Jeden Samstag fahre ich mit meinem Stadtrad auf den Markt und kaufe frisches Gemüse. Als ich vor einigen Wochen mein Rad anschloss, drückte mir jemand einen Flyer in die Hand. Es ging um Fahrradstraßen in unserer Stadt. Wir kamen ins Gespräch und ich fragte nach, ob auf diesen Straßen die Vorrang-Regelung auch für E-Bikes gelte. „Na selbstverständlich – das sind ja Fahrräder!“ Damit öffnete sich die Büchse der Pandora…
Ein Kommentar von Jens Staudt
Auf der Straße vor meiner Wohnung steht mein Auto. Größere Einkäufe, Fahrten zu Eltern oder Freunden, sowie hin und wieder in eine andere Region zum Radeln – das sind die Gelegenheiten, zu denen ich das Gefährt nutze. Mein Weg zur Arbeit ist sehr kurz und ich gehe zu Fuß. Wenn es möglich ist, versuche ich so viel wie nur irgend möglich mit dem Fahrrad zu erledigen. Bin ich deshalb irgendwie öko? Darüber denke ich eigentlich nicht wirklich nach. Ich mag es mit dem Fahrrad draußen zu sein, selbst, wenn ich vielleicht etwas länger zu meinem Ziel benötige. In Summe spare ich mir aber die Parkplatzsuche, Parkgebühren, Stress im Stadtverkehr… meine Gründe sind vielfältig.
Aus diesem Grund fahre ich auch mit dem Rad auf den Markt und ich nutze zumeist Nebenstraßen, auch wenn es an manchen Hauptstraßen bei uns in der Stadt Radwege gibt. Jeder Radler, der regelmäßig in der Stadt unterwegs ist, kennt die Konflikte und die Gefahren mit Autofahrern, die vom Handy abgelenkt die Spur über den Radweg wechseln, ohne den Kopf zu drehen und ich bin sicher nicht der Einzige, der bei einer solchen Gelegenheit über den Haufen gefahren wurde. Von daher sollte ich Straßen, auf denen Radler Vorrang haben, doch begrüßen?
Egal wie wir zu E-Bikes stehen – sie sind hier und sie werden bleiben. Ich hege keinerlei Groll gegen dieses neue Transportmittel und sie sind mir immer noch lieber als ein Auto mehr in der Stadt. Das Problem sind manche Nutzer und der Umgang mit dem Vehikel: Zum einen ist dieses lautlos, zum anderen ist es in manchen Situationen sehr viel schneller als Fahrräder ohne Motor.
Auf den Radwegen und Seitenstraßen in unserer Stadt gibt es teilweise Passagen, die recht eng sind. Bei Gegenverkehr sollte man da schon etwas aufpassen, damit die Lenkerenden nicht kollidieren. Überholen ist in der Regel fast nicht möglich, wenn der Vordermann nicht bewusst ganz rechts fährt. Ich schalte dann einen Gang runter und spare mir Klingelkonzert und somit dem Voranfahrenden Stress. Es geht ja sowieso bergauf und ich bin auf keinem Rennen, bei dem ich irgendwas gewinnen könnte. Diese Passagen sind nicht sehr lang und es ist nicht so, dass ich deshalb eine Viertelsunde später ankommen würde.
Nun kommen aber E-Bikes ins Spiel. Diese nutzen die gleichen Wege wie die normalen Fahrräder, haben aber einen komplett anderen Fahrfluss, was die Geschwindigkeit in der Ebene oder an Gegenanstiegen angeht. 25 km/h sind auf einer breiten Straße eher wenig, aber wenn es bergan geht, muss man schon sportlich sein, um diese Geschwindigkeit dauerhaft zu halten. Wird es schmal und weitere Radler sind auf dem Weg, sollte der gesunde Menschenverstand einsetzen und Rücksicht vor Motorleistung stellen. Leider scheinen das nicht wenige schwarze Schafe etwas anders zu sehen und zischen, elektrisch unterstützt, räumlich knapp und geräuschlos an den anderen Radlern vorbei.
All diese Argumente bringen eine Frau, die mir in der Diskussion mit dem Radstraßen-Flyer-Mensch zur Seite stand, und ich am Fahrradständer des Marktplatzes vor. Der Herr besteht unbeirrt darauf, dass E-Bikes Fahrräder seien und somit auf Radwegen und den angestrebten Fahrradstraßen die gleichen Rechte hätten wie jeder muskelbetriebene Drahtesel. Die Gefahren, welche wir anbringen, sehe er nicht und ohne die Diskussion zu Ende zu führen, kehrt er der Frau und mir den Rücken und verteilt weiter seine Flyer.
Was mir auf dem Nachhauseweg bleibt, ist ein unangenehmes Gefühl, dass es mit der Entschleunigung auf den Radwegen über kurz oder lang ein Ende haben wird und sich hier ähnliche Szenarien abspielen werden, die man eigentlich als Radler im Straßenverkehr mit den Autos hatte.
Nutzt ihr Radwege, habt ihr diesbezüglich Erfahrungen gemacht? Sollten E-Bikes die gleichen Rechte haben und diese Wege nutzen oder wäre es besser, wenn diese eher die Straße nutzen müssten?
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