Nach langer Pause geht es für mich endlich wieder aufs Downhill-Bike. Dieses Jahr ist alles jedoch etwas anders: Cube war so nett, mir für ein kleines Experiment nicht nur ihr reguläres Two15-Downhill-Bike zum Testen zu geben, sondern auch den vom World Cup-Team eingesetzten 29″-Prototypen. Ich werde also auf jeder Rennstrecke beide Räder im Wechsel fahren und euch nicht nur laufend mit Rennberichten, sondern auch Testeindrücken versorgen – diese münden dann in einen großen Test-Artikel in der zweiten Saisonhälfte. Der Auftakt der neuen Serie erfolgte am vergangenen Wochenende beim iXS Downhill Cup am tschechischen Klinovec.
Die Idee zu diesem Test hatte ich bereits im Lauf der vergangenen Saison, als ich nicht nur eine Reihe von iXS Cup-Rennen selbst mitgefahren bin, sondern auch die Chance hatte, bei zwei UCI Downhill Word Cups als Reporter am Streckenrand zu stehen. Dabei ist aufgefallen: Während 29er DAS Thema der vergangenen World Cup-Saison waren, hatte man als Amateur oder Privateer im iXS Cup nur sehr schwere Karten, ein solches Gerät in seine Finger zu bekommen. Und selbst im World Cup waren (und sind) viele Profis sich nicht einig, was die bessere Laufradgröße ist. Wenn also selbst die Top-Downhiller unserer Zeit sich häufig nicht sicher sind: ergeben 29″ DH-Bikes für Amateure überhaupt Sinn? Benötige ich eine übermenschliche Fahrtechnik oder für Normalsterbliche kaum zu bewältigende World Cup-Strecken, um von so einem Rad zu profitieren? Diese Fragen interessierten mich brennend und es freut mich außergewöhnlich, sie dieses Jahr vielleicht klären zu können.
Die Bikes: Cube Two15 27,5 vs Cube Two15 29
Um einen möglichst unverfälschten Eindruck zu gewinnen, habe ich aktuell nicht nur das brandneue, bisher noch unveröffentlichte Cube Two15 29-Downhill-Bike im Test, sondern auch ein absolut identisch aufgebautes reguläres Cube Two15 mit 27,5″-Laufrädern. Das Cube Global Squad ist bereits Mitte letzter Saison auf die großen Laufräder gewechselt und seitdem dabei geblieben. Im Gegensatz zu einigen anderen Herstellern hat Cube sich nicht auf Anpassungen am Hinterbau beschränkt. Obwohl die Rahmenform und viele Detaillösungen noch eindeutig nach einem Cube Two15 aussehen, wurde auch am Hauptrahmen so einiges verändert. Rein optisch fällt bereits der steilere Sitzwinkel auf, der Platz für das große 29″-Hinterrad schafft, sowie die Verstärkungen an der Umlenkung.
Beide Bikes sind mit exakt denselben Komponenten ausgestattet und werden sehr ähnlich vom Cube Global Squad eingesetzt. Das Fahrwerk besteht aus einer Fox 40/49 Float Factory-Federgabel, die über jeweils 200 mm Federweg verfügt, sowie einen Fox Float X2-Luftdämpfer. Während dieser am 650b-Bike 215 mm Federweg generiert, kommt das 29er mit 200 mm aus. Um möglichst schnell von einem auf das andere Rad wechseln zu können, verfügen meine beiden neuen Arbeitsgeräte über ein sehr ähnliches Fahrwerks-Setup und eine vergleichbare Geometrie. Auch die Sattel- und Lenkerhöhe ist weitestgehend identisch – trotz Lenker mit deutlich mehr Rise ist das Cube Two15 27,5 allerdings vorne knapp 1 cm niedriger.
Der Test: 27,5″ vs 29″
Ursprünglich wollte ich diesen Test bereits im Frühjahr beginnen, musste ihn aufgrund mehrerer Verletzungen jedoch verschieben. Von nun an werde ich an einer Vielzahl an iXS Downhill Cup-Rennen teilnehmen und beide Bikes nicht nur im Training, sondern auch teilweise zwischen den Seeding und Final-Läufen abwechselnd fahren. Mit 1,83 m Körpergröße komme ich auf 29″-Bikes meistens extrem gut zurecht, bin allerdings mit 68 kg Körpergewicht eher ein Leichtgewicht. Ich starte bei iXS Cup-Rennen in der Elite Men-Klasse und platziere mich je nach Fahrerfeld, Tagesform und Rennserie meistens irgendwo im Mittelfeld – bin also weit entfernt von den Geschwindigkeiten und Anforderungen eines World Cup-Profis. Die iXS-Serien bieten sich für mich als Testgelände hervorragend an, da die Strecken nicht nur eine große Variation bieten, sondern auch vielen aktiven Fahrern bekannt sind. Zudem umschwebt 29″-Downhill-Bikes der Mythos der hochgezüchteten Race-Bikes, die für nichts anderes als die Jagd nach Sekunden ausgelegt sind. Ob dem so ist, gilt es zwar erst herauszufinden – dennoch wollte und will ich den Test unbedingt auch unter Rennbedingungen durchführen. Neben den Rennen werde ich beide Bikes jedoch auch so auf verschiedenen Strecken gegeneinander testen und dabei Uhr und GoPro mitlaufen lassen.
Das erste Rennen: iXS Downhill Cup Bozi Dar
Die Strecke am Klinovec – besser bekannt als Bozi Dar – sollte mein erstes Downhill-Rennen seit zirka 11 Monaten und gleichzeitig der Auftakt meiner 27,5″ vs 29″ DH-Bike-Testreihe werden. Die Bikes hatte ich erst wenige Tage vorher bekommen und somit keine Chance, mich vorher daran zu gewöhnen, was meine Anspannung und Erwartungen an das erste Training am Freitag ins Unermessliche steigen ließ. Zum Glück ist mir die Piste direkt an der deutsch-tschechischen Grenze sehr gut bekannt und gehört zu meinen absoluten Lieblingsstrecken – auch wenn ich bei der iXS-Prämiere im vergangenen Jahr gehörig auf den Deckel bekommen hatte. In weit gezogenen Serpentinen folgt sie einer immer steiler werdenden Skipiste gen Tal und mündet in einem langen, weitestgehend geraden Motorway, der gespickt mit langen Tables und zwei Steinfeldern ist. Insgesamt ist die Strecke bis auf kleinere Abstecher in den Wald eher breit, ruppig und vor allem schnell – eigentlich genau das Gelände, in dem ein 29er gut funktionieren sollte.
iXS Downhill Cup Bozi Dar 2018 – Track-Check von Gregor – Mehr Mountainbike-Videos
Freitag – Training
Da ich eine Woche zuvor dem Bikepark einen Besuch abgestattet, die Rennstrecke keinerlei Änderungen erfahren hatte und die Temperaturen rechtzeitig zum Rennen ins Bodenlose gestürzt waren, beschloss ich auf einen Track Walk zu verzichten. Das sollte sich später wieder einmal als Fehler herausstellen. Bei Nieselregen und Nebel ging es also im Sessellift nach oben. Am Haken neben mir: das brandneue Cube Two15 29. Da ich keines der Räder vorher probieren konnte, beschloss ich erst einmal mit dem Bike, das mich am brennendsten interessiert – dem 29er natürlich – loszuziehen und dann zu schauen, wie ich damit zurechtkomme. Die ersten Meter aus dem Start-Pavillon waren also absolutes Neuland. Beim Proberollen und Einstellen des 29er hatte ich zwar bereits ein recht gutes Gefühl, allerdings weicht die Geometrie doch schon recht deutlich von dem ab, was ich gewohnt bin. Der Lenker ist vergleichsweise hoch und der Sattel durch den steilen Sitzwinkel sehr weit vorne. Einmal auf der Strecke war das alles vergessen. Bis zur ersten Wegkreuzung ist diese besonders schnell und breit – hier hatte ich das Gefühl, die Piste wäre im Vergleich zur Vorwoche neu geshaped worden, denn das Rad rollte spürbar leichter über den unebenen, mit kleinen Steinen gepflasterten Erzgebirgsboden.
Auch in den weiter unten folgenden, engen Kurven im Wald hatte ich bis auf leichten Kontakt zwischen meinem Allerwertesten und dem Hinterrad keinerlei Probleme, das lange Geschoss zwischen dem Flatterband zu halten. Nach dieser lockeren ersten Fahrt beschloss ich, zunächst beim Cube Two15 29 zu bleiben, um mich wenigstens an ein Rad ordentlich gewöhnen zu können. Dank besser werdendem Wetter, keinen nennenswerten Schlangen am Lift und wenig Verkehr auf der abtrocknenden Strecke fühlte ich mich fünf Fahrten später ziemlich wohl auf meinem neuen Untersatz. Auch die gegen Abend weiter stürzenden Temperaturen konnten mir, dank meiner im Winter geupgradeten Camping-Ausrüstung – inklusive dem allerallerallerbesten Bus auf der ganzen Welt, Pavillon und Gasheizung –, nicht wirklich was ausmachen. War ich morgens aufgrund meiner mangelnden Fahrpraxis, mittelmäßigen Fitness und der ungewohnten Räder noch etwas missmutig angereist, konnte ich Abends kaum einschlafen, so gespannt war ich auf den folgenden Seeding-Lauf.
Samstag – Seeding
Auch der Samstag begrüßte uns mit nasskaltem Wetter sowie Wind und Nebel. Um mir sicher zu sein, dass ich mit dem bisher so überzeugenden 29er nichts falsch machte, startete ich die ersten Fahrten des Tages mit dem regulären Cube Two15 27,5″. Die Umgewöhnung war wie von mir erhofft dank der vergleichbaren Abmessungen nicht sehr schwer, nur das etwas niedrigere (aber nicht wirklich niedrige) Cockpit und das nicht so weit vorstehende Vorderrad waren sofort spürbar. Im direkten Vergleich machte es im Highspeed-Teil einen nervöseren Eindruck, auch wenn das Rad mit den kleineren Laufrädern nie wirklich anfing zu flattern, und benötigte etwas weniger Druck in den engen Passagen – das war alles sehr erwartungsgemäß. Die Unterschiede sind deutlich spürbar und sollten sich meiner Meinung auch in der Zeit widerspiegeln, auch wenn ich das zu diesem frühen Zeitpunkt noch nicht verifizieren kann. Das Gerücht, 29er wären zwar schnell, würden jedoch zu Kosten des Fahrspaßes gehen, kann ich in diesem Fall überhaupt nicht bestätigen! Gerade der Fahrspaß und die Art und Weise, in der das 29″-Bike durch die eher rauen Anlieger Bozi Dars flog, bewegten mich letztlich dazu, für den Rest des Rennens auf dieses Bike zu setzen.
Pünktlich zum Beginn der Seeding-Läufe wurde die Strecke dann ordentlich von oben bewässert und war insbesondere für die später startenden Elite-Klasse so nass wie selten an diesem Wochenende. Als Warm-Up beschloss ich, etwa eine Stunde vor meinem Lauf nach oben zu fahren und den 8 km langen Rubin-Flowtrail zu fahren. Da ich wieder einmal ordentlich die Zeit vertrödelt und mich relativ lange mit dem Putzen meiner neuen 29″-Maschine aufgehalten hatte, startete ich mit einigen Minuten Verspätung, sprintete vom Lift in den Flowtrail und düste das ganze Ding am Stück nach unten. Zum Glück ist das Rad mit 15,8 kg Gewicht vergleichweise leicht, denn so wirklich steil ist der Trail nicht – dafür aber mit unzähligen spaßigen Wellen und Kurven bestückt. Unten hieß es schnell, den klatschnassen Helm und die Goggle wechseln, meinen Brustpanzer anziehen und sofort wieder in den Lift. Trotz des Stress ging die Sache fantastisch auf und ich war wenige Minuten vor meinem Lauf und immer noch halbwegs warm am Start. Der Lauf selbst war dann eher unkonzentriert und locker, allerdings ziemlich fehlerfrei. Leider hatte ich vergessen, Tear-Offs auf meine Brille zu packen, wodurch die Sicht durch den aufspritzenden Schlamm nach den ersten 200 m ziemlich eingeschränkt war. Das störte mich in den Waldsektionen leicht, allerdings verbremste ich mich kaum und nahm insgesamt einen ganz ordentlichen Speed mit. Am Ende fuhr ich auf Platz 34, womit ich wirklich extrem glücklich war!
Sonntag – Finale
In der Nacht von Sonntag auf Samstag öffnete der Himmel ein weiteres Mal seine Schleusen, die sich erst mit Beginn des Trainings allmählich schlossen, was auch leicht wärmere Temperaturen mit sich brachte. Gegen Ende des Lizenz-Trainings verwandelte das die Strecke leider in eine völlig ausgefahrene, mit Löchern übersäte Piste mit Boden in der Konsistenz von Knete. Das war so überhaupt nicht mein Ding. Mir fehlt aktuell einfach die Fahrpraxis und Power, um das Downhill-Bike unter diesen Bedingungen schnell und auf Linie zu halten. Die Zeit zwischen Training und Finale verbrachte ich mit Essen in mich hinein schaufeln und Fahrrad putzen. Der Schlamm klebte wirklich wie Beton am Rad und das von Cube gewählte Design bietet leider einige gut versteckte Taschen, in denen sich jeder Dreck hartnäckig hält.
Da mir die Zeit fehlte, um das Flowtrail-Warm-Up vom Vortag durchzuführen, stieg ich auf die Rennrad-Rolle, was sich schon ziemlich professionell anfühlte, und etwa 25 Minuten vor meinem Lauf in den Lift. Die Betreiber hatten uns netterweise die Halle, in der die Sessel Nachts geparkt werden, geöffnet, sodass man sich dort in nächster Nähe zum Start warm halten konnte. Mittlerweile war das Wetter um einiges besser geworden und die Strecke wirkte am Start schon beinahe komplett trocken. Diesmal startete ich deutlich konzentrierter, trat bis zum ersten Sprung in die Pedale, was das Zeug hielt und machte mich dann so klein wie möglich hinter dem Lenker, um trotz Wind viel Geschwindigkeit mitzunehmen. Im oberen Teil klappte das sehr gut. Unten allerdings rächte sich, dass ich keinen Track Walk gemacht hatte. Meinen Linien der letzten Tage waren komplett kaputt gefahren und mit Löchern übersät, in denen auch ein 29er seinen Platz fand.
Ich hatte zwar während des Trainings verschiedenen Dinge probiert, allerdings war ich in der Mitte eigentlich immer gleich gefahren – zudem ging mir ordentlich die Konzentration flöten und wich vor allem der Verärgerung, dass ich so einen Mist zusammen fahren musste. Auf dem Motorway war ich dann so schnell wie am ganzen Wochenende nicht, was vor allem am trockenen Boden und dem einfach unglaublich gut rollenden 29er lag, und erwischte auch die letzten Steinfelder und Tables gut. Trotzdem stand im Ziel eine Zeit, die 2 Sekunden langsamer als am Vortag war! Da es oben und unten ja richtig gut lief, frage ich mich, wie man eigentlich nur so viel Zeit in in der Mitte vertrödeln kann. Und dann auch noch zielsicher jedes Loch finden, in das mein ganzes, ja nun nicht zu klein geratenes Fahrrad passt … Da meine Downhill-Saison jedoch erst in den Startlöchern steht und ich bisher total begeistert von meinem 27,5″ vs. 29″ Downhill-Bike-Projekt bin, ziehe ich dennoch einen absolut positiven Schlussstrich unter das Wochenende in Bozi Dar!
Fazit – 29″ vs 27,5″ beim iXS Downhill Cup Klinovec
Die Veranstalter vom Trailpark Klinovec haben wieder ein beinahe perfektes Rennen auf die Beine gestellt – ich hoffe wirklich, dass im nächsten Jahr vielleicht mehr als 350 Starter ihren Weg ins Erzgebirge finden. Die Strecke ist für beinahe aller Könnerstufen spaßig, der Lift ist extrem schnell und das Fahrerlager ist diesem direkt angegliedert.
Wie fährt sich also so ein 29″-Downhiller? Ist es so ein behäbiger Rennbolide, wie manche behaupten? Bisher kann ich das ganz klar verneinen – auf einer schnellen, mit Anliegern übersäten Strecke wie Bozi Dar war das Cube Two15 29 nicht nur beeindruckend schnell, sondern auch ganz schön aktiv und spaßig zu fahren. Mit den iXS Cups in Spicak und Ilmenau stehen in den nächste Wochen noch zwei Rennen auf dem Programm, die ein deutlich langsameres und technischeres Terrain bieten. Nach meinen ersten Eindrücken bin ich mir jedoch ganz und gar nicht sicher, ob ich dort das Kryptonit des 29er finden werde …
Welches Rad gefällt euch besser? 27,5″ oder das neue 29er?
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