Auch wenn Decathlon in Deutschland 18 Filialen vorzuweisen hat, so war der Outdoor-Discounter bisher nie mit seiner Fahrradeigenmarke B´TWIN auf deutschsprachigen MTB-Festivals und Messen vertreten. Auf dem größten MTB-Festival der Welt, dem Roc d´Azur im französischen Fréjus, präsentierte sich B´TWIN hingegen in voller Größe. Anders als beim Rennradsortiment fiel die MTB-Palette größtenteils unspektakulär aus – bis auf zwei Hingucker: dem neuen XC Race-Fully Rafal S 27,5″ sowie einem All Mountain-Prototyp mit gleicher Laufradgröße.
All Mountain Prototyp
140 mm Federweg soll das Heck dieses All Mountain-Prototyps bieten. Dabei basiert das farblich grell gestaltete Bike auf einem durchaus interessanten Hinterbausystem – B´TWIN taufte die Eigenentwicklung auf den Namen „N.E.U.F.“. Das System basiert auf einer Hinterbauaufhängung, die durch exzentrische Hülsen innerhalb eines großdimensionierten Drehpunktes/Lagers sitzt. Die Achse an der die Schwinge aufgehängt ist fungiert somit nicht nur als Drehpunkt, sondern lebt selbst eine Kreisförmige Bewegung zurück. Der Dämpfer wird dabei über zwei Umlenkhebel angelenkt. Somit ergibt sich nicht nur ein virtueller Drehpunkt, sondern auch eine Raderhebungskurve die über die kreisförmige Bewegung der Achse definiert wird. Das Hinterrad soll so zuerst nach hinten ausweichen, bevor es nach oben gedrückt wird. Dieses System dürfte vielen bereits von Yetis 2011 präsentiertem SB66 bekannt sein, doch war B´TWIN tatsächlich vor Yeti mit dieser Art von Federungssystem auf dem Markt.
Auffällig ist auch das hochgezogene Steuerrohr, in welches der Vorbau eingelassen ist. Ein interessanter Ansatz, der sich, wie schon am Messerad zu sehen, in der Praxis wohl eher nicht durchsetzen dürfte. Aufgebaut war das Vorserienmodell mit Manitous neuer Enduro-Forke Mattoc, 27,5″ Charger-Laufrädern aus dem Hause Ringle sowie einem SRAM X0.1 11-fach-Antrieb. Vorerst bleibt das Bike ein Prototyp, welcher in den nächsten Monaten von Werksfahrern auf seine Alltagstauglichkeit getestet werden soll. Erwartet wird das Bike im Handel frühestens Mitte nächsten Jahres.
# B´TWIN präsentierte dieses neue All Mountain-Bike mit einem interessanten Federungssystem.
# N.E.U.F. nennt sich dieses System und ähnelt in Sachen Aufbau und Funktionsweise stark dem „Switch“-System von Yeti.
# Aufgebaut wie ein abgestützter Eingelenker, doch mit einer Besonderheit: Ache und Lager des Hauptdrehpunkts befinden sich konzentrisch in einem großen Lagersitz.
# Über einen Umlenkhebel wird der Dämpfer angelenkt.
# Innenverlegte Kabelführung: auch bei Discounter-Bikes gehört das zunehmend zum guten Ton.
# Eingelassener Vorbau: Kratz- und Schleifspuren am Vorbau verraten, dass dieses System wohl noch nicht serienreif ist.
XC Race-Fully: Rafal S 27,5″
Anders als das oben vorgestellte All Mountain-Bike wird das Rafal S kommendes Jahr bereits verfügbar sein. Es handelt sich um 650b-XC-Race-Fully mit Carbon-Rahmen. Auch das Rafal S basiert auf dem oben beschriebenen „N.E.U.F.“-Federungssystem – weist jedoch noch größere Hauptlager und eine dementsprechend größere Kreisbahn des Drehpunktes auf.
Das Rad basiert auf den Erfahrung des aktuellen Rockrider 9.9 – im Vergleich zum Vorgänger weist das neue Rafal S 33% jedoch mehr Steifigkeit im Tretlagerbereich auf und das bei einem deutlich geringeren Rahmengewicht. Wie uns die Mitarbeiter am B´TWIN-Stand erklärten, habe man diverse Prototypen mit allen drei gängigen Laufradgrößen anfertigen lassen. Dabei sei der 27,5″-Rahmen lediglich 5% schwerer gewesen als die 26″-Version. Bei 29″-Laufrädern sei das Rahmengewicht hingegen um 11% angewachsen. Nach einigen Praxis-Tests habe man sich dann für die 27,5″-Version entschieden.
Das auf dem Bild gezeigte Modell wird vorerst nur Team-Fahrern vorbehalten sein. In den Handel kommen die Versionen Rafal S 920 und 900. Das 920 kommt mit SRAM X.0 Antrieb, Rock Shox Sid RL Federgabel, Avid Elixir 7 Bremsen und SRAM Roam 50 Laufrädern – das Gewicht beläuft sich dabei auf 11,5 kg.
# Das neue B´TWIN Rafal S in der Team-Version
- Carbon-Rahmen: T700 & T800 Carbon-Fasern mit gleichgerichtetem Faserverlauf [3K-Bauweise an den Belastungspunkten]
- Fiberglas-Überzug am Unterrohr als Steinschlagschutz
- 120 mm Federweg vorne und hinten
- N.E.U.F.-Federungssystem
- innenverlegte Brems- und Schaltkabel
- tapered Steuerrohr
- Press Fit 92 Innenlager
- Größen: M, L, XL
- Rahmenhöhe: 490 mm [Größe L]
- Lenkwinkel: 69,5°
- Oberrohrlänge: 620 mm [horizontal bei Größe L]
- Hinterbaulänge: 450 mm
# Im Prototypen-Stadium: Lenker-Vorbau-Einheit aus Carbon
# Der Rafal S Carbon-Rahmen mit Detail-Erklärungen
# Gut zu erkennen: Das N.E.U.F.-Federungssystem
# 120 mm Federweg am Rafal S
# Ausgang des Bremskabels
—————————————————————————–
Redaktion & Bilder: Maxi Dickerhoff
32 Kommentare
» Alle Kommentare im ForumMan hätte aber dann ein Hardtail
Gerne. Ich finde wichtig, dass die MTBer ein bisschen mehr über Federungssyteme erfahren. So werden einige Marketing-Gags endlich sterben ...
Apropos Yeti/Decathlon: die alte Modelle von Decathlon waren extrem degressiv, ich weiß nicht ob es noch den Fall ist, aber die Yetis sind auf diese Ebene deutlich besser ...
Wegen I-Drive: es ist schwer zu sagen was es genau ist.
Wenn man als Referentiell die Fuesse des Fahrers nimmt, ist der I-Drive ein Eingelenker. Leider korrigiert bestimmt der Fahrer seine Position auf dem Rad wenn die Federung aktiv ist, weil die Entfernung zwischen der Lenker und der Innenlager sich ändert (und zwischen Sattel und Innenlager auch wenn er sitzt).
Apropos Patent:
Mondraker ist sehr elegant das DW link Patent umgegangen... Es liegt quasi nur an einem Satz. Es zeigt meiner Meinung nach, wie solche Patent doof sind.
Split pivot, ABP, oder das "neue" Ibis System sind doch keine Innovation !
Wo ist die Entwicklung hier ? Es ist die Arbeit eine einzige Person ...
ich denke, wie zB. bei Ibis, ist es eine Weiterentwicklung des Systems und das ist grundsätzlich zu begrüßen. man schaue sich nur mal die ganz alten Canfield-Hinterbauten an!
durch die verlagerung der "Gelenke/Drehpunkte" in den Rahmen lassen sich glaub ich kürzere Kettenstreben realisieren (Anpassung an die neuen LRS-Größen) und das Rahmengewicht sollte es auch senken ...oder liege ich hier mit meiner Theorie falsch?
würde das System dennoch gerne mal testen
IBIS hatte keine Wahl hier: wenn sie die gleiche Kinematik mit normalen Gelenken gebaut hätten, wären die Gelenke bestimmt ziemlich dick gewesen (die Kräfte sind sehr groß hier, weil die Schwinge einen großen Hebel spielt).
IBIS System hätte für mich einige Vorteilen, wenn alles groesser dimensioniert wäre.
Die DW link oder VPP Hinterbau haben oft das Problem, dass die Lager nicht lang halten (z.B. auf dem IH Sunday, die Lager meines Foxy halten auch kaum 6 Monaten...). Hier sind sie wenigstens in einem steifen Käfig, und mMn könnte die entsprechende Kraftübertragung ziemlich gut sein.
Noch dazu, man kann das System ziemlich dicht kriegen.
Denk ich mir schon lange. Der Druck das Rad ständig neu zu erfinden führt sicher auch manchmal dazu dass das Neue nicht unbedingt besser funktioniert.
Mit dem Decathlon-System hab ich ganz gut Erfahrungen gemacht.
endlich ma´e gescheites bike von btwin
Wir laden dich ein, jeden Artikel bei uns im Forum zu kommentieren und diskutieren. Schau dir die bisherige Diskussion an oder kommentiere einfach im folgenden Formular: