Der Enduro-Markt scheint zu boomen – anders ist die Masse der Marken, die neuerdings auf diesen Zug aufspringen, wohl nicht zu erklären. Wenngleich der spanische Fahrradhersteller Orbea schon seit Jahren langhubige Bikes im Sortiment führte, so lag der Fokus bisher dennoch nur auf den Ausdauerdisziplinen des Radsports. Seit diesem Jahr sind die Spanier jedoch auch mit einem Team in der Enduro World Series vertreten – der „Orbea Méribel Enduro Crew“.
Es war also nur eine Frage der Zeit, bis Orbea das aktuelle Enduro, welches mehr einem komfort-orientierten All Mountain ähnelt, weiterentwickelt oder gleich ein gänzlich neues Modell auf den Markt schmeißen würde. Eine Mischung aus beiden ist nun de facto der Fall: Zwar trägt das neue Modell noch den alten Namen, hat mit seinem Vorgänger aber kaum mehr etwas gemein.
# Orbea Rallon 2014: hier zu sehen in der edelsten Variante X-LTD für 6.499 Euro
Mit dem neuen Rallon [Projektname R4] möchte sich Orbea in der Welt des Enduro-Sports behaupten – und wenn schon, dann richtig: Das Rallon ist eines der wenigen Enduros, die von vorne bis hinten auf Rennsport ausgelegt sind. Es wundert daher nicht, dass auch Orbea mit dem aktuellen Trend moderner Enduro-Racebikes mitgeht: ein langer Hauptrahmen gepaart mit einem kurzen Hinterbau. Wie auch schon am neuen Kona Process oder seit Längerem auch von Mondraker angepriesen, soll der lange Hauptrahmen für viel Laufruhe sorgen. Diese Laufruhe würde es auch ermöglichen, den Lenkwinkel wieder etwas steiler zu machen, um so ein direkteres Handling zu gewährleisten, ohne Sicherheit im rauen Gelände oder bei hohen Geschwindigkeiten einzubüßen.
Der kurze Hinterbau sei der Agilität geschuldet: Mit 420 mm Länge fällt dieser für ein 27,5″-Bike extrem kurz aus. Gerade in engen Kurven, an Absätzen und im technischen Uphill soll sich das Bike damit verspielt manövrieren lassen. Hinzu kommt, dass dieser extrem kurze Hinterbau auch ermöglichte, die Tretlagerhöhe massiv zu reduzieren. Da das Hinterrad so dicht an das Innenlager herangerückt wurde, braucht man auch beim 338 mm [tiefe Position] tiefen Innenlager wenig Sorgen haben, mit dem Kettenblatt früher aufzusetzen als mit vergleichbaren Bikes mit höheren Innenlagern. Lediglich beim Treten wird es kritisch, daher kommen an allen Komplettbikes – auch bei den großen Rahmengrößen – lediglich 170er Kurbelarme zum Einsatz. So extrem das kurze Heck ausfällt, so extrem wurde die Front gleichermaßen in die Länge gezogen. Ganze 25 mm wuchs das Bike im Reach – beim Radstand beläuft sich der Zuwachs sogar auf 40 mm. Mit einem Reach von 442 mm bei Größe Medium liegt das Bike in etwa im Bereich des neuen Kona Process.
# Länge läuft – dieses Motto gilt für jeden Rennsport, bei dem es um Geschwindigkeit geht.
Interessant ist die Hinterbau-Konstruktion des neuen Rallon: Entgegen seinem Vorgänger sitzt der hintere Lagerpunkt nicht mehr über der Achse an den Sitzstreben, sondern neuerdings, wie beispielsweise bei einem Trek, konzentrisch auf der Hinterradachse. Das Ergebnis soll ein 10% verbesserter Antriebs-Squat sein, und das, obwohl der Hauptdrehpunkt deutlich höher angesetzt wurde als beim Vorgänger. Das System hört bei Orbea auf den Namen „Advanced Dynamics“ und basiert auf der sogenannten „C9-12“-Bauweise. Der Dämpfer wird über eine große Wippe angelenkt, wobei der Aufnahmepunkt des Dämpfers mit gedichteten Kugellagern bestückt ist – was das Losbrechmoment gegenüber herkömmlichen Gleitlagern im Dämpferauge erheblich verbessern soll, so Orbea.
Das gesamte Hinterbau-System sei in den drei Jahren Entwicklungsarbeit, die das neue Rallon verschlungen habe, in enger Zusammenarbeit mit dem CEIT [Centre of Studies and Technical Research – Navarra/Spanien] entstanden. Ein kleines aber feines Feature findet sich an der vorderen Dämpferaufnahme: Über einen exzentrischen Einsatz lässt sich der Lenkwinkel sowie die Tretlagerhöhe kinderleicht verstellen – dabei bewegt man sich in einem Verstellbereich von 0,5° und 7 mm.
# Advanced Dynamics, so der Name des Orbea Hinterbausystems
Alles in allem macht das neue Orbea Rallon einen durchaus vielversprechenden Eindruck. Ob sich die spanische Marke mit dieser Neuerscheinung jedoch auch auf dem deutschen Markt durchsetzen kann, wird sich zeigen. Wir hoffen jedoch, das Rad möglichst bald für einen ersten Fahreindruck über den Trail jagen zu können.
# Ein edles BOS-Fahrwerk und gedichtete Kugellager zwischen Dämpfer und Wippe.
# Für das erste Jahr setzt Orbea am neuen Rallon vorerst noch auf Aluminium, was dem Rahmen ein Gewicht von 2,75 kg beschwert.
# Deutlich überarbeitet: Die Federkennlinie des neuen Rallon fällt überwiegend linear aus und wird erst gegen Ende leicht progressiv.
Fakten im Überblick
Zusammengefasst:
- 27,5″-Laufradgröße
- Enduro-Race-Bike
- 160 mm Federweg
- Rahmengewicht: 3,15 kg mit Dämpfer // 2,75 kg ohne Dämpfer [bei Größe „M“]
- 142 mm breiter Hinterbau
- abnehmbare ISCG 05-Aufnahme
- Post-Mount-Aufnahme für 180 mm
Geometrie:
# Orbea Rallon 2014: die Geometrie
Ausstattung:
Insgesamt vier Ausstattungsvarianten werden vom Rallon verfügbar sein. Darunter ein Einsteigermodell sowie ein Top-Modell mit Race-Ready-Ausstattung. Die beiden teuersten Varianten des Rallon setzen komplett auf ein edles BOS-Fahrwerk, welches nach Angaben von Orbea in intensiver Zusammenarbeit mit BOS bestens auf das neue Bike abgestimmt worden sei. Preislich liegen die vier Bikes zwischen 2.499 Euro und 6.499 Euro.
# Das Orbea Rallon X30 in der Grundausstattung: Für 2.499 Euro bekommt man ein Einsteiger-Fox-Fahrwerk, Race Face-Kurbeln und einen Shimano SLX-Antrieb.
# Rallon X10: Das mittlere Modell setzt ebenfalls auf ein Fox-Fahrwerk sowie eine Reverb Stealth Sattelstütze und Mavic CrossOne Laufräder.
# Ganz schön edel: Am Rallon X Team finden sich Mavic CrossMax Enduro WTS Laufräder, Race Face SixC Kurbeln, ein edles BOS-Fahrwerk sowie Formula-Bremsen.
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