Manitou R8 Pro im ersten Test: Manitou und Cross-Country-Sport gehören zusammen – auch wenn es in den vergangenen Jahren erstaunlich ruhig wurde um den taiwanesischen Hersteller. Vor knapp fünf Jahren feierte die traditionsreiche R7-Federgabel ihr Comeback, nun kommt mit der R8 ein rundum erneuerter Bruder auf den Markt, der den etablierten Größen in der Cross-Country- und Down-Country-Liga Paroli bieten möchte. Kann das gelingen? Wir haben alle Infos zur neuen Manitou R8 Pro!
Manitou R8 Pro – Infos und Preise
Wer den XC-Sport schon seit Jahrzehnten verfolgt, dem ist Manitou zweifelsohne ein Begriff. Die großen Stars des Multivan Merida Biking Teams um Gunn-Rita Dahle-Flesjå und José Antonio Hermida waren zu Beginn der 00er-Jahre wohl die wichtigsten Werbeträger des taiwanesischen Herstellers. Doch nicht nur im Profizirkus fand die Gabel besonderen Zuspruch, auch bei etlichen Amateurfahrerinnen und -fahrern war die R7 fester Bestandteil am Rad. RockShox oder Fox?! – Zwischen 2000 und 2008 gehörte in diese illustre Aufreihung definitiv auch der Name Manitou!
In der Folge wurde es bis zum Jahr 2020 allerdings ruhig um die taiwanesische Marke – zumindest was die XC-Sparte betraf. Mit dem Aufkommen der Down-Country-Kategorie ergriff das Management von Manitou allerdings die Chance auf dem kurzhubigen Federgabelmarkt wieder Fuß zu fassen. Mit einer überarbeiteten R7, die größtenteils auf Technologien der Trailbike- und Enduromodelle Mattoc und Mezzer aufbaute, wurde eine neue XC- bzw. DC-Gabel vorgestellt, die in unserem Federgabel-Vergleichstest 2022 auch keine schlechte Figur abgab (Manitou R7 Pro Test). Einziges Manko: Die Gabel war aufgrund des adaptierten Innenlebens von Mattoc und Mezzer recht schwer, bot keinen praktikablen Remote-Hebel und war somit noch nicht vollumfänglich auf Cross-Country getrimmt.
Genau das soll sich nun mit der neuen R8 Pro ändern! Mehrere Jahre Entwicklungsarbeit des Manitou Research and Development-Teams sowie etliche Erkenntnisse von Weltcuppiloten flossen in die Entwicklung der R8, sodass die Gabel auf dem Papier mit einer überarbeiteten Dämpfung, deutlich leichterem Gesamtgewicht und praktischem Remote-Hebel daherkommt. Erfolge hat die neue Manitou ebenfalls schon vorzuweisen: Das Decathlon Ford Racing Team um Savilia Blunk stand 2024 schon mehrfach auf dem Weltcuppodium!
- Laufradgröße 29“
- Federweg 80 mm – 120 mm
- Federung Dorado Air System mit IVA
- Dämpfung VTT-Pro-X
- Achsmaß 15 x 110 mm
- Achse Hexlock SL-R
- Offset 44 mm
- Gewicht 1.495 Gramm (nachgewogen, ungekürzter Schaft, inkl. Achse)
- Verfügbar ab sofort
- www.hayesbicycle.com
Preis: 1.320 € (inkl. Remotehebel DEUCE)
Im Detail
Manitou bleibt sich treu: Auch bei der neuen R8 ist die Gabelbrücke nach hinten ausgerichtet und scheint somit zunächst optisch dem älteren Bruder – der R7 – zum Verwechseln ähnlich. Ein zweiter Blick zeigt allerdings recht schnell, dass die R8 und die R7 gar nicht mehr so viele Gemeinsamkeiten besitzen.
Das Hauptaugenmerk der Ingenieure von Manitou lag auf der Entwicklung einer steifen und zugleich leichten Federgabel. Um in puncto Steifigkeit den rennspezifischen Anforderungen gerecht zu werden, setzen die Taiwanesen, wie bereits erwähnt, auch bei der R8 auf eine nach hinten gerichtete Gabelbrücke und sehen erstmals 34 mm-Standrohre vor.
Ein weiterer großer Punkt im Zuge der Entwicklung war die Gewichtsoptimierung der neuen Federgabel. Aufwändige Spannungsanalysen zur Nachverfolgung von Kraftflüssen wurden seitens der Ingenieure durchgeführt, um überflüssiges Material einzusparen. Optisch erkennbar ist dies beispielsweise an der Gabelbrücke, deren Einzelelemente im Vergleich zum Vorgängermodell deutlich filigraner daherkommen. Auch die Aluminiumgabelkrone wurde einem Update unterzogen und soll aufgrund Materialeinsparungen im Inneren laut Hersteller deutlich leichter sein.
Beigetragen zur Gewichtsreduktion hat auch die neue Hexlock SL-R-Steckachse, die schlanke 24 Gramm auf die Waage (nachgewogen) bringt und damit das leichteste Produkt dieser Art aus dem Hause Manitou ist. Die Technologie hinter dem Achssystem bleibt jedoch die gleiche: Aufgrund der speziellen Bauart sollen Bewegungen an der Achse verhindert werden, was zusätzlich Torsionssteifigkeit generiert und somit zu einer besseren Performance beitragen soll. Der Nachteil liegt jedoch ebenfalls auf der Hand: Ein Switch zu einer herkömmlichen Achse ist definitiv nicht möglich.
Als weiteren Pluspunkt im Vergleich zur R7-Gabel dürften XC-Fans die unkomplizierte Verwendung eines Remote-Hebels zur Kenntnis nehmen. Die eigens entwickelten ACE- und DEUCE-Hebel kombiniert die Fernsteuerung einer Dropper Post und die Ansteuerung der Gabel an der Front bzw. dem Dämpfer am Heck. Der ACE kann dabei über oder unter dem DEUCE angebracht werden und jeder Hebel kann auch eigenständig für sich stehen.
Kommen wir zu guter Letzt zum Thema Flexibilität. Die R8 lässt sich in 10 mm-Schritten zwischen 80 und 120 mm selbstständig traveln und soll somit für jeden Einsatzzweck eine optimale Lösung bieten. Hierfür benötigte Travel Spacer, die im Lieferumfang enthalten sind, gleichen dabei das Luftvolumen aus, sodass sich ein bei einem 80 mm-Setup ein ähnliches Ansprechverhalten einstellen soll wie in der 120 mm-Variante.
Federung und Dämpfung
Die Mischung macht’s: Die R8 basiert sowohl auf bewährten Technologien aus dem Hause Manitou als auch auf Neuentwicklungen. Wenig verwunderlich kommt in dem überarbeiteten XC-Flaggschiff der Taiwanesen federseitig das Dorado Air-System mit der bekannten IVA-Technologie zum Einsatz, während dämpferseitig auf ein neues, patentiertes VTT-System gesetzt wird. Wie beim älteren Bruder – der R7 – ist auch bei der R8 Pro die Druckstufe rot, die Zugstufe blau und die Gabel muss von der Unterseite her mit Luft befüllt werden.
Federung
Manitou bleibt sich treu und setzt auch bei der R8 auf ihr Dorado-Air-System, das in der Vergangenheit bereits mehrfach überzeugt hat. Entgegen der Bauweise etlicher Konkurrenten baut dieses System auf einer Positiv- und Negativkammer auf, die während des Aufpumpens über ein spezielles Ventil simultan befüllt werden. Ein Überstromkanal ist in der R8 Pro somit nicht zu finden.
An der Oberseite des Castings kann mittels der IVA-Einheit („Incremental Volume Adjust“), die im Lieferumfang enthalten ist, die Gabel zudem individuell angepasst werden. Manitou betont, dass das System zwar auf einen Großteil der Kundinnen und Kunden optimiert ist und die meisten somit mit einer leeren oberen Kappe sowie ohne IVA auskommen sollten, bei Bedarf jedoch problemlos das System einbauen und dadurch die Kennlinie oder auch den Federweg anpassen können.
Dämpfung
Manitou verbaut in der neuen R8 eine überarbeitete Dämpfung, die noch spezifischer auf die Anforderungen im Cross-Country angepasst worden sein soll als die bisherige. Die Funktionsweise der sogenannten VTT-Pro-X-Dämpfung basiert auf einer patentierten Technologie, die grundsätzlich drei unterschiedliche Druckstufen-Positionen ermöglicht – offen (Position 1), mittel (Position 2), geschlossen (Position 3). Das Besondere an der Dämpfung der R8 ist, dass für jede dieser Positionen ein eigener Öl-Kreislauf vorgesehen ist und das System, entgegen einiger Konkurrenzprodukte auf dem Markt, nicht nur Einfluss auf die Lowspeed-Compression nimmt.
Durch Betätigen des Lockout-Hebels wird das Öl direkt in den entsprechenden Kreislauf geleitet, der mit entsprechenden Shimstacks ausgestattet ist. In Position 1 ist der Piston so platziert, dass annähernd ein ungehinderter Ölfluss möglich ist – das Fahrwerk ist komplett offen. Über die Druckstufe kann die Größe des Lowspeed-Kanals zudem feinjustiert werden, um den Einfedervorgang zu optimieren. In Position 2 wird indes ein weiterer Piston angesprochen, der die Größe des LSC- und HSC-Kanals verringert, weshalb das Ansprechverhalten straffer wird – optimal für leicht unebenes Terrain. In der dritten Position macht wiederum ein zusätzlicher Piston die Schotten dicht und das Fahrwerk ist blockiert.
Zu guter Letzt lässt sich am unteren Ende der Gabel über das blaue Rebound-Rädchen das Verhalten der R8 beim Ausfedern individuell anpassen. Über ein Nadelventil kann die Größe des Lowspeed-Kanals feinjustiert und somit die Zugstufe angepasst werden.
Setup
Wie üblich, hängt das Setup einerseits von der körperlichen Konstitution der Kundin bzw. des Kunden ab und andererseits von persönlichen Vorlieben. Die Manitou R8 gibt federseitig abhängig vom Körpergewicht Anhaltspunkte für den passenden Luftdruck und bietet über das IVA-System zudem die Möglichkeit die Kennlinie – und auch den Federweg – individuell zu optimieren. Dämpfungsseitig stehen insgesamt 18 Klicks bei der Lowspeed-Zugstufe am unteren Ende der Gabel zur Verfügung und 22 Klicks bei der Lowspeed-Druckstufe an der Krone.
Technische Daten
Alle technischen Daten, Details und Standards zur Manitou R8 Pro findet ihr in der folgenden Übersicht zum Ausklappen:
- Federweg 80 mm – 120 mm
- Verfügbare Laufradgröße 29“
- Feder Luft-Luft (simultane Befüllung der Kammern)
- Lowspeed-Druckstufe Extern, 22 Klicks
- Highspeed-Druckstufe Intern
- Lowspeed-Zugstufe Extern, 18 Klicks
- Highspeed-Zugstufe Intern
- Remoute Lockout Verfügbar
- Volumenveränderung Intern, IVA-System
- Einbauhöhe 530 mm (120 mm Federweg)
- Schaft Tapered 1 1/8″-1,5″
- Standrohrdurchmesser 34 mm
- Bremsaufnahme PM6″ (160 mm)
- Max. Bremsscheibe 203 mm
- Achse Hexlock SL-R Schraubachse 15 mm
- Offset 44 mm
- Reifenfreiheit 62 mm
- Gewicht (Herstellerangabe) 1.480 Gramm
- Gewicht (nachgewogen, ungekürzter Schaft und Achse) 1.495 Gramm
Erster Eindruck: Manitou R8 Pro
Während die Manitou R7 eher auf den Down-Country-Bereich zugeschnitten war, scheint die R8 nun auch die Lücke zum Cross-Country schließen zu können. In unserem äußerst kurzen Testzeitraum hinterließ die 120 mm-Gabel einen starken Eindruck: Das sehr feinfühlige Ansprechverhalten, das aufgrund der großen Range bei der Lowspeed-Druckstufen-Dämpfung penibel auf individuelle Vorlieben angepasst werden kann, ermöglicht es so gut wie jedem Fahrer-Typ ein optimales Setup zu finden.
Ähnliches gilt auch für die Zugstufen-Dämpfung, deren individuelle Anpassungsmöglichkeiten vergleichbar groß sind. Bei optimaler Einstellung arbeitet die Gabel klasse, klebt regelrecht auf dem Boden und sorgt für ein äußert angenehmes Fahrgefühl. In ruppigem Gelände nimmt die R8 auch den einen oder anderen Drop mit. Wenn‘s richtig wild wird, kann das Optimieren der Kennlinie mittels der IVA-Einheit Sinn ergeben. Aufgrund des kurzen Testzeitraums konnten wir an dieser Stelle leider keine weiterführenden Probefahrten durchführen und die IVA-Einheit nicht auf Herz und Nieren prüfen.
Für die Endkundin bzw. den Endkunden könnte unter Umständen aber die eben angesprochene „optimale Einstellung“ der Knackpunkt sein. Die R8 Pro bietet für XC-Verhältnisse eine riesige Auswahl an Einstellungsmöglichkeiten, mit denen man auch umgehen können muss. Wer sich gedankenlos aufs Bike schwingen möchte und möglichst wenig mit dem individuellen Setup zu tun haben will, wird mit der neuen Manitou überfordert sein. Wer das perfekte Fahrwerk für sich finden möchte und das absolute Maximum aus seiner Gabel holen will, sollte zweifelsohne einen genauen Blick auf die R8 werfen.
Abschließend ist der neue Lockout-Hebel von Manitou positiv hervorzuheben – auch wenn dies im XC- bzw. DC-Segment heutzutage eine Selbstverständlichkeit sein sollte. Durch dieses neue Feature, der gelungenen Gewichtsreduktion im Vergleich zur R7 sowie den äußerst positiven Fahreigenschaften manövriert sich die Gabel zu den Big Playern auf dem Markt und ist unserer Meinung nach zurück in der Champions League angekommen!
Was sprecht ihr zur neuen Manitou R8 Pro?
Die Manitou R8 Pro wurde uns vom Hersteller kurz vor der Produktveröffentlichung zur Verfügung gestellt. Auf der ersten Testrunde wurde die Gabel über die Hometrails im Schönbuch gejagt.
- Fahrstil
- Bergab zügig, aber saubere Linie; bergauf meist gleichmäßig
- Ich fahre hauptsächlich
- XC, vereinzelt Marathon- und Etappenrennen
- Vorlieben beim Fahrwerk
- Straff, für eine optimale Traktion – auch in Anstiegen
- Vorlieben bei der Geometrie
- Kompakte Sitzposition; kurzer Hinterbau für mehr Agilität; tiefe Front
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