Laut Merida sollen die neuen Modelle voll für den Wettkampf konzipiert worden sein, dabei ist zum ersten Mal in der Firmengeschichte ein Rahmen mit den gleichen Zielen für die Laufradgrößen 29″ und 27,5″ simultan entwickelt worden. Die Versprechungen von Merida sind hoch: Leicht, steif, aber trotzdem komfortabel. Wie und ob sie das geschafft haben, erfahrt ihr hier.
Kurz und Knapp
- Auf Komfort und Vortrieb ausgelegter Vollcarbonrahmen
- Angegebene 897 g (Rahmen), 1004 g komplett (Größe M)
- 29″ und 27,5″ Laufradgröße
- moderne Geometrie mit verlängerter Front und kurzem Hinterbau
- 70° Lenkwinkel beim 29″ und 69° Lenkwinkel bei 27.5″
- 148 x 12 mm Boost Hinterbau
- Smart Entry Zugverlegung
- jeweils 12 Modelle
- XS, S, M, L Größen mit 27,5″ Laufradgröße
- S, M, L, XL, XXL Größen mit 29″ Laufradgröße
Merida blickt mit ihren Race-Hardtails auf eine sehr erfolgreiche Vergangenheit zurück. Mit dem 0.Nine präsentierten sie vor vielen Jahren den ersten MTB-Rahmen mit knapp 900 g. Das Big.Nine und Big.Seven folgten als nächstes und setzen die Ära fort.
Gewicht
Das neu vorgestellte Rad toppt das 26″ Leichtgewicht sogar und kommt mit einem Rahmengewicht von knapp unter 900 g daher. Im Rahmenkit mit Steckachse, Schaltauge, Sattelklemme, Steuerlagerschalen, Protektoren sowie sämtliche Zugführungen und sonstigen Rahmenteilen bleibt die Waage bei 1004 g stehen. Das ist leicht genug, um ein Gesamtgewicht in der Team-Version von 8,5 kg zu erreichen – mit SRAM Eagle und der neuen RockShox SID. Die Version mit Fox Gabel und Shimano 1×11 bringt es sogar auf 8,4 kg.

Die Verwendung von hochmodularen Fasern, LayUp-Optimierungen, ein sicherer Fertigungsprozess durch einen EPS-Kern sowie die Reduzierung auf 1-fach Antriebe beim leichtesten Rahmen CF5 sollen das möglich gemacht haben. Dazu wird ein komplett integrierter Steuersatz verwendet und durch die vom Merida 96 bekannte Smart-Entry Technologie werden keine inneren Kabelführungen benötigt, um die Züge sauber und sicher im Rahmen zu verstauen.
Komfort
Gewicht soll nicht alles sein – und so soll sich das Hauptaugenmerk bei der Konstruktion des Rahmens auf den Komfort gerichtet haben. Zur Validierung des Komfort wurde sogar extra ein Prüfstand entwickelt, der auch dynamische Messungen an Hinterradachse und Sattel zulässt. Aus der Differenz zwischen Sattel- und Achsbewegung soll so der vorhandene Komfort bei unterschiedlichen LayUp- und Geometrievarianten ermittelt worden sein. Herausgekommen ist ein Rahmen mit extrem dünnen Sitzstreben, welche zusätzlich abgeflacht sind, sowie Kettenstreben, welche ebenfalls oval ausgeführt wurden um die Funktionsweise von Blattfedern zu erfüllen.

Wie bei den meisten Mitbewerbern wird auch beim Big.Nine viel aus der Sattelstütze herausgeholt und das, obwohl der Durchmesser von 27,2 mm auf 30,9 mm angewachsen ist. Die Option auf eine Variostütze erlaubte es nicht, den Durchmesser unverändert zu lassen. Um trotzdem genügend Flex aus der Stütze zu kitzeln, wurde sie im oberen Bereich mit einem ovalen Querschnitt versehen. Der größte Anteil des Flexs soll dort entstehen, was sich durch eine geringere horizontale Verschiebung des Sattels während dem Flexen äußern soll und damit eine einheitlichere Sitzposition bedeutet.

Steifigkeit
Das erste was einem auffällt, ist die enorme Antrittssteifigkeit. Erste Bedingung für jedes Wettkampfrad ist, dass es beim Antritt in die Pedale nach vorne geht – ohne Wenn und Aber. Damit sich das neue Big.Nine und das Big.Seven nicht vor der Konkurrenz verstecken müssen und das Beste aus den Beinen des eigenen Rennteams herausgeholt wird, setzt Merida voll auf die neuen Standards – oder Interfaces, wie sie es selbst nannten. Das Tretlager ist um das Shimano BB92 System aufgebaut, während sich im Hinterbau der neue, nicht ganz unumstrittene Boost 148×12 Standard befindet. Um genügend Platz für die ovalen Kettenstreben bei gleichbleibender Reifenfreiheit bieten zu können, setzte Merida auf diesen Standard. Dazu kommt, dass ebenfalls steifere Laufräder aufgebaut werden können, da der Speichenwinkel flacher wird. Grund genug für das Entwicklungsteam aus Magstadt, auf Boost zu setzen.
Geometrie
Die Strecken verändern sich immer mehr. Die Geschwindigkeit in den Abfahrten wird höher und Rock-Gardens kombiniert mit Sprüngen finden sich mittlerweile auf fast jedem Rundkurs. Um bei hohen Geschwindigkeiten mehr Sicherheit bieten zu können, wurde der Reach verlängert und ein 720 mm breiter Lenker verbaut. Für eine kompakte Sitzposition wird deswegen ein kürzerer Vorbau verwendet.
Um trotzdem genügend Agilität in den Anstiegen zu haben, wurde auf einen Lenkwinkel von 70° und 433 mm kurze Kettenstreben gesetzt. In Größe M wird somit ein Laufradabstand von 1100 mm erreicht.
29“ | |||||
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FS [cm] | S (15") | M (17) | L (19") | XL (21") | XXL (23" CF3 only) |
ST [mm] | 380 | 444 | 483 | 532 | 584 |
HT [mm] | 95 | 100 | 110 | 125 | 145 |
TT [mm] | 585 | 605 | 625 | 645 | 665 |
HTA [°] | 70 | 70 | 70 | 70 | 70 |
STA [°] | 74 | 74 | 74 | 74 | 74 |
CS [mm] | 433 | 433 | 433 | 433 | 433 |
FO [mm] | 506 | 506 | 506 | 506 | 506 |
130 [mm] | 65 | 65 | 65 | 65 | 65 |
Stack [mm] | 614 | 619 | 628 | 642 | 661 |
Reach [mm] | 403 | 422 | 439 | 455 | 469 |
WEl [mm] | 1080 | 1100 | 1121 | 1142 | 1163 |
27,5“ | ||||
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FS [cm] | XS (13,5" no CF5) | 5 (151 | M (17) | L (19") |
ST [mm] | 342 | 380 | 444 | 483 |
HT [mm] | 105 | 110 | 120 | 135 |
TT [mm] | 565 | 585 | 605 | 625 |
HTA [°] | 69 | 69 | 69 | 69 |
STA [°] | 74 | 74 | 74 | 74 |
CS [mm] | 423 | 423 | 423 | 423 |
FO [mm] | 487 | 487 | 487 | 487 |
BD [mm] | 27 | 27 | 27 | 27 |
Stack [mm] | 565 | 569 | 579 | 593 |
Reach [mm] | 398 | 416 | 434 | 449 |
WB [mm] | 1071 | 1092 | 1112 | 1134 |
Bei der Größenwahl dürfte Merida die wohl größte Auswahl bieten. Von XS mit 27,5″ Laufrädern bis XXL mit 29″ Laufrädern müsste selbst der oder die kleinste sowie größte Fahrer glücklich und fündig werden. Hier kann sich Merida sicherlich von der international großen Stückzahl glücklich schätzen, die eine solche große Vielfalt ermöglicht. Insgesamt werden für das Big.Nine und Big.Seven stolze 9 Rahmenformen benötigt.
Modellvarianten
Carbon ist nicht gleich Carbon. Die Fasern werden in unterschiedlichen Festigkeits- und Steifigkeitsklassen angeboten. Je hochwertiger die Fasern, desto weniger Material kann verwendet werden, um die gleiche Stabilität zu erreichen. Hochmodulare Fasern haben aber meist einen Nachteil: Sie sind teurer und erfordern mehr Präzision bzw. Sorgfalt in der Fertigung. Aus diesem Grund bietet Merida den Big.Nine/Seven Rahmen in drei unterschiedlichen Varianten an. Allen voran das Topmodell CF5. Wie bei den anderen Rädern von Merida stellt auch das CF5 das Maximum an Fertigungsknowhow dar, welches Merida zur Verfügung steht. Die Fasern werden bei der Produktion auf einen Kern gewickelt, welcher nach dem Backen ausgeschwemmt wird. Dies soll für eine konstant hohe Qualität sorgen, wodurch sich die Fertigungstoleranz verringert und alle Rahmen mit einem nahezu identischem Gewicht hergestellt werden können. Um auch noch das letzte Quentchen Potential ausschöpfen zu können, wurde bei den Topmodellen auf eine Umwerferaufnahme verzichtet. Kein Leitungsausgang und keine Aufnahme bedeuten auch keine Schwachstelle im Rahmen und so konnten vermutlich zusätzlich ein paar Carbonmatten eingespart werden.

Bei den CF3-Modellen steht Preis-/Leistung im Vordergrund, während die Lite-Modelle einen erschwinglichen Einstieg in die Carbonwelt ermöglichen sollen. Beide Modelle bieten außerdem die Option auf einen Umwerfer. Während Shimano mit 11-46 und SRAM sogar mit 11-50 einen Umwerfer unnötig machen, fehlt diese Option im Moment noch bei günstigeren Schaltgruppen. Hier ist für viele ambitionierte Hobbyfahrer eine 2×11 Gruppe sowieso noch die bessere Wahl, besonders wenn das Rad bei Marathonrennen eingesetzt werden soll.
Finale Preise der unterschiedlichen Ausstattungsvarianten standen leider noch nicht fest und sollen erst zur Eurobike festgelegt werden. Für die Teamversion mit 8,5 kg Eagle Schaltgruppe und neuer SID ist aber ein Preis von ca. 7000 € angestrebt. In Vergleich zur Konkurrenz ein fairer Preis.

Merida Big.Nine: Erster Test
Im Rahmen des Presselaunchs hatten wir die Möglichkeit, das Merida Big.Nine in einer kleinen Ausfahrt zu testen. Eine verlässliche Aussage über das Fahrverhalten lässt sich in so kurzer Zeit nicht treffen, aber dennoch entsteht ein erster Eindruck, den ich euch nicht vorenthalten möchte.

Zwar wies die Teststrecke leider keine allzu technische und schnelle Abfahrt auf, doch konnte sich die Schwierigkeit in den Anstiegen sehen lassen. Regen der letzten Tage macht den Untergrund zusätzlich rutschig und so wurden die wurzligen und steinigen Passagen zusätzlich schwer. Hier fiel mir die angenehm zentrale Sitzposition innerhalb des Rahmens auf. Während dem Sitzen ist die Position ausgeglichen, sodass ein Anheben des Vorder- oder Hinterrads über Hindernisse problemlos möglich war. Durch den kurzen Hinterbau wird viel Traktion am Hinterrad erzeugt und der Rahmen erwies sich selbst bei harten Antritten als steif und vortriebsstark.

Die kurzen technischen Abfahrten meisterte das Big.Nine zuverlässig, zeigt sich aber in 1,2 Stellen ein wenig nervös – eben das typische Verhalten eines Race-Hardtails für schnelle und technisch versierte Fahrer.
Rennen werden in Abfahrten vielleicht verloren, aber immer noch in Anstiegen gewonnen und genau hier macht das Merida Big.Nine auf den ersten Eindruck einen sehr starken Eindruck. Der Komfort des Rades war spürbar und ausreichend. Für die Serie soll die Sattelstütze nochmals überarbeitet worden sein und mehr Flex bieten.

Fazit
Nach vielen erfolgreichen Jahren des O.Nine bzw. Big.Nine hat Merida einen würdigen Nachfolger vorgestellt. Das Rahmengewicht, die Geometrieveränderungen und intelligente Details stechen dabei besonders hervor. Auf einer ersten Testrunde entpuppte sich das Rad als Waffe in technischen Anstiegen und solides Rad in der Abfahrt.
Weitere Informationen
Website: www.merida-bikes.com
Text & Redaktion: Thomas Fritsch | MTB-News.de 2016
Bilder: Thomas Fritsch
24 Kommentare
» Alle Kommentare im ForumWas kann nicht funktionieren?
Hab ich doch so auch nirgends geschrieben!
Aber ich würde vorschlagen, dass wir hier nicht weiter die Thread offtopic mit zumüllen. Wenn's euch interessiert, gerne weiteres per PN.
"(...) obwohl der Durchmesser von 27,2 mm auf 30,9 mm angewachsen ist. Die Option auf eine Variostütze erlaubte es nicht, den Durchmesser unverändert zu lassen.(...)"
... das wäre für mich ein entscheidendes Kaufargument. die 200-300 gr. Mehrgewicht würde ich sofort in Kauf nehmen. Eine KindShock Zeta würde zudem perfekt passen. Aber ich kann keine Durchführung für eine interne Verlegung finden. Extern wäre es ein absoluter optischer Fauxpas!
Hat jemand hierzu Details?
Ich glaube ich habe des Rätsels Lösung:
- Verlegung komplett Intern (ab dem Steuerrohr) über die Smart Entry Zugverlegung
(ein einsatz mit drittem "Loch" die Leitung vorausgesetzt)
- dann intern am Tretlager hoch zur Sattelstütze
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