MTB-News.de

Peakrider MTB Tragesystem im ersten Test
Entspannteres Biketragen

Sein Fahrrad zu tragen gehört wohl für niemanden zu den Lieblingsbetätigungen. Mancher nimmt es dennoch in Kauf, andere lassen es einfach bleiben – der Peakrider soll das ändern: Das Tragesystem aus dem Allgäu erlaubt die einfache Befestigung eines Fahrrades am Rucksack und damit lange Trage-Einlagen. Wir haben es ausprobiert.

Vollständigen Artikel lesen …

# Entwickelt in den Allgäuer Alpen - ein Tragesystem für Mountainbikes.

Motivation

Seine Ski oder sein Snowboard am Rucksack zu befestigen, um sich bergauf das Leben leichter zu machen, gehört zu den gewöhnlichsten Dingen des Wintersports. Sein Mountainbike am Rucksack befestigen… das ist dagegen ziemlich exotisch. Zwar tragen begeisterte Bikebergsteiger dennoch ihr Zweirad stundenlang auf Rucksack/Schulter/Nacken bergan – die Mehrheit sagt hierzu aber schlicht: „Danke, nein.“

Dabei muss man anerkennen:

  1. Mit dem Mountainbike lassen sich Trails bergab fahren, die bergauf unfahrbar sind.
  2. Zum Start so manchen Traumtrails führt leider keine geeignete Schotterpiste oder Straße, sondern nur bergauf quasi unfahrbare Wanderwege.

Also kann man Trails ohne geeigneten Uphill entweder bleiben lassen, oder tragen – und wenn der Peakrider das erheblich angenehmer macht, dann fallen uns da die entsprechenden Touren zu ein.

# Stundenlange Tragepassagen werden nun auch für weniger leidenswillige erträglich.

Das Peakrider MTB Tragesystem

Dem Oberstdorfer Entwickler Marvin Kiesel war schnell klar: Das Fahrrad soll quer zur Gehrichtung auf Rucksackhöhe getragen werden, denn die Schwerpunktlage ist bei der beliebten „Vertrider Tragetechnik“ schon ziemlich gut. Eigentlich stört ja primär die unsichere Fixierung und die unbequeme Rahmenform. Deshalb überträgt der Peakrider die Last des Fahrrades auf den Rucksack – das Bike wird dann durch das Tragesystem des Rucksacks auf dem Rücken getragen. Weil Rucksack-Vorlieben variieren, ist der Peakrider als Zubehör mit beinahe jedem Rucksack kompatibel. Außerdem sollte das Bike beweglich und leicht auf- und abzusetzen sein, damit Fahrpassagen fahrend absolviert werden können.

# Der PeakRider.
# Unscheinbar - die Stange ragt hinter dem Kopf empor.
# Universeller Gurt - fixiert den "ConeStrap" an fast jedem Unterrohr.

Die Lösung hatte man nach einigen Prototypen in einer recht einfachen Konstruktion gefunden: Ein Teleskopstab, der sich im Rucksack abstützt und diesen durch den Trinksystemausgang verlässt, dient als Dreh- und Angelpunkt für das Fahrrad. Am Fahrrad wird ein kleiner Trichter montiert, der sich auf den Stab zentriert und arretiert. Das Bike wird wie gewohnt geschultert, durch ein wenig Zielen aber auf dem Peakrider aufgesetzt. Das Gewicht lastet dann auf dem Rucksack, die Schultern haben lediglich minimalen Kontakt zum Rahmen, um das Bike etwas steuern zu können.

# Die Last wird über den Stab zum Rucksackboden übertragen - das Unterrohr ist nur ganz leicht mit Rucksack und Schultergurten in Kontakt.
# Das Rad lässt sich leicht auf dem Knauf justieren.
# Erleichtert das Treffen - etwa 10 cm Durchmesser müssen mit einem 1 cm Stab getroffen werden.

Testeindruck

Ich persönlich habe mein Fahrrad bisher noch nie länger als 45 Minuten am Stück getragen, und auch mit Pausen hat mich stets nach einer Stunde die Lust verlassen oder die Anstrengung überkommen. Als durchaus alpinistisch motivierter Bergsportler machte ich mich deshalb neugierig auf den Weg in meine alte Heimat Oberstdorf, um dort den Peakrider auszuprobieren. Die Teleskopstange samt Abstützung nimmt im Trinksystemfach Platz, die Stange wird auf ca. 12 cm über der Rucksackoberkante ausgefahren und der Rucksack ist vorbereitet. Problematisch sind allein Rucksäcke mit seitlichem Trinksystemausgang oder solche, bei denen der Ausgang nicht klar definiert ist.

# Kevlarverstärkter Conestrap - im Prinzip ein Trichter mit Befestigungsgurt.

Am Fahrrad wird zunächst die Schwerpunktlage durch Anheben ermittelt und dann der „Conestrap“ an der entsprechenden Stelle am Unterrohr fixiert. Die kleine Tüte mit kevlar-faden verstärktem Zwirn passt an die allermeisten Unterrohre; nur wenn genau hier ein Drehpunkt angebunden ist, muss man etwas tüfteln – bei meinem ICB2.0 passt das Teil aber ohne Probleme.

Aufsetzen

Aller Anfang ist schwer. Das ist beim Peakrider nicht anders; beim ersten Aufsetzen lasse ich mein Fahrrad recht hilflos hinter dem Kopf ab, auch mit Spiegel ist es nicht einfach, Trichter und Stange zueinander zu orientieren. Mit etwas Hilfe gelingt es aber, und durch Merken der Hand- und Armposition kann man die Position anschließend einfacher wieder finden. Beim zehnten Anlauf treffe ich dann direkt und versichere mich nur noch kurz, wirklich sauber eingefädelt zu haben.

# Raus aus dem Trinksystemausgang - wenn dieser nicht mittig angeordnet ist, wird die Sache schwierig.
# Abstützung der Last im Rucksack - der Fuß verhindert ein Verdrehen und Verrutschen.

Tragen

Ist das Bike einmal platziert, stellt sich der Aha-Effekt ein: einerseits, weil das Rad nicht mehr festgehalten werden muss; und andererseits, weil das Gewicht über das Tragesystem viel besser verteilt wird. Tatsächlich ist die Fixierung an einem einzelnen Punkt ein ziemlich guter Kompromiss: Fest genug, um zu versichern, dass das Rad nicht versehentlich seinen eigenen Weg geht; aber flexibel genug, damit das Rad bewegt werden kann – zum Beispiel in eine eher längs gerichtete Position. Das ist hilfreich, wenn die Bäume dicht stehen oder der Weg schmal und der Berg steil. Gleichzeitig überkam mich nie die Sorge, das Rad könnte sich ungewollt lösen.

# Der Stab steckt ca. 10 cm tief im Trichter - so ist ein ungewolltes herausrutschen nur schwer möglich.
# Auch leichte Kraxeleien sind kein Problem - mit etwas Übung und entsprechender Voraussicht lässt sich auch eine Leiter erklimmen. Vorsicht ist aber unbedingt geboten.
# Auf den ersten Blick kaum von der Tragetechnik ohne System zu unterscheiden.

Der eigentliche Trage-Test ist dann primär ein Test des Rucksack-Tragesystems. Mein Tagesrucksack war vorher noch nie so schwer, daran ändert auch der Peakrider nichts. Fahrrad, Vesper, Kamera – da sind die 20 kg schnell überschritten. Plötzlich merke ich Hüftgurt und Schultergurte deutlich, aber: Das Fahrrad an sich merke ich nicht. Vergleiche ich den Komfort mit dem Unterrohr, was irgendwo zwischen Schultergurt und Rucksackoberkante in den oberen Rücken drückt, dann ist der Komfortgewinn ganz erheblich. Zu Fuß geht es jetzt bergauf, und ich fühle mich einfach wie beim Wandern. Ein wenig Zielen zwischen Bäumen hindurch – ansonsten wandere ich einfach als wäre ich ohne Bike am Berg. Nach 1,5 h machen wir eine Pause, schon jetzt habe ich das Rad länger getragen als je zuvor. Dann nochmal eine Stunde, und der Oktoberschnee lässt uns den Anstieg beenden.

# Gute Schwerpunktlage - die Räder und Gabel liegen teilweise vor dem Körper, wodurch der Zug nach hinten gering ausfällt.
# Nebenbei fotografieren, Wanderstöcke benutzen, Klettern, Karte lesen - mit den Händen lässt sich einigen anfangen, wenn man nicht mehr schieben oder tragen muss.
# Die Trinkblase passt immer noch in ihr Fach.

Absetzen

Das Fahrrad lässt sich – wie gewohnt – einfach nach oben und vorne über den Kopf heben. So würde das Rad auch im Falle eines Sturzes vom Fahrer getrennt. Das ganze gelingt in Sekunden, wodurch man eine fahrbare Passage auch schnell fahren kann. Für die Abfahrt empfiehlt es aber, den Peakrider zu verstauen. Mit wenigen Handgriffen verschwindet der Peakrider samt Unterrohrfixierung im Rucksack (alternativ kann diese auch montiert bleiben, sie stört beim Fahren nicht), und alles ist, als hätte es keine Wanderung gegeben.

# Wenn das Gewicht nicht wäre - könnte man das Rad glatt vergessen.

Gesamteindruck

Ja, man hat plötzlich einen 20+ kg schweren Rucksack zu schultern. Das ist viel schwerer, als einen Tagesrucksack auf den Schultern zu tragen, aber eben auch ungleich angenehmer, als einen Tagesrucksack und das Fahrrad auf den Schultern zu transportieren. Nach – für mich – ungewöhnlichen 2,5 h Bike tragen hatte ich keine Rückenschmerzen, keine verspannten Schultern; ich fühlte mich eher wie beim Trekking. Die Abfahrt war dann aber Mountainbiken pur, und anders als beim Wandern wurden auch noch die Knie geschont. Die Verarbeitung des Peakriders ist hochwertig – für die Serie sollen Knauf und Abstützung als Kunststoff-Spritzgussteile ausgeführt werden; bei den Prototypen wurde hier auf Holz beziehungsweise 3D-gedruckte Kunststoffteile gesetzt. Der Teleskopstab ist – nun ja – ein Teleskopstock, Arretierung und Rohre sind identisch zu Wander- oder Skistöcken. Der Conestrap ist aus solider Plane hergestellt, laut Entwickler Kiesel rissen hier viele Prototypen, da die Belastung doch erheblich ist. Das ganze System wiegt etwa 190 g.

# Wandern mit Rad auf dem Rucksack - über die Schultern lässt sich das Bike mit dem Oberkörper drehen.
# Häufig ist das Rad quer zu breit - dann lässt es sich einfach rotieren, um weniger über zu stehen.
# Der Conestrap kann am Rad verbleiben - oder mit zwei Handgriffen demontiert werden.

Kickstarter

Da der Peakrider von der jüngst gegründeten, gleichnamigen Firma hergestellt und vertrieben werden soll, läuft zunächst eine Kickstarter-Kampagne. Vorbesteller können hier die Finanzierung der für die Serie benötigten Werkzeuge unterstützen und sich im Gegenzug einen Vorbesteller-Rabatt sichern. Die ersten Peakrider sind dort momentan für 49 € erhältlich, später sollen es im Handel 79 € sein. Vertrieben wird der Peakrider später über Onlineshop und Fachhandel. Eine Holz-Edition mit gedrechseltem Knauf wird limitiert erhältlich sein.

Video

Passend zur Kickstarter-Kampagne gibt es ein Video, in dem das Produkt gut erklärt wird:

Fazit

Ein Bike-Tragesystem mag zunächst sehr nach Nische klingen. In Anbetracht dessen, wie viel länger und komfortabler sich ein Mountainbike damit tragen lässt, fallen plötzlich doch genügend Anwendungen ein; und ich würde nicht zögern, das Teil selbst für eine Tragepassage von nur 10 Minuten zu montieren. Fahrrad tragen wird bequemer, dank freier Hände aber auch sicherer – bei der nächsten Wanderung hänge ich mir jedenfalls das Bike an den Rucksack; fahrbare Passagen gibt es ja auf jeder Wanderung ;)


Weitere Informationen

Website: www.kickstarter.com
Text & Redaktion: Stefanus Stahl | MTB-News.de
Bilder: Peakrider

Die mobile Version verlassen