüfung: Catch the Time erinnert an eine Oldtimer-Trophy, bei der die vorgegebene Strecke in einer bestimmten Zeit gefahren werden soll. Drei Zeiten (Schnell, Mittel, Langsam) standen zur Wahl, nach Le Mans Start galt es – offensichtlich ohne Uhr – möglichst exakt zur angekündigten Zeit über die Ziellinie fahren. Ich persönlich hatte hier einfach Glück: Ich wählte die schnelle, als „ambitioniert“ beschriebene Zeit, gab alles und verfehlte die Zeit von 5:30 min um nur eine Sekunde. Ebensogut konnte man aber auch entspannt rollen lassen und 7:00 min oder 8:30 min treffen.

Neben 5 Aufgaben, bei denen die Schnelligkeit keine Rolle spielt, wurden auch 5 Aufgaben auf Zeit gefahren – teilweise wurde die Zeit des schnellsten, des langsamsten oder beider Teampartner gewertet.

Die Aufgabenstellung der einzelnen Wertungen stellte bei der Premiere der Trail Games ein Experiment dar – ein geglücktes Experiment, wenn man gesehen hat, wie neugierig am Ende jedes Wertungstages die Sofort-Ausdrucke der Ergebnisse verglichen und analysiert wurden. Erfreulich auch, dass die Zeitnehmer von Sport Ident für jede Fragestellung eine Antwort parat hatten, was in Anbetracht der ungewöhnlichen Wertungen nicht selbstverständlich war!

# Lärchen-Märchenwald - für mich persönlich eine der schönsten Abfahrten in Richtung Samedan.

Rocky Mountain Trail Games – Für wen?

Trails, die (fast) jeder fahren kann und will; Games, die weniger die klassische Leistung belohnen, als vielmehr gutes Gespür und ein wenig Köpfchen – an den Trail Games kann damit tatsächlich ein breites Publikum teilnehmen. Der Startplatz-Gewinner RockyRider66 brachte seine Frau mit nach Graubünden. Nach Platz 3 in der Wertung Duo Mixed sagte sie: „Ich hätte mich persönlich wohl nie getraut an einem Bike-Rennen teilzunehmen. Aber das hier, das bleibt in guter Erinnerung und hat einfach Spaß gemacht!“. Auch ich trat mit meiner Freundin als Mixed-Team an. Vor dem Event hieß es: „Du musst auch mal verlieren lernen!“ – als wir am Abend von Tag 1 auf Platz 1 lagen, war aber auch ihr Ehrgeiz geweckt, möglich nur dadurch, dass wir ja nicht immer schnell, sondern eher konstant unterwegs sein mussten.

Für 3 Tage Bergbahnen, Organisation, ein Mittag- und zwei Abendessen und die Chance auf Sachpreise sowie die Möglichkeit mit Rocky Mountain Leihbikes teilzunehmen wurden 230 CHF pro Person fällig. Das geht, vor allem in Anbetracht dessen, dass 3 Tage Bergbahnen allein 186 CHF kosten, absolut in Ordnung. Preisintensiv sind – bei aktuellem Frankenkurs – die Übernachtungskosten, die sich aber auch in der Schweiz durch Campieren oder Lage (Samedan, Pontresina) etwas relativieren lassen.

Fotostory

# Infos am Morgen - Welche Wertungsprüfungen stehen heute auf welchen Trails an?
# Transfer mit Ausblick - es folgte ein Anstieg bis zum Bergrücken rechts oben im Bild.
# Startpunkt zu Stage 9 - bot mit das beste Panorama der 3 Tage.
# Catch the Time auf dem WM Flowtrail - sich selbst eine Zeit aussuchen und diese dann (ohne Uhr) fahren.
# Einmal voll machen - die Signalbahn, fest in Bikerhand.
# Gemischtes Doppel - beide Bikes, Carver ICB01 und Yeti SB4.5c, erwiesen sich als gute Wahl für die Trails in St. Moritz.
# Abfahrt vom Piz Nair - Transferetappe zum Genießen.
# Glücklicher Gewinner - RockyRider66 hatte den Startplatz samt Hotel im Forum gewonnen. Er und seine Frau fuhren aufs Podium und anschließend Richtung Gardasee weiter: Schönen Urlaub!
# Engadin im August - blühende Bergwiesen, türkise Seen und die höchsten Wälder der Alpen.
# Traum aus Schiefergestein - Abfahrt durch die Flanke des Piz Nair.
# Need to Repeat - die Strecke wird zweimal gefahren, und zwar möglichst genau gleich schnell. Je genauer man fährt, desto mehr Punkte gibt's.
# Synchronendurieren - bei "Ride together" versuchen diese beiden Fahrerinnen gerade exakt 15 Sekunden Abstand einzuhalten - vom Start bis ins Ziel.
# Le Mans Start zur letzten Stage - der spätere Gewinner läuft los, nachdem er mit seinem Transponder die 5:30 min Zeit eingeloggt hat.
# Hatten das neue Wettbewerbsformat im Griff - Zeitnehmer Sport Ident, die mit diversen Zwischenzeiten und Auskunft direkt im Ziel die Teilnehmer versorgten.
# Das Herren-Podium - Augenscheinlich konnten die schnellsten Fahrer auch ihre Zeitabstände ziemlich gut einhalten. Überrascht haben die 6 auf dem Treppchen jedenfalls kaum jemanden.
# Podium der Frauen - Franzi und Ricky als Team Ghost Contessa Princessas sichern sich den Sieg.
# Strahlende Gesichter - MTB-News Redaktion und MTB-News Forenmitglied RockyRider samt Team Bayeride auf dem Treppchen. Danke fürs Foto, Tina!

Fazit

Die Mountainbikewelt ist um ein neues, spielerisches Event-Format reicher und bunter – das erfreut, denn viele Biker sind nicht unbedingt auf Bestzeiten aus. Alles was zählt: Erlebnisse, die in Erinnerung bleiben. In diesem Sinne gilt bei den Trail Games: Mission erfüllt!

Text: Stefanus Stahl | Fotos: Engadin St. Moritz Mountains / Moritz Garhammer, Stefanus Stahl
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