Leatt DBX 6.5 Neck Brace im Test: Mittlerweile ist Leatt einer der bekanntesten Hersteller für Bike- und Motocross-Ausrüstung. Doch gestartet hat alles in Südafrika mit einem einzigen Produkt: der Neck Brace. Auch wenn inzwischen unzählige Klamotten und Sicherheits-Produkte hinzugekommen sind, wurde natürlich weiterhin fleißig an der Neck Brace weiterentwickelt. Diese gibt’s mittlerweile aus Carbon und Kunststoff, lässt sich leicht zusammenklappen, ist federleicht, belüftet und soll so gut sitzen und schützen wie nie zuvor. Wir haben die edle Leatt DBX 6.5 zwei Saisons lang getestet – und auch mit der Einsteiger-Version DBX 3.5 verglichen.
Leatt DBX 6.5 Neck Brace – Infos und Preise
Das Prinzip der Leatt-Neck Brace ist seit Jahren dasselbe, auch wenn sich das Produkt stark weiterentwickelt hat. Die DBX 6.5 sitzt auf den Schultern und stützt sich auf Brust und Rücken ab – bei einem heftigen Sturz auf den Kopf kommt der Fullface-Helm mit der Brace in Berührung, wird in seiner Bewegung abgebremst und ein Überstrecken verhindert. Dadurch sollen sich die Kräfte möglichst großflächig auf den Oberkörper verteilen, anstatt auf die verhältnismäßig kleinen Knochen im Nacken einzuwirken. Leatt zufolge kann das Produkt nicht nur Verletzungen der Halswirbelsäule reduzieren, sondern auch Schlüsselbeinverletzungen verhindern. Das von uns getestete Carbon-Modell Leatt DBX 6.5 kostet 549 € – alternativ gibt es aber eine leicht schwerere Kunststoff-Version (DBX 5.5) für 399 € oder die günstiger konstruierte DBX 3.5 für 259 €.
- Material Carbon
- Größen S/M, L/XL
- Besonderheiten vielfach einstellbar, lässt sich flach zusammenklappen, am Schlüsselbein stark ausgeschnitten, belüftet
- Gewicht 600 g (gewogen)
- www.www.leatt.com
- Preis 549 € (UVP) | Bikemarkt: Leatt DBX 6.5 kaufen
Im Detail
Bevor wir anfangen, das eigentlich Produkt zu beschreiben, sollten wir vielleicht ein paar Worte über das Für und Wider von Neck Braces im Allgemeinen verlieren. Deren Popularität hat in den vergangenen Jahren unter Mountainbikern stark abgenommen, was sicherlich auch an vielen Gerüchten und Behauptungen zur tatsächlichen Sicherheit der Braces liegt. Tatsächlich ist es relativ schwer, neutrale und unabhängige Untersuchungen und Statistiken zu Neck Braces zu finden. Wer jedoch sucht, findet mindestens eine Untersuchung von Great Lakes E.M.S. Das US-amerikanische Unternehmen kümmert sich um die medizinische Versorgung bei Motocross-Rennen und hat vor einigen Jahren eine Studie veröffentlicht, in der die Daten von 8.529 Patienten mit Wirbelsäulenverletzungen zwischen Januar 2009 und Oktober 2018 gesammelt und ausgewertet wurden.
Deren Ergebnisse brechen mit vielen Behauptungen rund um Neck Braces: So sollen diese nicht nur Wirbelsäulen-Verletzungen um 89 % reduzieren, sondern auch Schlüsselbeinverletzungen um ganze 40 % reduzieren – was der oft geäußerten Behauptung widerspricht, Neck Braces würden die Schlüsselbeine schädigen. Die vollständige Studie findet ihr hier. Ob man eine Neck Brace trägt oder nicht, muss natürlich weiterhin jeder für sich selbst entscheiden. Hat man sich entschieden, den Nackenschützern eine Chance zu geben, dann könnte dieser Artikel hier helfen, das richtige Modell zu finden!
Die Leatt DBX 6.5 Neck Brace ist das High-End-Modell und mit allen verfügbaren Features und den hochwertigsten Materialien ausgestattet. Die Brace besteht aus Carbon und Kunststoff und bringt so leichte 600 g auf die Waage. Außerdem lässt sich die Heckflosse einfach einklappen, wodurch die Brace für den Transport ziemlich flach und klein wird. Wichtiger für die Sicherheit ist jedoch die hohe Anpassbarkeit der Brace. Sie lässt sich deshalb vorne und hinten einfach vor- und zurückschieben, um auch an der richtigen Stelle anzuliegen. Dazu muss lediglich ein großer, roter Hebel auf der Unterseite umgelegt und anschließend wieder sicher arretiert werden.
Außerdem verfügt die Heckflosse über verschiedene Gummi-Puffer, um den Winkel einzustellen, was wichtig für den korrekten Sitz ist – die Brace muss eng anliegen, darf aber die Schlüsselbeine nicht berühren. Im Lieferumfang sind Gummis für 0°, 5° und 10° Winkel enthalten, was einen ausreichend großen Anpassungs-Spielraum erlauben soll. Die Neck Brace kann ganz einfach über einen gut versteckten, aber blind leicht ertastbaren Knopf auf der rechten Seite geöffnet werden. So soll sie sich auch nach einem Unfall ohne zusätzliche Belastung für Kopf und Nacken leicht entfernen lassen. Wenn nötig, kann auch die linke Seite mit einem flachen Gegenstand (Schraubenzieher, Münze, etc.) geöffnet werden.
Auf dem Trail
Bevor es auf den Trail geht, sollte man sich ausreichend Zeit und Hilfe bei der Anpassung nehmen. Denn es ist klar, dass die beste Neck Brace nicht helfen kann – oder sogar schadet – wenn sie nicht korrekt sitzt. Auch wenn 550 € Carbon um den Hals sicherlich als Style-Accessoire taugen, geht es schließlich vor allem um Sicherheit! Deshalb sollte man sich in voller Montur vorm Spiel positionieren und sicher gehen, dass die Leatt DBX 6.5 Neck Brace eng genug anliegt, die Schlüsselbeine und Wirbelsäule ausspart, nicht verrutschen kann und ausreichend Bewegungsspielraum bietet. Im mitgelieferten User Manual ist eine detaillierte Anleitung, in der nicht nur Schritt für Schritt erklärt wird, wie die Brace anzupassen ist, sondern auch, wie groß der Bewegungsspielraum für den Kopf sein muss. Die Leatt-Brace soll natürlich nicht stören, muss die Bewegung aber ab einem gewissen Grad einschränken.
Für den Test haben wir meist den passenden Leatt Chest Protector 5.5 HD genutzt – dieser besitzt nicht nur Aussparungen, in die die Brace perfekt passt, sondern auch Schlaufen an den Schultern, welche die Brace festhalten und einen sicheren Sitz garantieren. Alternativ kann man die Leatt-Brace jedoch auch mit den mitgelieferten Gurten sichern, die unter den Armen langlaufen. Wichtig ist vor allem, dass die Brace möglichst gut anliegt und keine unförmigen Protektoren unter die Flossen geschoben werden. Man sollte also unbedingt einen passenden Rücken- und Brust-Protektor kaufen – entsprechende Modelle werden von einer Vielzahl an Herstellern angeboten.
Wer bisher noch keine Neck Brace getragen hat, für den werden die ersten Fahrten mit der Leatt DBX 6.5 sicherlich etwas ungewohnt ausfallen. Auch wenn man sich vor der ersten Fahrt viel Mühe bei der Anpassung gegeben hat, kann es sein, dass man noch etwas nachkorrigieren muss – meist, weil die Brace hinten zu weit oben sitzt und in den Nacken drückt. Mit etwas Sorgfalt haben wir es jedoch mit verschiedensten Helm-Modellen – meist jedoch dem Troy Lee Designs D3 oder D4 – immer geschafft, ausreichend Bewegungsfreiheit für den Kopf sicherzustellen. Insgesamt führt das Tragen der Brace allerdings durchaus dazu, dass man eine leicht aufrechtere Position einnimmt. Wer bisher Wyn Masters-mäßig wie eine Möwe über dem Lenker gekauert hat, muss sich eventuell etwas umgewöhnen.
Persönlich würde ich mir eine eher neutrale bis hecklastige Position zusprechen und ich habe zwar durchaus einen Unterschied feststellen können, ob ich mit oder ohne Brace fahre, gestört hat es aber nicht. Selbst auf extrem steilen Streckenabschnitten hat die korrekt eingestellte Brace nie in den Nacken gedrückt – wenn man den Kopf so weit nach hinten legen muss, dass man die Brace berührt, wird es ohnehin schon sehr unangenehm. Auffälliger ist da, dass man übrigens nicht ganz nach unten gucken kann … wer also mal am Streckenrand Wasser lassen muss, muss das blind tun oder die Brace ablegen.
Hat man sich einmal etwas eingewöhnt, vergisst man die Leatt DBX 6.5 Neck Brace eigentlich sofort, was wir als sehr gutes Zeichen werten. Dazu trägt neben dem bequemen Sitz vor allem das geringe Gewicht von 600 g bei – was man bei dem Preis und der Menge an Carbon aber auch erwarten kann. Die Brace weist zwar Belüftungsöffnungen auf, da wir sie jedoch immer gemeinsam mit einem Brust- und Rückenpanzer getragen haben, wirken diese nicht allzu stark aus. Eine große Verbesserung zu älteren Modellen hingegen ist der Verzicht auf Stoffpolster. Nach einer schlammigen Ausfahrt kann man die Leatt-Brace nun einfach unter dem Gartenschlauch mit einer Bürste reinigen und in Nullkommanix trocknen lassen.
Im Vergleich
Ursprünglich war dieser Test als Vergleich zwischen der teuren 6.5-Brace und dem Einsteiger-Modell, der Leatt DBX 3.5 Neck Brace, geplant. Leider hatten wir mit dem günstigen Modell jedoch zu viele Probleme, um sie ernsthaft auf dem Trail fahren oder vergleichen zu können. Grund war vor allem, dass hier einfach wichtige Einstellmöglichkeiten fehlen. Wenn die Brace passt, dann bekommt man für lediglich 280 € (UVP) eine mit 485 g extrem leichte und angenehme Neck Brace. Allerdings lässt sich nur die Heckflosse in zwei Stufen vor- oder zurückschieben. In Größe S/M – in der wir auch das teure 6.5-Modell getestet haben – konnten wir damit keine Einstellung erreichen, die eine störungsfreie Bewegung zuließ. Bereits bei relativ flachen Strecken stieß die Brace in Verwendung mit demselben Leatt Chest Protector 5.5 HD ständig störend gegen den Hinterkopf, sodass wir einen Test als nicht wirklich sinnvoll durchführbar erachtet haben. Wenn möglich, sollte man diese Brace jedoch unbedingt anprobieren – bei gutem Sitz ist sie durch das geringe Gewicht und den sehr viel günstigeren Preis eine attraktive Alternative.
Privat besitze ich zudem die mittlere Leatt DBX 5.5 Neck Brace. Diese verfügt über dieselben Einstellmöglichkeiten wie das teure 6.5-Modell, besteht jedoch aus Kunststoff und nicht aus Carbon. Deshalb fällt sie auch rund 200 g schwerer aus. Im direkten Vergleich macht sich das schon bemerkbar – wird es sehr ruppig, spürt man, dass die günstige Brace etwas stärker auf den Schulter vibriert. Wirklich gestört hat uns das jedoch nicht. Die Brace schmiegt sich ebenso gut an den Oberkörper an wie das High-End-Modell und sieht auf den ersten Blick identisch aus. Wer also gerne den Schutz einer Neck Brace genießen möchte, aber keine 550 € auf dem Konto hat, sollte sich die DBX 5.5 genauer anschauen.
Das ist uns aufgefallen
- Einstellbarkeit Die Einstellbarkeit ist für uns das wichtigste Feature der Brace. Jeder Oberkörper ist anders und ein guter Sitz ist das A und O für den maximalen Schutz. Hier sollte man zu Beginn auch etwas Zeit investieren und sicherstellen, dass die Brace perfekt sitzt. Mit der DBX 6.5 sollte hier jedoch jeder glücklich werden – vorausgesetzt, man hat die richtige aus zwei Größen ausgewählt.
- Gewicht Dank ihrer Carbon-Konstruktion fällt die Leatt DBX 6.5 ziemlich leicht aus. Einmal angezogen und gesichert haben wir sie dadurch gar nicht mehr gespürt.
- Haltbarkeit Wir sind die Leatt DBX 6.5 insgesamt zwei Saisons lang im Downhill-Einsatz gefahren. Dabei musste die Brace auch ein paar ordentliche Bodenproben nehmen und hat alles sang- und klanglos überstanden. Alle Einstellmöglichkeiten und Gelenke sind noch voll intakt und gut beweglich. Bis auf leichte oberflächliche Kratzer sind auch keine Schäden festzustellen. Schlamm, Steine und eine nicht immer ganz gefühlvolle Reinigung scheinen der Brace auch absolut nichts anhaben zu können. Leatt empfiehlt allerdings, die Brace aus Sicherheitsgründen nach zwei Jahren auszuwechseln.
- Stürze Im Verlauf der letzten zwei Saisons habe ich leider einige Male härter in den Boden gebissen, als mir recht war. Gerade der typische Skorpion, wenn man eingeklickt über den Lenker fliegt und das Rad einem dann die Beine und den Rücken nach oben wirft, erfreute sich 2019 und 2020 großer und ungewollter Beliebtheit. Auch wenn ich mir die meisten dieser Erfahrungen gerne erspart hätte, kann ich immerhin berichten: Meine Schlüsselbeine sind ganz und ich hatte nie auch nur einen blauen Fleck oder eine Druckstelle von der Leatt-Brace. Sie saß immer an Ort und Stelle und hat die Bewegung des Kopfs bei einigen Stürzen wie gewünscht abgefedert.
Fazit – Leatt DBX 6.5 Neck Brace
Mit der Leatt DBX 6.5 Neck Brace beweisen die Südafrikaner, dass sich in den letzten Jahren einiges in der Neck Brace-Entwicklung getan hat. Die Leatt-Brace glänzt mit einer hohen Einstellbarkeit und einem geringen Gewicht – und erhöht erwiesenermaßen die Sicherheit! Zusammen mit einem passenden Protektor hatten wir während unseres zweijährigen Testzeitraums keinerlei Probleme und sind keinen einzigen Downhill-Run jemals ohne die Brace gefahren – egal ob im Renneinsatz oder im Bikepark. Wem 550 € zu viel sind, der sollte sich das günstigere aber genauso anpassbare 5.5-Modell genauer ansehen!
Pro / Contra
Stärken
- hohe Einstellbarkeit
- geringes Gewicht
- bequemer Sitz
- bleibt auch bei heftigen Stürzen an Ort und Stelle
Schwächen
- teuer
Wer von euch trägt einen Nackenschutz? Und wer überlegt noch, ob er einen anziehen möchte? Was sind eure Erfahrungen?
Testablauf
Wir sind die Leatt DBX 6.5 im Verlauf von zwei Saisons auf Downhill-Strecken auf der ganzen Welt gefahren – sowohl im Renneinsatz bei Wind und Wetter als auch als reguläre Bikepark-Besucher.
Hier haben wir die Leatt DBX 6.5 getestet
- Schladming Steile und legendäre World Cup-Strecke – hier ist Bewegungsfreiheit im Nacken gefragt.
- Bozi Dar Extrem schnelle und ruppige DH-Strecke – hier darf nichts wackeln.
- Steinach/Thüringen Kleiner aber feiner Bikepark in Thüringen, perfekt um verschiedene Setups auszuprobieren.
- Spicak Ruppiger, technisch hoch anspruchsvoller und nicht ganz ungefährlicher Bikepark in Tschechien.
- Bellwald Absolute Highspeed-Rennstrecke in der Schweiz.
- und vieles mehr …
Körpergröße | 183 cm |
Schrittlänge | 85,5 cm |
Oberkörperlänge | 60 cm |
Armlänge | 61 cm |
Gewicht | 76 kg |
- Fahrstil
- verspielt
- Ich fahre hauptsächlich
- Downhill, Enduro
- Vorlieben beim Fahrwerk
- unauffällig, eher progressiv, wenig Druckstufe
- Vorlieben bei der Geometrie
- ausgewogen, nicht zu lang, Lenkwinkel nicht zu flach