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Maxi unterwegs
Andes Pacifico – Renntag 1: Kopfüber in den Gegenhang

45 Minuten 29 Sekunden – so lautete die Siegeszeit von Jerome Clementz. Das ist die Zeit, die sich aus allen Stages in Jeromes Rennlauf zusammensetzt. Was in Deutschland fast ein komplettes Rennen sein könnte, sind beim Andes Pacifico gerade mal 4 Stages!

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Allgemein lässt sich sagen, dass die Bedingungen hier extrem hart sind – jeder muss mit der Hitze kämpfen. Und mir hätte definitv etwas Akklimatisierung vorab gut getan. Mein Mitfahrer Tilmann Schwab war gut unterwegs, hatte nur auf der letzten Prüfung einen Platten. Apropos Platten: das Terrain hier ist super rough – es ist total lose, als ob man den Berg mit Glasmurmeln übersät hätte und zwischendrin gibt es dicke Felsen.


# Kargste Landschaft mit viel Geröll und spitzen Steinen

Man muss aufpassen, dass man nicht aus Versehen in so einen Felshaufen reinrast, sich dabei das Material kaputtmacht oder böse selbst dabei ablegt. Es gab am ersten Renntag unheimlich viele Stürze und auch Verletzungen. Alleine am ersten Tag gab es gefühlt mehr Verletzungen als während der gesamten Trans Provence (TP) – und es sind auch schon einige Fahrer ausgestiegen wegen Verletzungen oder zerstörtem Material.


# Startnummernausgabe und eine Übersichtskarte für den Streckenverlauf. Es wird heiß und hoch!

Ein Tross an Enduromotorradfahrern begleitet uns, das sind die Marshalls und Streckenposten für unterwegs und auch die Rennleitung und Ärzte sind immer mit uns unterwegs. Aber selbst für die Motocross-Fahrer war es hart und es gab einige Defekte.

Aber kommen wir zur Sache, dem Rennbericht… Der heutige Race-Blog geht mir schlecht über die Lippen, da es fast schon eine Parodie meiner selbst ist und mein Vermögen bei solche Rennen teilzunehmen in Frage stellt! So wie es teils letztes Jahr bei der TP phasenweise lief (oder auch nicht), so startete das AP schon am ersten Renntag für mich. Pannen und Defekte sowie ein Sturz haben mich direkt aus der Bahn geworfen.

Nach nur sechs Stunden Schlaf klingelte morgens der Wecker. Vom Retorten-Ski-Ort „La Parva“ starteten wir mit einem kleinen Uphill Richtung Sessellift, der brachte uns hoch auf 3400m über dem Meer. Von dort aus ging es etliche weitere Höhenmeter hinauf bis zum Start der ersten Wertungsprüfung. Aus den Erfahrungen der TP hatte ich mir vor dem Rennen noch wanderfähige Klickschuhe gekauft. Eine gute Entscheidung, wie sich direkt herausstellte.


# Weiter geht es mit dem Lift. Im Hintergrund ein Pumptrack zum Zeitvertreib.

Denn schon kurz nach dem Sessellift hieß es das Bike zu schultern und die sandigen Hänge Richtung Start zu Fuß zu erklimmen. Der Start selbst war auf einem kilometerlangen, riesig großem Schotterfeld, das sich mit einem moderaten Gefälle den Hang hinabzog. Dennoch war es äußerst schwer dort sicher und mit Geschwindigkeit zu fahren, da der lose Kies kaum Grip auf den Reifen bot. Die Sekunden tickten und mein Start stand kurz bevor. Ich war fest entschlossen, den eine Minute vor mir gestarteten Sven Martin einzuholen.

Stage 1

Die erste Schikane, die den Fahrern auf dem langen Kieshang etwas Schwung nehmen sollte konnte ich perfekt meistern. Mit viel Speed ging ich in die Abfahrt, konnte auch die nächste Schikane nehmen und ging auf die erste Traverse. Danach kam ich an die ersten technischen Stellen und wollte meine Variostütze vorher versenken. Mein Griff ging ins Leere. hektisch versuchte ich mit dem Daumen den dünnen Hebel zu finden, bis ich feststellte, dass der Hebel verschwunden war. Er schien beim Bergauftragen / schieben bei einem festen Handgriff abgefallen zu sein. Somit hatte ich die gesamte erste Etappe mit ausgefahrener Sattelstüzte zu bewältigen. Nicht gerade einfach, die Etappe bestand aus losem Geröll mit minimalem Gripp und zahlreichen Schikanen. Besser hätte der Start kaum laufen können.


# Tag 2 Erste Rennetappe: Leider defekt – die Testsattelstütze

Zweimal musste ich die Srecke kurz verlassen, wenn auch ohne Sturz. Trotzdem verlief die Etappe gut für mich. Ich kam zwar nicht schnell, aber flowig und sicher durch. Weiter ging es zur nächsten Stage. Unterwegs demontierte ich den Kabelsalat von der Sattelstütze, der jetzt nicht mehr nötig war – leider ließ sich die Stütze auch nicht mehr verstellen und steckte praktischer Weise in der höchsten Stellung fest.

Stage 2

Nur noch mit einem kleinen Stöckchen konnte ich den Hebel in der Stütze vor dem nächsten Etappen-Start bedienen – und musste mich entscheiden: oben oder unten. ich entschied mich für unten, da die folgenden Stages noch downhill-lastiger werden sollten.

Leider rächte sich das ziemlich schnell – es folge ein sehr langes Tretstück. Nicht steil aber lang. So tief zu pedalieren ist weder effizient, noch kraftsparend. Anschliessend ging es wieder bergab. Ich liess die Bremsen offen und konnte guten Speed aufbauen und den Speed auch mitnehmen. Ich fühlte mich gut, trotz des vorangegangen Tretstückes lag ich gefühlt gut in der Zeit. Doch so einfach kann es ja nicht laufen.

Dann kam eine Bachdurchfahrt. Ich wollte nicht viel Zeit verlieren, wollte aber auch nicht nass werden – nicht schon am Anfang des Tages. Ich versuchte die linke Linie – dort war Gras und ich hoffte gut durchkommen zu können. Ich beschleunigte gefühlt von 100 auf 0 und schlug Kopf vorwärts mit voller Wucht im Gegengang ein. Peng.

Ich hörte ein lautes knacksen – oh nein, es wird doch nicht der Carbonlenker gebrochen sein? Als ich wieder auf den Füßen und halbwegs klaren Kopfes war, checkte ich mein Bike und konnte keinerlei Defekte finden. Komisch. Auch der Lenker war anscheinend noch in Ordnung. Ich fuhr weiter, musste dann allerdings feststellen, dass die komplette Lenkzentrale schief war. Kurz angehalten, einmal ausgerichtet und weiter ging es.

Weitere 100m unten kam dann ein Schock: Es musste mein Helm gewesen sein, die Halbschale, die ich am Rucksack befestigt hatte. Denn auf den stages müssen wir ja mit Fullface Helmen fahren. Hektisch griff ich hinter mich zum Rucksack – kein Helm. Ich hielt an, schmiss das Rad an die Seite und rannte wieder den Berg hoch. Der erst vor 2 Wochen teuer gekaufte Troy Lee A1 Helm, den wollte ich nicht zurücklassen. Ich suchte am Bach, konnte den Helm aber nicht finden. So langsam beruhigte ich mich und versuchte mich zu besinnen. Ich nahm den Rucksack ab – da hing der Helm. Wie gewonnen so zerronnen: der Helm war kaputt – und die Zeit auch.

Ernüchtert lief ich wieder zum Bike. Ich hatte bereits viel Zeit verloren. Mehrere Fahrer fragten ob alles ok sei – ich schickte sie weiter. Auch an mir war wohl alles ok, ein leichtes Ziehen in der Brust, Schmerzen an der Hüfte, nichts Schlimmes also. Entspannt fuhr ich die Etappe zu Ende. Einen weiteren Sturz wollte ich nicht riskieren und es war ohnehin nichts mehr zu holen…

Am Ende der zweiten Stage ging es über eine Teerstrasse weiter zum Start von Stage 3.

Stage 3

Ich war fertig, meine Nerven am Ende, meine Gefühle fuhren Achterbahn. Ich war nur noch wenig motiviert überhaupt weiterzufahren. So viel Pech konnte man ja kaum haben. Ich machte mich dann doch relativ direkt weiter zu Stage 3, die sich durchaus technisch und DH-lastig darstellte. An sich wäre das genau meine Wertungsprüfung gewesen. Ein paar Uphills musste ich im Stehen fahren, was viel Kraft kostete die mir dann für die DH-Abschnitte wiederum fehlte. Unten angekommen erwartete uns die erste Verpflegungsstation und ich stärkte mich mit Obst und viel Flüssigkeit.

Da uns am Vortag erzählt worden war, wie anstrengend Tag 1 werden würde – mit Abstand der anstrengste Tag des gesamten Andes Pacifico – ging ich davon aus, dass das anstrengendste bereits hinter uns lag, schliesslich waren wir schon am Ende von Stage 3! Was wir bisher auch auf den Verbindungsetappen geleistet hatten war alles andere als ein Kinderspiel. Ich wollte einfach nur ins Ziel, mein Bike und meine Sachen und meine Arbeit erledigen.
Ich wollte auch im Gegensatz zum Vortag früh in Bett kommen um endlich ausschlafen zu können. Ich machte mich auf den Weg zu Stage 4. Die Verbindunsgetappe führte über eine Teerstrasse, die sich durch ein enges Tal schlängelte. Die Hitze war drückend und die Luft stand still.

Nach viele Kilometern, die ich rückblickend betrachtet viel zu schnell in Angriff genommen hatte, wies uns ein Schild den Weg in Richtung Berg – zu einem Pass! Ich war jetzt schon am Ende meiner Kräfte und viel schlimmer: am Ende meiner Wasservorräte. Der steile Forstweg, der wie alles hier nur von losem Staub überzogen war, machte es schwer den Berg kraftsparend zu erklimmen. Nach einigen Kilometern erreichten wir eine „Offroad Area“, eine Art großer Park für Motocross-Fahrer. Von dort ging es abseits der befestigten Strasse auf einen MX-Track bis hinauf zum Pass.

Der MX-Track war so ausgefahren, dass vorankommen auf dem Bike kaum möglich war. Tiefer Staub und supersteiles Gelände veranlassten das komplette Fahrerfeld die Bikes zu schultern. Keineswegs leichter. Durch den tiefen Staub wurde jeder Schritt zur Qual. Bei jedem Schritt nach oben rutschte man auch ein Stück zurück, es ging nur sehr langsam voran. Es war kaum auszuhalten, drückend heiß und die Luft war staubtrocken. Wasservorräte hatte ich keine mehr.

Tilmann und ich machten nach knapp einer Stunde ein Pause. 1,5h wurden uns von der Rennleitung für den Anstieg prophezeit. Nachdem wir die Pause gemacht hatten und uns auf den weiteren Anstieg gemacht hatten, erreichten wir endlich den Pass. Aber leider nicht *den* Pass. Vor uns lag ein weiterer Talkessel, den es zu bewältigen gab: erst ins Tal runter, dann auf der Gegenseite wieder hoch. Irgendwann waren wir dann wirklich am Start von Stage 4 – völlig außer Kräften. Schon der Aufstieg aus dem Talkessel war bei mir mit Krämpfen verbunden. So konnte ich keinen Downhill auf Zeit fahren, erstmal war also ausruhen angesagt.

Doch auch das half nicht viel – wir wurden immer müder und erschöpfter. Mir war bewusst, dass ich diese Abfahrt einfach irgendwie hinter mich bringen musste. Die Zeit spielte jetzt schon keine Rolle mehr. Es ging einfach nur darum, irgendwie sicher ins Ziel zu kommen, um den nächsten Tag wieder mit vollen Kräften in Angriff nehmen zu können.

Stage 4

Ich machte mich also auf den Weg und konnte einen halbwegs sicheren Lauf in das Ziel bringen – was keineswegs einfach war, denn die Abfahrt dauerte 20 Minuten und hatte einige heftige Tretstücke zu bieten. Das Terrain war steil und von losem Geröll überzogen. Einmal Geschwindigkeit aufgebaut war es kaum möglich, diese halbwegs effizient zu verringern. Ich erreichte das Ziel, völlig am Ende meiner Kräfte.

Ziel

Was bleibt von diesem Tag? Völlig erschöpft schleppte ich mich zum Wasserstand und versuchte meine Reserven wieder aufzufüllen. Glücklicherweise war auch Obst da, so dass man den strapaziösen Tag halbwegs angenehm ausklingen lassen konnte. Alleine der erste Tag lässt mich zum Schluss kommen, dass das Andes Paciifico deutlich härter ist als die Trans Provence, die letztes Jahr schon das Maß der Dinge für mich darstellte.

Ich verbrachte den Rest des Tages damit, meine technischen Probleme zu reparieren – mehr oder weniger erfolgreich. Jetzt ist es schon wieder Mitternacht, wir werden sehen was der heutige Tag bringt. Viele Grüße aus meinem Zelt.

Euer Maxi

Fotostory: Tag 1 beim Andes Pacifico


#  Früh am Morgen warten die Bikes auf die Abfahrt zur Etappe


# Die Damen und Herren sind bereit für den Ausritt.


# Das Fahrerlager


# Keine Frage – heute geht es hoch hinaus


# Alte Bekannte. Jerome Clementz wird auf dem Weg zum Etappenstart begleitet.


# Mein Rad ist bereit – zumindest äußerlich. Komplett in Rennform ist die zusammengewürfelte Maschine nicht.


# „Ganz annerer Wald“: Die Anden sind mit den Alpen kaum vergleichbar.


# Die Etappe verspricht schnell zu werden. Das Gelände ist karg und schroff – Reifenschäden werden wohl kaum zu vermeiden sein.


# Außer den Starterinnen und Startern ist noch niemand am Berg


# Hier oben fahrt ihr mit den Bikes rum? Foto von Tilmann


# Die Sonne kommt hinter dem Berg hervor


# Immer auf der Lauer – für die Highlight-Videos wird einiges an Videoequipment aufgefahren


# Der Spitzenmann auf dem Weg zum Gipfel


# Jerome Clementz mit neuem 650b Jekyll


# Enduro ist auch Gemeinsamkeit – die Teilnehmer genießen die Aussicht


# Auch dieser wuschelige Kollege war dabei


# Der Kamera-Heli


# Maxi – (noch) guter Laune


# Vollgas durchs Geröll – am Start


# Endlose Weiten in Chile


# Kräfte stärken am Verpflegungsstand


# Verpflegung zwischen den Etappen


# Ordentlich Früchte!


# Pause mit Filip Polc und Co.


# Und hoch geht´s. Foto von Tilmann


# Maxi fliegt dem Start entgegen? Eher nicht – der Uphill ist steil und anstrengend. Foto von Tilmann


# Im Sessellift nach oben


# Sieht durchaus anstrengend aus: Das Terrain der Etappe


# Hoch geht´s per Teerstraße


# Erste Rennetappe – es geht weiter bergauf. Foto von Tilmann


#Mein Renngerät.


# Startnummer 10 des AndesPacifico


# Ja, das war staubig heute…


# Meine hier frisch in Chile erstandene Hope-Bremse


# Ob das ein böses Omen ist? Meine Blutgruppe auf dem Rahmen…


# Optimierte Leitungsverlegung wegen zu kurzer Bremsleitungen


# Höhe + Sonne vs. deutschen Winter… keine Frage, wer da gewinnt


# Viele Fahrer müssen versorgt werden.


# Skeptische Blicke beim Laufrad-Präparieren


# Geht doch – so kann die Stütze bedient werden…


# Der abgebrochene Hebel

Die Bilder zum Durchklicken als Slideshow:

Diese Fotos im Fotoalbum anschauen

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