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Reisefieber
Lofoten – Versunkene Inseln am Polarkreis mit Tobi Woggon und Hans Rey [Fotostory & Video]

Auch diese Woche hat uns wieder das Reisefieber erwischt – statt um die halbe Welt zu fliegen, reichen dieses Mal aber knapp 4 h Flug aus, um nördlich des Polarkreis eine fantastische Landschaft zu finden: Die Lofoten. Diese Nord-Norwegische Inselgruppe hat es in erster Linie Anglern, Wanderern und Wohnmobil-Fahrern angetan, Tobi Woggon und Hans Rey haben jedoch dem Bike-Potential der Berge und Fjorde auf den Zahn gefühlt.

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# Hans No Way Rey unterwegs in Norway, genauer gesagt auf den Lofoten.

Dass die Szenerie der Lofoten mit ihren teils 800 Höhenmeter fast senkrecht ins Meer abfallenden Bergen wie gemacht für Fotos jeder Art wäre, war nach einer Wander- und Angeltour 2012 schnell klar. Doch ob sich eine Mountainbike-Tour in den hohen Norden lohnen würde, war zweifelhaft. Wanderwege haben auf den Lofoten nicht dieselbe Bedeutung wie in den Alpen. Denn um Handel zu treiben oder von einem Ort in den nächsten zu kommen, nehmen die Einwohner traditionell einfach den Seeweg: Warum sollte man sich über die steilen Berge quälen?

Tobi Woggon wäre allein wohl auch nicht in den hohen Norden zurück gekehrt – doch als er sich mit Hans Rey über die Berge unterhielt, war dieser nicht mehr zu stoppen und die Flüge wurden gebucht. Weil die Saison 2013 schon weit fortgeschritten war, galt es keine Zeit zu verlieren. Direkt im Anschluss an die Enduro World Series in Whistler im August flogen Tobi, Fotograf Manfred Stromberg und Filmer Johannes Riegraf also statt nach Deutschland gleich nach Norwegen.


# Reine – ein idyllisches Fischerdorf im Süden der Inseln ist Ausgangspunkt für unsere Tagestouren

August nördlich des Polarkreises – das ist schon Nebensaison. Die meisten Besucher kommen im Frühsommer, oder gleich zur Mitternachtssonne. Dann verkehrt eine mächtige Autofähre drei Mal täglich zwischen Bodo und Moskenes im Süden der Lofoten. Die Saison ist kurz, die Winter in diesem Teil der Erde lang. Als ich Mitte Juni 2012 dort war, lag in Nordhängen ab 100 m Seehöhe noch Schnee! Da haben die Kollegen Woggon und Rey mehr Glück gehabt – hier erzählt uns Tobi ihre Geschichte.

Reisebericht: Lofoten

Ankunft in Bodo. Bis die nächste Fähre kommt, dauert es noch sieben Stunden. Wir fragen einen Einheimischen: „What would you do, if you had 7 hours in Bodo?“ – Die Antwort fällt kurz und ernüchternd aus: „Leave Bodo.“ 12 totgeschlagene Stunden in Mietwagen und Fähre später kommen wir tatsächlich in Moskenes auf den Lofoten an. Keine 50 Häuser ziehen sich mit der Straße um die Ecke. Der Fähranlegeplatz ist ein schäbiger Industriehafen, der noch kein Herz höher schlagen ließe – wäre da nicht die Umgebung, in der er liegt. Denn vom ersten Augenblick an wird klar: Diese Landschaft ist einfach fantastisch, so schön, so steil, so unnahbar. Die Vegetation hält sich in engen Grenzen, nichts als Büsche und Gräser, für Wälder reicht das Licht einfach nicht. Häufig sind die Berge aber auch zu steil für jede Form der Vegetation, an den Felsen rutscht einfach alles ab.


# Speicherteich natürlicher Art – im Aufstieg zur Munkebu-Hütte

Zum Glück sind es bis nach Reine nur wenige Kilometer. Der Ort ist für Touristen schon ein richtiger Angelpunkt, und damit ist nicht die Freizeit-Betätigung am Ufer gemeint. Reine bietet immerhin eine Tankstelle, eine Tourist-Info und zwei Cafés / Restaurants. Ansonsten viele typisch rote Häuschen mit Gras auf dem Dach, die in der Nebensaison allerdings größtenteils leer stehen. Einheimische gibt es auch, allerdings nur wenige – denn außer dem Tourismus haben die Lofoten ihre wirtschaftlich besten Zeiten hinter sich. Kaum zu glauben, dass früher tausende Fischerboote in den ertragreichen Gewässern direkt vor der Küste unterwegs waren. Diese Zeiten sind lange vorbei, die jungen Leute verlassen die Inseln, zu wenige Perspektiven bieten die kleinen Orte.


# Weiter unten stehen tatsächlich ein paar Bäume und der Trail macht auf – Flow

Bevor es ans Biken geht, erkunden wir erst einmal die Umgebung, fahren in den südlichsten Ort der Inseln, der gleichzeitig auch den kürzesten Namen hat: Å. Aus gegebenem Anlass ist das Ortsschild ein beliebtes Souvenir, aber uns haben es die Kanelbolla (Zimtschnecken) aus der herrlich kleinen Bäckerei im Ort mehr angetan – und die Fische vor der Küste. Schnell können wir verstehen, warum diese Inseln bei Anglern so beliebt sind.

Am nächsten Tag haben wir uns dem Tagesrhythmus schon besser angepasst, packen das Auto und fahren erneut in Richtung Süden. Unser Ziel: Die Munkebu-Hütte. Sie ist nicht bewirtschaftet, soll aber wunderschön gelegen sein. Wenige hundert Meter auf dem Wanderweg reichen, um vollkommen in die schöne Inselwelt einzutauchen. Von steilen Felsplatten rauschen Wasserfälle ins Tal, der Spätsommer taucht das Wollgras in goldenes Licht, irgendwo dazwischen grast eine Schafherde. Wenig später wird der Weg immer steiler, doch Hans überredet mich, das Rad zu schultern. Hans hat einfach Bock auf verblockte Trails, und mir wird wieder klar, warum der Breisgauer Trialer umso dringlicher hier her wollte, je mehr ich versucht habe, die Lofoten als unfahrbar abzustempeln.

Der weitere Verlauf des Weges ist charakteristisch für Wanderwege auf den Lofoten: Die ergiebigen Niederschläge sorgen dafür, dass die Wege stark ausgespült eher einem flachen Wasserfall gleichen, in dem netterweise ein Norweger ein Seil verankert hat, um den Weg halbwegs erklimmbar zu machen – vor allem mit Rad auf dem Rücken eine schöne Herausforderung.


# Bike-Bergsteigen auf dem Weg zum Reinebringen – auch bergab passagenweise unfahrbar

Doch immer wenn man gerade über die fürs Biken viel zu ruppigen Wege fluchen will, schwenkt der Blick wieder in Richtung Tal – wo kein Tal zu finden ist, sondern Meer, und zwar in allen Richtungen. Die Lofoten wirken wie die zackigsten Gipfel der Alpen, direkt nachdem der Meeresspiegel um 3000 m gestiegen ist…

Oben angekommen machen wir uns daran, die entscheidende Frage zu klären: War es das wert? Werden wir durch eine spaßige Abfahrt entlohnt? Bei Herrn „No Way“ mache ich mir da weniger Sorgen, aber bei mir… tatsächlich lässt er auch gröbere Hindernisse spielerisch hinter sich, auf Vorder- und Hinterrad abwechselnd überspringt er einfach die meisten Brocken – und ich? Ich entdecke, dass man mit einer kreativen Linienwahl die meisten Hindernisse auch irgendwie umfahren kann.


# Slickrock norwegischer Herkunft

Davon euphorisiert gehen wir eine andere Tour an, die ich im Jahr zuvor schon zu Fuß erkundet hatte. Der Reinebringen ragt nur etwa 1000 m Luftlinie süd-westlich von Reine quasi senkrecht um über 500 m aus dem Wasser. Während er an zwei Seiten vollkommen unfahrbar ist und in einem See endet, der erheblich tiefer als breit ist, könnte eine der Seiten zumindest teilweise fahrbar sein. Die Ausblicke von diesem vorgelagerten Gipfel sind einfach unbeschreiblich, wir fühlen uns wie im Flugzeug und lassen die Blicke über Fjorde, Häuschen und Berge schweifen – grandios. Im oberen und unteren Teil können wir auch tatsächlich einiges fahren, so richtig empfehlenswert ist dieses Gelände aber eigentlich nur für Wanderer.


# Fühlt sich im Lofoten-Gelände wohl – Hans Rey

Doch wer die Lofoten an dieser Stelle als unzugängliches Territorium abschreibt und deshalb sein Bike zuhause lässt, wird sich in jedem Fall ärgern, wenn er etwas weiter nördlich die flowigen Singletrails bei Leknes sieht. Viel weniger felsig, kaum noch verblockt fahren wir teilweise über Slickrocks, teilweise über Erde und kleinere Steine und Wurzeln – und zwar bergauf! Bereits der Uphill macht mit seinen vielen Kurven und kurzweiligem Gelände unheimlich Spaß – als wir oben ankommen, können wir die Abfahrt deshalb kaum noch erwarten. Zahllose Kurven und Sprünge entlohnen uns mit Endorphinen und Manfred und Johannes mit Aufnahmen ohne Ende.


# Sonne, Wollgras, feine Trails – nördlich des Polarkreises im August

Die Lofoten sind also definitiv die ein oder andere Reise wert – vor allem, wenn man nicht nur auf Flowtrails aus ist. Wer dann noch etwas für Stockfisch und kleine Fischerdörfchen auf Stelzen übrig hat, wird hier oben sicher glücklich.

Video

Johannes Riegraf hat die Tour auf Video festgehalten – die atemberaubenden Tiefblicke können einiges, und auch die erwähnten Fische und Fischerdörfer kommen nicht zu kurz. Viel Spaß.

No(r)way – Lofoten Island (Hans Rey/Tobias Woggon) von vgMedia – mehr Mountainbike-Videos

Reiseinformationen

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Fotos: Manfred Stromberg

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