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Lexware-Blog – Teil 3
Eindrücke aus unserem Testcamp mit SR Suntour und SQlab

Das richtige Fahrwerkssetup entscheidet im Weltcup unter Umständen über Sieg oder Niederlage. Aus diesem Grund arbeiten Profis penibel an der optimalen Einstellung der Federelemente und legen zudem großen Wert auf die Ergometrie ihres Arbeitsgeräts. Im dritten Teil des Lexware-Blogs nimmt uns der deutsche Meister Max Brandl mit hinter die Kulissen des SR Suntour-Testcamps in Freiburg.

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Alle Teamfahrerinnen und Teamfahrer standen in dieser Saison schon mindestens bei einem Rennen an der Startlinie. Nun geht es aber in die entscheidende Phase: Der letzte Trainingsblock vor den ersten Rennhöhepunkten in Albstadt und Nove Mesto steht an, bei denen sich auch die Olympiaaspirantinnen und -aspiranten ein letztes Mal präsentieren können. Damit bei den Weltcups alles glattläuft, begannen wir vor drei Wochen mit intensivem Test- und Vorbereitungsprogramm. Neben Leistungs- und medizinischen Tests standen auch die jährlichen Feinabstimmungen unserer Racebikes auf der Agenda.

Unsere Eindrücke aus dem Testcamp

An einem Dienstagmorgen trafen sich David List, Lennart Krayer und ich mit den beiden Mechanikern von SR Suntour, Roland „Roli“ Vogelmann und Kevin Allemand, sowie unserem Teammechaniker Marius Plank und Teammanager Daniel Berhe im Innenhof des Marketingquartiers von SR Suntour in Freiburg. Für David und Lennart war die Teilnahme bei einem derartigen Camp die Premiere, während ich schon im verganenen Jahr erste Eindrücke sammeln durfte. Insgesamt machen wir dieses Testevent zum zweiten Mal gemeinsam mit SR Suntour.

In kleiner Runde und unter Beachtung der Corona-Auflagen konnten wir uns eingehend mit dem Material beschäftigen, darunter etwa dem Einstellen der Dämpfer, was sehr zeitaufwändig ist. Die Einstellungen, die wir bei den Tests vornehmen, können im Anschluss an das Testcamp auch für das gesamte Team angewendet werden, wenn sich etwa Änderungen zum Vorjahr ergeben sollten.

# Max Brandl auf seinem Scott Spark - Vor jeder Saison tüfteln die Profis sehr penibel an ihrem Setup. Gemeinsam mit SR Suntour hat das Lexware Mountainbike Team in den letzten Wochen intensiv an den Fahrwerkseinstellungen gearbeitet.
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Erfahrungen und Eindrücke zu kommunizieren, ist dabei eine ganz besondere Schwierigkeit: Beispielsweise sind die Federelemente die wohl kompliziertesten Bauteile am Rad und es ist nicht immer einfach, das Fahrgefühl und die Erfahrung vom Trail in eine Anpassungsanweisung für Roli und Kevin zu übersetzen. Für Außenstehende boten wir sicherlich ein Spektakel: Oft „griffen“ wir mit den Händen einen unsichtbaren Lenker und imitierten Lenkbewegungen, um eine Situation zu erklären.

Ich kann euch sagen, das war insgesamt eine echt lebhafte Performance. Für die Mechaniker Roli und Kevin war es dennoch keine Schwierigkeit unsere Darbietungen richtig zu interpretieren, denn jedes Federelement für die von SR Suntour unterstützten Fahrerinnen und Fahrer in Europa geht durch ihre Hände. Dementsprechend viel Kontakt haben die Jungs zu den internationalen Top-Leuten und sind diese Art der Kommunikation gewöhnt.

Das richtige Setup

Werfen wir zunächst einen Blick auf die Gabel und den Dämpfer und erklären die Basics zum Thema Federung und Dämpfung:

Werfen wir zunächst einen Blick auf die Gabel und den Dämpfer: Zu den Bauteilen von Luftfederelementen gehört die Luftfeder sowie eine Dämpfungs-Einheit. In herkömmlichen Federgabeln stecken diese jeweils in einem der beiden Gabelholme, üblicherweise sitzt die Feder aus Fahrersicht links. Im Dämpfer sind die beiden Einheiten getrennt voneinander, aber etwas komplexer verschachtelt.

Während in der Luftkammer die Luft beim Einfedern nur komprimiert wird, fließt in der Dämpfung Öl, durch verschiedene Ventile. Oft erlauben diese Ventile nur Durchfluss in eine Richtung – so können die Einfeder- und Ausfedervorgänge unabhängig voneinander kontrolliert werden, man spricht von Druckstufen-Dämpfung fürs Einfedern und Zugstufen-Dämpfung fürs Ausfedern. Die Dämpfung bremst ein Auf- oder Abschwingen der Feder – ohne sie würden die Federelemente also ähnlich wie ein Flummi unkontrolliert nach oben schießen.

Bergab sollen unsere Federelemente zum Beispiel einen Wurzelteppich glatt bügeln, damit wir schnell und sicher unterwegs sind und uns für den nächsten Anstieg etwas ausruhen können. Im Anstieg soll dafür Ruhe sein, damit wir maximalen Vortrieb generieren können!

Dafür arbeiten wir im ersten Schritt mit der grundlegendsten und wichtigsten Einstellungsmöglichkeit von Luftfederelementen: Der Luftdruck und der damit zusammenhängende SAG (Negativfederweg). Für die Traktion in ruppigem Gelände und über Wurzeln und Steine sind die ersten Zentimeter des Federwegs um den SAG-Bereich herum entscheidend, denn nur wenn das Rad Kontakt mit dem Boden hält, kann man beschleunigen, bremsen oder steuern.

Ist der SAG korrekt eingestellt, ist die Basiseinstellung gemacht. Schlägt das Federelement trotzdem noch komplett durch, kann man entweder mit mehr Druck bzw. weniger SAG arbeiten oder man baut Volumenspacer ein, um die Endprogression der Luftfeder anzupassen. Mit diesen beiden Möglichkeiten benötigt man mehr Kraft, um das Federelement durchzuschlagen – das schützt vor Beschädigung der Bauteile, aber auch vor Traktions- und damit Kontrollverlust in der Abfahrt. In der Regel entscheiden wir uns für eine eher progressive Einstellung mit Volumenspacern. Damit bleibt die Gabel leichtgängig über die ersten 20 bis 30 mm, bis zur vollen Einfederung von 110 mm steigt der Gegendruck dann exponentiell an.

Die „Compression“-Einstellungen an Federelementen beziehen sich auf die oben erklärte Druckstufen-Dämpfung, die „Rebound“-Einstellungen auf die Zugstufen-Dämpfung. Die Zusätze „High speed“ und „Low speed“ beziehen jedoch nicht auf die Fahrgeschwindigkeit: Hier geht es nur um die Schaftgeschwindigkeit beim Ein- oder Ausfedern. Langsames Wippen von oben oder Gewichtsverlagerungen werden also eher von der Lowspeed-Dämpfung abgefangen, während die Highspeed-Dämpfung greift, wenn man zum Beispiel mit etwas Tempo über Wurzeln oder Steine fährt.

Bei der Zugstufe ist es stärker davon abhängig, wie weit das Federelement eingefedert ist – denn je tiefer eingefedert, desto größer wird die Rückstellkraft der Luftfeder und und desto schneller die Schaftgeschwindigkeit. Grundsätzlich gilt hier: Je höher die Dämpfung – also je weiter man das blaue oder das rote Rädchen im Uhrzeigersinn dreht – desto langsamer fließt das Öl und desto größer wird der Widerstand. Bei unserer Gabel, der SR Suntour AXON Werx 34 boost, ist das von außen leicht einzustellen.

Eine zu schnelle Zugstufen-Dämpfung führt zu einem zu schnellen Ausfedern und Kontrollverlust. Bei zu langsamem Rebound kommt das Federelement nicht rechtzeitig in die Ausgangsposition zurück und versinkt bei schnell aufeinanderfolgenden Schlägen immer weiter. Dadurch hält man sich im eher harten Bereich der Federung auf, schlägt eventuell sogar durch und es kommt wieder zum Traktionsverlust. Zu viel Druckstufen-Dämpfung kann hingegen anstrengen und den Körper ermüden lassen. Hier suchen wir einen Kompromiss aus Kontrolle, Antriebseffizienz und Komfort.

Soviel zu den Einstellungsmöglichkeiten, mit denen wir versuchen, optimale Traktion und Erholung in Abfahrten zu generieren. Die richtige Einstellung lässt sich nur mit vielen Versuchen und Stück für Stück in kleinen Nuancen herausfinden. Während des Testcamps fuhren wir etwa 30 bis 45 Minuten auf dem Canadian Trail, kehrten zur Basis zurück, teilten Erfahrungen über die Einstellungen mit, brachten den Mechanikern Kaffee und wiederholten anschließend diese Runden vier- bis sechsmal am Tag.

Vernachlässige nie die Ergonomie

Neben den Einstellungstests an den Federgabeln analysierten wir zusätzlich die Ergonomie. Nicht nur die SR Suntour-Federelemente lassen sich individuell einstellen, sondern auch die Kontaktflächen zu unserem Körper. Unser Sattel- und Griffpartner SQlab bietet individuelle Einstellungsmöglichkeiten für eine optimale Ergonomie. Für einen perfekten Sitz sorgt das Stufenstattel-Konzept zur Entlastung des Damm- und Weichteilbereichs durch Aussparungen in der Mitte und einer Nase, die tiefer ist als die Sitzknochenauflage. Da jedes Becken unterschiedlich geformt ist, hat SQlab das Sattelbreiten-System gezielt weiterentwickelt.

Um die richtige Breite zu finden, setzt man sich auf einen Hocker mit vielen kleinen Plastikstiften und einer Schablone. Der Abstand zwischen den Abdrücken der Sitzbeinhöcker ergibt nach einer Umrechnung, die von der Sportlichkeit der Sitzposition abhängt, die optimale Sattelbreite. Noch einfacher ist das Messverfahren für die optimale Griffgröße. Dieses basiert auf der Größe der Hand. Hierfür legt man diese auf eine Schablone, zwei Punkte werden markiert, von denen einer auf einer Skala direkt die Griffgröße S, M oder L angibt. Die Ergonomie von SQlab entlastet auch bei den Griffen kritische Regionen wie etwa die Karpaltunnel-Gegend, wodurch verhindert wird, dass die Finger taub werden.

# Um den optimalen Sattel ausfindig zu machen …
# … arbeitet das Lexware Team mit SQlab zusammen

# Unterschiedlich große Hände erfordern unterschiedliche Griffe - Um den optimalen Griff am Lenker zu haben, arbeitet SQlab mit Schablonen

Jetzt wird es ernst

Mit meinem optimal getesteten und eingestellten Scott Spark steht den beiden großen Saisonhighlights in dieser Saison nichts mehr im Wege. Für mich geht es beim Short Track in Albstadt bereits am Freitag, den 7. Mai los, worauf ich mich nach meinem dritten Platz in der vergangenen Saison besonders freue. Der Short Track und das folgende Cross-Country-Rennen am Sonntag werden live auf Red Bull TV übertragen. Ich freue mich, wenn ihr dabei seid und mir und meinen Teamkollegen die Daumen drückt!

Bleibt gesund,
Max Brandl

Max Brandl ist 23 Jahre alt, wohnt in Freiburg und fährt seit 2015 für das Lexware Mountainbike Team. Seine größten sportlichen Erfolge auf internationaler Ebene sind unter anderem der Vizeweltmeistertitel der Junioren 2015 sowie der Gewinn der Bronzemedaille bei der U23-WM 2017. Auch in der Eliteklasse verbuchte er schon starke Ergebnisse: Brandl wurde zwei Mal deutscher Meister (2019, 2020) und landete Ende des vergangenen Jahres beim Short Track Weltcup in Nove Mesto auf Platz drei.

Wie intensiv tüftelt ihr am perfekt eingestellten Setup?


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