Dass unser Sport leider mit einem gewissen Verletzungsrisiko verbunden ist, dürfte jedem bewusst sein, der sich regelmäßig aufs Mountainbike schwingt. Oft reicht schon eine kleine Unachtsamkeit, um Mitglied im „Broken Riders Club“ zu werden. Meistens kommt man mit leichten Blessuren davon – doch wenn die Verletzungen mal schwerer ausfallen, ist es wichtig, sich in guten Händen zu wissen. Ärzte, Orthopädie-Techniker, Physio- und Ergotherapeuten können einem Fahrer helfen, möglichst schnell wieder gesund und aktiv zu werden. Genau hierauf hat sich die Firma Ortema aus Markgrönigen bei Stuttgart spezialisiert: Mountainbiker sollen bestmöglich geschützt werden und nach einem Worst Case-Szenario schnellstmöglich wieder zurück in die Spur und auf den Trail gebracht werden. Wir haben die schwäbischen Experten in Markgrönigen besucht und alles genauestens unter die Lupe genommen.
Hausbesuch: Ortema
Ortema wurde 1993 mit der Vision gegründet, mehr zu sein als nur ein Name und ein Logo. Deshalb bietet die Firma mit den Geschäftsbereichen Orthopädie-Technik, Rehabilitation, Medical Fitness und Sport Protection ein umfassendes Komplettpaket an. Als Tochtergesellschaft der Orthopädischen Klinik Markgröningen unterstützen sie die Sportler bei der Konsultation in der Fachklinik, die eine erstklassige Adresse für eine gegebenenfalls notwendige Operation ist. Ortema selbst bietet neben der Physiotherapie und Reha vor allem individuelle Orthesen an, die stabilisieren und das betreffende Gelenk schützen. Dabei kann für fast jede Diagnose und das entsprechende Körperteil eine Lösung gefunden werden. Bekannt ist Ortema auch dafür, dass immer nach einer zur Sportart passenden Versorgung geschaut wird – egal ob es Eishockey, Skifahren, Motocross oder natürlich Mountainbiken ist. Besonders interessiert hat uns natürlich die Sport Protection-Abteilung: Hier haben wir einen genauen Blick auf die Bike Protection-Auswahl geworfen und haben uns den Herstellungsprozess der aus Carbon und Titan vollkommen individuell gefertigten K-COM Knieorthese ausführlich zeigen lassen.




„Als ich 1986 in der orthopädie-technischen Werkstatt der Klinik Markgröningen angefangen habe, waren wir gerade einmal 14 Mitarbeiter. Ein Bruchteil von den über 250 Mitarbeitern, die heute bei der Ortema angestellt sind. Unser Angebot konnten wir seitdem enorm erweitern und wachsen ständig weiter. Unseren Fokus richten wir dabei gleichzeitig auf Vielfältigkeit und Spezialisierung in dem was wir tun. Das Wachstum in der Physio- und Ergotherapie sowie dem Medical Fitness und unserer ambulanten Rehabilitation hat eine entscheidende Rolle darin gespielt, dass wir unseren Patienten und Athleten heute ein medizinisches Gesamtpaket anbieten können, welches in Europa in Sachen Größe und Möglichkeiten seinesgleichen sucht. Wir befinden uns an einem guten Ort!“ – Hartmut Semsch, Geschäftsführer Ortema GmbH

„Während wir weiter an unserer einzigartigen Versorgung von aktiven Athleten arbeiten, ist die Verletzungs-Prävention in Form von Sport Protection eines unserer wichtigsten Projekte für die Zukunft. Wir sehen hier mit unserer Expertise großes Potenzial im Mountainbike Markt. Es ist eine massive und immerwährende Aufgabe, aber wir haben ein großartiges Team mit vielen Ideen und können auf diverse High Tech-Materialien und Produktionsmethoden zurückgreifen.“ – Hartmut Semsch, Geschäftsführer Ortema GmbH




Marcus Klausmann ist als ehemaliger Worldcup-Racer und 15-facher Deutscher Downhill-Meister ein wichtiger Teil des Mountainbike-Entwicklungsprogramms von Ortema. Im letzten Jahr bestritt er einige Enduro-Rennen und arbeitete eng mit der R&D Abteilung am Design der Ortho-Max Enduro mit, welche bei der Eurobike einen der begehrten Awards absahnen konnte und anschließend sogar noch mit dem Design und Innovation Award 2017 ausgezeichnet wurde. In der professionellen Art und Weise, wie er die Dinge in den letzten 20 Jahren angegangen ist, fungiert er als qualifizierter Assistent und Testfahrer für Ortema. Marcus ist sehr wählerisch, wenn es um seine Ausrüstung geht: alles muss perfekt sitzen und optimal funktionieren. Genau dasselbe Ziel strebt Ortema beim Design der Sport Protection an.

Zurück in der Klinik untersucht Chefarzt Dr. Jörg Richter einen Patienten. Eine Verletzung am vorderen Kreuzband ist mit circa 100.000 Fällen jährlich eine der häufigsten Knieverletzungen in Deutschland. Viele Patienten leiden jedoch auch an Verletzungen des hinteren Kreuzbandes, schmerzhaften Meniskus-Läsionen oder frühzeitiger Arthrose. Um trotzdem möglichst schnell wieder aktiv werden zu können, hat Ortema zusammen mit Spezialisten der Medizin eine der besten Orthesen für die Stabilisierung des Kniegelenkes entwickelt, die auch extremen Belastungen beim Sport problemlos standhalten kann. Es ist an der Zeit herauszufinden, wie eine K-COM Knieorthese angefertigt wird!




Zunächst werden direkt am Patientenbein, in unserem Fall von einem Skifahrer und Biker zugleich, relevante Muskeln, Knochen und weitere anatomische Besonderheiten markiert. Anschließend wird das Bein zur Dokumentation aus verschiedenen Perspektiven fotografiert. Erst dann kann der Gipsabdruck vom Bein erstellt werden.



Der Positivabdruck wird erstellt und anschließend mit eingefärbtem Spezialgips an den Stellen modelliert, wo sich die Muskeln während der Bewegung besonders stark ausdehnen. Kevin Mikus bringt außerdem ein wenig mehr Masse auf, da das Bein des Patienten in Folge der Verletzung abgeschwächt und dadurch dünner als normal ist. Bis das Bein wieder seine volle Stärke erreicht hat, wird etwas mehr Polsterung verwendet, um von Anfang an einen optimalen Sitz der Orthese zu ermöglichen. Später kann das zusätzliche Material wieder entfernt werden.










„Es gibt nicht viele Möglichkeiten für spezialangefertigte Orthesen auf dem deutschen Markt. Auch international tappt man ziemlich im Dunkeln. Meine neue Handgelenks-Orthese ist ultra leicht und gibt mir über Wurzeln, Steine und Sprünge nach meiner schlimmen Verletzung wieder Selbstbewusstsein. Ich bin durch die Orthese null eingeschränkt und sie beeinflusst meinen Griff am Lenker kein bisschen. Es ist einfach gut zu wissen, dass ich mein Handgelenk in einem eventuellen Sturz nicht überstrecken kann.“ – Steffi Marth

Ein paar Stunden später sind wir zurück im Hause Ortema und die K-COM für Günter nimmt langsam Form an. Die Schiene wird an der Markierung aufgeschnitten und vom Modell genommen. Für die Orthese eines Patienten mit Verletzung am vorderen Kreuzband benötigt der Techniker anschließend nur den vorderen Teil.



Das ist alles sehr beeindruckend, aber warum muss man so viel Zeit und Energie für eine Spezialanfertigung aufwenden, wenn andere Firmen den einfachen Weg gehen und Orthesen in standardisierten Größen S, M und L für weniger Geld anbieten? Ortema begründet das mit dem Sicherheits-Aspekt: Nur korrekt sitzende Orthesen können gegen Verletzungen schützen oder für die nötige Stabilität nach einer Verletzung sorgen. Ein perfekter Sitz schützt außerdem vor dem Verrutschen und damit der häufigsten Ausrede, seine Schützer zu Hause zu lassen. Wenn eine Orthese nach unten rutscht, sitzt sie nicht mehr in der gewünschten Position, was unweigerlich die Bewegungsfreiheit einschränkt und sich negativ auf die schützende Funktion auswirkt. Kurz gesagt, eine individuell gefertigte Orthese sitzt perfekt, verrutscht nicht und bietet dadurch optimalen Schutz, ohne die Bewegungsfreiheit einzuschränken. Das extrem stabile Material tut sein Übriges. Man muss auch im Hinterkopf behalten, dass Ortema spezielle Orthesen für alle Gelenke, bestimmte anatomische Bedürfnisse und Diagnosen anfertigen kann (Kreuzband, Außenminiskus, Rotations-Instabilität, Gonarthrose etc.). Für die Fertigung der K-COM werden mit Carbon und Titan zwei sehr leichte, stabile und hochwertige Materialien verwendet. Außerdem kann jeder Kunde seine Orthese mit Namen, Nummer, Logo und Farben personalisieren lassen – das kann sich definitiv sehen lassen!


Interessant? Hier findest du weitere Hausbesuche und Blicke hinter die Kulissen bei zahlreichen Unternehmen der Bikebranche.
Weitere Informationen
Website: www.ortema.de
Text & Redaktion: Nathan Hughes
Bilder: Nathan Hughes
23 Kommentare
» Alle Kommentare im ForumHabe ich vor - bin gerade am suchen
Dann ist sie doch weitestgehend nutzlos fürs Mountainbiken? Die Kräfte wirken hier doch überwiegend in Längsrichtung !
nein, definitiv absolut sinnvoll!! Bei Kniearthrose nach Kreuzbandriss und Meniskusentfernung ermöglicht sie weiterhin ohne größere Schmerzen technische Trails zu fahren oder beim Alpencross längere Schiebe- oder Tragepassagen zu meistern. Standardlösungen sind da unzureichend. Gesetzlich versichert - 100% Kostenübernahme, wobei als Begründung für die Krankenkasse natürlich die weitere Arbeitstauglichkeit zählt, also ein Job mit Bewegung, den auszuführen die Orthese witerhin ermöglicht.
Natürlich nicht, ich meinte im Fall einen Unfalles. Spreche da aus Erfahrung.
Wir laden dich ein, jeden Artikel bei uns im Forum zu kommentieren und diskutieren. Schau dir die bisherige Diskussion an oder kommentiere einfach im folgenden Formular: