Ghost Lector – alle Infos
1993 war das Lector das allererste Topmodell in der Produktpalette von Ghost. In Albstadt feierte das Lector seine Wiedergeburt und ist damit seit über 20 Jahren das erste Bike, das den Namen Lector trägt. Damals wie heute soll der XC-Renner das Know-How und Leidenschaft von Ghost widerspiegeln und den Athleten im Rennsport zu Erfolgen verhelfen.
Was das neue Lector können soll
Die Entwicklung für das hauseigene Rennteam macht schnell klar, wofür das Lector ausgelegt wurde: Geschwindigkeit. Damit die Kraft, welche vom Fahrer in das Tretlager eingebracht wird, bestmöglich auf den Untergrund übertragen wird, sollte ein Rahmen möglichst steif sein. Genau darauf wurde bei der Konstruktion des neuen Lectors laut Teamchef Tom Wickles, deswegen auch besonders geachtet; seiner Meinung nach spielt Komfort im Cross Country eine eher untergeordnete Rolle.
Bergab wird sowieso im Stehen gefahren und wenn die Strecke für ein Hardtail zu extreme Bodenunebenheiten aufweist, setzen die Fahrer mittlerweile meist auf ein Fully. Bei der Wahl aufs Hardtail soll dieses dann seine Vorteile voll und ganz ausspielen: extreme Antrittssteifigkeit ohne Verluste durch Wippen oder Flex im Rahmen, welcher bei Fullys systembedingt immer auftritt. Dazu kommt noch, dass ein Hardtail deutlich leichter ist und somit besonders beim Beschleunigen oder bergauf einen weiteren Vorteil bietet. Hinter all diesen Überlegungen steht natürlich noch die Grundvoraussetzung, dass der Rahmen alle nur erdenklichen Lasten im Gebrauch erträgt – ohne nachher mit Rahmendefekt und einem DNF (Did Not Finish) in der Ergebnisliste zu stehen.
Anders als im Motorsport müssen die Rahmen mehrere Rennen halten und werden meist auch für das Training genutzt. Zusammengefasst lassen sich die Anforderungen an das Lector folgend so auf den Punkt bringen: Steifigkeit gefolgt von Gewicht und schließlich Komfort.

Damit schlägt Ghost einen komplett anderen Weg als die Mitbewerber Focus Raven und Canyon Exceed ein, welche ebenfalls letztes Jahr vorgestellt wurden.
Neuentwicklung Lector: Die Details
Im Vergleich zu seinem Vorgänger, dem Ghost HTX, kommt das neue Lector deutlich aufgeräumter daher. Sämtliche Leitungen werden intern verlegt: Das Unterrohr, die Sitzstreben und sogar der Tretlagerbereich verbergen die Züge und Leitungen und schützen sie so vor äußeren Einflüssen.
Ein interessantes Detail ist das X12 Steckachs-System, welches Ghost auch beim Riot verwendet. Die Steckachse bestimmt die Position des Schaltauges, der Bremsaufnahme und des Hinterrads. Die exakte Positionierung der entsprechenden Komponenten wird immer durch den festen Sitz der X12-Steckachse definiert.
Designed und konstruiert wurde der Rahmen im bayrischen Waldsassen in Deutschland, gefertigt wurde der Lector wie fast alle hochwertigen Rahmen in Fernost. Dabei kommen laut Ghost zwei unterschiedliche Techniken zum Einsatz: An Steuerrohr, Tretlagerbereich und Ausfallenden werden die mit Harz vorimprägnierten Carbonlagen („Prepregs“) um einen PU-Schaum gewickelt, der sich während der Erwärmung um bis zu 40 % seiner Ausgangsgröße ausdehnt und so die gelegten Prepregs beim Backvorgang in die Form presst.
Für großflächige und weniger komplizierte Bauteile wie z. B. Ober-, Unter- oder Sitzrohr wird ein Airbag-System genutzt, welches im Rohling sitzt und beim Ausbacken mit einem konstant hohen Druck gegen die Form ein konstanteres Ergebnis erzielt. Beim Lector ergeben sich so ein Monocoque-Hauptrahmen sowie mehrere Einzelteile des Hinterbaus, die anschließend vereint werden. Dabei werden je nach Lage und auftretender Belastung unterschiedlich steife Fasern verwendet.
Je steifer die Fasern, desto höhere Kräfte können die Fasern ertragen. Meist sind diese Fasern aber deutlich spröder und können Lastspitzen weniger gut auf umliegende Fasern übertragen – aus diesem Grund werden laut Ghost auch in Bereichen, welche mehreren Belastungsrichtungen oder Steinschlägen ausgesetzt sind, weniger steife Fasern verwendet. So soll der Rahmen eine hohe Dauerhaltbarkeit aufweisen und selbst harten Rennstrapazen trotzen.

Geometrie
Die Geometrie wurde im Vergleich zum Vorgänger leicht verfeinert. Der Lenkwinkel bleibt steil für eine gute Performance in technischen Uphills, für eine bessere Sicherheit wurde der Reach vergrößert. Kürzere Steuerrohre und Kettenstreben sollen für noch agileres und direkteres Fahrverhalten sorgen. Die verringerte Überstandshöhe verschafft auch in schwierigen Passagen mehr Freiheit auf dem Rad, der 31,6 mm Sitzrohrdurchmesser erlaubt den Einsatz von Teleskop-Sattelstützen.

Modellvarianten
Angeboten werden zwei Rahmenvarianten. Bei den Topmodellen setzt Ghost auf den Lector ULC Rahmen, während bei den restlichen Modellen der Lector LC Rahmen verbaut wird. Der Unterschied zwischen diesen beiden Rahmentypen liegt maßgeblich im Lagenaufbau des Fasermaterials bei identischer Matrix. Bei den Highend-Modellen besteht der Lagenaufbau aus einem Faserverbund. Verschiedene Fasertypen werden je nach Beanspruchung ausgewählt, meist weisen diese ein deutlich höheres E-Modul (steifere Fasertypen) auf. Dies erlaubt es, an bestimmten Stellen weniger Fasermaterial zu verwenden – und das bei gleichbleibender Steifigkeit sowie Stabilität, aber deutlich reduziertem Gewicht. Die LC-Rahmen basieren lediglich auf einem Fasertypen.
- ULC Rahmen: 1060 Gramm inkl. Steckachse und Steuerlagerschalen
- LC Rahmen: 1.240 Gramm inkl. Steckachse und Steuerlagerschalen

Ghost Lector World Cup und Lector 7: Das Topmodell im Test
Um das Ghost Lector über die Trails zu scheuchen, nutzten wir das warme Winterwetter und führten das Team Replica Modell sowie das Lector 7 über die Allgäuer Trails. Die Testrunde hatte alles zu bieten, was es für einen XC-Biketest benötigt: Technische Uphills, einen längeren Schotteranstieg, flache Zubringerstrecken zum nächsten Trail und eine lange Abfahrt mit verwinkelten sowie schnellen Abschnitten.
Die Erwartungen an das Rad waren hoch, handelt es sich doch genau um das Rad, welches die Mädels vom Ghost Team in den Rennen einsetzen und damit auf Podestjagd gehen. Schon nach wenigen Metern wird schnell klar, dass Tom Wickles nicht zu viel versprochen hat: Das Lector ist unfassbar steif und geht extrem nach vorne, sobald hart in die Pedale getreten wird. Nicht das geringste Wippen oder Nachgeben ist im Wiegetritt dem Rahmen zu entlocken.
Geht es auf den Trail, wird aber auch schnell klar, dass der Komfort sehr darunter leidet. Jede Bodenunebenheit wird direkt an den Fahrer weitergeleitet, was besonders an der Teamversion auffällt, denn dort sind auch nur steife Komponenten verbaut. Die AX-Lightness Stütze und die Laufräder bieten keinerlei Komfort und so ergibt sich auch kein Flex, obwohl die Felgen recht breit sind und der Reifen dadurch ein recht großes Volumen bekommt. Im technischen Uphill stört das nicht weiter, ist für den guten Vortrieb sogar eher förderlich. Auf schnellen Abschnitten muss man aber doch immer öfter aus dem Sattel, da ein Fahren im Sitzen einfach zu unangenehm wird. So fuhr sich das günstigere Lector 7 Modell zwar nicht mehr ganz so leichtfüßig und spritzig, aber dafür ein wenig komfortabler.

Geht es in die Abfahrt, fühlt sich das Ghost Lector im Downhill so richtig wohl. Die kleinen Geometrieveränderungen haben sich auf jeden Fall ausgezahlt, denn das Lector fühlt sich im Downhill zu jeder Zeit sehr sicher an. Kontrolliert geht es bis an das Limit und durch den steifen Rahmen lassen sich die Linien gut anvisieren und halten. Die Teamversion punktet hier durch einen für XC-Verhältnisse breiten Lenker, der gut zum Charakter des Bikes passt. Auf nassen Passagen begrenzen dann die Reifen eine noch aggressivere Fahrweise, wobei der Schwalbe Thunder Burt durchaus überzeugen kann und deutlich besseren Grip bietet, als sein Aussehen erwarten lässt.
Fazit
Das Ghost Lector ist ein Rad für die XC-Rennstrecken dieser Welt: Schnell im Antritt durch den extrem steifen Rahmen, schnell in der Abfahrt durch eine sehr gelungene Geometrie. Einziger Kritikpunkt an diesem Rad ist der gänzlich fehlende Komfort. Tuningtipp für Marathonfahrer: flexende Sattelstütze verbauen.

Pro
- Extrem Antrittssteifigkeit
- Cleane Optik durch innen verlegte Züge
- Geometrie vermittelt Sicherheit und erlaubt aggressive Fahrweise im Downhill
Contra
- Rahmen bietet keinerlei Komfort
- Rahmen minimal über 1000 g
Weitere Informationen
Website: www.ghost-bikes.com
Text & Redaktion: Thomas Fritsch | MTB-News.de 2016
57 Kommentare
» Alle Kommentare im ForumWie? Schon so gut wie ausverkauft, wo draußen gerade der erste Schnee liegt!? Dann war alles Ghost Bashing hier für die Katz
Nimmt uns denn keiner mehr Ernst hier???😵
Das ist für mich ein wichtiges Kriterium, weshalb ich die Zeitschrift ggf. kaufe, sowohl die verlinkte Mountainbike als auch die Bike. Nur Zahlen sind objektiv.
Die einen wollen nur Daten, Zählen und Fakten glauben, die anderen wiederum nur das subjektive (Test-)Gefühl. Also was nun?
, wie immer
.
Wenn man die Bikes nicht testen kann, dann ist es eben hilfreich, Erfahrungswerte, Testberichte und Zahlen zur Hand zu haben.
Und ich kann mir bei den Zeitschriften nicht wirklich vorstellen, dass dort lauter unfähige Luschen am Werk sind. Aber ok, fast jeder IBC User, insbesondere @san_andreas, ist da ja der Bike Maßstab schlechthin
So war das nicht gemeint, aber es hat doch oft genug Messungen gegeben, die dann im Fahrbetrieb ziemlich irrelevant waren.
Außerdem bewegen sich die meisten Rahmen heute auf einem sehr hohen Niveau.
Na ja, Lenkkopfsteifigkeit und Tretlagersteifigkeit sind mMn nicht irrelevant, ich schrieb ja auch, dass es mir nur um das Marketinggewäsch ging und das Rad wird praktisch sicherlich für die meisten Fahrer(innen) steif genug sein. Es ist aber eben nicht extrem steif und stellt im Bereich Steifigkeit und Komfort einen Rückschritt dar.
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