Nach dem Frühstück brechen wir aus Park City auf um unseren Mietwagen am Flughafen abzuholen, um einem Geheimtipp nachzugehen: In Fruita, Colorado, soll es Trails geben, die Bikerherzen deutlich höher schlagen lassen, und das nicht – oder nicht nur – wegen ihrer physischen Herausforderungen. An dieser Stelle schon ein erster kleiner Hinweis: Mietwagen nicht am Flughafen zu mieten, spart die Flughafensteuer. Mietwagen schon im Voraus zu mieten, spart noch mehr, es gibt im Internet tatsächlich gute Preisvergleich-Seiten, die einem auch noch auf Deutsch und Englisch ausdrucken, welche Versicherungen man bereits abgeschlossen hat, damit man sich nicht noch irgendeinen Unfug andrehen lässt.
# Staubige Anfahrt zu den 18 Road Trails
In jedem Fall quetschen wir, das sind Daniel vom italienischen MTB-Forum.it, Simone, zuständig für GT in Italien, und ich unsere drei Bikes in den Kofferaum eines von außen riesig aussehenden Jeep Laredo. Innen ist der Platz doch recht eng, aber für drei passt es schon. Chris und Jens fahren parallel mit einem zweiten Wagen auch in Richtung Süden, sie werden wir später noch treffen.
Für uns geht die Reise aber erst einmal nach Fruita. Von dem Ort hatte ich vorher ehrlich gesagt wenig gehört, aber es soll ein Geheimtipp sein, dem wir nur zu gern folgen. Von Salt Lake City fährt man dazu 4-5 Stunden in Richtung Süd-Osten, bis über die Landesgrenze des Staates Utah hinaus. Die Fahrt durch die USA ist eher etwas langweilig, obwohl die Landschaft auf den Seiten der Straße durchaus zu begeistern weiß. Radio gibt es in der Wüste keines, wir kommen nur durch kleine Orte, bei 65mph passiert auch nicht übertrieben viel.
# Reiseroute von Park City nach Fruita – 280 Meilen, ungefähr 4-5h Fahrzeit.
Als wir um 16Uhr in Fruita aus dem Auto steigen, ist die Hitze ziemlich erdrückend. Es hat 38°C, die Sonne brennt vom Himmel, auf der einzigen Straße des Ortes ist wenig bis gar nichts los. Wir besuchen den örtlichen Bikeshop „Over the Edge“, einer der Besitzer heißt Ross Schnell, einige seiner Bikes sind darin ausgestellt. Ich habe selten krasser aufgestellte Radläden gesehen: Die neuesten Bikes von Rocky Mountain, Ibis, Santa Cruz und Trek – sogar als Leihbikes! Hier kann man sich allen ernstes aus 70 hochkarätigen Bikes beispielsweise ein Ibis Mojo SL-R ausleihen, das hat schon was. Irritierenderweise ist dabei aber keine Menschenseele im Laden, den Grund verrät uns die nette Dame hinter dem Tresen: Es ist höchste Nebensaison, und das Mitte Juni. Wir verstehen es allerdings, dass bei den Temperaturen niemand Biken will, und glauben auch, dass in Frühling und Herbst hier die Hölle los ist.
# „Over the Edge“ Bikestore mit einer ganze Menge Bike-Geschichte an der Decke
Das verschafft uns aber genug Zeit, unsere Trails für die Abendstunden zu planen. Das geht entweder per Karte, oder aber, ganz bequem: Per Smartphone. Singletracks bietet eine Smartphone App und eine mobile Seite, es gibt Karten, Wegbeschreibungen, Fotos, aktuelle Berichte, einfach alles, was das Bikerherz verlangt. Auch die Ausschilderung ist klasse, hier kann im Grunde nichts schief gehen.
In Fruita gibt es im wesentlichen drei Spots, wir beginnen mit den 18 Road Trails. Ross Schnell will uns guiden, wir treffen uns um 18:30 an seinem Bike-Shop und folgen fortan an dem A-Team-Van. Ab dort sind es doch noch 20 Minuten mit dem Auto, so richtig in Fruita sind die Trails also nicht. Das Singletrail-Paradis liegt (der Name ist wirklich nicht einfallsreich) am Ende der 18 Road. Dort gibt es die Möglichkeit, „unten“ zu parken, oder noch nach „oben“, zum Trailhead zu fahren. Die Anführungsstriche deshalb, weil das Gelände wellig, aber unglaublich flach ist. Hier sollen einige der spaßigsten Trails der Welt sein? Wir fragen das tatsächlich etwas ungläubig, bauen die Räder zusammen und folgen Ross.
# Erst wenn die Sonne wieder tief steht, wird es im Sommer kühl genug zum radeln.
# Flow und Geschwindigkeit, das gibt es hier ohne Ende.
# Daniel vom italienischen Bike-Forum
# Zippity Doo Daa – kein Wunder, dass hier viele Fotos entstehen
Und tatsächlich: Obwohl es kaum bergab geht, so geht es immerhin kontinuierlich bergab, dazu ist der Boden superschnell, alle Kurven zu Anliegern ausgebaut: So kesseln wir erst einmal „Kessler“ herunter, ein beeindruckender Auftakt. In Anbetracht des fehlenden Gefälles hatten wir nicht viel erwartet, dann aber eine so perfekt runde Achterbahn erlebt, dass uns das Grinsen nicht mehr vom Gesicht verschwand. Man muss von oben bis unten nicht bremsen, tritt ab und zu und ist damit genau auf der richtigen Geschwindigkeit für die unzähligen Kurven und kleinen Sprünge, mit denen sich der schmale Pfad durch die Hügel und kleinen Bäumchen schlängelt. Unten angekommen macht Ross seinem Nachnamen alle Ehre, es geht wieder hoch in Richtung „Zippity-Doo-Daa“.
# Mit v_max in Richtung Tal
# Ross Schnell macht seinem Nachnamen alle Ehre
Für diesen Trail muss man tatsächlich noch etwas weiter hoch treten, als das flachere Gelände, in dem „Kesslers“ verläuft. Wir kommen auf den Schotterpisten, auf denen der Uphill erledigt wird, an einigen Campern vorbei: Das ist gratis, benötigt aber ein Permit, damit nicht mehr Leute als möglich ankommen. Neben den Vans und Pickups haben es sich einige Biker schon bei Bier und Steak gemütlich gemacht, für uns kommt noch ein „…echter Klassiker für die Gegend, hier entstehen die meisten Fotos von 18 Road!“, erklärt Ross. Auch dieser Trail geht schön offen, kurvig und schnell los, bevor er scharf abbiegt und in einem anderen Terrain weiter führt: nach einem kleinen, steilen Einstieg landet man auf einem schmalen Rücken, der zu beiden Seiten recht scharf abfällt. In großen Kurven kann man auf dem gut einsehbaren Trail richtig fetzen und eine lange Staubfahne hinterlassen, kleine Sprünge würzen das Geschehen. Auf Hochgeschwindigkeit beschleunigt führt der Pfad dann in die sanft begraste Hügellandschaft, aus der er einen erst nach vielen Minuten Abfahrt wieder auf die Schotterpiste entlässt.
# Im letzten Licht nochmal „Kessler“ – ein gigantisch flowiger Trail mit kleinen Sprüngen
# Sonnenuntergang in Fruita, Colorado
Inzwischen ist die Sonne untergegangen, in der Dämmerung rollen, nein kurbeln wir in Richtung Uphill. Auch den erledigen wir über einen traumhaften Singletrail – „Prime Cut“ ist in beide Richtungen befahrbar und macht auch in beiden Richtungen Spaß, die nötige Kondition vorausgesetzt. Neben den drei von uns gefahrenen Trails gibt es in 18 Road noch zahlreiche andere, zum Teil frisch gebaute Wege, die von Jumptrack bis Achterbahn reichen. Wirklich schwieriges Gelände gibt es hier nicht, aber der Flow ist gigantisch.
# Famous Daves Burger und Ribs könnten tatsächlich berühmt sein
Am Auto angekommen gönnen wir uns ein belgisches Bier, bevor wir die Räder verstauen und in Richtung Burger aufbrechen – der erste Spot von Fruita konnte schon einmal überzeugen, wer in der Nähe ist, sollte sich den Spaß nicht entgehen lassen!
Reiseinformationen
Hinkommen: Die nächst größeren Flughäfen sind Salt Lake City und Denver, von beiden sind es aber noch lange 4-5h auf dem Highway. Fruita liegt in „colorfull“ Colorado, die Grenze zu „Life elevated“ Utah ist aber nur wenige Kilometer entfernt.
Unterkommen: Neben den spärlichen Unterkünften gibt es mehr Hotels in Grand Junction, nur 10 Kilometer entfernt. Die beste Variante, wenn auch mit etwas Vorarbeit verbunden, ist aber sicher, direkt bei den Trails an der 18 Road zu campen. Hier kann man Fahrer von vor Ort kennen lernen, grillen und den Nachthimmel genießen.
# Hier sind noch nicht alle Trails eingezeichnet, es gibt aber eine gute Idee von Gelände und Trail-Anlage.
Kosten: Die Trails sind gratis, das Campen ist zwischen März und November erlaubt und kostet 10$ pro Zeltplatz und Nacht, egal wie viele Personen man unterbringt.
Beste Zeit: Im Sommer ist es zu heiß, im Winter zu kalt – kontinentales Klima eben. Deshalb empfehlen sich vor allem Frühling und Herbst, sprich März – Mai und September – November. Wer im Sommer da ist, muss sich einfach eine südländische Lebensweise mit Siesta angedeihen lassen. Im Winter kann man zwar nicht direkt in Fruita, aber in den nahe gelegenen Rocky Mountains gut Ski fahren, der Ort mit dem sprechenden Namen „Snow Mass“ ist auch nicht so weit. Zum nächsten Skigebiet sind es 45 Minuten.
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Habt ihr schon einmal von Fruita gehört? Wie gesagt, ich bis vor kurzem auch noch nicht. Die besten Trails der Welt? Sicher höchst subjektiv und vielleicht übertrieben, verdammt gut sind die Gegebenheiten an der 18 Road aber schon einmal. Im nächsten Teil geht es noch mehr Trails in Fruita ausprobieren…