Eigentlich wollte ich schon gestern von Tag 0 der Trans Provence berichten, da ein freiwilliger Prolog gefahren werden konnte. Doch nach einer 10-stündigen Autofahrt und bei über 30°C musste diese kurze Einroll-Runde für mich ausfallen. Zudem wurde beim Prolog in diesem Jahr auch keine Zeit genommen. Doch so konnte ich heute mit Vollgas in den ersten Tag starten – von kleineren Problemen einmal abgesehen. Danke an dieser Stelle nochmal an meinen unterhaltsamen Mitfahrer, den früheren EWS-Piloten und Mountainbike-Abenteurer Jamie Nicoll.
Heute startete die Trans Provence mit dem ersten von sechs Tagen. Für uns 85 Starter ging es von Embrun nach Les Thuiles. Dabei galt es 1.739 Höhenmeter, 38 km und 2.502 Tiefenmeter zu überwinden.
Neben den bekannten deutschen Fahrern Ines Thoma, Max Schumann, Fabian Scholz und meinem neuseeländischen Beifahrer Jamie Nicoll sind noch ein paar weitere schnelle Piloten am Start. Dazu zählt der schnelle Cannondale-Fahrer Marco Osborne, der flinke Franzose Francois Bailly-Maitre, der Lapierre-Pilot Olivier Giordanengo – nach Tag 1 belegen sie die Plätze eins bis drei. Dazu ist außerdem Rene Wildhaber und der französische BMC-Pilot Ludo May mit von der Partie. Auch sonst ist das Fahrerfeld bunt gemischt. Von Dänemark bis Kanada – keine Anreise scheint zu weit für die Trans Provence.
- Distanz: 38 km
- Höhenmeter: 1.739 m
- Tiefenmeter: 2502 m
- Stages: 4
Stage 0
Die ersten Höhenmeter geht es heute glücklicherweise mit dem Shuttle bergauf. Dann erwartet uns aber noch ein recht langer Schotteranstieg, der direkt klar macht, dass diese Woche nicht entspannt werden wird. Aber habe ich erwähnt, dass die Aussicht grandios ist? Den ganzen Tag über?
Oben angekommen stelle ich fest, dass mein Steuersatz mächtig Spiel hat. Die herausnehmbare Gabelkralle von Specialized hält nicht mehr richtig und zieht sich beim Anziehen aus dem Gabelschaft. Daran lässt sich dann auch erstmal nichts ändern und so starte ich auf „Stage 0“ – den nicht-gezeiteten „Übungstrail“ des ersten Tages.
Hier geht es auch gleich richtig zur Sache. Zwei Spitzkehren wollen mit viel Gefühl oder am besten mit Hinterrad-Versetzen gefahren werden, bevor sich der steile Trail auf grobem Geröll Richtung unserer „Foodstation“ schlängelt. Ich komme nicht so wirklich in den Flow – der Sattel ist noch etwas zu hoch, der Steuersatz klappert und die Unterarme sind noch nicht warm und brennen ordentlich.
Hier erwarten uns nicht nur leckere Salate, sondern auch der Mavic Race Support. Dieser bietet mir auch prompt seine Hilfe an – kann das Problem jedoch auch nicht beheben. Die Lösung hat dann zum Glück Jamie parat, denn auch Hope setzt auf eine herausnehmbare Gabelkralle. Die bauen wir dann schnell bei mir ein, spannen die Lager vor und eliminieren damit das Spiel, ziehen die Vorbauschrauben fest und bauen die Gabelkralle wieder an Jamies Bike. So habe ich zwar ein schönes Loch im Vorbau – auf das ich natürlich mehrere Male angesprochen wurde – aber so kann ich zumindest ohne Probleme fahren.
Schade nur, dass uns jetzt etwas Kurbelei und dann eine mindestens einstündige Schiebe- und Tragepassage zum Start von Stage 2 erwartet. Wir wuchten unsere Bikes also auf einen Bergkamm mit grandioser Aussicht.
Stage 1
Loser, loser, loser Untergrund! Stage 1 startet direkt vom Bergkamm in eine steile Abfahrt auf losem Schotter und gröberem Geröll. Es gilt immer wieder auf Maximalgeschwindigkeit zu beschleunigen und vor der nächsten Spitzkehre wieder voll in die Eisen zu gehen – nur um dann festzustellen, dass die Bremstraktion nicht besonders gut ausfällt.
Trotz der Hinweise von Ines Thoma und Max Schumann starte ich zu motiviert in die Stage und gehe in der dritten Kurve mit rutschendem Vorderrad über den Lenker. Das ist die erste Stage des Rennens! Also direkt wieder aufspringen und mit Vollgas weiter – ist ja nichts passiert. Im steilen Gelände überhole ich noch den Starter vor mir.
Weiter unten wird der Trail dann flacher und grüner, bleibt aber relativ rutschig. In den flachen Stücken trete ich mir die Seele aus dem Leib und komme glücklich nach 275 Tiefenmetern im Ziel an. Der Sturz wird nicht zu viel Zeit gekostet haben und ohne Steuersatz-Spiel komme ich so langsam in den Tritt. So kann es weitergehen!
Hinter mir kommt eine grinsende Ines ins Ziel und freut sich ebenfalls, den ersten – ziemlich ausgesetzten – Trail überwunden zu haben. Auf einem kurzem Trail-Transfer geht es in Richtung Stage 2.
Stage 2
Gleich in der ersten, etwas hängenden aber ansteigenden Rechts-Kurve der zweiten Stage fängt mein Rad an zu rutschen und ich halte mich gerade so mit Fuß-Ausklick-Akrobatik auf dem Rad – immerhin hat Ines hinter mir was zu lachen.
Der Trail verläuft danach größtenteils relativ flowig durch den Wald, jedoch wird man hin und wieder von äußerst engen Spitzkehren überrascht. Das Antreten nach diesen zieht ordentlich Kraft aus den Beinen. Unterwegs kreuzt der Trail noch zwei Mal einen Bach – die erste Überquerung ist kein Problem. Der zweite Bach beeindruckt jedoch als rutschiges, schlammiges Steinfeld durch das man, mit etwas Glück, scheinbar auch nahezu ohne bremsen durchkommt.
Weiter unten entwickelt sich der Trail zur Highspeed Grinsen-ins-Gesicht-zaubern-Garantie. Die mittlerweile müden Arme und Beine mahnen aber nicht Vollgas zu geben. Im Ziel angekommen bin ich mit den – mir ewig vorkommenden – 452 Tiefenmetern halbwegs zufrieden, nur die Spitzkehren haben mich teilweise ordentlich Zeit gekostet.
Stage 3
Stage 3 klingt mit 350 Tiefenmetern erstmal etwas entspannter. Doch weit gefehlt. Die Stage beginnt relativ flowig, wird aber immer enger und entwickelt sich zu einem regelrechten Spitzkehren-Massaker. Leider nicht so ganz meine Stärke. Dazu kommt noch, dass der erste Gegenanstieg schon etwas an den Beinen nagt.
Zusätzlich überraschen noch zwei steile Schotter-Rampen damit, dass man vom Bike abspringen und bergauf sprinten muss. In einem ausgewaschenen Bachbett bleibe ich dann noch in einer Spitzkehre komplett hängen und muss ausklicken. Das kostet Zeit und noch mehr Motivation, als die steilen Schotter-Rampen zuvor. Nach weiteren, unendlichen vielen Spitzkehren galt es noch einen Fluss zu durchqueren. Aufgrund des direkt darauf folgenden Gegenanstiegs entscheide ich mich zum schieben/rennen und sprinte direkt ins Ziel, das schon in Sichtweite ist.
Jetzt erwartet uns der letzte Anstieg des Tages – eine halbstündige Schiebepassage mit etwa 200 Höhenmetern. Oben angekommen zeigt sich, dass uns hier sehr ausgesetztes Gelände – und eine grandiose Aussicht – erwartet.
Stage 4
Die letzte Stage und die 442 Tiefenmeter für diesen Tag. Max beweist am Start seinen starken Antritt und lässt es stauben – das motiviert mich nochmal richtig Gas zu geben, obwohl gerade jetzt meine Trinkblase leer ist. Etwa sechs Liter habe ich heute wohl schon getrunken. Es ist doch schön ein Bike bei über 30°C den Berg hochzutragen (okay, ist es tatsächlich irgendwie).
Der Trail ist extrem schnell und dank ein paar kleinen Sprüngen und leichten Anliegern schon fast Bikepark-mäßig. Der lose Untergrund fordert in Kombination mit der hohen Geschwindigkeit trotzdem volle Konzentration.
Eine kurze Überraschung die das Herz nochmal etwas schneller schlagen lässt, gibt es, als ich plötzlich mit Vollgas aus dem Wald auf einem Bergkamm entlangschieße. Rechts geht es runter, ziemlich tief, vielleicht lieber nicht hinschauen. Danach zieht sich der Trail im Wald mit Vollgas bis ins Ziel.
Freude und ein bisschen Erleichterung machen sich breit – es war ein harter und spaßiger Tag. Mit Max pedaliere ich zum Campingplatz, wo unsere aufgebauten Zelte, unser Gepäck und frisches Essen uns bereits erwarten. Platz 16 nach Tag 1 – besser als ich erwartet hätte! Nach einer Dusche und einer kleinen Mahlzeit fühle ich mich auch wieder wie ein Mensch.
Ich fand’s spitze heute. Letztes Jahr lag auf dem Pass oben noch Schnee, das war dieses Jahr schon angenehmer. Es war ziemlich warm, aber noch im Rahmen. Die Aussicht war genial und die Trails sind sowieso super. Also insgesamt einfach total gut. Was ich noch dazu sagen muss ist, dass mein Hauptkonkurrent (Sebastian) heute sechs Sekunden schneller war als ich und es ist natürlich schon noch ein Ziel, dass ich das die nächsten Tage noch aufholen kann. (lacht) – Ines Thoma zu Tag 1
Ich bin sehr gespannt auf die kommenden Tage. Zwischenfazit nach Tag 1 der Trans Provence: Anstrengend aber absolut empfehlenswert. Die grandiose Landschaft, die spaßigen Trails und die entspannte Atmosphäre überzeugen auf ganzer Linie.
Ergebnisse
Video: Trans Provence 2017 – Tag 1
https://vimeo.com/222121134
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- Trans-Provence 2017: Beilmann geht hacken – die Vorbereitung
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- Mavic Trans-Provence 2017 – Tag 3: Endlich an den Grey Earth Trails
- Mavic Trans-Provence 2017 – Tag 4: Die Beine werden schwer …
- Mavic Trans-Provence 2017 – Tag 5: Es geht bergab!
- Mavic Trans-Provence 2017 – Tag 6: Mehr Meer!
- Mavic Trans-Provence 2017: Zusammenfassung & die wichtigsten Tipps zum Rennen
- Specialized Enduro 29/6Fattie im Test: Die Trans-Provence-Rennmaschine
Weitere Informationen: www.trans-provence.com
Text & Redaktion: Sebastian Beilmann | MTB-News.de 2017
Bilder: Sebastian Beilmann, Sven Martin, Sam Needham, Gary Perkin, Duncan Philpott
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