Die Rennsaison ist wieder voll im Gange und so fand letzten Sonntag auch der erste Lauf der Cannondale Enduro Tour in Sainte Marie-Aux-Mines statt. Max Ertle, Nachwuchsblogger und Bikekumpel von Jakob Breitwieser, war am Start und berichtet von seinen Erlebnissen.
Dank der Abiturprüfungen bestanden meine letzten Wochen wohl hauptsächlich aus Lernen und kurzen Nächten. Um zu wissen, dass eine ideale Rennvorbereitung anders aussieht, brauche ich zwar keinen Coach, aber dafür werde ich so bald nicht mehr Integralrechnen und Kurzgeschichten interpretieren müssen. Obwohl das Lernen – natürlich anders als geplant – schlussendlich doch etwas kürzer gekommen ist, heißt das leider noch lange nicht, dass ich besonders viel auf dem Rad gesessen bin. Egal, der gute alte Optimismus lässt mich und meinen Kumpel Falk, nun ebenfalls stolzer Abiturient, trotzdem höchst motiviert zum ersten Rennen der Saison in Sainte Marie-Aux-Mines fahren.
Der Abend davor: Während wir bei der „Late-Night-Schraubersession“ panisch aus allen Rädern im Umkreis von drei Kellerräumen die Schaltzüge herausreißen, werden wir von der Erkenntnis erleuchtet, dass eine nur minimal vorausschauende Planung einem das Leben doch deutlich vereinfachen kann. Aber so etwas hat uns ja auch noch nie – ich wiederhole: NIE – jemand gesagt. Wie hätte man dann denn auch dran denken können, einen weiteren Schaltzug parat zu haben. Falks bestand nämlich nur noch aus einem traurigen Drähtchen mit äußerst geringer Lebenserwartung. Die Ausrede mit dem sogenannten „jugendlichen Leichtsinn“ zieht leider auch nicht mehr lange. Ob wir daraus etwas gelernt haben, sei mal dahingestellt. Zumindest das Rad ist zu später Stunde schließlich ready to race.
Ja, grundsätzlich ist unsere Organisation zwar noch ausbaufähig, trotzdem starten wir am nächsten Morgen pünktlich mit einer Gruppe anderer Freiburger in Richtung Stage 1. Nach einer knappen Stunde Transfer heißt es dann erst einmal nicht auskühlen, da die Schlange am Start von Stage 1 ziemlich lang ist. Dabei kommen in mir eher gemischte Gefühle auf, die zu letztem Jahr identische Stage weckt Erinnerungen an den wohl peinlichsten Sturz, der mir jemals passiert ist. Aber darum soll es eigentlich gar nicht gehen, wen es interessiert, was ich letztes Jahr in den ersten Metern von Stage 1 angestellt habe, kann dies gerne hier nachlesen. Der Vorsatz, ganz entspannt und vernünftig in die erste Stage zu starten, hält nicht sonderlich lange, der lose Waldboden verlockt einfach brutal zum Gas geben. Nur ein paar Kurven nach dem Start nehme ich eine Kurve etwas optimistisch, böse Zungen würden mein Verhalten als risikobereit bezeichnen, aber „no risk no fun“. Mir macht es Spaß und der Dreck fliegt nur so um mich herum – zumindest hat es sich so angefühlt – und einer Gruppe Franzosen scheint das ihrem Geschrei nach auch gefallen zu haben.
Der Rest von Stage 1 verläuft trotz Überholmanöver ziemlich gut und mir wird wohl vor allem der extrem lose Boden in Erinnerung bleiben. Wer hier keinen Spaß hat, dem ist im Enduro wahrscheinlich auch nicht mehr zu helfen.
Nach einem etwas kürzeren Transfer sind wir auch schon am Start von Stage 2 angekommen, auch diese passt wie immer perfekt in das Rennformat und lässt den Puls in der einen oder anderen rutschigen Kurve in die Höhe schießen. Mein Gefühl sagt mir, ich würde schnell und sauber fahren, immerhin so lange, bis sich ein etwas langsamer fahrender Train in mein Sichtfeld schiebt. Der 14-jährige Emilien, einer der Jungs aus der aktuellen Freiburger Jugendgruppe, hat seinen etwas egoistischen Vordermann eingeholt und hängt ihm jetzt am Hinterrad. Die Freude über seinen anständigen Speed hält leider nicht lange an, da unser Vordermann keinen Platz macht. Ich fange direkt an wie wild zu schreien, leider erfolglos. Vielleicht nicht ganz Singletrail-Verkehrsordnungs-gerecht, aber da hilft nur eins: Wegcutten und zwei auf einmal überholen. Sonderlich begeistert scheint der Verursacher unserer Zwangserholungspause nicht zu sein, dennoch probiere ich wenigstens auf den letzten Metern der Stage, noch einmal alles herauszuholen. Mit so etwas muss man bei einem stark durchmischten Fahrerfeld und kurzen Startabständen leider rechnen.
Im Ziel warten neben der bereits ersehnten Foodstation auch andere Opfer, die von unserem Vordermann aufgehalten wurden, doch die Verärgerung schlägt schnell wieder um in niveaulose Witze und gipfelt in guter Laune.
Gestärkt geht es weiter in Richtung Stage 3, die Vorfreude ist groß, nachdem die ersten beiden Stages bereits ordentlich etwas drauf hatten. Die dritte Herausforderung des Tages beginnt – wie auch sonst – mal wieder mit einer schönen Portion Loam, gepaart mit vielen natürlichen Doubles und Wellen. Manch eine der Wellen ist dann doch eher als fiese Kompression zu bezeichnen, eine meint es gar ernst mit mir und hätte mich fast ausgehebelt. Aber das ist schnell wieder vergessen, wenn man von Ex-EWS-Racer und Organisator Jêrome Clémentz angefeuert wird. Das hat mein Ego dann wohl doch etwas zu stark gepushed und ich lege mich kurz vor Ende der Stage noch mit einem Baum an. Dass ich verloren habe, muss ich wahrscheinlich gar nicht erwähnen – auch wenn ich es schaffe, auf dem Rad zu bleiben, werde ich zwei Meter nach rechts den Hang runterkatapultiert. Etwas überrascht probiere ich wieder zurück zwischen das Flatterband zu kommen. Gar nicht mal so einfach, wenn die Füße wegrutschen wie die eines Hundes, der versucht, auf glattem Parkett zu rennen. Die Streckenposten hatten auf jeden Fall ihren Spaß.
Das Motto „viel hilft viel“ lässt sich doch nicht so generell aufs Endurofahren übertragen. Eher trifft es die alte Weisheit „90% = 120%“. Leichter gesagt als getan … Auch Falk hat in Stage 3 eventuell etwas übertrieben und einen dicken Bauchplatscher hingelegt, im Vergleich zu mir jedoch etwas heftiger. Schuh und Trikot haben leider nicht überlebt. Trotz der kleinen Zwischenfälle auf Stage 2 und 3 ist die Freude auf Stage 4, der längsten Stage des Tages, unglaublich groß. Doch zuvor müssen wir es erst einmal noch mit Emilien und seinem 20 kg Kona-Panzer die letzten der 1700 Höhenmeter des Tages hinauf kommen. Das macht natürlich besonders viel Spaß, wenn man dabei von einigen eBikern überholt wird, dennoch schlägt er sich tapfer und zwei Gels später kommen alle oben an.
Stage 4 hat neben brutalen Tretpassagen vor allem extrem schnelle Trails zu bieten und obwohl der ein oder andere Baum angsteinflößend nahe an Lenker und Schulter vorbei zieht, ist es eine riesige Gaudi. Präzise Fahrtechnik ist hier definitiv noch einmal gefragt, ich komme gut durch. Zumindest bis sich meine Sattelstütze dazu entschließt, mir auf den letzten 500 m noch einen kleinen Streich zu spielen, in dessen Folge ich nun hochgestelzt ganz im Cross Country-Modus um meine besten Teile bangen muss. Das tut der guten Stimmung allerdings keinen Abbruch, nur der große Hunger erinnert daran, dass es höchste Zeit wird nach diesem langen Tag auf dem Rad wieder zurück nach Sainte-Marie-Aux-Mines zu rollen.
Im Ziel angekommen, treffen wir gleich ein paar der anderen Jungs aus der Jugendgruppe des Mountainbike Freiburg e.V. Und ja, die haben den Franzosen bei ihrem ersten Endurorennen gleich mal gezeigt, wie der Hase läuft. Anton, 11 Jahre, zündet sich auf Platz 1 der jüngsten Starter und Jacob, 12 Jahre, fährt auf Platz 2 bei den etwas Älteren. Das freut die Jugendtrainer natürlich besonders! Ich habe es trotz des ein oder anderen Zwischenfalls und einem super starken Fahrerfeld auf Platz 4 bei den Junioren geschafft und wäre bei den Herren immerhin auf Platz 35 gelandet. Den Umständen entsprechend bin zufrieden mit meiner Leistung und freue mich schon auf das nächste Rennen.
Zusammenfassend lässt sich nur festhalten: Rennen in den Vogesen mitzufahren ist jedes Mal eine gute Entscheidung. Egal wie gut oder schlecht das Ergebnis ist, die Stimmung und Strecken sind einfach der Hammer. Aber vor allem: Nehmt euch vor dem Freiburger Nachwuchs in Acht! Vielen Dank an Cannondale für die Unterstützung und vielen Dank an Pauline, Jêrome und ihr Team für die tolle Organisation!
Alle Ergebnisse und mehr Infos gibt es auf www.cannondale-endurotour.com.
Wer war auch am Start in Saint Maire-Aux-Mines?
9 Kommentare