Der taiwanesische Branchenriese Merida nutzte die Eurobike Media Days am Kronplatz/Italien, um einige Neuerungen im All Mountain-/Enduro-Bereich vorzustellen. Das All Mountain-Fully Merida One-Forty hat ein umfassendes Update bekommen und einige Features des großen Bruders One-Sixty geerbt, verfügt jedoch weiterhin über – der Name impliziert es bereits – 140 mm Federweg. Zudem wurde eine neue, günstigere Aluminium-Version des bereits genannten Enduro-Bikes One-Sixty vorgestellt. Wir konnten nicht nur alle Bikes auf den alpinen Trails am Kronplatz antesten, sondern auch das One-Sixty Alu im direkten Vergleich zur Carbon-Version fahren.
Merida One-Forty – umfassende Updates am Allrounder
Kurz und knapp
- Rahmen aus 6013-Aluminium, Größen: S, M, L, XL
- 3 Ausstattungsvarianten
- “Float-Link”-Hinterbau, 140 mm Federweg
- 27,5″ Laufräder
- “Smart-Entry”-System zur klapperfreien internen Kabelverlegung
- Nur für 1-fach Antriebe
- Metrisches Dämpfermaß mit Trunnion-Mount
- Boost-Standard
- Max. Reifenbreite: 2,6″
- Gewicht: 14,35 kg (Merida One-Forty 800, Größe M, Herstellerangabe)
- Preise: Merida One-Forty 800: 3.199 € | Merida One-Forty 700: 2.649 € | Merida One-Forty 600: 2.199 €
Geometrie
Die Geometrie des Merida One-Forty orientiert sich an der des großen Bruders One-Sixty, wurde jedoch bewusst nicht zu aggressiv gewählt – denn das One-Forty soll nicht im Enduro-Revier wildern, sondern ein verspieltes und allroundfähiges Trailbike bleiben.
Rahmengröße | S | M | L | XL |
---|---|---|---|---|
Sitzrohr (ST) | 410 mm | 435 mm | 475 mm | 515 mm |
Oberrohr (TT) | 572,4 mm | 596 mm | 619,7 mm | 643,4 mm |
Steuerrohr (HT) | 95 mm | 110 mm | 125 mm | 140 mm |
Lenkwinkel (HTA) | 66,3° | 66,3° | 66,3° | 66,3° |
Sitzwinkel (STA) | 75° | 75° | 75° | 75° |
Kettenstreben (CS) | 435 mm | 435 mm | 435 mm | 435 mm |
Tretlagerabsenkung (BD) | 21 mm | 21 mm | 21 mm | 21 mm |
Gabellänge (FO) | 542 mm | 542 mm | 542 mm | 542 mm |
Überstandshöhe (SH) | 707,8 mm | 722,9 mm | 749,5 mm | 777,6 mm |
Stack (S) | 587,4 mm | 601,1 mm | 614,9 mm | 628,6 mm |
Reach (R) | 415 mm | 435 mm | 455 mm | 475 mm |
Radstand (WB) | 1144 mm | 1170 mm | 1193,6 mm | 1222,1 mm |
Von Grund auf neu entwickelt
Das Allmountain-Bike Merida One-Forty wurde im Vergleich zum Vorgänger von Grund auf neu entwickelt und wartet nun mit vielen Features des vor einem Jahr vorgestellten Enduro-Bikes One-Sixty auf. Entwicklungsziel war es, ein möglichst allroundfähiges Bike zu konzipieren, das die Lücke zwischen dem One-Sixty und dem 120 mm Trailbike One-Twenty perfekt ausfüllen kann. Eine besondere Rolle spielte dabei die Laufradgröße: Am Stand teilte man uns mit, dass diese heiß diskutiert wurde, man sich jedoch letztlich für 27,5″ entschied, um ein gegenüber 29″ Laufrädern verspielteres Fahrverhalten zu erreichen.
Auf den ersten Blick fällt der “Float Link”-Hinterbau auf, der die 140 mm Federweg verwaltet und bei dem der Dämpfer schwimmend im Rahmen gelagert ist. Um Platz zu sparen und ein besseres Ansprechverhalten zu erreichen, setzen die Merida-Ingenieure auf einen metrischen Dämpfer mit Trunnion-Mount. Innenverlegte Züge sehen schick aus, können den Fahrer jedoch durch penetrantes Klappern nerven – um dem vorzubeugen, entwickelte Merida das “Smart Entry”-System, bei dem die Züge am Eingang geklemmt und somit unter Spannung gehalten werden. Während unserer kurzen Testfahrten konnte wir tatsächlich keine nervige Geräuschkulisse feststellen. Die Einsätze sind komplett austauschbar und sowohl für Schalt- und Bremsleitungen, als auch Shimanos elektrisches Di2-System erhältlich.
Fans von 2-fach Schaltungen werden enttäuscht sein, denn das Merida One-Forty bietet keine Aufnahmemöglichkeit für einen Umwerfer. Allerdings verfügen alle drei Ausstattungsvarianten über Kassetten mit ordentlich Bandbreite – die von uns getestete One-Forty 800-Version sogar über die neue SRAM GX Eagle-Gruppe mit 10–50 Zähne Kassette. Die hintere PM-Bremsaufnahme ist ohne Adapter für 180 mm große Scheiben geeignet und befindet sich innerhalb des Hinterbaus, wodurch die Bremse laut Merida besonders gut vor Beschädigungen geschützt sein soll.
Merida One-Forty im ersten Test
Um herauszufinden, für welchen Fahrertyp die „One-Forty“ Federweg des neuen Merida-Bikes gedacht sind, nutzen wir die Testmöglichkeiten am Kronplatz. Also rein in den Lift, hoch den Berg und runter auf dem Trail. Schon nach wenigen Metern fühlt man sich auf dem 140 mm Bike wohl: Die Geometrie des Rades und der gut funktionierende Hinterbau vermitteln viel Sicherheit. Dabei ist die Geometrie modern, aber nicht zu aggressiv gewählt, sodass das Konzept auch schon bei geringen bis mittlerer Geschwindigkeit aufgeht. Der Hinterbau ist dazu passend ausgelegt und spricht schon bei kleinen Bodenunebenheiten sensibel an.
Im getesteten Setup vermissten wir in schnelleren und ruppigeren Situationen lediglich etwas mehr Progression, was sich aber vermutlich mit einem Volumenspacer korrigieren lässt. Um ausreichend Aussagen darüber zu treffen, fehlte uns jedoch leider die Zeit. Ebenfalls senkte die RockShox Revelation-Federgabel ein wenig die Performance des Bikes. Insgesamt gefällt der Aufbau des Bikes aber sehr gut. Spontan störte “Out of the Box” keines der Teile oder erweckte das Bedürfnis, etwas tauschen zu müssen. Besonders hervorzuheben sind hier die 2,6″ breiten Maxxis-Reifen, der breite Lenker in Kombination mit dem kurzen Vorbau und die bissigen Bremsen. Bergauf ergab sich ein ähnliches Bild: Die Sitzposition lässt lange Touren zu und der Hinterbau bleibt im gelockten Modus für die 140 mm recht ruhig.
Auf den Punkt gebracht muss hier den Entwicklern und Produktmanagern von Merida ein dickes Lob ausgedrückt werden. Es gibt bestimmt günstigere Räder, doch für den Preis von voraussichtlich 3000 € bekommt man mit dem getesteten One-Forty ein stimmiges Rad, welches viel Sicherheit vermittelt. Bestzeiten fährt man weder bergauf noch bergab, doch dafür macht es vom Alpencross bis zum Parkbesuch fast alles mit, ohne überfordert zu werden.
Merida One-Sixty Aluminium – gut & günstig
Kurz und knapp
- Rahmen aus 6066-Aluminium, Größen S, M, L, XL
- Geometrie identisch zur Carbon-Version
- “Float-Link”-Hinterbau, 160 mm Federweg
- 27,5″ Laufräder
- “Smart-Entry”-System zur klapperfreien internen Kabelverlegung
- Nur für 1-fach Antriebe
- Metrisches Dämpfermaß mit Trunnion-Mount
- Boost-Standard
- Gewicht: 15,10 kg (Größe L, ohne Pedale, selbst gewogen)
- Preise: Merida One-Sixty 800: 3.399 € | Merida One-Sixty 600: 2.749 € (getestet)
Material anders, Technologie identisch
Erst im vergangenen Jahr präsentierten Merida eine neue Carbon-Version des Enduro-Bikes One-Sixty (hier gehts zu unserem Test). Nun legen sie mit einer günstigeren Aluminium-Version nach, die dem Carbon-Vorbild jedoch technologisch um nichts nachstehen soll. So kommt im “Float Link”-Hinterbau ein metrischer RockShox Deluxe-Dämpfer mit Trunnion-Mount zum Einsatz und alle Leitungen und Züge können klapperfrei im Rahmen verlegt werden. Die Geometrie soll ebenso identisch sein, allerdings wird es zusätzlich zum – ohnehin schon geräumigen – L-Rahmen eine XL-Größe geben.
Die von uns getestete Einsteiger-Version soll im Handel in etwa günstige 2.600 € kosten und weist einige interessante Ausstattungs-Merkmale auf. Das Rad ist zwar mit einer günstigen und grundsoliden Shimano SLX-Schaltgruppe ausgestattet, die Kette läuft jedoch über eine monströse SunRace 11–50 Zähne Kassette. Eigenen Angaben zufolge hatten die Merida-Ingenieure diese Kombination den Winter über im Einsatz, ohne jemals auf Probleme zu stoßen – und auch wir konnten im Kurztest keinerlei Auffälligkeiten feststellen. An der Front ergänzt eine SR Suntour Durolux RC-Federgabel mit 170 mm Federweg den RockShox Super Deluxe R-Dämpfer. Das Cockpit besteht, ebenso wie die Vario-Sattelstütze, zwar aus Merida-Komponenten, macht mit einem 35 mm kurzen Vorbau und breitem Lenker jedoch einen durchdachten Eindruck.
Aluminium vs. Carbon: Merida One-Sixty im ersten Test
Während der Eurobike Media Days am Kronplatz hatten wir die Gelegenheit, beide Versionen des Merida One-Sixty – Aluminium und Carbon – im direkten Vergleich zu testen. Zuerst war die deutlich günstiger ausgestattete Aluminium-Version dran: Mit 475 mm Reach in Größe L fällt das Rad eher geräumig aus, was sich durch den kurzen Vorbau beim ersten Aufsitzen jedoch gar nicht so sehr bemerkbar macht. Das One-Sixty ist eines dieser Bikes, auf die man einfach drauf springen kann und sich bereits nach wenigen Metern auf dem Trail ziemlich sicher und wohl fühlt. Der Hinterbau macht einen sehr guten Job und spricht auf leichte Schläge sensibel an – etwas, mit dem sich die günstige SR Suntour-Federgabel schwerer tut.
Bei großen Schlägen kann das Heck etwas zu viel Federweg freigeben, allerdings nicht in einem Maße, dass man dem mit einem Volumenspacer nicht entgegenwirken könnte. Das Cockpit fühlt sich sehr angenehm an und auch die Merida-Sattelstütze lässt sich ergonomisch bedienen. Einen Großteil unseres Testzeitraums waren wir auf den sehr abfahrtsorientierten Trails am Kronplatz unterwegs, sodass wir nur wenig Gelegenheit hatten, die Schaltperformance der riesigen SunRace-Kassette auf die Probe zustellen. Die Schaltvorgänge fühlen sich jedoch gewohnt knackig an und die Bandbreite ist unserer Meinung nach für den gedachten Einsatzzweck absolut ausreichend.
Beim Wechsel auf die Carbon-Version fällt auf, dass nicht wirklich viel auffällt. Das geringere Gewicht lässt sich beim Anheben zwar durchaus feststellen, macht sich sobald der Trail nach unten zeigt allerdings kaum bemerkbar. Erwartungsgemäß kitzelt das hochwertigere Fahrwerk etwas mehr Performance aus dem Chassis – insbesondere die RockShox Lyrik-Federgabel stellt die Durolux in ihren Schatten – riesig sind die Unterschiede jedoch nicht. Wir hatten den Eindruck, dass der Dämpfer generell etwas höher im Federweg stand. Um zu verifizieren, ob das an der einstellbaren Low-Speed-Druckstufe des RockShox Super Deluxe RCT lag oder an leichten Abweichungen des Luftdrucks, würde es jedoch etwas mehr Zeit benötigen. Sieht man von den Komponenten und dem Gewicht einmal ab, fällt kein ernsthaft spürbarer Unterschied zwischen den Rahmen auf.
Meinung @ MTB-News.de
Mit dem Merida One-Forty und One-Sixty hat der Branchenriese erfolgreich an der Aktualisierung seiner All Mountain- und Enduro-Produktpalette gearbeitet. Die Rahmen wirken durchdacht und Features wie das “Smart Entry”-System zur klapperfreien Zugverlegung sind so simpel wie effektiv. Die von uns getesteten Modelle glänzen mit einer sehr durchdachten Ausstattung zu einem guten Preis-/Leistungsverhältnis. Insbesondere die neue Aluminium-Version des Merida One-Sixty ist unserer Meinung nach ziemlich race-ready und ein guter Begleiter für Renneinsteiger.
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Weitere Informationen
Website: www.merida-bikes.com
Text & Redaktion: Gregor Sinn, Thomas Fritsch | MTB-News.de
Bilder: Jens Staudt