Hardtails erfreuen sich aufgrund ihrer Simplizität, ihrer Vielseitigkeit und aufgrund des Fahrspaßes schon seit jeher großer Beliebtheit – sei es als Allrounder, als Ergänzung zum vollgefederten Ross oder als Einstieg in den Sport. Wir haben fünf aktuelle Trail-Hardtails im Vergleich gegeneinander getestet!
Du verstehst bei Wörtern wie Federhärte, Horst Link, Low Speed-Rebound oder Anti-Squat nur Bahnhof? „Abgestützter Eingelenker” wäre deiner Meinung nach zwar eine fantastische Gelegenheit, um die nächste Partie Scrabble für dich zu entscheiden – du weißt aber überhaupt gar nicht, was das ist, geschweige denn, was Mountainbikes damit zu tun haben? Oder du bist der Meinung, dass ein Fahrrad möglichst simpel, unkompliziert und vielseitig sein sollte? Dann ist es durchaus möglich, dass ein Hardtail genau das richtige Bike für dich wäre!
Fest steht: Trail-Hardtails haben definitiv ihre Daseinsberechtigung und die Auswahl von günstig bis teuer ist wohl so groß wie noch nie zuvor.
In den letzten Jahren ist die Kategorie der Trail-Hardtails stetig gewachsen. Früher hat man die am Heck ungefederten Bikes oft als Einstiegsmodell in den Mountainbike-Sport (weil günstig), als Cross Country Race-Bike (weil sehr leicht und effizient) oder als Trickmaschine im Skatepark oder auf Dirt Jumps (weil bei richtigem Aufbau praktisch unzerstörbar) gerne genutzt. Noch einige Jahre davor gab es sogar Hardtail-Kategorien bei Downhill-Rennen und Modelle, die hinten 0 und vorne 200 mm Federweg hatten – über Sinn und Unsinn lässt sich wie so oft vorzüglich streiten …
Mittlerweile gibt es auch zahlreiche Modelle, die als Allrounder auf dem Trail glänzen sollen, sich effizient nach oben befördern lassen und bergab den Fahrspaß maximieren. Nicht selten kann ein gutes Hardtail auf den passenden Strecken sogar spaßiger als die vollgefederten Vertreter sein oder die etwas langweilig gewordenen Hometrails in ein völlig neues Licht rücken. Fest steht: Trail-Hardtails haben definitiv ihre Daseinsberechtigung und die Auswahl von günstig bis teuer ist wohl so groß wie noch nie zuvor. Wir haben fünf Modelle von günstig bis teuer getestet!
5 Trail-Hardtails im Vergleichstest
Für unseren Hardtail-Vergleichstest haben wir fünf Modelle gegeneinander antreten lassen, die sich alle auf Trails und mit Abstrichen auch im Enduro-Einsatz am wohlsten fühlen. Die Preisspanne reicht dabei von sehr günstigen 1.199 € für das Decathlon Rockrider AM 100 HT bis zu fast schon aberwitzigen 5.999 € für das Santa Cruz Chameleon. Hier kostet allein der edle Carbon-Rahmen schon 300 € mehr als das Decathlon. Auch das 4.299 € teure Liteville H-3, das sich seit seiner Einführung unter anderem beim MTB-News.de User Award großer Beliebtheit erfreut, gehört eher zu den hochpreisigen Kandidaten. Das Radon Cragger und das Nukeproof Scout hingegen liegen im mittelpreisigen Segment. Aufgrund der großen Preisspanne ist ein direkter Vergleich natürlich nur bedingt fair – umso gespannter waren wir jedoch, wie sich die günstigen Kandidaten im Vergleich zu den Edelboliden schlagen würden und an welchen Stellen man den Aufpreis besonders merken würde.
Mit 120 mm Federweg an der Front und einem Lenkwinkel von knapp über 67° ist das Santa Cruz Chameleon das wohl trailigste Hardtail unter den fünf Kandidaten. Den Federweg- und Lenkwinkel-Gegenpol bildet das Liteville H-3 (150 mm, 64°) – das besonders dezente Hardtail aus dem Allgäu setzt neben dem Decathlon auf die bei Hardtails nach wie vor recht beliebten 27,5″ Plus-Reifen, die niedrigere Luftdrücke ermöglichen und damit den Komfort erhöhen sollen.
Die Vertreter aus dem Hause Radon, Nukeproof und Santa Cruz setzen serienmäßig hingegen auf große 29″-Laufräder, lassen sich aber teilweise auch auf 27,5″ Plus umrüsten. Bei der Ausstattung sind sich mittlerweile alle Hersteller einig: 1x-Antriebe reichen völlig aus, hydraulische Scheibenbremsen sind Pflicht, ausreichend breite Lenker in Kombination mit kurzen Vorbauten sind sinnvoll und an ein modernes Bike gehört eine Vario-Sattelstütze.
Laufradgröße | Federweg | Rahmenmaterial | Gewicht | Preis | |
---|---|---|---|---|---|
Decathlon Rockrider AM 100 HT | 27,5" Plus | 130 mm | Aluminium | 13,32 kg | 1.199 € |
Liteville H-3 Mk3 XT | 27,5" Plus | 150 mm | Aluminium | 11,78 kg | 4.299 € |
Nukeproof Scout 290 | 29" | 140 mm | Aluminium | 13,70 kg | 2.499 € |
Radon Cragger 8.0 | 29" | 130 mm | Aluminium | 13,22 kg | 1.999 € |
Santa Cruz Chameleon C SE 29 Reserve | 29" | 120 mm | Carbon | 11,94 kg | 5.999 € |
Was macht ein gutes Hardtail aus?
Diese Frage interpretiert jeder Hersteller erwartungsgemäß etwas unterschiedlich. Vor allem das Thema Rahmenmaterial ist ein Punkt, in dem sich die Hersteller von der Masse abheben wollen. Im hochpreisigen Segment findet man neben Carbon-Vertretern auch Hardtail-Rahmen aus Titan, auch Stahl-Hardtails sind nach wie vor beliebt.
Die meisten Hardtail-Rahmen bestehen allerdings ganz klar aus Aluminium – unser Testfeld spiegelt das wider. Aber auch hier sieht man, dass die Hersteller das Thema unterschiedlich angehen. So handelt es sich beispielsweise beim Liteville H-3 einen bis ins letzte Detail durchdachten und sehr leichten Aluminium-Rahmen, was sich aber auch deutlich im Preis niederschlägt.
Während bei XC- und Dirt-Hardtails an der Front das Motto „Weniger ist mehr!” gilt, bieten Trail-Hardtails gerne etwas mehr Federweg. Die Kandidaten in unserem Test bieten zwischen 120 mm (Santa Cruz) und 150 mm (Liteville) – also alles in einem relativ moderaten Bereich. Ähnlich verhält es sich bei den Lenkwinkeln und der restlichen Geometrie. Während die Hersteller hier im vollgefederten Bereich in den letzten Jahren ordentlich die Entwicklung vorangetrieben haben und sehr lange Reach-Werte in Kombination mit sehr flachen Lenkwinkeln mittlerweile eher die Norm als die Ausnahme sind, ist man auf Trail-Hardtails noch etwas traditioneller unterwegs.
Und das aus gutem Grund: Lange Rahmen wirken sich beispielsweise positiv auf die Laufruhe aus, was aber zu Lasten der Agilität und Verspieltheit geht – und gerade das sind Eigenschaften, die man an einem Hardtail schätzt. Dass man auf einem Trail-Hardtail hin und wieder mal etwas stärker abbremsen muss, wenn das Gelände ruppig wird, sollte jedem klar sein: Fullies sind schneller – dafür sollen die Hardtails aber die Spaßwertung für sich entscheiden!
Ein Argument, das für Hardtails spricht, ist der oftmals deutlich günstigere Anschaffungspreis. Die ungefederten Rahmen sind normalerweise bedeutend einfacher zu konstruieren, zumal man sich die Kosten für den Dämpfer spart. Das sollte sich auch im Preis widerspiegeln. Deshalb sind Hardtails insbesondere für Einsteiger oft eine sehr attraktive Wahl.
Ein weiterer positiver Nebenaspekt: Weil man sich nicht auf den Federweg am Heck verlassen kann, schult das Fahren eines Hardtails die Fähigkeiten auf dem Rad besonders gut. Wer mit einem Hardtail in technischem Gelände gut zurechtkommt, dem wird der Umstieg auf ein Fully besonders leicht fallen. Umso wichtiger ist es aber, dass gerade die günstigen Modelle zuverlässig und spaßig sind, statt für Frust auf dem Trail zu sorgen. Natürlich kann man mit etwas Schrauber-Erfahrung praktisch jedes Anbauteil austauschen – diese Erfahrung fehlt vielen Einsteigern aber. Deshalb muss das Gesamtpaket stimmen.
Diese Vor- und Nachteile bietet ein Trail-Hardtail gegenüber einem Fully
Pro / Contra
Stärken
- günstigerer Anschaffungspreis …
- weniger anfällig als ein Fully
- direktes Fahrgefühl sorgt für Fahrspaß
- Vielseitigkeit
Schwächen
- … aber teilweise kein Schnäppchen
- Fahrweise und Linienwahl müssen angepasst werden
- weniger Reserven in Grenzsituationen
Auf den Punkt gebracht
Fassen wir den Einsatzbereich und die Anforderungen an die fünf Hardtails in unserem Vergleichstest noch einmal zusammen:
Der Einsatzbereich
- Wald Normalerweise steht an dieser Stelle unserer Vergleichstests immer eine große Auflistung verschiedener Einsatzbereiche mitsamt passenden Beschreibungen. Die von uns getesteten Hardtails haben ihre Kernkompetenz klar im Trail-Einsatz, doch insgesamt eignen sie sich für nahezu jede Strecke im Wald. Entspannter Uphill? Gerne! Wurzelige Singletrails, die bergauf und bergab gehen? Kein Problem! Knackige Enduro-Abfahrten oder gar Downhills? Geht ebenfalls, wenn man nicht blindlings durch jedes Steinfeld scheppert, sondern mit Sinn und Verstand eine passende Linie sucht. Auch außerhalb des Waldes haben die Hardtails ihre Daseinsberechtigung: Für Ausflüge beispielsweise auf den lokalen Pumptrack oder den kleinen Dirt Spot sind die von uns getesteten Modelle zwar nicht perfekt, aber zumindest deutlich besser als gewöhnliche Fullies geeignet.
Das sollte ein Hardtail können
- Fahrspaß Ein Hardtail muss keineswegs eine unkomfortablere, langsamere und weniger spaßige Alternative zum Fully sein. Im Gegenteil: Hinter dem Lenker eines Hardtails entdeckt man oft seine Hometrails, die man schon x mal gefahren ist und die auf dem langhubigen Enduro keine Herausforderung mehr darstellen, komplett neu und wundert sich, wie viel Spaß die wilde Trail-Party doch macht! Eine ultimative Laufruhe findet man auf einem Hardtail ohnehin nicht – deshalb sollte das Hardtail insgesamt einen eher verspielten Charakter haben, sich gut in die Luft befördern lassen und einfach richtig viel Spaß machen.
- Vielseitigkeit Primär sind die von uns getesteten Hardtails der Kategorie Trailbike zugehörig. Hier stehen wie bekannt die Allround-Fähigkeiten im Mittelpunkt. Bergab sollen sich die Hardtails schnell, sicher und spaßig fahren, gleichzeitig aber auch bergauf zügig klettern und mit möglichst wenig Aufwand viel Vortrieb generieren.
- Haltbarkeit Neben dem oftmals günstig(er)en Preis ist es oft die Simplizität, die eines der Hauptargumente für den Kauf eines Hardtails ist. Kein vollgefederter Rahmen bedeutet: Kein Dämpfer, der mal zum Service muss und keine Lager, die gerade bei winterlichen Bedingungen oft leiden – sondern einfach ein unkompliziertes Gerät, das praktisch immer fahrbereit ist und einen nicht im Stich lässt. Folglich sollte auch die Ausstattung des Hardtails solide sein, ohne Gewicht und Preis zu sehr in die Höhe schnellen zu lassen.
So haben wir getestet
Für unseren Hardtail-Vergleichstest haben wir die fünf Modelle über mehrere Wochen auf unseren Hometrails rund um Bad Kreuznach und im Taunus getestet. Ein Großteil der Höhenmeter wurde dabei aus eigener Kraft erkurbelt. Abschließend mussten sich die Hardtails an einem Shuttle-Tag auf ein- und derselben rund zweiminütigen Teststrecke im direkten Vergleich gegeneinander beweisen. Alle Hardtails im Testfeld wurden von mehreren Testern gefahren, um Eindrücke im direkten Vergleich zu sammeln. Abgesehen von kleineren individuellen Anpassungen wie der Lenkerhöhe, der Position der Bremsgriffe und natürlich dem Federgabel-Setup sind die fünf Hardtails gegenüber ihrer Serienausstattung zunächst unverändert geblieben. Anpassungen, die wir im Testverlauf vornehmen mussten, sind entsprechend vermerkt.
Alle Infos zum bevorstehenden Hardtail-Vergleichstest
Im Laufe der nächsten Tage werden die fünf Trail-Hardtails in Einzeltests ausführlich vorgestellt und individuell bewertet. Zum Schluss fassen wir die Ergebnisse zusammen und sprechen Empfehlungen zu Einsatzbereichen und Könnerstufen aus: Welches Modell ist der beste Allrounder? Wie schlagen sich die Bikes im direkten Vergleich? Welcher Kandidat rockt die Bergab-Wertung? Und welche Hardtails sind die persönlichen Favoriten der Tester?
Hier findest du alle weiteren Artikel unseres Hardtail-Vergleichstest 2020:
- 5 Trail-Hardtails im Vergleichstest: Harte Schale, wilder Kern! – Unser Fazit
- Radon Cragger im Test: Bonn to be wild!
- Santa Cruz Chameleon C im Test: Das klassische Mountainbike
- Decathlon Rockrider AM 100 HT im Test: Preiskracher für Jedermann?
- Nukeproof Scout 290 im Test: Nordirischer Abfahrtskünstler
- Liteville H-3 Mk3 im Test: Werksmaschine in dritter Generation
- 5 Trail-Hardtails im Vergleichstest: Harte Schale, wilder Kern!