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[Video] Der Mountainbiker und die Stadt – Teil 3
Fixies & Singlespeeder

Ihr denkt Fixies und oder Rennräder haben nichts mit dem Mountainbiken zu tun? Weit gefehlt möchte man sagen, denn wie wir in Teil 1 gezeigt haben ist es nicht das hochpolierte und -getunte Mountainbike, sondern das unscheinbare, diebstahlsichere Stadtrad, das von vielen Bikern am häufigsten bewegt wird.

Viele Mountainbiker verwenden, wenn sie sich ausschließlich über asphaltierte Straße in Richtung Arbeitsplatz, Café oder Uni bewegen, ein ausgeschlachtetes, altes Mountainbike – meist zusammengeschustert aus all den Parts, die Mann noch so im Keller zusammenraffen konnte. Andere wiederum verwenden ein nicht minder altes aber deutlich leichteres Rennrad, das im Zweifelsfall sogar noch als Fixie aufgebaut ist. Zur allgemeinen Information gleich vorneweg: Fixies werden seit einiger Zeit Bahnräder genannt, die einen starren Antrieb (also ohne Freilauf) haben. Der Fahrer muss also ständig mittreten. Diese Bikes sind in Deutschland erlaubt, wenn sie eine von Hand zu bedienende zusätzliche Bremse haben, da für Fahrräder zwei Bremsen vorgeschrieben werden und die Hinterradbremse über den starren Antrieb mittlerweile als solche akzeptiert wird. Die cleanste Lösung, einfach nur den Antrieb auch zum Bremsen zu verwenden und dadurch das Idealbild des komplett Hebelfreien Lenkers zu erreichen, ist nicht erlaubt und wird im Zweifelsfall zu Problemen mit der Polizei führen, im Falle eines Unfalls aber vor allem schwer gegenüber der eigenen Versicherung zu erklären sein. Man sollte sich also fragen, wie viel Trend man mitgehen kann und will.

Da ist er auf jeden Fall, der Trend hin zum schicken Fixie oder Single Speed Rennrad und viele Mountainbiker gestalten ihn mit. Das zeigt sich vor allem in städtischen, flachen Gebieten, wo sich der Schik mit der Schnelligkeit eines solchen Bikes mischt. Inspiriert von den legendären Kurier-Fahrern aus den USA ist Fixie-Fahren mittlerweile Kult geworden, dem mit teils fragwürdigen Gesten gehuldigt wird [Blog über die interessantesten Dinge im Zusammenhang mit Fixies]. Wer sich aber als Mountainbiker auf die schmalen Reifen begibt, begeht eine kleine Gradwanderung zwischen den verschiedenen Feindbildern unserer Sportart. Warum auch immer gibt es auch heute noch viele Spannungen, Missverständnisse und bewusste Verleumdungen zwischen den einzelnen Mountainbike- und Fahrraddisziplinen. Downhiller lästern über XC Fahrer, obwohl sie selbst die meiste Zeit auf dem XC- oder Rennrad sitzen, um zu trainieren. Viele XC Profis würden so manchen Downhiller im Downhill in Bedrängnis bringen und provozieren mit genau dieser Aussage. Von Dirtjump-Kiddies und Slopestylern und anderen Sub-Kulturen ganz abgesehen sind sich aber dann doch alle genannten Gruppen einig, wenn es gemeinsam gegen Rennradfahrer zu wettern gilt. Ob nun Spritzen oder Schwuchteln genannt – der Umgangston zwischen Fahrradfahrern ist im Allgemeinen nicht immer so freundlich, wie man es sich träumen könnte, wenn man überlegt, dass man als Pedale tretende Fraktion auch vereint gegen PS-Monster, Anarchie im Straßenverkehr und sinnlose Wegsperrungen vorgehen könnte. Unsere Szene aber beschäftigt sich doch lieber noch mit sich selbst und schürt die oben genannten, alten Feindbilder. Vollkommen überflüssig aber doch leider noch immer Realität. Die Fixie-Fahrer werden da konsequenter Weise auch nicht geschont, wie der oben verlinkte Blog zeigt. Und dennoch fahren immer mehr von den Geräten auch durch deutsche Städte. Im Sattel: Vom Mountainbiker bis zum neu auf’s Rad steigenden Geschäftsmann so ziemlich jeder.


Urban Spezial 3 – Fixies und Single Speed Rennräder von nuts auf MTB-News.de

Manche der genannten Vorurteile könnten aber durchaus berechtigt sein. Wenn man mit offenen Augen durch den Straßenverkehr fährt und läuft oder gemütlich im Café sitzt, bekommt man doch so einiges mit. Da kommt etwa ein Fahrradkurier mit Auto-Geschwindigkeit über die Kreuzung geschossen und so manch anderer Verkehrsteilnehmer ist spontan überfordert. Verständlicher Weise muss man sagen. Gleiches gilt für iPhone spielende Autofahrer oder schlafwandelnde Fußgänger auf Fahrradwegen, auffliegende Autotüren und rüde Taxifahrer. Hier treffen sich Vorurteil und Realität. Der normalen Wahnsinn des Individualverkehrs eben. Was in Ballungszentren schon zur Gewohnheit geworden sein mag, ist jedoch auf dem Land auch nicht besser. Ein kleiner Ausflug an den schönen Bodensee bietet sich an. Ob nun für die Runde außenrum oder für kleine Etappen von Hotel zu Hotel, von Apfelplantage zu Aussichtspunkt oder einfach als Feierabendrunde – auch hier sind unheimlich viele Fahrradfahrer unterwegs und meistens gibt es auch durchaus als gut zu bezeichnende Fahrradwege, die in der Regel noch näher am See entlang führen als die Straße und breit genug sein sollten, um der doppelt bereiften Heerscharen Herr zu werden. Alles Friede Freude Eierkuchen sollte man meinen doch weit gefehlt. Als Autofahrer, der sich mühsam in der mangels Autobahn immer vorhandenen Kolonne um den See quält muss man sich dann auf den wenigen freien Abschnitten auch noch mit Rennradfahrern herumärgern, die offensichtlich nicht gewillt zu sein scheinen, den nahegelegenen Fahrradweg zu benutzen und mit 35km/h auf der Landstraße unterwegs sind. An diesem Punkt stellen sich mehrere Fragen.

1. Sind die Fahrradwege zu voll? „Ja, schon!“ lautet die Antwort aber so ist das nunmal, wenn man in einer Tourismusregion unterwegs ist und auch in den anderen, nicht touristisch geprägten Gegenden kann es zu knappen Verhältnissen kommen.
2. Sind die Straßen ohnehin leer? Nein, keineswegs. Hier gilt das Gleiche wie bei den Fahrradwegen. Nur ist hier der Tempounterschied noch größer und folglich auch die Gefahr.
3. Sind die Fahrradwege dann vielleicht zu schlecht für den geneigten Rennradfahrer?

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Nun,… mit genau dieser Frage haben wir uns in den letzten zwei Monaten befasst und als Mountainbiker den Sprung über den großen Graben der Revierkämpfe und Feindbilder gewagt und sind einfach mal auf’s wahlweise Fixie oder Singlespeed-Bike umgestiegen. Diese Reif’chen sind aber auch verflucht dünn.

Wie die meisten trendigen Stadträder der Gegenwart hat unser Leihrad von Pure Bros Cycles am Hinterrad sowohl ein Freilaufritzel, als auch ein fest verschraubtes Ritzel montiert gehabt. So kann durch einfachen Hinterradumbau entsprechend der Antrieb angepasst werden. Um zusätzlich in jedem Fall legal unterwegs zu sein, hat das nur 9,7kg schwere Stahl-Rad zwei minimalistische Bremsen aus dem Sram Rennrad-Regal, die – soviel gleich vorneweg – doch erstaunliche Bremskraft entfalten.

Aber zurück zur eigentlichen Frage. Mein Stadtrad ist ein Konglomerat verschiedener Altbauteile, es bekommt immer ab, was an den richtigen Mountainbikes nicht mehr zu gebrauchen ist. Um dennoch in München sicher unterwegs zu sein, hat es 2″ breite Reifen von Schwalbe, die dank dickem Pannenschutz-Gürtel jedoch bleischwere 1,2kg wiegen. Pro Stück. Dafür reflektiert die Seitenwand und Scherben sollen ruhig drin stecken bleiben können. Der größte Vorteil dieser dicken Reifen ist jedoch immer gewesen, dass ich gemütlich über Bordsteinkanten knallen konnte und insgesamt sorglos unterwegs gewesen bin. Irgendwie eine Art Panzer. Der Haken: Die dicken (und vor allem schweren) Reifen machen langsam und so richtig cool ist man damit auch nicht unterwegs. Deshalb die Frage: Liegt es an den Reifen? Wenn ein muskelgemästeter Rennradprofi in die Pedale tritt, sollte dich das gesamte Fahrrad auf die harte Tour einstellen, von dem her mache ich mir da recht wenige Sorgen. Nur die Reifen. Kaum mehr als einen Zentimeter breit und hoch scheinen sie für den Mountainbiker durchaus so etwas wie die Achillessehne des Rennrads zu sein. Mit Hilfe dieses Gedankenganges könnte man dann doch glatt die Rennradfahrer verstehen, die sich von Fahrradwegen fern halten und deshalb auf der Straße unterwegs sind; die nicht bremsen, weil sonst der Verschleiß zu hoch wäre und die vor allem in der Stadt absolut geräuschlos unterwegs sind.

Die Praxis sieht – zumindest in einigen Punkten – anders aus. Die Geräuschlosigkeit stimmt und vor allem ist beeindruckend, wie ruhig das Rad in diesem Setup rollt. Selbst ein Maxxis Larssen TT ist im Vergleich ein echtes Abroll-Raubein. Entgegen der Erwartung sind aber Haltbarkeit und Bremskraft erstaunlich gewesen. Nach einer ersten Eingewöhnungsphase mit Freilauf habe ich das Rad direkt auf den fixen Antrieb umgebaut und muss sagen, dass das Bremsen – entsprechend dicke Knie vorausgesetzt – schon ganz in Ordnung gut, man aber deutlich mehr vorausschauen muss und schnell in Situationen kommt, in denen man nicht adäquat reagieren kann. Meine ehrliche Meinung: Skidden, also das bewusste blockieren des Hinterrades durch den Antrieb, hat in der Stadt nichts zu suchen und damit auch das Fixie nicht. Zu schnell kann ein anderer unachtsamer Verkehrsteilnehmer den eigenen, guten Plan durchkreuzen und schon haben beide ein Problem. Außerdem steigt die Abnutzung des Reifens enorm, was auf Dauer auch ein Kostenfaktor werden könnte. Zwar bietet Schwalbe mittlerweile spezielle Reifen für Fixies und Bahnräder an, sinnvoller wird das Fahren aber in der Stadt dadurch nicht. Trend hin oder her – ein Freilaufritzel ist nicht so viel wartungsanfälliger. Außerdem kann man schneller fahren, wenn man mit Freilauf unterwegs ist.

Also zur letzten Frage, ob dann vielleicht wirklich die Stabilität des Reifens die Rennradfahrer runter von den Fahrradwegen und rauf auf die Straße verbannt. Klare Ansage hier: Nein. Wir haben so ziemlich alles mit dem Testrad ausprobiert und in der Tat sollte jedem klar sein, dass wenn man mit diesen Reifen bei 35km/h eine Bordsteinkante trifft, ein Durchschlag zu erwarten ist. Aber so viele Bordsteinkanten gibt es auf den angedachten Fahrradwegen eigentlich nicht und abseits dieser Kanten haben die Reifen alles erstaunlich gut weggesteckt. Außerdem kann ein Mountainbiker doch einen Bunny Hop, oder? So lange der Boden trocken ist, ist der Grip absolut ausreichend und ob Ausflüge quer durch den Schotter des englischen Gartens oder auf Baustellen, ob Pumptrack oder Scherbenmeer in Milbertshofen – die Reifen haben gehalten. Es gibt also wirklich keinen Grund für die werten Herren Rennradfahrer, ständig auf der Straße unterwegs zu sein anstatt den schön angelegten Fahrradweg zu benutzen. Außer vielleicht dem Verkehr auf demselben, doch dem wird man sich wohl stellen müssen – Autofahrer stehen auch im Stau und fahren nicht auf dem Fahrradweg, oder? Gleiches gilt für die Fixie-Fraktion, die ja – sind wir mal ehrlich – auch nur eine Untergruppe des Rennradfahrens ist ;). Der Verbleib auf dem Fahrradweg ist aber in vielerlei Hinsicht sinnvoll und richtig, gerade wenn von diversen Initiativen (z.B. Radelhauptstadt München, BDR,…) doch genau auf diese Wege hingearbeitet wird. Und vielleicht führt ja auch die eigene Erfahrung auf den schmalen Reifen dazu, dass man so manch andere Nische des Fahrradfahrens besser verstehen kann…

Fazit
Diese alten und neuen Rennräder mit Stadttuning sind eine heiße Sache, keine Frage. Das Tempo ist enorm und die dünnen Reifen bringen eine erstaunliche Traktion auf die (trockene) Straße. Fraglich ist aber, ob mit dem fahrbaren Untersatz auch der Fahrstil geändert werden muss. Unsere Erfahrung zeigt deutlich: Bordsteinkanten, Gullideckel, Kopfsteinpflaster? Kein Problem. Gerade weil man doch als Mountainbiker einen Bunnyhop können sollte. Schotter im englischen Garten? Kein Problem! Ausflug auf dem Pumptrack nach der Uni. Passt schon. Es gibt also keinen Grund, warum man als Mountainbiker vor zwei Rennrad-Rädern halt machen sollte! So schlimm sind die gar nicht. Übrigens: Breite Lenker kommen gerade bei Fixies in Mode…


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[DDET Mehr über Pure Bros Cycles]
Pure Bros Cycles ist eine noch junge deutsche Fahrradmarke, die ausschließlich zwei Modelle im Sortiment hat. Das White Kick’n Skid for Speed und das White Kick’n Skid for enthusiasts. Die beiden Bikes unterscheiden sich im Lenker, der einmal wie beim Rennrad und einmal wie bei einem gescheiten Fixie üblich in Stummelausführung daher kommt. Beiden Rädern gemein ist, dass die Macher laut eigener Beschreibung absolute Stahl-Fetischisten sind. Sie beschreiben Stahl als hochmodernen Werkstoff und wollen mit den Rädern eine „einzigartige Symbiose aus Identität, Qualität, Funktionalität“ erreichen. Kein geringer Anspruch, dessen Erfüllungsgrad sicherlich erst nach längerer Fahrzeit validiert werden könnte. Fest steht aber: Das Testrad ist sehr gut ausgestattet gewesen (z.B. durchweg Sram Komponenten) und hat sich, bis auf den Sattel, auch gut gehalten. Aber wer montiert auch einen weißen Sattel? Vor allem aber ist die Verarbeitung sehr schön und sauber gewesen, der Rahmen wirkt filigran und das Rad fährt sich sensationell schnell.

Ausstattung des Bikes

Geometrie des Bikes

Weitere Bilder und Informationen rund um die Mannheimer Marke findet ihr hier im Internet oder in einem der Läden in München, Stuttgart, Karlsruhe, Mannheim, Frankfurt, Köln oder Bern.
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Bilder von Hoshi Yoshida und Tobias Stahl.

Wie sehen eure Stadträder aus? Und woher denkt ihr kommen die vielen Vorurteile über die verschiedenen Verkehrsteilnehmer?

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