Hardtails… Der Löwenanteil dieser Kategorie ist heutzutage im Cross Country zu finden. Dirtjump-Bikes und Slopestyler fristen zusammen mit weiteren ungefederten Kollegen, neben der rasanten vollgefederten Kategorie, fast schon ein Nischendasein. Einzig hier und da taucht immer mal wieder ein „Trail-“ oder „Freeride-„Hardtail auf, was zumeist nach wenigen Modelljahren wieder aus dem Portfolio der jeweiligen Firma verschwindet.
Last Fastforward: In aller Kürze
Was hat Last jetzt anders gemacht, dass so viele Leute ins Blaue hinein eine Bestellung via Kickstarter wagen? Ganz am Anfang dieser Liste steht mit Sicherheit die Geometrie. Ein Lenkwinkel von 64° an einem Hardtail, mit einem recht modernen (langen) Reach, populär kurzen Kettenstreben, niedriger Überstandshöhe und jeder Menge Optionen, was die Laufrad- und Reifengröße angeht, traf bei den Unterstützern ins Schwarze der Wunschträume.
Ob man am Ende 29 Zoll Laufräder mit „normalen“ Reifen verbaut oder mit 650B und Plus-Reifen die Trails erobern möchte, bleibt jedem selbst überlassen. Mit diesen Optionen wird aus einem simpel anmutenden Hardtail eine über die Anbauteile breit anpassbare, stählerne Plattform.

Der erste Eindruck
Stahl… schlank, gradlinig und niedrig kommt der Rahmen daher. Last bietet verschiedene Farboptionen, aber die komplett schwarze Version wirkt geradezu absurd elegant. Kein Schnickschnack, keine großen Logos. Ein Werkzeug zum Spaß geboren. Die Rahmengröße XL war leider noch nicht verfügbar und so nehme ich mit 1,90 m auf Rahmengröße Large (450 mm Reach) mit einem 50 mm Vorbau Platz.

Schon auf den ersten Metern verwirrt mich der ungewohnte Anblick auf die flach nach vorne ragende Gabel. Etwas Springerei auf dem Parkplatz sorgt dann für noch mehr Verwirrung. Hinten federt lediglich der Reifen, wo man eigentlich vom Lenkwinkel ausgehend ein ernstes Enduro erwartet hätte. Aber ist es das vielleicht sogar?


Bergauf
Vor Ort gab es zum einen mehrere Testbikes von Last als auch verschiedene Laufradsätze in verschiedenen Größen und mit unterschiedlicher Bereifung. Das Rad ist dafür vorbereitet und nimmt von 29 Zoll 2,35 bis 650B+ 2,8 alles auf. Das Sitzrohr ist mit 450 mm bei Größe Large angenehm kurz. Für eine angenehme Bergauf-Sitzposition bemühe ich dennoch den Inbusschlüssel, um die Reverb etwas weiter herauszuziehen.

29 Zoll mit 2,5er Maxxis Minion Front 3C TR EXO
In der 29 Zoll Größe kommen auch die sonst eher schmal bauenden Maxxis Minions ziemlich fett! Mit einer etwas zäheren EXO Seitenwand war der Luftdruck mit 1,8 Bar von Last etwas niedriger gewählt. Fahrfertig bringe ich mit Rucksack momentan gute 95 kg auf die Waage, was mich bei Reifen mit leichter Karkasse eher zu höheren Drücken zwingt, um Beschädigungen der Felge und wegklappenden Reifen vorzubeugen. Da es meine erste Fahrt auf diesem Hardtail-Konzept war, beließ ich den Luftdruck wie er war.
Kurz zuvor war ich auf den gleichen Trails noch auf meinem eigenen 29er Phantom unterwegs, welches mit einer sehr viel leichteren Bereifung (WTB Trailboss und Nineline) auf dem Weg zum Traileinstieg eine weitaus weniger schweißtreibende Figur gemacht hatte. Wer sich für die dicken Pellen entschieden hat, wird das allerdings auch nicht im Hinblick auf die Bergauf-Leistung gemacht haben. Wer hier Bestzeiten holen möchte, sollte etwas gemäßigtere Reifen wählen.
Was die Position auf dem Rad angeht, so sorgt der Sitzwinkel von 73,8° für eine angenehme Position, in der man sich gemächlich seine Abfahrt verdienen kann.
29 Zoll mit 2,3er Maxxis DHR II 3C EXO Maxxterra
Wer den Aufstieg gerne etwas schneller und einfacher hinter sich bringen möchte, der wird mit einer dünneren Bereifung glücklicher werden. Am Heck füllte ich, um Abklappen, Platten und Schäden an der Felge vorzubeugen, 2,4 Bar ein. An der Front beließ ich es bei 2,2 Bar. Prompt war jeder Uphill für mich ein Kinderspiel. Das Last schoss förmlich den Berg hinauf. Der flache Lenkwinkel neigte nie zum Kippeln und die Kettenstrebe, welche ich auf die Maximallänge umgebaut hatte, sorgte auch in steileren Abschnitten für ein besseres Kletterverhalten.
Gemixt: Heck – 650B+ NobbyNic 2,8 / Front – 29 Zoll Schwalbe Magic Mary 2,35 Trailstar
Ähnlich wie mit den 2,5er Maxxis Minions und niedrigem Druck benötigte auch der Plusreifen am Heck einige Körner mehr auf dem Weg nach oben. Immerhin profitierte ich von erhöhtem Komfort, wenn mich mein Weg über Wurzeln führte und schier endlosem Grip auch auf losem Untergrund. An der Front verhielt sich der reguläre 29er Magic Mary komplett unauffällig.
Bergab
15 Zentimeter Verstellbereich an der Reverb sind mir bei einer Schrittlänge von 91 cm leider nach wie vor zu wenig. So bleibt mir am Traileinstieg nichts anderes übrig, als schnell zum Minitool zu greifen um die Stütze weiter zu versenken. Wer ähnlich lange Beine hat oder einfach die Bewegungsfreiheit schätzt, sollte hier auf eine Stütze mit mehr Hub zurückgreifen oder sich diesen Vorgang mit einem Schnellspanner erleichtern.
29 Zoll mit 2,5er Maxxis Minion Front 3C TR EXO
Maxxis Minion waren schon immer ein Gripmonster. Die Kombination mit 29 Zoll und niedrigen Luftdruck ist fast nur noch in Extrembedingungen zum Traktionsverlust zu bewegen. Die zähe EXO Version verfügt über eine ausreichend steife Seitenwand um nicht gleich abzuknicken und so gleicht der Reifen viele Unebenheiten aus, bevor sie überhaupt an der Gabel ankommen. Das ist umso erfreulicher, wenn man auf einem Rad mit ungefedertem Heck unterwegs ist.
Zusammen mit den anderen Testern jagten wir in einer Karawane aus Jubeln und Staub durch den herbstlichen Wald. Die Trails waren zwar natürlich, aber man könnte sie durchaus als Flow-Trails bezeichnen. Sprich: die Schläge hielten sich in Grenzen. Nur einige ausgefahrene Passagen boten herausstehende Steine und vor einigen Kurven gab es durchaus recht ordentliche Bremswellen zu überstehen. So bekam ich hier keine Probleme mit Durchschlägen und der Reifen (insbesondere am Heck) sorgte dann doch für ein erstaunliches Maß an Komfort.

29 Zoll mit 2,3er Maxxis DHR II 3C EXO Maxxterra
Wenn ich auf einem Trail unterwegs bin, dann bin ich sehr erpicht darauf, die Linie zu fahren, die ich geplant habe – selbst wenn ich die Strecke auf Sicht fahre. Hier kann ich kein schwammiges undefiniertes Fahrverhalten gebrauchen. So fiel – wie bereits oben erwähnt – der Luftdruck (auch in Kombination mit meinem Gewicht) höher aus (Front 2,2 und am Heck 2,4 Bar). Länge Läuft und je länger ein Reach an einem Bike wird, desto länger sollte eine Kettenstrebe werden, um die Gesamtbalance nicht zu stören. So profitierte ich von der umgebauten Kettenstrebe (auf die lange Position) nicht nur bergauf, sondern auch bergab.
Ich komm dir jetzt fast nicht mehr mit dem Fully hinterher! – Jörg Heydt
Meine Gewichtsverteilung verbesserte sich nach vorne, was mir mehr Kontrolle über mein Vorderrad bescherte. Der höhere Druck in den Reifen verminderte zwar ein wenig den Komfort, aber jeder Fahrimpuls wurde direkter und ohne Verzug umgesetzt. In Kombination mit dem ungefederten Heck wurde das Fastforward so zu einem Präzisions-Werkzeug, das mich mit ungeahnten Geschwindigkeiten über den Trail und durch die Anlieger schießen ließ.

Gemixt: Heck 650B+ NobbyNic 2,8 – Front 29 Zoll Schwalbe Magic Mary 2,35 Trailstar
Plusreifen… einige Testfahrten auf verschiedenen Bikes, Reifen, Felgenbreiten usw habe ich schon hinter mir. Aktuell bin ich, offen gesprochen, kein Fan. Ich persönlich kann vom unpräzisen Verhalten nicht profitieren, insbesondere nicht an der Front. Wie letztendlich die Kombination aus 650B+ am Heck und „normalem“ 29 Zoll an der Front zustande kam? Ich weiß es nicht. Auf jeden Fall lief ich mit dieser Kombination nicht Gefahr, einen Vorderradreifen weg zu klappen und auf der Nase zu liegen. Das Heck folgt und der Reifen bot in rumpeligen Abschnitten dann doch ein wenig Komfort, auch wenn ich dafür Abstriche in der Einschätzbarkeit machen musste. So kündigte sich ein rutschendes Heck fast nicht an und so muss man dann doch ziemlich aufpassen, den Fuß rechtzeitig herunter zu bekommen.

Komfort
Das Last Fastforward ist ein Hardtail. Zwar bietet der Stahlrahmen einen gewissen Komfort gegenüber einem brettharten Alurahmen (wer schon mal ein steifes Dual-Rad im Wald gefahren ist, wird mir beipflichten) aber dennoch habe ich natürlich keinen Hinterbau, der mir etliche Zentimeter an einstellbarer Bequemlichkeit bereitstellt. Im Laufe des Test-Tages wechselte ich zwischen zwei Aufbauten hin und her. In einem war eine GX Alu-Kurbel, im anderen eine XX1 Carbon-Kurbel montiert. An meinem Fully störte mich die Nachgiebigkeit der XX1 Kurbel und ich wechselte auf eine steifere Aluminium-Kurbel. Am Fastforward war der Flex in der XX1 durchaus angenehm.
Last hat das Bike im Hinblick auf die vielen Möglichkeiten, was Laufradgröße und Reifenbreiten angeht, entwickelt. Mit einem dickeren Reifen wird der Komfort steigen und vielleicht schon fast an ein kurzhubiges Fully heranreichen. Rollwiderstand, Einsatzzwecke und Fahrstil spielen hier natürlich eine entscheidende Rolle und man wird sich am Ende zwischen Faktoren wie Rollwiderstand, Komfort, Grip und Präzision entscheiden müssen.
Schattenseiten
Das Last Fastforward trägt seinen Namen nicht umsonst: Alles an diesem Rad schreit nahezu nach Geschwindigkeit. Mit Geschwindigkeit ändern sich die Belastungen an einem Rad und insbesondere wenn ich lediglich an der Front eine Federgabel nutze, will ich eine stramme Abstimmung, um beim Einfedern nicht zu stark von der damit eingehenden Geometrieänderung beeinflusst zu werden.
Hier neigte die montierte Pike trotz geschlossener Lowspeed Compression, 15% Sag und 2 Tokens zum Durchrauschen. Schnelle Anliegerfahrten und Sprünge mit flachen Landungen wurden mit harten Durchschlägen quittiert. Wer das Rad sehr hart rannehmen und trotzdem eine Pike verbauen möchte, sollte hier auf jeden Fall mehr Tokens einbauen. In der 29 Zoll Pike mit 140 mm sind bis zu 5 sind möglich. Zusätzlich hoffen wir, dass eine ähnliche Anpassung des Charger-Shimstacks, wie bei der Boxxer, bald auch für die Pike möglich ist.
Wer eine Vorliebe für längere Kettenstreben für mehr Laufruhe hat, wird mit der maximalen Länge von 436 mm vielleicht nicht ganz glücklich werden.
Geometrie



Test – Last Fastforward: Unser Fazit
In Zeiten von endlosen Angeboten im High-End-Carbon-Bereich mit komplexen Kinematiken und Dämpfungssystemen zu schwindelerregenden Preisen, ist es sehr zu begrüßen, ein Produkt wie das Last Fastforward als Option zu haben. Ob manche Rahmen, die einen wirklich zehnfach (!) höheren Preis haben, auch einen zehnfach höheren Fahrspaß bieten, ist nicht nur zu bezweifeln, sondern nach einer Fahrt auf dem Fastforward eine nahezu lächerliche Vorstellung. Roh und pur schreit das Bike nach Geschwindigkeit und für eine Vielzahl von Hometrails in deutschen Mittelgebirgen dürfte es vermutlich das ideale Werkzeug sein. Die vielfältigen Optionen an Reifenbreiten und Laufradgrößen, bis hin zu Kombination beider, ermöglichen eine breite Anpassung an die persönlichen Vorlieben und den jeweiligen Einsatzzweck.
Das Rad wirft Fragen auf: Sollten die Leute, die vom ungefederten Vergnügen zum Mountainbiken gekommen sind, jetzt zu ihren Wurzeln zurückkehren? Sollten die, die noch nie ein Hardtail besaßen, zusehen, dass sie eines erwerben? Wir sagen – ja, warum nicht? Nicht allein aufgrund der Möglichkeit, die Fahrtechnik weiter zu verbessern, sondern einfach, weil dieses Rad einfach fast schon unverschämt viel Spaß macht und es mit seiner modernen Geometrie und Fahrverhalten vielen großen Herstellern zeigt, was wirklich funktioniert und wohin die Reise gehen kann.
Weitere Informationen
Ankündigung zum Last Fastforward
Herstellerwebseite: www.last-bikes.com
Fotos: Jens Staudt, Jan Hansmann Bingo Bongo Racing
649 Kommentare
» Alle Kommentare im ForumHallo! Ist es möglich eine BB30 Kurbel im Fast Forward zu fahren? Falls ja, welches Innenlager bräuchte man dafür? Vielen Dank sportliche Grüße Felix
BB30 = Pressfit
FFWD = BSA
Passt also nicht, sind eben zwei völlig verschiedene Standards.
So einfach ist es nicht. Da muss man bei den Firmen schauen, die versuchen mehr Kompatibilität zu schaffen.
Schaue mal bei Rotor: http://rotorbike.com/catalog/german/rotor/strasse/innenlager/bsa/bsa-30-1.html
Sind aber nur Lager für Strasseneinsatz. Die Materialstärke der Gewindeseite wird ja durch die dickerer Achse deutlich geschwächt. Kann man also ausprobieren, oder eine passende Kurbel kaufen, die wahrscheinlich auch nicht teurer kommt.

Aber dennoch danke für den Hinweis, das war mir neu
In Herbrechtingen steht ein Rahmen in L für ne Probefahrt bereit!!Falls es für jemand von Bedeutung wäre....
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