Schlechte Nachrichten aus dem Downhill-Sport: Sowohl Tahnée Seagrave als auch Myriam Nicole haben in den vergangenen Wochen schwere Gehirnerschütterungen erlitten. Während Nicole sich erholt haben will, wird Seagrave nicht beim World Cup in Fort William starten.
Am Wochenende äußerte sich die aktuelle Downhill-Weltmeisterin Myriam Nicole erstmals seit Wochen öffentlich über ihren schweren Trainingssturz beim Downhill World Cup in Lourdes, Frankreich, Ende März. Bereits damals wurde ihr Start samt spektakulärem Rennlauf aufgrund der offensichtlichen Symptome einer Gehirnerschütterung kontrovers diskutiert. Nun hat die Französin auf Instagram bekannt gegeben, in den vergangenen Wochen unter heftigen Beschwerden gelitten zu haben, die jegliche körperliche Belastung unmöglich machten.
It’s World Cup week! And I couldn’t be more excited about flying to Scotland tomorrow. To cut a long story short, it’s been a real test since Lourdes as I’ve struggled with post concussion symptoms and to put it lightly, it’s been a nightmare of headaches & other symptom day & night that got stronger with the smallest exertion in the world. I know a lot about muscles & bones but damn brain injuries are scary! Take care of your 🧠 and even if symptoms don’t feel that bad go & get checked! After doing scan after scan and seeing loads of different professionals (thanks everyone!), I’m now back to hitting intensity safely!
Myriam Nicole
Inzwischen hat sie sich nach eigenen Angaben erholt und wird am Wochenende in Fort William am Start stehen. Anders sieht es bei Tahnée Seagrave aus: Die britische Top-Fahrerin erlitt ihre Verletzung bei einem Trainingssturz vor 3 Wochen und wird das Rennen in Schottland aussetzen. Zudem sollen ihre Symptome nicht so offensichtlich erkennbar wie bei Nicole gewesen sein – stattdessen gibt die Britin an, unter Angstzuständen zu leiden, die durch die Gehirnerschütterung verschlimmert wurden.
It’s been a while since I logged on here… I won’t be racing the World Cup this weekend 😔 After having Covid I had a huge crash 3 weeks ago and suffered a concussion and I won’t be taking any risks when it comes to the 🧠.
I feel it’s important to share that my main symptom wasn’t one I was aware of until now. I developed severe anxiety and I couldn’t help but notice this has been simmering for a while and the concussion was what made it boil over.
There is so so so much I would like to say about this topic and what I have been through in the past few months because it’s such a taboo subject, but I can’t find the words just yet so that will have to be another day…
Giving myself the space to heal right now and hopefully will be back sooner rather than later. Much love for now.
Tahnée Seagreave
Insbesondere der Fall von Myriam Nicole stellt die Wirksamkeit und Anwendung des 2020 beschlossenen Gehirnerschütterungs-Protokolls der UCI stark infrage. Diesem zufolge sollten Fahrer*innen, die während eines Wettkampfes Stürze auf den Kopf erleben und neben äußeren Spuren (z. B. ein beschädigter Helm) auch Symptome einer Gehirnerschütterung (Kopfschmerzen, Schwindel, Orientierungslosigkeit usw.) erleiden, untersucht werden und sollten in den nächsten 24-48 Stunden bei keinem Rennen an den Start gehen. Myriam Nicoles Sturz und ihre starken Kopfschmerzen, Frostgefühle sowie die Notwendigkeit, bis zum Rennlauf absolute Ruhe halten zu müssen, wurden nicht nur von ihr selbst öffentlich bekannt gegeben, sondern waren auch Thema im Livestream des Rennens.
Laut Myriam Nicole wurde sie zwar von ihrem Teamarzt untersucht – dieser empfahl jedoch, das Warm-up zu bestreiten und zu checken, ob die Kopfschmerzen schlimmer werden. Den Richtlinien der UCI entspricht dies in keiner Weise. Allerdings scheinen diese auch eher warme Empfehlungen und keine Verpflichtung zu sein. Bei deren Einführung vor zwei Jahren gab der Weltverband an, dass es im Radsport oft nicht möglich wäre, Fahrer*innen während eines laufenden Rennens von entsprechend geschultem Personal gründlich untersuchen zu lassen. Das mag im Straßensport so sein, trifft aber im Downhillsport offensichtlich nicht zu. Zwischen Training und Rennlauf wäre mehr als genug Zeit gewesen, Myriam Nicole von einem unabhängigen Rennarzt nach anerkannten Methoden untersuchen zu lassen, statt diese schwierige Entscheidung dem emotional und finanziell stark involvierten Team zu überlassen.
Eine derartig unabhängige Untersuchung ist allerdings derzeit nicht vorgeschrieben.
Wir hoffen, dass Myriam Nicole gesund durch das Rennen in Fort William kommt und ihren Sturz tatsächlich vollständig auskuriert hat. Natürlich drücken wir Tahnée Seagrave die Daumen und hoffen, die stylishe Britin bald wieder in bester Verfassung im World Cup-Zirkus begrüßen zu dürfen.
Was sagst du zum Umgang der UCI mit dem Thema Gehirnerschütterung?
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