Ich wollte es wissen. Eigentlich war ich nie der Racer-Typ, selten fahre ich über meinem Limit, trotzdem wollte ich es ausprobieren: Was passiert, wenn ich mich mit Europas Elite messen will? Nächstes Jahr werde ich ein paar Rennen mitfahren, der Entschluss war Ende 2015 gefasst. Vergangenes Wochenende war es dann so weit. Mein erster EDC, naja, fast zumindest.

Nach Startschwierigkeiten im neuen Jahr wegen einer Sprunggelenksverletzung Ende 2015 und viel Arbeit entschloss ich mich, in Schladming statt schon im Mai in Kranjska Gora mein EDC-Debüt zu fahren! Ein besonderes Rennen für mich: erstes Mal international unterwegs, auf einer Strecke die mir sehr viel Spaß macht, und in meiner bisherigen Wahlheimat der Steiermark versprach es gut zu werden, egal was passiert. Recht positiv bin ich in die Vorbereitung gegangen, ohne wirklich einen Plan zu haben. Dabei sein ist für’s erste Mal alles.

Outside the Tape – Schladming von mozarellaMehr Mountainbike-Videos

Vorbereitung ist die halbe Miete

Ich trainierte mal mehr, mal weniger, ohne zu wissen, was mich erwartet. Aus den Bikepark-Tagen im Frühjahr wusste ich ungefähr, an was es mir fehlte: Ausdauer und Kraft. Also eigentlich an allem. Zusätzlich wollte der Fuß noch etwas Liebe, bevor er sich im Renneinsatz beweisen sollte und vielleicht sollte ich mich auch mal auf’s neue Gerät einschießen. Langsam aber sicher wurde mir klar, dass ich mit der Fitness nicht auf dem Stand sein würde, auf dem ich sein wollte. Die letzten zwei Wochen vor dem Rennen habe ich dann zusätzlich noch in ungewohntem Umfeld verbracht, dieses aber genutzt, um bis zur letzten Minute zu trainieren. Mit dem Rad zur Arbeit und zurück, zusätzlich mit Jens Bahnrad fahren, every day is leg day. Die anfangs positive Stimmung schlug um, ich war mir nicht mehr ganz so sicher, ob das was wird. Mal sehen.

Alles weitere an Vorbereitungen lief zum Glück glatt. Die im Frühjahr zerstörte Felge wurde ersetzt, Kleidung für alle erdenklichen Wetterlagen eingepackt, ein Hotel gebucht und noch jemanden gefunden, der mich mit nach Schladming nehmen kann.

Auch das Material will vorbereitet sein, um 3 Tage Gehacke durchzuhalten.
# Auch das Material will vorbereitet sein, um 3 Tage Gehacke durchzuhalten.

Alleine machts nur halb so viel Spaß

Wie anfangs erwähnt war die Steiermark bis vor kurzem meine Wahlheimat, es waren also viele Freunde und Bekannte vor Ort, die sowohl den Trackwalk als auch das Training und die gezeiteten Läufe um vieles einfacher machen sollten. Von der Rennerfahrung älterer Kollegen habe ich mir das Wochenende über sehr viel abschauen können. Beim Trackwalk sieht jeder eine andere Linie, es wird gemutmaßt was passiert, wie sich die Strecke ändert oder was los ist, wenn es zu regnen beginnt.

Trackwalk mit guten Freunden.
# Trackwalk mit guten Freunden.

Ich versuchte offen für neue Linien zu sein, probierte die Vorschläge meiner Kumpels aus, bei denen ich nicht dachte, dass sie für mich funktionieren. Im Endeffekt konnte ich diese dann schneller und sicherer fahren als meine eigenen. Einen gewissen Erfahrungsschatz bringt man normalerweise schon mit – wer sich selbst kennt weiß, welche Linien er in welchem Wetter fahren kann und wie schnell. Gewisse Parameter kommen aber im Bikepark Alltag einfach nicht vor: Nach dem ersten Training und dem Trackwalk wurde mir von der für mich schnellsten und logischsten Linie im Weltcup-Wald abgeraten. „Das Loch wird immer tiefer, Chris – du wirst das nicht mehr fahren können und im Endeffekt stürzen“ – stur wie ich bin, probierte ich auf der Linie immer schneller zu fahren, anstatt die sicherere Linie zu nehmen. Im letzten Trainingslauf vor der Quali war das Loch dann tief genug, um mein Vorderrad zu verschlucken und der Schwung passend, um mich über den Lenker abzuwerfen…

Viel wichtiger als dieser Erfahrungsschatz ist für mich aber das gewohnte Umfeld – mit ein paar Freunden an der Seite fällt die Spannung ab, wir gehen das ganze lockerer an und haben Spaß ohne Ende.

Alles nur halb so ernst nehmen

Der Grund, warum wir Fahrrad fahren, dürfte wohl für die meisten gleich sein: Es macht einfach wahnsinnig viel Spaß. In Wettbewerben geht es immer etwas professioneller und ernster zu, aber warum sollte man hier keinen Spaß haben? Ich bin realistisch: Die Top 100 sind für mich schon eher utopisch und ob ich jetzt 150er oder 160er werde ist dann auch schon egal, ich lebe schließlich nicht vom Rennen fahren.

Wenn du nicht gerade Johannes Fischbach heisst und du dein Geld mit Racen verdienst, ist so ein Sturz nur halb so ärgerlich...
# Wenn du nicht gerade Johannes Fischbach heisst und du dein Geld mit Racen verdienst, ist so ein Sturz nur halb so ärgerlich...

Warum mache ich mir dann eigentlich so einen Stress und bin so nervös vor dem Rennen, wenn es eh um nichts geht? Ich habe keine Ahnung, stresse mich aber trotzdem. Ich glaube, das ist ganz normal. Trotz allem versuche ich so viel Spaß wie möglich zu haben, die Fahrer auf der Strecke zu feiern und über meine Fehler zu lachen. Der wohl spaßigste Moment des Wochenendes war das Samstagstraining. Wirklich jeder stürzte in den Wiesenkurven, sogar Laurie Greenland sagt in der Streckenvorschau: „It’s pretty much impossible!“ – egal!

In der Erwartung, gleich den halben Hang auf dem Hintern hinab zu rutschen, fahren mein Kumpel und ich in die Kurven und eine solide Mischung aus „Null Grip“ und „Vor Lachen den Lenker nicht mehr festhalten können“ bringt uns zu Fall. In den nächsten Wiesenkurven geht es genauso weiter. Loose und unkontrolliert, dafür mit Riesen-Grinser im Gesicht testen wir, was die Reifen hergeben.

Samstag Abends sorgt dann noch der Whip-Contest für Abwechslung. Von den schweren Jungs keine Spur, lediglich Laurie Greenland gibt sich die Ehre. Müsste ich am nächsten Tag Leistung bringen, um am Ende des Monats noch etwas zu Essen am Tisch stehen zu haben, würde ich vermutlich auch nicht mitfahren. Ohne diesen Druck fällt das natürlich leichter und ich gönne mir den Spaß und fahre die Austrian WhipOffs mit.

Ein bisschen Spaß muss sein...
# Ein bisschen Spaß muss sein... - ...Side-Events lockern die Stimmung auf.

Ein Backup schadet nie

Seit Kurzem arbeite ich in Reutlingen, die Anreise ist also weit und ich hätte sie alleine antreten müssen, wenn mir nicht Jens eine Mitfahrgelegenheit aufgetrieben hätte. Katrin Karkhof war auch fürs Rennen gemeldet und konnte mich spontan mitnehmen. Was keiner wissen konnte: Katrin wurde im Training am Freitag böse über den Haufen gefahren, die Rippen stark geprellt, die Schmerzen groß, an Radfahren, geschweige denn Rennen fahren nicht zu denken. Eine andere Mitfahrgelegenheit wollte gefunden werden, damit Katrin nicht länger als nötig in Schladming bleiben muss. Marius Neuffer und Frieder Frey konnten einspringen und mich mitnehmen, Katrin trat die Heimreise an. An dieser Stelle ein herzliches „Vergelts Gott“ an die drei!

Ohne dieses Backup wäre ich ziemlich blöd dagestanden. Am Montag um 9 ruft die Arbeit, der Freundeskreis fährt nur in Richtung Graz, alternativ völlig überladen den Zug nehmen? Schwierig. Gleiches gilt fürs Material. Es wäre schon ärgerlich, wenn man wegen Defekten nicht starten könnte oder? Ein Satz Pedale, eine Kette, ein Ersatzschaltwerk, Speichen, Bremsscheiben – alles, was kaputt gehen kann und im Notfall schwer zu bekommen ist, sollte man dabei haben. Ich hatte nichts davon mit. Ein Ersatzschlauch, Matschreifen und 2 Paar Bremsbeläge sollten mich im Idealfall übers Wochenende bringen. Trotz einiger Crashes hat es gereicht und ich bin ohne Defekte davongekommen.

Respektiere deine Grenzen

Dein erstes Rennen, Freunde am Streckenrand die dich anfeuern, du willst eine Show machen, lässt die Bremsen auf, fällst hin. Der sonst so gute Run für die Katz. Klar: wer Rennen gewinnen will muss die Grenzen ausloten, aber ohne jegliche Erfahrung ist das schon sehr mutig und geht die meiste Zeit schief. Auch wenn es jetzt nach Spaßbremse klingt: lieber einen Run sicher runter bringen und sehen, was noch an Potential da ist und dann daran arbeiten, anstatt jedes mal mit der Brechstange zu fahren. Meinen Lauf in der Quali wollte ich genau so fahren, ließ mich aber am Start gleich hinreißen und kam in den ersten Turns schon dermaßen loose daher, dass ich den restlichen Run fast zu vorsichtig gefahren bin. Am Ende reicht es für Platz 182 und ich weiß, dass morgen noch mehr geht.

Am Start lässt man sich leicht hinreißen, die Bremsen aufzumachen.
# Am Start lässt man sich leicht hinreißen, die Bremsen aufzumachen.

Höre auf deinen Körper

Raceday. Ich stehe früh auf, checke aus dem Hotel aus und mache mich auf den Weg zum Lift. Der erste Run läuft relativ gut, vor dem Wald bleibe ich stehen und schaue etwas zu, fahre dann selbst die einzelnen Sektionen, teilweise mehrfach. Es ist super rutschig, ich muss oft mit dem Fuß runter, teilweise steige ich dabei auf Wurzeln und trete schräg auf. Im letzten Waldstück versuche ich dann noch einen langsameren Fahrer zu überholen und stürze dabei blöd. Ärgerlich, aber alles halb so wild denke ich mir, ist ja nichts passiert. Auf dem letzten Streckenabschnitt, der quasi nur aus Bremsrillen besteht, die man nur teilweise umfahren kann, spüre ich dann bei jedem Schlag mein Sprunggelenk schmerzen.

Die über knöchelhohen Schuhe hatte ich extra stramm geschnürt, um das Gelenk etwas zu stabilisieren, leider ohne Erfolg. Nach einem halben Jahr Zwangspause in 2015 entscheide ich mich für den Easy Way out und verzichte auf meinen Rennlauf. Andere hätten vielleicht riskiert und wären gefahren, mir war es das Risiko nicht wert, nach dem letzten Jahr ist mir die Gesundheit etwas wichtiger geworden. Mein Sprunggelenk spüre ich noch die nächsten Tage und denke die richtige Entscheidung getroffen zu haben.

Fazit

Auch wenn ich das eigentliche Rennen nicht mitgefahren bin: ich habe viel gelernt und hatte ein großartiges Wochenende. In 2 Wochen steht Spicak an, bis dahin werde ich versuchen meine Defizite aufzuholen und den Fuß zu kräftigen. See you there!

Fotos: Thomas Dietze, Raffi DieWaldfee
  1. benutzerbild

    Quentin90

    dabei seit 12/2012

    cooler bericht! Du wirst in Graz auf jeden Fall fehlen! Ich hoffe es taucht jemand auf der soviel Zeit und Engagement in die Bike Szene steckt wie du!! Meld dich mal wennst auf besuch kommst!!

  2. benutzerbild

    MSTRCHRS

    dabei seit 07/2010

    nice das ein darkside im Renngeschehen mitwirkt, ich wette schladming war mit dem teil richtig gut!! Hast du dir an irgendeinen punkt 20mm mehr am Heck gewünscht??

    War super, hattte nie das Gefühldas Bike wre überfordert! smilie Eine super witzige Kurve hatte es, da bin ich jedes mal am Hinterrad dahergekommen, da hätte ein cm mehr an den Kettenstreben nicht geschadet. Ansonsten Top.

    Gut, was vom Hintergrund zu hören und interessant, wie sich Linien umbauen.
    Viel Erfolg beim nächsten Angriff!
    sehr schöner Bericht, beim nächsten mal läufts auf jeden Fall bis zum Ende

    Danke! Findet leider nicht statt fürs erste, das Schlüsselbein hat mal wieder die Biege gemacht smilie
  3. benutzerbild

    BrotherMo

    dabei seit 07/2010

    Sehr schöner, ehrlicher Bericht..

    Danke dafür.

  4. benutzerbild

    Freerider1504

    dabei seit 08/2009

    Wirklich sehr schöner Bericht, ich kann mich mit deinen Ausführungen sehr gut identifizieren smilie

    Gute Besserung wg.deinem Sprunggelenk und dem Schlüsselbein. smilie

  5. benutzerbild

    q_FTS_p

    dabei seit 02/2011

    Das Bremswellenmassaker in Schladming stell ich mir mit lädiertem Sprunggelenk alles andere als lustig vor...
    Gleich nach dem Start-Stepdown hätts mir dort im Seeding-Run fast den Lenker aus den Händen gerissen.

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