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Liparische Inseln
Mit dem Bike auf der vulkanischen Inselgruppe [Reisestory]

Wer kennt es nicht: Am Ende der Saison ist man schon wieder voller Vorfreude auf die Nächste.  Zum Glück gibt es eine Vielzahl an schönen Bikespots, um die Nebensaison zumindest teilweise auf zwei Rädern zu überbrücken. Gemeinsam mit seiner Freundin Lisa stellt euch unser Spot-Spezialist Markus eine eher unbekanntere Inselgruppe im Norden Siziliens vor. Die Liparischen- , bzw. Äolischen Inseln! 

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Tagebuch: Isole Eolie

Markus: „Irgendwann will ich noch einmal zum Stromboli!“ Der Stromboli – Europas aktivster Vulkan – ist eine nur 12 km² große Insel im Mittelmeer. „Iddu“, wie ihn die Locals nennen, gehört zu einer Inselgruppe im Norden von Sizilien, bekannt als die Windinseln – Isole Eolie. Markus kannte die Inseln vom Familienurlaub auf Vulcano. Ein Ausflug von dort zum Stromboli blieb allerdings ein unerfüllter Traum. Soweit so gut: der Traum sollte wahr werden. Klingt nach dem etwas anderen Inselurlaub – zwar mit Strand und Meer, aber auch mit Vulkan und Bike für ein paar kleine Erkundungstouren. Zum Thema Biken fanden wir übrigens Nullkommanix in Reiseberichten über die Isole Eolie – aber egal, wir wollten es probieren!

# Stromboli- 926m

Challenge #1: 11 Reisetage, intensives Inselvergnügen

Fasziniert von der Idee, diese kleinen verwegenen Inseln auf dem Bike zu erkunden, ging die Trip-Planung auch schon los. 11 Tage Inselfeeling im April. Als wir Markus‘ Eltern von der Idee erzählten, meldeten sie sogleich Interesse an und wollten mit: gesagt, getan – vier Personen, zwei Biker und zwei Wanderer, erkunden die Liparischen Inseln. Doch da muss man erst mal hinkommen. In der Vorsaison gibt es nur wenige Fährverbindungen vom Festland auf die kleinen Inseln, was alles etwas kompliziert machte. Mit Alitalia nach Reggio di Calabria und nach einer Übernachtung weiter mit dem Schiff war die schnellste Verbindung. Gesehen, gebucht…

Challenge #2: Gepäckmitnahme < 23 kg

Gesehen, gebucht, aber vergessen, dass nur 23 kg Gepäck erlaubt sind und ein Mountainbike nicht als Sportgepäck deklariert werden kann? Nach mindestens 20 Abwiege- und Umverteilungsvorgängen war das dann auch geschafft. Somit wurde der Flug zu einem kleinen Schnäppchen, denn für unser Bike zahlten wir keinen Cent extra und alles klappte wie am Schnürchen.

Challenge #3: Finde dein Rad

Abends in Reggio angekommen, ging die Suche nach dem Sperrgepäck los, denn auf das kleine verrostete Gepäckband passten unsere Taschen definitiv nicht. Auch generell war alles recht klein und abends um 23 Uhr schon sehr verlassen. Verlassen und noch immer ohne Gepäck standen auch die Passagiere aus München da, als das Gepäckband anhielt und die klapprige Jalousie herunterfuhr. Immerhin ist man im Süden Kalabriens im Umgang mit vergessenen und verlorenen Gepäckstücken routiniert und so konnte man die Räder schnell in Rom ausfindig machen. „Sorry for the inconvenience.“ Liefertermin per Flugzeug: 11 Uhr am Folgetag. Die Fähre sollte um 13 Uhr starten. Der nächste Morgen begrüßte uns mit einem wolkenlosen Blick auf den noch verschneiten Ätna in Sizilien – atemberaubend: So nah hätten wir uns die Meerenge und das benachbarte Messina auf Sizilien nicht vorgestellt. Von den Inseln allerdings war noch nichts zu sehen.

Pünktlich kam das Flugzeug mit unseren Rädern und die Fahrt nach Lipari ging los. Auf dem Boot hatten wir erstmal Zeit, etwas zu überlegen. In den letzten 24 Stunden ist eigentlich ganz schön viel passiert.

# Nah- und Fernverkehr mittels Tragflügelboot

Lisa: „Puh, jetzt erstmal ankommen, auspacken und nachdem die Räder aufgebaut sind in Richtung Stadt schlendern. Ich habe ganz schön Hunger und bin ziemlich müde.“ Markus: „Wie…also ich dachte wir gehen gleich noch biken?!“ Als Lisa dann allerdings die rauchenden Fumarolen über Vulcano aufsteigen sah und in weiter Ferne schon der Stromboli rauchte, hatte auch sie das Inselfieber infiziert. Auch sie wollte eigentlich auch gleich aufs Bike, um Lipari zu entdecken.“

Erster Eindruck:  Viel Ginster und andere wuchernde Büsche, die Macchia. Da auf den Wegen scheinbar selten Menschen unterwegs waren, standen wir irgendwann auf einem ungepflegten Weg, mehr oder weniger direkt in der Hecke. Dennoch war die Aussicht unbeschreiblich: Sunset-Stimmung, verstreute Inseln mitten im Meer, das Festland in weiter Ferne. Ab durch die Hecke zum Abendessen: Nach einer gediegenen Portion Spaghetti „mezzanotte“ (mit Kapern) suchten wir in einer Karte nach Wegen für die nächsten Tage.

Beim klassisch liparischen Malvasia, einem Süßwein direkt von der Insel, beschlossen wir dann den Plan für die nächsten Tage: Die anderen Inseln haben schließlich auch einiges zu bieten, hoffentlich auch noch weitere Trails! Aber eines war schon jetzt sicher:  Die Anstrengung auf diese Inselgruppe zu kommen hatte sich jetzt schon gelohnt. Da es noch Vorsaison war, waren erstaunlich wenige Touristen in der Stadt, die Bewohner ausgesprochen herzlich und der Charme der Inseln nicht zu übertreffen. Sehnsüchtig blickten wir auf Stromboli und Vulcano, denn da wollten wir ja auch noch unbedingt hin.

# Erkundungsfahrt - Kurz nach der Ankunft ging es schon auf Trailsuche
# Blick auf Vulcano - Am Krater sieht man die Fumarolen rauchen

Challenge #4: Inselhopping & Bikespaß

Wenn es nach uns hätte gehen sollen, hätten wir jeden Tag morgens eine Fähre genommen und wären auf eine der sechs umliegenden Inseln gefahren, hätten diese mit dem Bike erkundet und abends in Liparis Altstadt das italienische Flair genossen. Soweit die Theorie. Die Praxis: „Bici?? Ein Fahrrad? Mit dem Schiff? Nein, das geht nicht!“ Die Verkäuferin in der Biglietteria schaute mich verständnislos an und schüttelte vehement den Kopf.

Gut, dass wir unsere Räder in Biketaschen getarnt auf die Insel geschafft hatten, denn mit dem Fahrrad muss man wohl die große Autofähre nehmen. Die fährt nur ein-zwei Mal in der Woche. Je nach Laune, denn „die Inseln gehören immer noch zu Sizilien, also weiß man nie!“, erklärte uns ein Local, der gleichzeitig noch einen der besten Trailtipps für uns auf Lager hatte. „Kennt ihr schon Monte S. Angelo?“ Wir verfolgten die Trails und Wege, auf der Karte zumindest mal so eingetragen. Monte S. Angelo ist mit knapp 600m Liparis zweithöchster Berg, dessen Plateau ursprünglich zur Trinkwassergewinnung „umgebaut“ wurde.

# Nahe der Cave di Caolino

Derzeit wird auf dem betonierten Berggipfel eine große Photovoltaikanlage gebaut: skurriler Anblick, aber bei grandioser Aussicht: Alle sechs umliegenden Inseln sind von dort aus erkennbar und bei guter Sicht zeigt sich auch der Ätna. Der versprochene Trail begann als flowiger Höhenweg, wurde immer ausgewaschener und führte vorbei an weißen Bimssteinflanken bis hin zur Cave di Caolino. Von dort an war der Weg ein Farbenmeer, denn die scharfkantigen Gesteinsschichten hatten von lila über rosa, gelb und orange so ziemlich alle Farbschattierungen.

Hier schlängelte sich ein wahnsinnig schöner und technischer Weg bis vor zur Steilküste durch, wo dieser sich dann teilte. Nach links die sicherere Variante mit Karrenweg und Teerstraße, nach rechts ein auf der Karte gepunkteter Weg. Bei aller Liebe trennten sich hier auch unsere Wege. Als Lisa dann schon gemütlich bei Rotwein und liparischen Schafskäse mit Kapern und Oliven auf der Terrasse saß, fragte sie per SMS, wie sich der eingezeichnete Klettersteig, den Markus gewählt hatte, so zum Biken eignet: „Ich habe soeben die Pedale abgeschraubt und den Lenker schief gestellt, um durch das Gestrüpp zu kommen. Kann sich nur noch um Stunden handeln, aber bitte was vom Abendessen übrig lassen!“

# Blick auf Salina - Nach der Abfahrt von der Cave di Caolina

Am nächsten Tag stand die Nachbarinsel Vulcano auf der Wunschliste. Mit einem Exkursionsboot, einer kleinen Nussschale, auf dem unsere Bikes sorglos angetaut wurden. Das war obendrein günstiger und schneller als die Fähre. Eine Art Karrenweg führt dann hoch zum Krater. Bike tragend kommt man dann bis zum höchsten Punkt, von wo aus ich den Spitzkehrenweg an einigen leuchtend-gelben Schwefel-Fumarolen vorbei nach unten wählte und Markus die schnelle Variante über die flachere Kraterseite nahm. Am unteren Kraterrand angekommen machten wir uns auf zur gemeinsamen Abfahrt über den schwarzen vulkanischen Untergrund. Als gemütlicher Ausklang eignet sich übrigens ein Bad in der heißen Quelle am Meer oder im Schlammbad; beides in der Nähe des Hafens.

# Die "Öffis" nehmen auch Räder mit
# Schwefel- Fumarolen auf Vulcano

Als Bike-, Wander- und Naturschauspiel entpuppt sich Salina mit seinen zwei markanten und auch steileren Vulkankegeln. Nachdem uns dort weder Fischer noch ein Exkursionsboot hinbringen wollten, begutachteten wir den Fahrplan der großen Autofähre. „Schau‘ mal, die legt um 11 Uhr in Salina Rinella an, fährt dann bis Alicudi und wieder zurück. Wir hätten also bis 16 Uhr Zeit für unsere Biketour und steigen auf dem Rückweg wieder zu.“ Und fertig war der Plan!

# Durch die Asche des Vulcano bis zum Meer

Hinauf auf den fast 1000 Meter hohen Berg führt ein Schotterweg bis zum Gipfel des Monte Fossa delle Felci, hinab auf die andere Seite der Insel führte uns ein super Singletrail bis nach Salina Stadt. Dort erwischten wir die Autofähre (die einzige Fähre an diesem Tag überhaupt) zurück nach Lipari. Außer unseren zwei Bikes waren lediglich noch der Versorgungs-LKW für die abgelegenen Inseln Alicudi und Filicudi an Bord.

# Noch nicht ganz voll. - Die Fähre nach Salina.

„Challenge“ #5: Genieße den Urlaub

Lipari gehört zu Sizilien und Sizilianer sind Genießer. Ein Besuch im alten Hafen „Marina Corta“ steht abends definitiv auf der To- do- Liste. Die Senioren genießen hier die letzten Sonnenstrahlen auf der Steinbank an der kleinen Kapelle, lassen den Abend mit aufbrausenden Kartenspielen ausklingen oder steigen mit vollem Elan bei wilden Osterpartys ein.

# Fischer Lifestyle

Ein Muss am Fischerhafen ist jedenfalls der Besuch der Paninoteca Gilberto e Vera! Hier wird aufgetrumpft mit einer überwältigenden Auswahl der wohl weltbesten Paninis, welche nach langjähriger Tradition immer frisch zubereitet werden und in ca. 27 verschiedenen Ausführungen zur Verfügung stehen. Dort gibt’s auch guten Wein, Brot, besten Käse und Oliven. Genuss für den Gaumen war auch das Cafe Kasbah mit selbstgemachtem Sauerteigbrot, selbstgemachten Nudeln und und und. Die meisten Gerichte wurden vom Fangnetz weg frisch zubereitet. Es wird einfach gerne und gut gegessen. Das merkte man am Angebot von heimischen Käse, den fußballgroßen Zitronen in der Obst-Ape und an den Speisekarten.

# Unser täglich Eis
# Im alten Hafen von Lipari
# Sangria aus Lipari- auf Lipari

Mythos Stromboli: Man sieht ihn ständig rauchen, durchschnittlich knallt es alle 12 Minuten, Lavaexplosionen, abends gibt es die besten Bilder. Die Begehung oberhalb der 500m Höhenlinie ist ausschließlich in Wandergruppen mit einem Guide erlaubt. Auch wir buchten uns in solch eine Tour ein und als wir oben ankamen, standen wir in einem Meer aus Wolken und Rauch. Es war windig,  – extrem windig – und der „Iddu“ qualmte und knallte vor sich hin. Ein imposantes Erlebnis, aber die Magma- Explosionen hüllten sich leider in Wolken. Dieses Highlight blieb uns also verwehrt, trotzdem eine ordentliche Portion Vulkan- Erlebnis!

# "Ticket Office" der Fährgesellschaft Siremar
# Die Inseljugend
# Stromboli bietet malerische Strände

Fazit:

Was wir also mit zurücknehmen ist ein Sack voll wunderschöner kultureller, kulinarischer und sportlicher Erinnerungen. Das Wegenetz ist leider eher überschaubar und auch oft in keinem gepflegten Zustand. Wer aber Lust auf abenteuerliche Ausflüge hat, auf denen man hier und da ein kleines „Bike- Juwel“ entdeckt, kann  auf der charmanten Inselgruppe einen Urlaub mit einem einzigartigem Flair verbringen! Wieder in Deutschland gelandet, hatten wir auch schon wieder Sehnsucht nach den Äolischen Inseln.

# Flow inmitten der Macchia

Reisetipps:

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