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Megavalanche 2016
Heimrennen in Frankreich!

Nicht nur die Rennradgemeinde zieht es einmal im Jahr in die französischen Alpen, um dort bei der Frankreichrundfahrt die 21 Kehren nach Alpe d´Huez zu bezwingen. Auch über tausend Anhänger des Geländeradsports versammeln sich dort jährlich, um lawinenförmig vom Gletscher dem Tal entgegen zu rollen. Seit sechs Jahren in Folge fährt Racer David Schmied nun schon zur Megavalanche, um auf einer der wohl härtesten Rennstrecken, die der Endurosport zu bieten hat, Rennen zu fahren. Hier ist sein Bericht inklusive Fotostory von Hoshi Yoshida.

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Kein anderes Rennen bin ich bisher öfter gefahren und dennoch ist bei keinem anderen Rennen die Vorfreude und Aufregung größer. Es hat sich über die Jahre allerdings einiges geändert – mittlerweile starte ich in der Quali nicht mehr aus der letzten, sondern aus der ersten Reihe. Ziel ist es, irgendwann unter die besten fünf zu fahren und nicht mehr nur zu finishen. Trotz einer gewissen Routine hat das Rennen seinen Reiz nicht verloren. Es sind die vielen Ungewissheiten, die die Mega so spannend machen und der immer gleiche Technosong am Start, der mir Jahr für Jahr eine Gänsehaut verpasst.

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Überblick

Für alle, die von der Megavalanche noch nichts gehört haben, gibt es hier einen kurzen Überblick, bevor ich von meiner Woche berichte.

Die Megavalanche ist ein Downhillmarathon-Rennen bzw. ein Massenstart-Endurorennen, bei dem sich 350 Gleichgesinnte zusammen vom Gletscher ins Tal stürzen. Das ganze Event dauert eine Woche, montags beginnt das offizielle Training, ab Mittwoch sind die Strecken komplett abgesteckt. Freitag ist Qualifikation, Samstag und Sonntag finden die Finalläufe statt. Mit vier Trainingstagen hat man ausreichend Zeit, sich auf das Terrain einzustellen und sich die Strecke einzuprägen. In dieser Zeit kommt man mehr zum Biken, als es den Händen oder dem Material lieb ist. Es gibt zwei verschiedene Strecken, eine für die Qualifikation und eine für das Finale. Die Qualifikationsstrecke führt 1000 Tiefenmeter bergab über Schotterkurven, Schneefelder, Bikeparkstrecken und kurze Tretstücke. Die Finalstrecke startet in 3300m Höhe auf dem Gletscher und verläuft über Skipisten, Stein- und Geröllfelder, alpine Trails, Wiesen, kurze Anstiege, Bikeparkstrecken und Wanderwege bis hinunter auf 800 Meter über Null.

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Es gibt zehn Qualifikationsläufe mit jeweils 150 Startern. Die Startaufstellung erfolgt nach Startnummer, über die Reihenfolge entscheiden bisherige Ergebnisse und danach das Anmeldedatum. Die Platzierung der Qualifikation entscheidet zum einen, in welchem Finallauf man starten darf und zusätzlich über die dortige Startposition. Es gibt fünf verschiedene Finalläufe, drei davon im Massenstart-Format, die Fahrer mit den langsameren Zeiten starten im Einzelstart Modus und dürfen auch eine Begleitperson mitnehmen. Die besten 35 Fahrer aus jedem Qualifikationslauf kommen ins große Finale. Für die Frauen gibt es einen eigenen Qualifikationslauf, hier wird um die Startaufstellung für das ebenfalls separate Finale gefahren. Außerdem gibt es am Qualifikationstag noch ein Rennen für den Nachwuchs, natürlich auch mit Massenstart.

Das perfekte Bike für die Mega sollte ausreichend stabil sein, um eine Woche grobes Gelände auszuhalten. Kräftige Bremsen mit großen Bremsscheiben, Reifen mit stabiler Karkasse und ein komfortabler Federweg sind dabei die drei wichtigsten Aspekte.

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You can’t plan Megavalanche

Das Ungewisse macht den Reiz aus – und so ungewiss wie dieses Jahr war es für mich noch nie. Ich hatte erst spät in der Saison einen neuen Sponsor gefunden, war die letzten anderthalb Monate ohne Bike und fuhr eine Woche vor der Mega zum ersten Mal auf dem neuen Bike. Ich hatte keine Ahnung, wie es laufen würde.

Voller Vorfreude saß ich am Montag mit meinem neuen Trailbanger für die erste Fahrt im Lift. Auf dem Gletscher angekommen war ich überwältigt, es lag unheimlich viel Schnee – großartig! Nach der ersten Abfahrt musste ich mir eingestehen, dass ich mehr Passagier denn Pilot auf meinem Bike war. Das war alles halb so schlimm, da das Bike auch ohne meine Zutun ziemlich gut fuhr – da ich die Trails noch gut aus den letzten Jahren kannte, kam ich aber schnell in den Flow.

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Nach und nach traf der Rest der SR Suntour Crew ein, mit der ich vor Ort war. Wir hatten viel Spaß dabei den Gletscher unsicher zu machen, uns auf den Trails hinterher zu jagen oder abends bei Fotoshootings die Staubwolken der anderen zu überbieten. Nachdem ich mich die ersten Tage eingefahren hatte, hieß es, das passende Fahrwerks-Setup zu finden. Das Luftvolumen der Durolux wurde geändert, Zug- und Druckstufe justiert und der Federweg erhöht, dann war es perfekt. Nachdem das Fahrwerks-Setup stand und alle Linien und Shortcuts eingeprägt waren, konnte die Qualifikation starten. Mit der 202 wurde ich direkt nach dem Zweiten des Vorjahres, Thomas Laperyie, aufgerufen. Mein Ziel war es, den zweiten Platz in meinem Qualifikationslauf zu verteidigen.

Gleich geht es los, noch 10 Sekunden bis zum Start. Alle sind voll fokussiert, das Absperrband schnellt hoch und das Fahrerfeld stürmt in die erste Kurve, ich vorne weg – yeah, Holeshot. Jetzt nicht überziehen, dosiert fahre durch die ersten Schotterkurven und das Schneefeld und komme als vierter auf das Tretstück. Bevor es auf die enge Bikeparkstrecke geht, überhole ich den Zweitplatzierten. Thomas Lapeyrie auf Platz eins liegend hat zu dem Zeitpunkt schon einen guten Vorsprung. Nur wenige Kurven später überhole ich ihn plötzlich, ihm ist die Kette runtergesprungen. Weiter geht die Hatz, nun habe ich alle im Nacken. Nach einem Fahrfehler rutsche ich wieder auf den zweiten Platz, bleibe aber in Schlagdistanz. Kurz bevor es in den letzen Trail geht, sprinte ich an Olivier Bruwiere vorbei und kann den ersten Platz bis ins Ziel verteidigen. Nach dem schwierigen Start in die Saison ein super Einstieg. Besser hätte die Qualifikation nicht laufen können.

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Auch der Rest der SR Suntour Crew hatte gute Läufe, allen voran Remy Absalon, der seinen Lauf gewann und mit der zweitbesten Gesamtzeit seiner Favoritenrolle gerecht wurde. Max Schumann wurde in seinem Lauf vierter, Premek Tejchman dritter, Mirco Widmer zweiter, Freerider Mitch Chubey wurde Siebter. Nahezu alle Favoriten mit Remy Absalon, Francois Bailly Maitre, Damien Oton, Gustav Wildhaber, Cedric Gracia, Cedric Ravanel und Nico Quere hatten ihre Qualifikationsläufe gewonnen, das Finale sollte spannend werden.

Samstag stand ganz im Zeichen der Erholung. Ausschlafen, eine lockere Runde drehen, damit die Beine locker werden, ein letztes Feintuning am Bike und dann in der Bike Expo den Downhill Worldcup via Livestream schauen.

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Megavalanche 2016 – das Finale

Es ist Sonntag 4:50 Uhr am morgen, draußen ist es noch dunkel und die Müdigkeit lässt sich auch nicht mit einem Kaffee runterspülen. Fast eine halbe Stunde brauche ich, um ein Schälchen Porridge und ein weich gekochtes Ei zu frühstücken, so richtig Appetit habe ich nicht. Um 6:15 Uhr geht es in die Gondel und die Müdigkeit ist mittlerweile der Aufregung gewichen. Oben auf dem Gletscher ist das Panorama überwältigend, in den Tälern ringsherum ist es noch dunkel und die Bergspitzen strahlen im Sonnenschein.

Die Skipiste sieht super präpariert und sehr schnell aus. Als zehnter werde ich aufgerufen, bekomme aber nicht meinen favorisierten Startplatz. Statt ganz links, wo noch etwas Schatten ist, so dass der Schnee länger hart bleibt, stehe ich in der Mitte. Nun heißt es aufwärmen, alle Gelenke durchbewegen, ein paar Mal durch den Schnee zur Liftstation hoch rennen und einige Liegestützen – ich bin bereit.

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Da die ersten Meter flach sind und der Schnee nicht mehr ganz so hart, entscheide ich mich, neben dem Bike rennend zu starten. Noch eine Minute bis zum Start, die Musik wechselt in den Techno Song und die Meute grölt. Die letzten 30 Sekunden, der Heli hat seine Position eingenommen. Noch zehn Sekunden. „Aaalaaarma“ dröhnt es aus den Lautsprechern und das Absperrband schnellt hoch.

Video vom Start

David Schmied – Start bei der Megavalanche 2016 von ThomasMehr Mountainbike-Videos

Mega, der Start läuft gut und ich liege ca. auf dem 6. Platz. Nur der Schnee ist viel zu weich, die Handvoll Fahrer vor mir ziehen tiefen Furchen in die Piste. Die von Remy Absalon erwische ich und komme ins Straucheln. Nach gerade mal zehn Sekunden stürze ich, drehe mich dabei um 180°Grad und sehe das Feld auf mich zu rasen. F…! Zum Glück werde ich nicht überfahren und setzte meine Fahrt mitten im Pulk unbeschadet fort. Es geht fast nur noch zu Fuß weiter, der Schnee ist so zerfurcht, dass man rennend schneller vorankommt.

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Mein Lauftraining macht sich bezahlt und ich kann viele Positionen wieder gut machen. Nach dem Gletscher habe ich vor und hinter mir eine große Lücke. Kurz vor Alpe d´Huez werde ich von einer Vierer-Gruppe rund um Cedric Gracia überholt. Im Anstieg nach Alpe d´Huez kann ich richtig Druck machen und einen Fahrer der Gruppe überholen. Kurze Zeit später muss ich ihn in der Abfahrt aber wieder ziehen lassen. Danach passiert nichts mehr, die letzten zwanzig Minuten fahre ich ein Rennen gegen mich selbst, vor und hinter mir ist niemanden mehr zu sehen.

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Nach einem ziemlich einsamen Massenstart-Rennen überquere ich nach 50:41 Minuten als 23. die Ziellinie. Das Ziel, was ich mir im Winter setzte, hatte ich verfehlt. Mit Sturz und einer so kurzen Vorbereitungszeit kann ich am Ende mit dem 23. Platz aber doch ganz zufrieden sein und immerhin bin ich wieder bester Deutscher. Zimmergenosse Max Schumann landete auf Platz 33. Megavalanche-Debütant Mitch Chubey wurde Plattfußkönig, schaffte es aber trotz seiner drei Plattfüße noch ins Ziel.

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Das Rennen machte Remy Absalon, damit hat er nun zum fünften Mal die Mega für sich entschieden. Auf Platz 2 Damien Oton vor Francois Bailly Maitre, Gustav Wildhaber und Cedric Ravanel. Somit gab es bei den Herren keine Überraschungen auf dem Podium. Dafür bei den Damen – hier siegte am Tag zuvor Pauline Dieffenthaler. Sie kam vor Bex Baraona, Estelle Charles, Emily Slaco und Birgit Braumann ins Ziel. Die Favoritin Cecile Ravanel war mit zwei Platten ausgeschieden.

Video: der Start von oben

Quietschende Bremsen Megavalance 2016 von ThomasMehr Mountainbike-Videos

Megavalanche 2016 – Fotostory

# Remy Absalon hat als Gewinner 2015 die Rennnummer 1.
# Beim Samstags-Finale starten die E-Bikes vorweg, danach folgen die Damen.
# Cecile Ravanel gehört zu den Top-Favoriten
# Pauline Dieffenthaler
# An diesem Tag ist die Piste morgens bretthart. Die E-Bikes schießen los
# Bei den zum Schluss startenden Mega Affinity ist die Piste schon weich, das Tempo geht runter
# zudem ist die Piste durch tiefe Spuren zerfahren
# Vom Lift sieht man das langgezogene Flachstück
# Übel zugerichtete Hinterradfelge von ...
# … Cecile Ravanel. Auf die Frage wo es passiert ist: Schon gleich am Anfang. Das Laufrad war zumindest gut zentriert.
# Ein Sattelskelett: Stummer Zeuge der Schlacht auf dem Trail
# Diesen Sticker bekommt man wenn man Top 3 seiner Quali - Gruppe wird.
# Der Morgen des großen Finaltages
# Geordnet nach Startreihen
# Weltcup DH Legende Matti Lehikoinen am Start
# Die Top Favoriten Remy Absalon und Damien Oton
# Die erste Reihe stellt sich auf. Die Kulisse ist überwältigend und furcheinflößend zugleich
# Thomas Lapeyrie ist auch Top-Favorit und so was von FAST!
# Cedric Gracia ist immer noch schnell
# Aufwärmtänzchen von Nico Queré und Cedric Ravanel
# Alle Fahrer sind nun aufgereiht und warten auf „Alarma, la bomba“
# Startschuss, Remy Absalon kommt gut weg
# Dimitri Tordo und Remy Absalon gehen in die mittlerweile aufgeweichte Piste. Hinter ihnen wird noch geschoben.
# Der lange Anstieg bevor es nach Oz en Oisans hinunter geht ist ein Publikumsmagnet: Am Straßenrand stehen auch Jerome Clementz und Pauline Dieffenthaler
# Ergebnisliste
# Ohne Kette Teil 1
# Ohne Kette Teil 2, dafür aber zwei ungenutzte Ersatzschläuche
# Den Ersatzschlauch hätte er gerne gehabt…
# Das Rennen ist vorbei, Transponder gehen zurück.
# Remy Absalon ist Mister Mega mit dem zweiten Sieg in Folge
Text: David Schmied | Fotos: Hoshi Yoshida
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