Das deutsche Frauenteam bestand aus Raphaela Richter, Ines Thoma und Veronika Brüchle. Definitiv ein schnelles Trio, welches man auf jeden Fall für eine Top-Platzierung bei der Enduro World Series Trophy of Nations auf dem Schirm haben musste.
Bei den Männern haben sich neben unserem Teamfahrer Torben Drach auch Christian Textor und Max Pfeil qualifiziert. Dass die drei auch abseits der Rennen gerne miteinander am Biken sind und sich gegenseitig sehr gut kennen, spielte ihnen auf jeden Fall in die Karten und garantierte ein spaßiges und aufregendes Rennwochenende.

Das Streckentraining am Freitag bildete den Auftakt für das Rennwochenende. Der aus 5 Stages bestehende Kurs war 64 km lang und die Fahrerinnen und Fahrer mussten dabei knapp 2.000 Höhenmeter selbst pedalieren. Weitere 500 Höhenmeter wurden geshuttelt.

Die ersten beiden Stages hatten es direkt richtig in sich! Mit Längen von 6 bis 7 km und Höhenmeter-Differenzen von gut über 800 m wurden die Strecken bei vollem Renntempo auf etwa 15 Minuten geschätzt.
Für die erste Stage „Fast & Furious“ wurde eine alte Strecke wieder reanimiert. Somit garantierte gut die erste Hälfte der Abfahrt frischen Waldboden, jedoch gespickt mit einigen tückischen Kurven und holprigen Steinfeldern. Nach einem knackigen Gegenanstieg ging es wieder auf eine ältere Strecke über und mit etwas mehr Tempo bis runter ins Tal.

Auf der zweiten Stage wurden auch drei Finale-Classics abgefahren. Die Strecke startete auf dem „Rollercoaster“ Trail, welcher seinem Namen auf jeden Fall mehr als gerecht wird. Physisch sehr anspruchsvoll ist der Teil der Stage aufgrund seiner zahlreichen Tretstücke und Gegenanstiege. Bereits ordentlich vorbelastet geht die Stage dann auf dem „Kill Bill“ Trail weiter. Mit hohem Tempo fährt man auf dem engen Trail mit verwinkelten Kurven und starken Kompressionen. Ein guter Vorgeschmack auf den letzten Abschnitt der Stage, die „Madonna“. Wer zu diesem Zeitpunkt noch ein paar Körner übrig hat, kann es richtig krachen lassen. Denn an der ein oder anderen Stelle ergeben sich die Möglichkeiten für natürliche Gap-Sprünge über Stufen oder Steinfelder, wodurch die Geschwindigkeit und die Belastung auf den Körper noch weiter steigt.

Die dritte Stage war im Gegensatz zu den ersten beiden sehr kurz und knifflig eng. Etwas oberhalb des Stadtteils Final-Borgo verläuft die Stage von einer Burg aus bis kurz vor die Altstadt. Der kurze Fußweg an die Strecke hin machte diese Stage auch zu einem Publikumsliebling.
Stage 4 „Ruggetta“ war die wohl arrhythmischste Strecke des Wochenendes. Der Trail war gespickt mit spitzen Steinen und eher etwas flacher. Das Wichtigste war also: immer auf Pace bleiben und auf jeden Fall Steher vermeiden!

Wie bei der letzten Trophy of Nations 2019 war auch dieses Jahr der krönende Abschluss die letzte Stage „DH Men“. Die Strecke ist durch die steinigen Absätze und die hohe Geschwindigkeit an sich schon anspruchsvoll. Hinzu kommt aber noch der schwierige Untergrund: Der Boden ist übersät mit grobem Schotter, welcher auf dem steinigen Untergrund zu rollen anfängt. Schwierige Bedingungen, um auf Race-Tempo zu kommen!
Abends wurde der Auftakt in das Rennwochenende mit der Nations Parade gefeiert. Nach dem Marsch durch die Altstadt wurde jedes Team mit Nationalhymne auf der Bühne empfangen.


Am Samstag fanden die Rennen der Industry Trophy und Riders Trophy statt. Für die Nations Fahrerinnen und Fahrer bedeutete das also, genug Zeit, die Bikes erneut zu checken und alles für den Renntag vorzubereiten – das ein oder andere Gelato und die Cappuccino-Pausen durften natürlich nicht fehlen.

Sonntag war es dann so weit. Die Anspannung und Nervosität war an diesem Morgen allen anzumerken. Der Modus, dass als Team gefahren wird und dabei jede einzelne Zeit ins Gesamtergebnis zählt, bringt natürlich für jeden Fahrer eine gewisse Verantwortung mit sich. Dieses Thema blieb aber bei den drei Jungs im ersten Transfer nicht unangesprochen. Das Fazit war klar: „Wir gewinnen als Team und wir verlieren als Team, Worte wie ‚Entschuldigung‘ und ‚Sorry‘ gibt es heute nicht in unserem Wortschatz!“. Nachdem das geklärt war, blieb natürlich eine gewisse Grundanspannung, aber die braucht man auch als Rennfahrer. Die Vorfreude auf die erste Stage und das gemeinsame Rennen stieg immer weiter.

Die erste Stage war direkt sehr ereignisreich. Nach einem guten Start konnten Texi, Max und Torben im Train die Strecke mit einer hohen Pace runter racen. Nach einem kleinen Wegrutscher von Texi gab es einen Führungswechsel und Torben führte die Gruppe an. Doch auch er schätzte im unteren Teil der Strecke eine Kurve falsch ein und musste zur Kollisionsvermeidung mit einem Stein ins Gemüse fahren. Wieder in der ursprünglichen Reihenfolge und mit geringen Zeitabständen untereinander kamen alle drei nach etwas über 14 Minuten ins Ziel.
Für Stage 2 gab es eine neue Strategie. Da Torben einen starken Antritt hat, planten die Jungs, dass er die erste Hälfte der Strecke anführen wird, damit Max und Texi zunächst etwas Kraft sparen können. Nach dem letzten Gegenanstieg beim Übergang zum „Kill Bill“ Trail sollte Texi überholen und dann die Gruppe über die ruppigen Abfahrten bis nach unten ziehen.

Der Plan ging auf! Alles lief wie besprochen und die drei konnten alle ihre absolute Bestleistung abrufen. Lediglich Max musste wegen eines Kettenklemmers am Ende reißen lassen, kam aber trotzdem nur mit sehr wenig Verzögerung im Ziel an. Auf dieser Stage konnten die Jungs den dritten Platz für sich verbuchen und manövrierten sich mit dem 4. Platz im Overall auch in Schlagdistanz zum Podium. Drei weitere Stages galt es nun noch möglichst fehlerfrei zu bewältigen.
Das Ziel für die dritte und kürzeste Stage des Tages war ein sauberer und flüssiger Lauf. Denn viel gewinnen lässt sich bei dieser Streckenlänge nicht – lediglich Zeit verlieren konnte man dort, denn grobe Fehler schleichen sich bei den Serpentinen schnell ein.
Nach einer kurzen Pause (20 min) ging es schnell zum Time Check auf die Bühne. Dort erfuhren Texi, Max und Torben das erste Mal, auf welcher Platzierung sie sich aktuell befanden. Überwältigt von Gefühlen und noch euphorischer, machten sich die Drei wieder auf den Weg zur vierten Stage des Tages. Nach einer kurzen Lagebesprechung war klar, dass das Zwischenergebnis an der Einstellung und der Strategie des Teams nichts ändern wird. Gerade WEIL das Rennen bisher so angegangen wurde, wie sie es taten, waren die Drei so schnell unterwegs. Das Einzige, das sich änderte, war, dass die Stimmung auf den Transfers und den Stages noch besser wurde und sich das Grinsen in den Gesichtern weitete.

Stage 4 war physisch noch mal ziemlich anstrengend, aber verlief für das deutsche Trio ziemlich reibungslos. Vollkommen im Rennmodus manövrierten sie als Train durch den verwinkelten Trail und kamen dicht aufeinander am Ende der Stage durch die Zeitschranke.
Der darauffolgende Transfer führte über einen alten Römerweg durch ein schönes Tal bis hoch auf die Manie. Von dort startete die letzte Stage des Tages: der berüchtigte DH Men.
Der Tag war schon sehr lange. Bis zu dieser Stage läuft das Rennen bereits seit über 7 Stunden. Für die anspruchsvolle Stage galt noch mal: volle Konzentration.
Nach einem rasanten Start auf Stage 5 war die Gruppe komplett beisammen. Ein Wegrutscher von Torben in einer 180° Kurve separierte die Drei jedoch. Mit allen Kräften, die Torben noch irgendwie mobilisieren konnte, fuhr er mit Max im Schlepptau die Lücke zwischen ihnen und Texi wieder zu. Gerade rechtzeitig, bevor das technische Finale durch die Menschenmengen auf der Ridge-Line kam.

Die zweite Hälfte der Strecke war unglaublich. Angetrieben von hunderten anfeuernden Fans gaben die Drei dicht aufeinanderfolgend noch mal alles und rundeten damit einen unglaublich spaßigen Renntag ab. Auf dem Weg an der Küste entlang von Varigotti bis nach Finale für den letzten Time Check, ging den Dreien einiges durch den Kopf. Natürlich auch, auf welcher Platzierung sie wohl gelandet waren. Gleichzeitig realisierten sie, wie unglaublich der Tag gewesen ist und wie dankbar sie waren, dass sie diesen perfekten Tag miteinander verbringen konnten.
Auf der Bühne wurde dann verkündet, dass sie den vierten Platz bis zum Schluss verteidigen konnten und dass sich die deutschen Frauen sogar mit dem zweiten Platz einen Podiumsplatz erkämpft haben. Diese Ergebnisse rundeten einen ohnehin schon perfekten Tag noch weiter ab!

Wir bedanken uns bei allen, die uns auf unserem Weg diese Saison begleitet und unterstützt haben! Mit Vorfreude blicken wir auf die Saison 2023, um dort mit neuer Energie wieder Vollgas zu geben und viele weitere großartige Momente erleben zu dürfen.
Bis bald
Euer RAAW // LEVELNINE Gravity Team
Alle Berichte vom Raaw // Level Nine Gravity Team findet ihr hier:
- Raaw // Levelnine Gravity Team bei der Enduro-DM Willingen: Mit Wiesengrip aufs Podium!
- Raaw // Levelnine Gravity Team Blog: Von Höhen und Tiefen – EWS Tweed Valley & Petzen-Jamnica
- Raaw // Levelnine Gravity Team Blog: Wurzeln, Steine und viel Loam – EWS Val di Fassa Trentino
- Raaw // Levelnine Gravity Team Blog: Grobe Strecken, Champagner-Finale – EWS Crans-Montana
- Raaw // Levelnine Gravity Team Blog: Zwei satte Highlights zum Finale – EWS Loudenvielle
- Raaw // Levelnine Gravity Team Blog: Rennbericht zur Trophy of Nations
2 Kommentare
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Raaw // Levelnine Gravity Team Blog: Rennbericht zur Trophy of Nations
Schöner Bericht, danke! Nachdem ich das dazugehörige (begeisternde!) Video bereits gesehen hatte, konnte ich gut den Sonntag nochmals mitgehen.
--> Tolles Beispiel dafür die Berichte von @Koib66. Soll keine Kritik sein, sondern Anregung.
War die nachfolgende Woche da. Family wünscht nun inkl. Rennstimmung, ok, next time. 
@ Torben: Erstmal danke für die Berichte, les ich immer gerne. Aber schreib doch künftig in der ersten Person und lass ruhig etwas mehr Emotionen und - wenn du möchtest - persönliches einfließen.
Das Video sprudelt über vor Freude und Begeisterung und reisst regelrecht mit durch euren Hammer Tag. Im Vergleich dazu fällt der Bericht fast nüchtern aus. Klar ist ein nachträglich erstellter Bericht was anderes, aber, du weißt schon...
PS: Schade, hatte von den Frauen offenbar keine Zeit und Musse für einen Bericht. Das tolle Resultat wär's jedenfalls mehr als wert gewesen. Oder kommt da noch was?
PPS: Und ja, Finale geht immer.
Wir waren an dem Race-Wochenende in Finale (zufällig) und haben dadurch die Stimmung miterlebt. Wie cool❗Hautnah an den Pros haben wir die Fahrstile aufgesaugt und konnte nach dem Rennen die ab gesteckten Stages nachreiten. Finale ist immer eine Reise wert... Wir kommen wieder❗
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