Das Demobike welches ihr hier seht, ist seit über zwei Jahren im Einsatz. Abnutzung sieht man fast nur an den Komponenten. Am Rahmen sieht man zwar hier und da einen Kratzer und am Oberrohr ist das Eloxal etwas heller wo die Hose beim Treten manchmal schleift aber das war es auch schon. Der Rahmen wurde unter anderem auch beim EnduranceDownhill in FortWilliam bewegt!
Nach dem ersten Emailkontakt mit Chris Williams dem Besitzer, Chef, Ingenieur, Vertriebler, Multitalent in einer Person betonte er wiederholt, dass wir kein großes Firmengebäude oder Mitarbeiter erwarten dürften. Denn mehr oder minder macht er fast alles alleine. Allerdings mit einer Ausnahme: Der Fertigung.
In einem langen Interview haben wir Chris direkt nach seiner Rückkehr aus Fort William vor die Kamera gebracht und diesen doch etwas anderen Hausbesuch für euch gedreht.
Hausbesuch Empire Cycles Ltd., UK von nuts auf MTB-News.de
Eine kleine Anmerkung zum Interview: Da Chris sehr viel zu erzählen hatte, haben wir einige Schnitte setzen müssen. Wundert euch deshalb nicht – die Aussagen stimmen, sind nur gerafft. Dennoch ist das Video mit über 15 Minuten ein gutes Stück zum Anschauen, doch es lohnt sich. Gerade vor dem Hintergrund, dass wir es hier mal wieder mit einem 1-Mann-Unternehmen zu tun haben.
Der Hausbesuch in kurzer Textform und einige weitere Anmerkungen:
Chris hat schon früh angefangen Fahrrad zu fahren und ebenfalls früh ist er auf Motocross-Maschinen umgestiegen. Aus der Motorradbranche kommend, wo er bereits Guss-Schwingen entwickelt hat, kennt und schätzt er die Prinzipien des Outsourching. Er selbst macht die Entwicklung, übergibt aber die Fertigung komplett an Spezialisten.
Während viele Firmen ähnlich arbeiten gibt es hier jedoch eine kleine aber feine Besonderheit:
„I’m just a little company trying my best to do something new.“
Rahmen werden hier nicht wie man es gemeinhin kennt aus Rohren und CNC Teilen geschweisst oder aus Carbonlagen gelegt. Bei Empire setzt man auf Gussteile und bekommt so einerseits einen einmaligen Look, andererseits aber auch einmalige Eigenschaften. Fertigungstechnisch ist ein großer Vorteil des Gusses, dass jeder Rahmen mit den anderen Modellen identisch ist und die Tagesform der Mitarbeiter keinen Einfluss auf das Endergebnis hat. Desweiteren wird jeder Rahmen einer Röntgenuntersuchung unterzogen um Lunker auszuschließen welche die Stabilität verringern könnten.
Was den Rahmen angeht ermöglicht der Guss fast gänzlich freie Formen. Zusätzlich erreicht man eine Steifigkeit die sonst nicht möglich wäre. Um uns das zu verdeutlichen stellt sich Chris auf ein Ausfallende der Schwinge in seinem Büro. Es verwindet sich keinen Millimeter. Dringender Appell: Macht das nicht nach, denn ein normaler Rahmen lässt sich schon von Hand verformen und könnte ernsthaft Schaden nehmen!
Das Empire AP1
Das Downhillbike präsentiert sich mit einem hohen Drehpunkt was der Schlagabsorption entgegen kommt aber gewisse Probleme in der Antriebsneutralität mit sich bringt. Um dem vorzubeugen läuft die Kette über eine Umlenkrolle. Das bietet ebenfalls den Vorteil unterschiedlich große Kettenblätter fahren zu können, denn der Kettenzug läuft immer durch den Drehpunkt. Eingelenker ohne eine Umlenkrolle sind auf eine einzelne Kettenblattgröße hin konstruiert und funktionieren damit ideal. Ändert man dort die Größe des Kettenblatts kann es zu ungewollten Einflüssen auf den Hinterbau kommen.
2010 gewann es den Red Dot Design Award.
Fakts zum Rahmen:
- 83mm Tretlagergehäuse
- 35,5cm Tretlagerhöhe
- 65° Lenkwinkel
- 1.5 Steuerrohr (AngleSet kompatibel)
- ISCG 05
- 242 x 75mm Dämpfereinbaumaß
- 215mm Federweg
- 150mm Hinterbau der eine 135mm x 12 Nabe aufnimmt.
- 5,5kg Rahmengewicht ohne Dämpfer
[DDET Ausstattungsliste und Geometrie – anklicken zum Ausklappen.]
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Preislich bewegt sich das AP1 mit £4.599 (ca. 5.200 Euro) für das Komplettbike trotz der teuren Fertigung immer noch in ähnlichen Regionen wie manch andere Hersteller am Markt. Als weitere Optionen gibt es noch zwei Framekits:
Über ein wuchtig wirkende Rasterung lässt sich der Hinterbau in 3 Längen fahren, der Maximalversatz liegt bei 20mm. Hierbei bewegt sich die Scheibenbremsaufnahme sowie das Schaltauge immer mit.
Kurzfahreindruck Jens:
Was uns vor einer Stunde in Chris‘ Homeoffice noch recht unüblich präsentiert wurde zeigt sich bei der ersten Abfahrt sehr eindrücklich. Noch nie bin ich ein auch nur annähernd so steifes Rad gefahren. Manchem mag das vielleicht schon zu viel des Guten sein. Aber das hängt, meiner Meinung nach, immer an der persönlichen Vorliebe des Fahrerers.
Ansonsten ist das Rad leise. Extrem leise! Man hört die Reifen in den Kurven Grip aufbauen.
Ich schiebe wieder zurück an den Anfang der Strecke und schildere Chris meinen ersten Eindruck. „Thats what everybody said. Stiff and quiet.“ Das Rad bietet keinerlei Klangraum in dem sich ein Kettenschlag oder Steinschlag ans Unterrohr verstärken könnte.
Beim Antritt spürt man zwar ein wenig das Gesamtgewicht des Rades aber der Hinterbau verhält sich vollkommen ruhig.
Ich versuche im speziellen auf ein Verhärten der Federung hinzuspüren aber mir fällt es auf der Teststrecke nicht negativ auf. Um genaueres zu schreiben müsste man das Rad auf Strecken mit mehr Bremswellen oder sehr rauhen Bremssektionen bewegen.
Aktuell gibt es nur eine Rahmengröße und trotz dem Umstand, dass ich auf kleineren Federwegsklassen gerne auch kleinere Rahmen fahre, wäre mir das AP1 bei einer Körpergröße von 1,90m etwas klein. Jemand mit der Vorliebe von kleinen Rahmen bei DH-Bikes oder einer Körpergröße bis 1,85 kommt damit sicher besser klar.
Empire MX6
Als besonderes Schmankerl hat uns Chris sein neues Projekt vorgestellt, das All Mountain Bike MX-6. Bei den Downhillrahmen gibt es auf Grund der Gussformen nur eine Rahmengröße und das ist natürlich ein Problem gewesen, das auch Chris bekannt ist.
Diese Fotos im Fotoalbum anschauen
Nun hat er einen Hersteller gefunden, der für ihn den All-Mountain Rahmen aus dem Vollen fräsen würde (6082-T6 Aluminium) und genau das ist der Plan: Gegossener Hinterbau beim DH-Bike (eventuell auch am AM, das wird sich noch zeigen) und ein gefräster Hauptrahmen, wodurch verschiedene Rahmengrößen leichter zu realisieren sind. Und weniger Gewicht. Klingt nach einem guten Deal, denn das Bike machte bereits optisch einen erstklassigen Eindruck und ist definitiv anders. Dabei verwendet Chris viele sinnvolle Standards und könnte mit dem All-Mountain Bike einen deutlich breiteren Kundenkreis ansprechen als mit seinem Erstlingswerk.
Alle Informationen zur Geometrie haben wir leider noch nicht bekommen. Hier die Fakten die wir wissen:
- tapered Steuerrohr (AngleSet kompatibel)
- ISCG 05
- Drehbare untere Dämpferaufnahme zur Geometrieanpassung
- Ausgerichtet auf einen 2×10 Antrieb mit einem 38er Kettenblatt
- 150mm Federweg
- 135oder142x12mm Hinterbau (Maxle)
- 30.9mm Sattelstützenmaß
- Preislich soll es sich beim Rahmen um die £2500er Marke und beim Komplettbike um £4000 bewegen.
[DDET Ausstattungsliste – anklicken zum Ausklappen.]
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Diese Fotos im Fotoalbum anschauen
Wie seht ihr Empire Cycles? Noch nie gehört oder schon oft bestaunt und nie in Aktion gesehen? Und wie gefällt euch das All-Mountain Bike?
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Bilder und Video von Tobias Stahl und Jens Staudt
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Wenn ihr ganz konkrete Fragen an Chris habt verfasst sie am besten auf Englisch. Ansonsten versuchen wir soweit es geht alles zu klären.
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Wichtige Nachricht ganz zum Schluss: Ab jetzt gibt es erst mal jeden Dienstag einen Hausbesuch von uns,… ihr dürft gespannt sein!
Interessant? Hier findest du weitere Hausbesuche und Blicke hinter die Kulissen bei zahlreichen Unternehmen der Bikebranche.
63 Kommentare
» Alle Kommentare im ForumIrgendwie witzig. Da kommen CF Rahmen raus, die stabilität, haltbarkeit und geringes Gewicht vereinen, aber der wird natürlich alles kaputtgetrollt und niederdiskutiert (ausser von den Besitzern...) Genau das gleiche hat man bei 29ern ("29er im DH funktioniert NIE") wobei die meisten Fahrer eines 29er im CC jetzt schon sagen, es führe sich besser, aber auch das wird aber IMMER niederdiskutiert, geht manchmal so weit das den leuten vorgeworfen wird sie seien nicht ganz dicht. Beides sind Innovationen die sowohl auf dem Papier als auch in der Praxis Vorteile bringen, die aber im konservativen Deutschland aus völlig unsachlichen Gründen strikt abgelehnt werden.(in den USA ist beides anscheinend sehr viel mehr verbreitet)
Wenn dann aber einer hingeht und aus offenen Profilen einen Eingelenker baut der 2kg mehr wiegt als das nomale zeug (Offene Profile sind der Maschinenbau der 1920er Jahre...) , dann sei dass "innovativ" und ausserdem unterläge ein gutes Rad ja keinerlei quantifizierbaren Kriterien...
Manchmal verstehe ich diese Nostalgieverliebtheit nicht...
@is egal:
Stimmt so nicht. Die Legierungen im Fahrradbau werden auch nicht lange fackeln, da musst du nicht weit über die Streckgrenze gehen um die zum Bruch zu bringen. Ausserdem ist das Gussfahrrad so massiv gebaut, da kommen die Materialspannungen vermutlich nicht auch nur Annähernd in den kritischen Bereich
Die Steifigkeitswerte fließen aber in die Wertung mit ein und da gilt nach wie vor meines Wissens nach "mehr ist mehr". Wertungsfrei ist das also leider nicht oder hat sich das geändert?
Das ist natürlich ideal, setzt aber bei der Leserschaft ein entsprechendes Grundverständnis voraus.
Und wer sind die Leser? Ich gehe mal davon aus dass zumindest die hier Mitdiskutierenden ein Grundverständnis für die Sache haben, ansonsten wären Begriffe wie "Flächenträgheitsmoment" nicht gefallen. Es wird immer so getan als würden nur irgendwelche Leute die Zeitschriften lesen, hier aus dem Forum aber natürlich keiner, wo wären wir denn da...
Wer das Empire ap1 gerne testen möchte kann sich gerne bei uns melden:
[email protected]
https://www.facebook.com/viroracingteam
www.viroproducts.ch
hat von euch einer schon das rahmen gewicht 'ohne' dämpfer siich auf der zunge zergehen lassen?
5.5 kg. nackt anscheinend.
schön ist die idee des spannungsfreien materials.
der nachteil des ungünstigeren material einsatzres(am inneren des rahmen,s und nicht außen, wo es mehr steifigkeit durch mechanische grundsätze ergeben würde)
denke ein gut und einfach konstruierter herkömmlicher, geschweißter rahmen kann mehr als der gegossene!
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