Steckbrief: Öhlins TTX Air
Wie bereits beschrieben basiert der TTX Air auf dem Coil-Dämpfer der Schweden – an Technologie konnte aber nur die Dämpfung übernommen werden. Bei der Luftfeder baut Öhlins auf die inzwischen erarbeitete Erfahrung. Um auf dem heutigen Markt angenommen zu werden braucht es aber etwas mehr als nur das. Zusätzlich dazu müssen diverse Standards – so absurd sich das auch anhört – abgedeckt werden, denn neben Metric- und Trunnion-Dämpfern baut Öhlins zudem besondere Dämpfer für den OEM-Partner Specialized. Auch ansonsten ist das Federbein auf dem aktuellen Stand der Technik: mit externer Verstellung von Lowspeed-Zugstufe, High- und Lowspeed-Druckstufe und Luftdruck sowie der zusätzlichen internen Anpassbarkeit des Luftkammer-Volumens deckt der Dämpfer ein breites Spektrum ab.
- Einbaustandards Metric mit oder ohne Trunnion, Specialized
- Einbaulänge Metric 190/210/230/250 mm
- Einbaulänge Trunnion 165/185/205/225 mm
- Feder Luftfeder
- Dämpfung TTX TwinTube-Dämpfung
- Einstellbarkeit High- und Lowspeed-Druckstufe, Lowspeed-Zugstufe, Luftdruck, Luftkammervolumen, Pedal-Modus
- Verfügbarkeit: ca. November 2018
- Preis 835,00 € (UVP) Bikemarkt: Öhlins TTX kaufen

Video: Öhlins RXF36 und TTX Air
Öhlins RXF 36 Trail und TTX Air Vorstellung von Grinsekater – Mehr Mountainbike-Videos
Im Detail
Dämpfer wie der Fox Float X2 haben im Enduro-Sektor voll eingeschlagen. Öhlins platziert den TTX Air im gleichen Segment – verglichen mit Dämpfern anderer Herstellern wirkt das Federbein mit dem mit goldenen Ö aber sehr viel schmaler. Nachdem Öhlins auf einen sehr großen Erfahrungsschatz im Thema Dämpfung bauen kann, war vor allem die Entwicklung der Luftfeder eines der Hauptaugenmerke bei der Entwicklung des TTX Air. Aus den bisherigen Evolutionsstufen des STX-Dämpfers wurde für die Entwicklung des TTX viel mitgenommen. Nach Problemen mit der Zuverlässigkeit der alten Dämpfer ging man auf Fehlersuche – eine Dichtung konnte den auftretenden Kräften nicht standhalten und sorgte auch bei uns im Test schon für permanenten Luftverlust am Federbein. Grund war die starke Seitenbelastung, die der Dämpfer an diversen Rädern aufnehmen muss. Für die Entwicklung des neuen Dämpfers sollte also ein neuer Ansatz her: Geringe Reibung sorgt für gute Performance, gute Performance für ein solides Management der Seitenkräfte, das sorgt für lange Haltbarkeit und das wiederum für geringe Reibung.
Keine dieser vier Eckpunkte sollte am neuen Dämpfer vernachlässigt werden, in Summe wurde mithilfe diverser Verbesserungen eine Lösung gefunden. Fangen wir bei der Reibung an: Neben einem neuen Schmierstoff an der Hauptdichtung, der besser mit dem in der Luftkammer verwendeten Öl harmoniert, werden auch verbesserte Dichtungen eingesetzt. Durch zusätzliches Vorspannen der Hauptdichtung und verbesserte Oberflächen soll das für möglichst geringe Reibungswerte sorgen. Der durch Metric-Maße vergrößerte Bauraum ermöglicht eine vergrößerte Überlappung von Buchsen und Dämpferkolben und soll somit für mehr Stabilität und Abstützung sorgen. Öhlins verwendet außerdem einen optimierten Überströmkanal zwischen Positiv- und Negativ-Luftkammer sowie reibungsarme Staubabstreifer. Neue Testmethoden haben während der Entwicklung geholfen, die Lösungsansätze auszuprobieren und die zuverlässige Funktion zu bestätigen.


Federung & Dämpfung
Öhlins setzt am TTX auf eine Luftfeder, die aus zwei Kammern besteht. Positiv- und Negativ-Feder werden mithilfe eines Überstromkanals ausgeglichen. Wie auch an der RXF36 Trail-Federgabel ist Öhlins die Balance der zwei Luftkammern sehr wichtig: Große Negativkammern verlangen einen höheren Gesamtdruck des Systems, der sich negativ auf die Reibung an den Dichtungen auswirkt. Hier wollen die Schweden ein gelungenes Verhältnis gefunden haben, um sowohl Sensibilität zum Anfang des Hubs als auch Gegenhalt in der Mitte und Progression zum Ende des Hubs bieten zu können.
Während man an der Gabel eine dynamische Lösung zur Anpassung der Endprogression anbietet, greift man am Dämpfer auf eine simplere Lösung zurück. Anstelle einer dritten, in Reihe geschalteten Luftfeder, werden Volumenspacer verwendet. Durch Verkleinerung oder Vergrößerung der Luftkammer kann so die Federkennlinie angepasst und an die eigenen Vorlieben bzw. auf den eigenen Fahrstil optimiert werden.
Öhlins ermöglicht es am TTX Air relativ einfach und ohne Öffnen des Ölkreislaufs, die gesamte Luftkammer zu warten. Eine zusätzliche praktische Funktion ist die Verwendung von einsetzbaren Hubbegrenzern. Ist man bei anderen Herstellern teils darauf angewiesen ein Ersatzteil aufwendig einzubauen, kann man durch Einsatz dieser Teile den Dämpferhub begrenzen – auch dieser Umbau ist ohne Öffnen des Ölkreislaufs möglich. Einzig die Luftkammer und das Dämpferauge müssen abgeschraubt werden.

Wie im TTX22M setzt Öhlins auch im neuen Federbein auf die TTX-Technologie und baut damit auf 40 Jahre Erfahrung im Dämpfungsbereich. Analog zur Gabel arbeiten die Schweden hier mit zwei konzentrisch zueinander liegenden Rohren mit verschiedenen Durchmessern, die eine Zirkulation des Öls zulassen. Wie auch am Coil-Dämpfer beträgt der Durchmesser des Hauptkolbens 22 mm. Um das verdrängte Öl aufnehmen zu können arbeitete Öhlins am STX mit einem Trennkolben, während im TTX22M ein Bladder genutzt wird. Beim neuen Dämpfer beschränkt man sich auf eine Methode und verwendet nur noch den Trennkolben. Grund dafür ist der Bauraum des Dämpfers, denn mit IFP konnte Öhlins einen sehr viel kleineren Ausgleichsbehälter realisieren, um im Rahmen Platz für Wasserflaschen oder Packtaschen zu lassen. Dieser ist stark genug vorgespannt, um ein Aufschäumen des Öls zu verhindern, ohne die Drücke im Inneren aber zu stark ansteigen zu lassen. Besonders flexible Shims an den Check-Valves sollen für ein sehr reaktives Verhalten bei hochfrequenten Schlägen sorgen.
Am Öhlins TTX Air sind wie auch an den Gabeln sowohl Lowspeed-Druck- als auch Zugstufe einstellbar. Außerdem kann die Highspeed-Druckstufe verstellt werden – über den Highspeed-Hebel kann auch die Plattform aktiviert werden. Vorsicht: das bedeutet nicht, dass über die Highspeed-Druckstufe gelockt wird. Im Gegenteil: Der Hebel beeinflusst in Position „P“ die Lowspeed-Druckstufe. Da die Highspeed-Druckstufe aber nur zwei Einstellungen bietet, war es für Öhlins die bessere Lösung, da so das vorherige Setup schneller gefunden werden kann als über einen Hebel an der 10-stufig einstellbaren Lowspeed-Druckstufe. Öhlins will bei den Einstellungen keinen unendlich breiten Rahmen mit unzähligen Klicks schaffen, sondern lieber weniger, dafür nutzbare Klicks vorgeben. Auch das Fehlen der Highspeed-Zugstufe ist der Nutzbarkeit geschuldet: Für den Endkunden ist die zusätzliche Einstellmöglichkeit schwer zu erfassen und korrekt zu bedienen. Also wurde zugunsten der Dämpfungs-Architektur, die sonst zu komplex werden würde, auf diese Option verzichtet.
Analog zur Gabel kann auch am Öhlins TTX Air die Dämpfung nachträglich getuned werden. Verschiedene, bereits erprobte Einheiten stehen jeweils für Druck- und Zugstufe zur Auswahl. Öhlins will damit für verschiedenste Kinematiken eine ideale Dämpfung anbieten können. Wer im Aftermarket einen Dämpfer kauft, bekommt ab Werk aber einen Standard-Tune. Um das Federbein auf die Hinterbau-Kinematik des eigenen Bikes anzupassen, kann man sich mit dem deutschen Service-Center in Verbindung setzen.


Setup
Vergleichsweise definierte Klicks bietet der TTX Air im Vergleich zur Gabel. Im direkten Vergleich sind die Knöpfe aber nicht super leichtgängig. Da man aber mit dem Werkzeug die Lowspeed-Einsteller bearbeiten muss, spielt das eine weniger große Rolle. Etwas schwergängig arbeitet dagegen der Highspeed-Druckstufen-Hebel.
Auf dem Trail
Im Rahmen des Presscamps konnten wir mehrere Räder ausprobieren, an denen jeweils unterschiedliche Produkte montiert waren. Alle Abfahrten am Vormittag wurden mit Luftgabel und TTX Air in einem Specialized Stumpjumper gemacht, die Nachmittagsfahrten auf der Coil-Gabel und TTX Air in einem Specialized Enduro.

Dämpfer-Ingenieur Andreas gab die Empfehlung, den Dämpfer auf 15 mm Sag abzustimmen, was bei 50 mm Hub exakt 30 % Sag ergibt. Analog zur Federgabel war das Ausgangs-Setup so auf der plüschig-satten Seite und konnte durch sehr sensibles Ansprechverhalten auch bei kleinsten Schlägen überzeugen. Größere Schläge führten aber auch am Dämpfer zu relativ großzügiger Ausnutzung des Hubs. Solange die Geschwindigkeit nicht zu hoch wurde und der Trail nicht zu garstig, war das komfortable Grund-Setup angenehm fahrbar. In Absprache mit Andreas und im Zuge der Anpassung der Gabel wurde aber auch der Druck im Dämpfer etwas erhöht, da es auf die härteren Strecken des Bikeparks gehen sollte. Auf die Anpassung hin zeigte sich der Dämpfer von einer anderen Seite: Während die Sensibilität und das satte Gefühl bestehen blieben, konnte der Dämpfer auch bei größeren Schlägen und schnellen Schlagabfolgen mehr Reserven bieten. Die anfangs in der Mitte eingestellte Lowspeed-Druckstufe wurde Fahrt für Fahrt nach oben angepasst, um die Grenzen auszuloten. Der TTX Air blieb trotz spürbaren Änderungen, die sich vor allem in schnelleren Geschwindigkeiten und höherem Sicherheitsempfinden manifestierten, geschmeidig.
Am Nachmittag galt es diese Erfahrung am zweiten Rad zu bestätigen – und auch hier konnte sich der Dämpfer erneut von einer guten Seite zeigen. Um Balance ins Rad mit der höheren Federrate an der Front zu bekommen, wurde der Luftdruck am Heck nach oben korrigiert. Wie zu erwarten war, sorgte der geringere Sag für mehr Reserven und ein etwas höher im Federweg stehendes Rad. Nicht jeder Dämpfer bleibt bei solchen Einstellungen sensibel und damit angenehm und kraftsparend zu fahren – der TTX Air überzeugte im ersten Eindruck durch eine unauffällige, aber gute Mischung aus Komfort und Pop.

Wie sich die Abstimmung der Kennlinie ab Werk genau auswirkt, ist bei zwei unbekannten Rädern nicht einfach zu sagen – im Stumpjumper hätten wir aber gerne noch weiter mit Federrate und Volumenspacern experimentiert. Vor allem die Kombination aus weniger Federweg und komfortabler Abstimmung brachte das Heck auf der Downhill-Strecke gelegentlich ans Ende des Federwegs.
Aufgrund des stark bergablastigen Testtages sind nur wenige selbst getretene Höhenmeter mit dem Dämpfer gefahren worden. Legt man den Hebel um, wird das Heck straff genug, um nicht zu viel Energie ins Fahrwerk zu pulvern – ganz blockiert wird es aber nicht.

Das ist uns aufgefallen
- Volumenspacer-Tuning Je nach Hinterbau, gewünschtem Setup und Fahrstil kann angepasst werden – diese Möglichkeit sollten vor allem aktive Fahrer ausprobieren.
- Einzelne Klicks Oft klickt man dreimal, bevor sich im Fahrbetrieb ein Unterschied feststellen lässt. Am Öhlins TTX Air ist jeder einzelne Klick hingegen gut nachvollziehbar.
Fazit – Öhlins TTX Air
Im ersten Eindruck kann der Öhlins TTX Air vor allem durch seine Feinfühligkeit und die klar spürbare Abgrenzung einzelner Klicks überzeugen. Auch mit härterer Abstimmung bleibt das Heck bei kleinen Unebenheiten aktiv und bietet gleichzeitig Support und Durchschlagschutz. In Summe ist Öhlins mit dem TTX Air ein rundes Gesamtpaket gelungen, das gut mit der Gabel harmoniert.

Pro / Contra
Stärken
- Sensibilität
- Dämpfung
- großes Tuningpotential
Schwächen
- Endprogression könnte bei 30 % Sag zu gering sein
- Preis

Testablauf
Zur Vorstellung des TTX Air und der RXF36 Trail wurden wir von Öhlins eingeladen. Anreisekosten und Unterkunft wurden vom Hersteller übernommen. Im Rahmen eines Testtages standen verschiedene Räder mit beiden Produkten zur Auswahl. Nach dem Setup-Prozess wurde das Fahrwerk und das Rad in Zusammenarbeit mit den Öhlins-Technikern und Ingenieuren weiter auf die eigenen Bedürfnisse optimiert.
Hier haben wir das Öhlins TTX Air getestet
- Järvsö Bikepark: Kleiner, aber feiner Bikepark in Schweden, von Brechsand-Trails bis zu felsigen Abfahrten, schnell, nur selten steil, sprunglastig
- Fahrstil
- flüssig
- Ich fahre hauptsächlich
- Downhill, Enduro
- Vorlieben beim Fahrwerk
- auf der straffen Seite, viel Druckstufe, Balance zwischen Front und Heck
- Vorlieben bei der Geometrie
- vorne lang, hinten mittellang, flacher Lenkwinkel
10 Kommentare
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Ich und Öhlins. Da ist die Luft raus!
Weiß ja nicht ob Du Erfahrung mit dem STX22 Air hast, aber die High/LowSpeed Verstellung ist ein Witz (inkl. der "Plattform").
Der Zugstufenbereich ist auch nur minimal.
Mag sein das es Personen gibt die mit dem Dämpfer super zurechtkommen so wie er ist, ich erwarte da andere Sachen.
(Und nicht die Aussage das man den Nutzer überfordern will, bei einem "Premium-Produkt"...)
Wow! Diese Features hauen mich echt um
Ehrlich. Das ist ja alles schön und gut. Aber das ist doch alles längst Standard. Leben die hinterm Mond?
- Auch bei anderen Dämpfern muß die Dämpfung nicht geöffnet werden um an die Luftkammer zu kommen/zu warten.
- Auch bei anderen Herstellern lassen sich Spacer auf die Kolbenstange klipsen. Ebenfalls ohne die Dämpfung zu öffnen.
- Wenn man die Spacer schlitzen würde bräuchte man nämlich auch das Dämpferauge nicht abschrauben.
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