Propain Spindrift im Test: Superenduro? Freeride? Parkenduro? Tourenfreerider? Die Antwort von Propain lautet: Spindrift! Das Bike mit 180 mm Federweg und dem bekannten Pro10-Hinterbausystem soll sich von der Hometrail-Runde bis hin zum harten Bike Park-Einsatz für so ziemlich alles eignen. Wir haben das Propain Spindrift mit nach Whistler genommen und dort auf Herz und Nieren getestet!
Propain Spindrift – kurz & knapp
„Superenduro? Freeride? Parkenduro? Tourenfreerider? Die Industrie wird neuer Begriffe nicht müde. Bei Propain heißt es ganz einfach Spindrift!“ – Propain-Website
Propain beginnt die Beschreibung des Einsatzbereichs des Spindrifts auf der eigenen Website mit einem (durchaus gerechtfertigten) Seitenhieb an die Bike-Industrie: Welche der vielen kreativen Begriffe für den Einsatzbereich soll man denn bitte nutzen? Die Firma aus der Nähe von Ravensburg belässt es dabei, das Spindrift als Mountainbike mit Fokus auf Bergab-Performance zu beschreiben. Trotz satten 180 mm Federweg soll sich das Spindrift durchaus angenehm bergauf pedalieren lassen. Massig Reserven, Bergauf-Tauglichkeit, moderne Geometrie, ein Aluminium-Rahmen mit dem Propain-typischen Pro10-Hinterbausystem – und vor allem ganz viel Spaßpotential: Wir haben das Propain Spindrift, das bereits ab 2.395 € erhältlich ist, in und um den Bike Park in Whistler ausgiebig getestet!
- Federweg: 180 / 180 mm
- Rahmenmaterial: Aluminium
- Laufradgröße: 27,5″
- Boost-Standard
- Gewicht (ohne Pedale): 14,4 kg
- erhältliche Größen: S / M / L (getestet)
Preis: 3.266 € (UVP) | Bikemarkt: Propain Spindrift kaufen
Technische Daten
Geometrie
Propain hat dem Spindrift eine moderne Geometrie spendiert, die bergab viel Kontrolle vermitteln soll. Der Lenkwinkel ist 64,5° flach, der Reach fällt modern und eher lang aus. Das Tretlager ist mit einer Absenkung von 3 mm relativ tief, aber nicht ganz so niedrig wie das des Commençal Supreme SX. Propain-typisch fallen die Kettenstreben am Spindrift eher lang aus: Mit einer Länge von 445 mm ist der Hinterbau des silbernen Boliden knapp 2 cm länger als bei der Konkurrenz in unserem Freerider-Vergleichstest. Dank 75,5° steilem Sitzwinkel soll das Propain Spindrift auch bergauf eine gute Figur machen. Unser Testbike in Größe L hat einen Reach von 465 mm und einen Stack von 611 mm. Erhältlich ist das Spindrift in drei Größen von S bis L – eine Ausführung in XL bietet Propain aktuell nicht an.
Rahmengröße | S | M | L |
---|---|---|---|
Rahmenhöhe | 420 mm | 440 mm | 460 mm |
Radstand | 1.202 mm | 1.227 mm | 1.247 mm |
Lenkwinkel | 64,5° | 64,5° | 64,5° |
Tretlagerabsenkung | 3 mm | 3 mm | 3 mm |
Sitzwinkel (real) | 65,5° | 65,5° | 65,5° |
Sitzwinkel (effektiv) | 75,7° | 75,5° | 75,5° |
Steuerrohrlänge | 110 mm | 120 mm | 120 mm |
Kettenstrebenlänge | 445 mm | 445 mm | 445 mm |
Oberrohrlänge | 579 mm | 603 mm | 623 mm |
Reach | 425mm | 445 mm | 465 mm |
Stack | 602mm | 611 mm | 611 mm |
Ausstattung
Propain ist als Versender vom Bodensee schon immer bekannt für eine starke Ausstattung zum fairen Preis. Das Spindrift ist in drei vorkonfigurierten Ausstattungsvarianten und als Rahmenset erhältlich. Außerdem hat man auf der Propain-Website die Möglichkeit, die Ausstattung seines Bikes im Baukasten-System weiter an die eigenen Wünsche anzupassen. Unser Testbike kommt mit einer starken Ausstattung und ist für einen Preis von 3.266 € bei Propain erhältlich.
Dafür bekommt man ein Luftfahrwerk-Fahrwerk bestehend aus einer RockShox Lyrik RCT3-Federgabel mit 180 mm Federweg und einem dazu passenden Super Deluxe RC3-Dämpfer. Geschaltet wird mit einer 11-fachen SRAM GX-Schaltgruppe, während die Kette von einer bpp END-SL Kettenführung an Ort und Stelle gehalten wird. Der Bashguard der Kettenführung schützt außerdem das Kettenblatt vor ungewolltem Boden- und Steinkontakt.
Die Anpassung der Sattelhöhe gestaltet sich mit der BikeYoke Revive, die einen Verstellbereich von 160 mm hat, komfortabel. Für Bremspower sorgen Magura MT5-Bremsen. In Sachen Laufräder werden die soliden Stan’s No Tubes ZTR Flow MK3-Felgen mit Propain-eigenen Naben kombiniert. Auf diesen sind 2,4″ breite Onza Ibex-Reifen montiert. Das Cockpit kommt von Sixpack und besteht aus dem 780 mm breiten Kamikaze-Lenker und dem 50 mm langen Leader-Vorbau. In dieser Konfiguration bringt das Spindrift 14,4 kg (ohne Pedale) auf die Waage.
Federgabel | Rock Shox Lyrik RCT3 Solo Air |
Dämpfer | Rock Shox Super Deluxe RC3 |
Laufradsatz | Stan's No Tubes ZTR Flow MK3 mit Propain Naben |
Kurbel | Truvativ Sescendant Alu / 175 mm / 30 T |
Schaltwerk | SRAM GX 1x11 |
Schalhebel | SRAM GX 1x11 |
Kassette | SRAM XG 1150 |
Bremsen | Magura MT5 203 / 180 mm |
Lenker | Sixpack Kamikaze, 780 mm |
Vorbau | Sixpack Leader, 50 mm |
Reifen | Onza Ibex 27,5" x 2,4" |
Sattelstütze | Bikeyoke Revive, 160 mm |
Sattelstütze | Selle Italia XR |
Kettenführung | bpp END-SL |
In der Hand
Unser Propain Spindrift-Testbike kommt in schicker Raw-Optik und ist tadellos verarbeitet. Die Züge verlaufen nicht intern, sondern außen unterhalb des Unterrohrs. Das sorgt für ein sauberes Aussehen bei gleichzeitig einfacher Wartung. Einziger Nachteil: Bei einem Aufsetzer könnte man theoretisch jedoch die Leitungen beschädigen, was insbesondere bei der Bremsleitung nicht nur ärgerlich, sondern auch gefährlich wäre.
Wie beim Propain-typischen Pro10-Hinterbausystem üblich liegt der Dämpfer recht exponiert hinter dem Sitzrohr, was einen niedrigen Schwerpunkt ergibt. Der RockShox Super Deluxe RC3 wird durch einen kleinen Carbon-Fender vor Dreck vom Hinterrad geschützt. Obwohl im vorderen Rahmendreieck theoretisch genug Platz vorhanden wäre, verzichtet Propain auf die Möglichkeit, einen Flaschenhalter zu montieren. Statt auf ein PressFit-Tretlager setzt Propain auf ein geschraubtes BSA-Tretlager – ein kleines Detail, das sich jedoch positiv auf die Wartbarkeit auswirken dürfte.
Auf dem Trail
Uphill
Das Propain Spindrift lässt sich komfortabel bergauf treten, Uphill-Rennen gewinnt man aber sicher keine. Das Spindrift ist zwar kein Schwergewicht, doch der Hinterbau neigt zum Wippen. Der Dämpfer lässt sich dank zuschaltbarer Plattform zwar fast komplett ruhig stellen. Aufgrund des Pro10 Hinterbau-Konzepts ist der kleine Hebel am RockShox Super Deluxe jedoch während der Fahrt schwer bis unmöglich zu erreichen.
Der vergleichsweise flache Sitzwinkel des Spindrifts sorgt dafür, dass man im Sitzen das Gefühl hat, etwas von hinten zu treten. Ansonsten ist die Sitzposition sehr angenehm. Im technischen Uphill-Passagen generiert der aktive Hinterbau viel Grip. Allerdings muss man aufgrund des tiefen Tretlagers etwas aufpassen, dass man mit den Pedalen nicht am Untergrund hängenbleibt. Langsame und enge Kurven werden aufgrund des langen Radstands und des flachen Lenkwinkels eine Herausforderung. Probleme mit einem steigenden Vorderrad hatten wir mit dem Spindrift jedoch nicht. Dafür, dass das Spindrift auf dem Papier eher ein Mini-Downhiller mit satten 180 mm Federweg als ein Enduro ist, tritt sich der silberne Bolide aber durchaus angenehm bergauf.
Downhill
In der Abfahrt kann das Propain Spindrift seine Stärken voll ausspielen. Der lange Reach passt perfekt zu den ebenfalls langen Kettenstreben, sodass sich eine perfekte Lastverteilung zwischen Vorder- und Hinterrad ergibt. So kann man das Spindrift mit einer zentralen Körperposition auf dem Rad fahren und muss sich auch in schnellen Kurven wenig Gedanken machen, mit einer weniger aktiven Fahrweise nicht genug Druck auf die Front zu bringen.
Der Pro10-Hinterbau ist uns schon von anderen Propain-Bikes mit viel Komfort und einem recht plüschigen Gefühl bekannt. Dieses Verhalten passt perfekt zu einem Boliden wie dem Spindrift, das so auch in harten und schnellen Passagen viel Grip generiert und Laufruhe bietet. Trotzdem ist der Hinterbau definiert genug, um dem Spindrift ein verspieltes Verhalten zu geben. Bunny Hops gelingen ohne Probleme, um das Bike in den Manual zu ziehen braucht es aufgrund der langen Kettenstreben allerdings minimal mehr Nachdruck. Für uns hat die Abstimmung des RockShox-Dämpfers perfekt gepasst – wer die Druckstufe gerne an die eigenen Vorlieben anpasst, wird am Super Deluxe RC3 Dämpfer allerdings nicht fündig.
Insgesamt fühlt man sich auf dem Propain aufgrund der zentralen Position einfach sehr wohl. In hartem, technischen Gelände lässt man am Spindrift die Bremse gerne offen und profitiert hier nicht nur von der enormen Laufruhe des Bikes, sondern auch von der Präzision, mit der sich das Spindrift steuern lässt. Werden die Kurven enger und langsamer, braucht es allerdings einiges an Körpereinsatz, um den Boliden mit langem Radstand um die Kehren zu wuchten.
Auch auf sprunglastigen Trails macht das Propain Spindrift sehr viel Spaß und lässt sich in der Luft handlich herumwerfen. Einzig an die langen Kettenstreben muss man sich auf den Absprüngen auf den ersten Abfahrten etwas gewöhnen.
Insgesamt konnte uns die durchdachte Ausstattung am Propain Spindrift im Test überzeugen. Der Laufradsatz bestehend aus Stan’s No Tubes ZTR Flow MK3-Felgen und Propain-Naben funktionierte hervorragend. Die Bikeyoke Revive-Sattelstütze beeindruckte mit einem großen Verstellweg von 160 mm, einer problemlosen Funktion und einem ergonomischen Hebel. Leider musste die Stütze allerdings recht häufig entlüftet werden – was sich andererseits aber extrem einfach gestaltet. Die Magura MT5-Bremsen bieten ordentlich Power bei guter Dosierbarkeit und auch die Onza Ibex-Reifen überzeugten mit solidem Grip. Je nach Einsatzgebiet, Gewicht und Fahrstil sollte man jedoch eventuell zu Reifen mit mehr Pannenschutz greifen.
Haltbarkeit
In Sachen Haltbarkeit konnten wir beim Propain Spindrift im Testzeitraum keine Probleme feststellen. Auch den harten Einsatz im Whistler Bike Park steckte das Bike vom Bodensee problemlos weg. Ein Problem hatten wir nach einem harten Sturz auf die Seite. Das Schaltauge ist mit einer kleinen Nase, die im Rahmen steckt, gegen Verdrehen gesichert. Diese brach ab und blieb im Rahmen stecken. Nach einer kurzen Rücksprache mit dem wie gewohnt freundlichen und schnellen Kundenservice von Propain stellte sich heraus, dass dieses Problem sehr selten auftritt und leicht zu beheben ist. Die Nase ist nur leicht verkantet – einfach vorsichtig mit einem kleinen Torx- oder Inbusschlüssel auf die hohle Nase klopfen und schon lässt sie sich herausnehmen.
Fazit – Propain Spindrift
Freerider? Enduro? Das Propain Spindrift ist ein Bike, das sich in keine Kategorie einsortieren lassen möchte. Das 180 mm-Bike glänzt dank abfahrtslastiger Geometrie und starkem Hinterbau mit Laufruhe und Präzision. Durch die zentrale Körperposition auf dem Bike lässt sich das Spindrift sehr angenehm fahren. Am liebsten fährt der Bolide vom Bodensee schnell in technischem und hartem Gelände bergab. In engen Kurven verlangt es etwas Nachdruck, bergauf geht es eher gemütlich – aber es geht.
Stärken
- starker Hinterbau
- ausgewogene, moderne Geometrie
- Preis-Leistungs-Verhältnis
Schwächen
- Plattform-Hebel am Dämpfer schlecht erreichbar
- nicht in XL erhältlich
Testablauf
Von der gemütlichen Hometrail-Runde bis hin zum Bike Park Whistler, das Propain Spindrift wurde in einem breiten Einsatzbereich getestet – wie sich das für ein Bike dieser Kategorie gehört.
Hier haben wir das Propain Spindrift getestet
- Whistler: Im wohl besten Bike Park der Welt durfte das Propain Spindrift seine Bergab-Fähigkeiten und Haltbarkeit auf vielseitigen Strecken unter Beweis stellen.
- Hometrails im Mittelgebirge: Eine bunte Mischung aus felsigen und flowigen Trails mit etwa 300 Höhenmetern am Stück.
- Squamish: Traumhafte Trails in British Columbia von steil bis flowig. Bergauf geht es auf eigener Kraft.
Testerprofil
- Testername: Sebastian Beilmann
- Körpergröße: 174 cm
- Gewicht (fahrfertig): 74 kg
- Schrittlänge: 81 cm
- Armlänge: 63 cm
- Oberkörperlänge: 56 cm
- Fahrstil: verspielt
- Was fahre ich hauptsächlich: Trail, Enduro, Park
- Vorlieben beim Fahrwerk: recht straff mit Progression
- Vorlieben bei der Geometrie: relativ flacher Lenkwinkel, kurze Kettenstreben, langes Oberrohr mit kurzem Vorbau
- Testername: Moritz Zimmermann
- Körpergröße: 186 cm
- Gewicht (fahrfertig): 93 kg
- Fahrstil: Räder auf dem Boden, saubere Linienwahl
- Was fahre ich hauptsächlich: Trail, Enduro
- Vorlieben beim Fahrwerk: relativ straff mit viel Dämpfung, Heck langsam
- Vorlieben bei der Geometrie: mittellanges Oberrohr und Kettenstreben, flacher Lenkwinkel
Weitere Informationen
Hier findest du alle weiteren Artikel unseres Freerider-Vergleichstests 2017:
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Webseite: www.propain-bikes.com
Text & Redaktion: Sebastian Beilmann, Moritz Zimmermann | MTB-News.de 2017
Bilder: Johannes Herden