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Formula Nero
Vorstellung und Test der neuen Downhill-Gabel

Formula Nero: Der italienische Bremsen- und Federungsspezialist Formula nutzte den finalen World Cup-Stopp in Val di Sole, um der Welt ihren neusten Wurf vorzustellen: die Formula Nero-Downhillfedergabel. Diese setzt in der Luftversion auf ein völlig neues 3-Kammern-System und kommt in 27,5″ und 29″. Wir konnten sie in Val di Sole bereits für einige Fahrten entführen – alle Infos und erste Testeindrücke im Artikel.

Ganz unerwartet ist die Präsentation der neuen Federgabel sicher nicht – das AB Devinci Italy-Team mit einigen der italienischen Topfahrern wie Francesco Colombo oder Loris Revelli war stark in die Entwicklung eingebunden und seit Anfang des Jahres auf einer auffällig “getarnten” Prototypen-Version im World Cup und EDC zu sehen. Letzte Woche teaserte Formula zusätzlich mit einem Video – die Details und Hintergründe des fertigen Produkts waren jedoch bis zuletzt relativ geheim.

Hier lang zum Formula Selva R-Test – der neuen Enduro-Federgabel der Italiener.

Formula Nero – Kurz & knapp

Die Formula Nero setzt auf einige Features der vor einem Jahr vorgestellten Enduro-Federgabel Selva. Das Casting ist beispielsweise dasselbe, ebenso die 20 mm Boost-Achse – ein neuer Standard, der sich laut Formula demnächst breitflächig durchsetzen wird – und die IFT-Technologie. An Dämpfung und Luftkammer gibt es jedoch einige Veränderungen: Das mit der Formula Selva eingeführte CTS-System zur Beeinflussung des Druckstufen-Tunes kommt nicht zum Einsatz, dafür aber eine neue Luftfeder mit drei unabhängigen Kammern – Negativ, Regulär und Progression. Derartige Systeme, auch zum Nachrüsten, gibt es auf dem Markt zwar schon seit längerem – Formula argumentiert aber, dass ihr Ansatz sich von diesen stark unterscheidet und einige Vorteile bietet. Zusätzlich wird eine Stahlfeder-Variante mit extern einstellbarer Federvorspannung angeboten.

Preise UVP: Nero R: 1.790 € (schwarz) , 1.835 € (ultraviolett) | Nero C:  1.390 € (schwarz), 1.435 € (ultraviolett) | Bikemarkt: Formula Nero kaufen

# Die zwei Luftventile auf der linken Seite fallen sofort ins Auge. - damit keine Verwirrung auftritt sind sie klar farblich gekennzeichnet. Die Reihenfolge zum Befüllen der Luftkammern kann man an 3 Stellen auf der Federgabel nachlesen.
# Ein Schriftzug, den man heutzutage selten sieht - Made in Italy
# formula-nero-5602
# formula-nero-5581
# formula-nero-5600

Technische Daten

Das Casting der Formula Nero ist identisch mit dem der Selva – sie verfügt somit über dieselben 35 mm Standrohre und die Hexagon-Technologie im Casting, die laut Hersteller genau das richtige Verhältnis zwischen Steifigkeit und Flex bieten sollen. Die 20 mm Boost-Ausfallenden sind 110 mm breit, allerdings sitzt die Bremsscheibe weiter außen als bisher. Laut Formula wird sich der neue Standard durchsetzen, weshalb sie sich gezwungen sehen mitzugehen – allerdings liefern sie zu jeder Gabel einen Adapter für die Bremsscheibe mit, der es erlaubt, reguläre 20 mm Downhill-Laufräder zu fahren. Flexibel ist Formula auch bei der Laufradgröße und dem Gabelschaft: Es wird Modelle in 27,5″ und 29″ und sowohl mit 1 1/8″ als auch Tapered-Gabelschaft geben.

# 20 mm Boost-Steckachse - es wird jedoch immer ein Adapter mitgeliefert, um auch “reguläre” Downhill-Laufräder fahren zu können.
# Das Nero R-Modell verfügt über eine komplexe Luftfeder.
# Auf der linken Seite befindet sich das dritte Luftventil.

Die Stahlfeder-Variante Formula Nero C verfügt über eine extern einstellbare Federvorspannung und wird mit drei verschiedenen Federhärten ausgeliefert. Allerdings ist sie mit allen bekannten 35 mm Downhill-Federn kompatibel – wer möchte, kann also auch auf eine Race Only Springs-Feder zurückgreifen, die aktuell im World Cup sehr beliebt ist.

# An der Formula Nero C mit Stahlfeder lässt sich die Vorspannung extern verstellen - sie wird Anfang 2018 erhältlich sein.

# Formula Nero R – Technische Spezifikationen

# Formula Nero C – Technische Spezifikationen

3Air-System – 3 Luftkammern für ein Halleluja

Schlüsseltechnologie der neuen Formula Nero R-Federgabel ist die neue 3Air-Luftfeder. Drei Luftkammern klingen erstmal ziemlich kompliziert – als die Entwickler mit dieser Idee ankamen, blockierte die Marketing-Abteilung zunächst auch vehement, da sich befürchtete, ein zu kompliziertes Setup könnte potenzielle Kunden verschrecken. Letztendlich überwogen die Vorteile, vor allem die sehr flexible und schnelle Anpassung der Kennlinie mit einer Dämpferpumpe, jedoch die Bedenken. Um Verwirrung und Fehlern beim Setup vorzubeugen, sind die drei Luftkammern mit den klassischen Medaillen-Farben im Rennsport gekennzeichnet: Gold, Silber und Bronze. Diese geben gleichzeitig die immer einzuhaltende Reihenfolge beim Setup an.

# Die beiden oberen Luftkammern sind klar gekennzeichnet - Gold und Silber, was zugleich auch die Reihenfolge ist, in der sie befüllt werden müssen.
# Das dritte, bronzene Ventil befindet sich am Fuß des linken Tauchrohrs.
# Es sollte immer als letztes befüllt werden.

Das Team von Formula legt großen Wert darauf, dass sich die goldene Kammer anders verhält als eine traditionelle Bottom-Out-Luftkammer. Diese sorgt in der Regel dafür, dass die Federrate ganz am Ende des Federwegs stark ansteigt – laut Formula erfolgt dies oft sehr plötzlich und unkontrolliert. Ihr System hingegen greift schon ab zirka der Hälfte des Federwegs, lässt die Kennlinie sanfter ansteigen und arbeitet jederzeit simultan zu den anderen Kammern.

Die bronzene Kammer ist die Negativ-Kammer. Sie beeinflusst das Ansprechverhalten am Beginn des Federwegs und befindet sich am Fuß des linken Tauchrohrs. Erhöht man den Druck in dieser Kammer, spricht die Gabel sensibler an. Wer hingegen etwas mehr Feedback vom Untergrund haben möchte, muss den Druck um einige psi absenken.

# Formula Nero 3Air System – Generelle Kennlinie
# Formula Nero 3Air System – Gold Kennlinienbeeinflussung
# Formula Nero 3Air System – Bronze Kennlinienbeeinflussung

Die Reihenfolge, in der die Kammern aufgepumpt werden, muss unter allen Umständen eingehalten werden. Zudem sollte die Negativ-Kammer (Bronze) entleert werden, bevor der Druck in den beiden positiven Kammern (Gold und Silber) gecheckt wird, da alle Kammern immer miteinander interagieren. Für das erste Setup sollte man sich besser etwas Zeit nehmen, danach ist es eigentlich ziemlich verständlich. Formula hat auch eine Reihe an hilfreichen Videos produziert, welche die Features der Federgabel und die Setup-Prozedur erklären:

Dämpfung

Die beiden Modelle Formula Nero R und Nero C sind mit derselben Drop In-Dämpfungskartusche ausgestattet: Damit können High- und Lowspeed-Druckstufe und der Rebound getrennt eingestellt werden. Im Gegensatz zur Selva kommt an der Formula Nero nicht das CTS-System zum Einsatz, bei dem man relativ zügig den Grundtune der Druckstufe auswechseln kann – stattdessen wurde das 3Air-System eingeführt. Als Grund nennt Formula, dass der Wechsel einfach zu lange dauert, um im Downhill-Rennsport, wo Änderungen mal schnell zwischen Trainingsläufen durchgeführt werden müssen, praktikabel zu sein. Für den Enduro-Einsatz halten sie jedoch weiterhin an diesem System fest.

# High- und Lowspeed-Druckstufe können separat eingestellt werden.
# Die Zugstufe wiederum ist nicht unterteilt - High- und Lowspeed sucht man hier vergeblich.

IFT-System

Das IFT-System ist bereits aus der Enduro-Federgabel Selva bekannt und kommt auch bei der Formula Nero zum Einsatz. Die Idee dabei ist, dass gar nicht die Beschichtungen der Standrohre und Kolben die größte Rolle bei der Reduktion von Reibung spielt, sondern das Verwinden der Gabel im Fahrbetrieb. Ein gewisser Flex kann sich zwar sehr positiv auf das Fahrverhalten  auswirken, führt allerdings dazu, dass Kolben und Rohre nicht mehr perfekt fluchten. Dem beugen Formula vor, indem sie Kugelgelenke zwischen Kolben und Kolbenstange bauen, wodurch diese sich mitbewegen können und zwangfrei gleiten.

# formula-nero-5605

Test: Formula Nero auf dem Trail

Bei der Pressevorstellung im Rahmen des World Cup-Finales in Val di Sole hatten wir die exklusive Möglichkeit, die neue Formula Nero R-Federgabel auf den technisch anspruchsvollen Trails rund um die berüchtigte Downhill-Strecke in Val die Sole anzutesten. Dies ersetzt natürlich keinen vollwertigen Test (dieser folgt in den kommenden Monaten), war jedoch ausreichend, um einen ersten Eindruck der Federgabel zu bekommen und sich mit den vielen Einstellmöglichkeiten vertraut zu machen.

Unsere Teststrecke startete vom Gipfel desselben Bergs, auf dem sich auch die “Black Snake” World Cup Strecke befindet – diese startet allerdings “nur” von der Mittelstation. Der Streckencharakter änderte sich dabei von einem sachten Trail zu einem Hohlweg mit Highspeed-Geballer und schließlich einer sehr losen, mit Wurzeln, Steinen und natürlichen Gaps gespickten Piste, bei der man sich manchmal fragte, ob man sich nicht aus Versehen auf die Rennstrecke verirrt hatte.

# Unser Testbike - ein Devinci Wilson Carbon mit Formula Nero R-Federgabel und EXT Arma-Dämpfer.

Wir starteten zunächst mit den für unser Gewicht empfohlenen Einstellungen und Luftdrücken. Die Federgabel spricht im Stand gut an, begeistert jedoch „beim Parkplatztest“ zunächst nicht übermäßig. Auf den ersten Metern Trail revidiert sich dieser Eindruck jedoch völlig – die Formula Nero R nimmt auch feine Vibrationen auf und spielt in Sachen Sensibilität in einer ganz hohen Liga. Ob dafür nur das IFT-System verantwortlich zeichnet, lässt sich noch nicht mit absoluter Sicherheit sagen, allerdings ließ sich die Nero nicht wirklich zum Verhärten provozieren – auch der eine oder andere absichtlich schiefe oder hecklastige Huck-to-Flat konnte daran nichts ändern. Die früh einsetzende goldene Luftkammer lässt die Gabel sehr hoch im Federweg stehen – anfangs etwas zu hoch.

Statt die Progressivität ein wenig herauszunehmen, entschieden wir uns, schnell den Druck in der Negativkammer minimal zu erhöhen und in der regulären Kammer etwas zu senken. Die Anpassung ging ohne Probleme auf dem Trail und zeigte sofortige Wirkung. Glücklicherweise, denn der parallel stattfindende World Cup schien sich etwas auf die Gruppe abgefärbt zu haben und das Tempo wurde immer höher. Im unteren steinigen Teil sorgte das für eine teils sehr unsaubere Fahrweise; die Formula Nero R wusste aber das meiste wieder auszubügeln, schluckte auch schräg angefahrene Steine weg und rauschte nicht durch den Federweg, wenn sich das ein oder andere blinde Gap als eher “stumpf” herausstellte. Wie von Formula versprochen, spürt man nicht, dass die progressive Kammer schlagartig greift, stattdessen fühlt sich die Gabel über den gesamten Federweg sehr sanft und organisch an.

Fazit zur Formula Nero R

Mit der Formula Nero steigen die Italiener mit einem Paukenschlag ins Downhillgeschäft ein. Die Gabel wirkt sehr hochwertig verarbeitet und wartet mit einigen interessanten Features auf. Die 3Air Luftkartusche mag im ersten Moment sehr kompliziert wirken, Formula hat es jedoch geschafft, die Setup-Prozedur sehr übersichtlich und verständlich zu gestalten. Im ersten Test konnte die Nero überzeugen und scheint sich nicht vor den Big Playern im Downhillsport verstecken zu müssen. Zudem gefallen uns die optischen Details: wie die sehr technisch aussehenden Einstellknöpfe oder die violetten Gabelbumper (in Serie) und O-Ringe. Selbst das sehr gewagte ultraviolette Casting macht einiges her.

# Francesco Colombo vom AB Devinci Italy-Team war seit Anfang des Jahres auf der neuen Formula Nero R-Federgabel unterwegs

Testablauf

Im Rahmen der Pressevorstellung während des World Cups in Val di Sole konnten wir die Formula Nero R einen Nachmittag lang in anspruchsvollem und alpinem Gelände fahren.

Hier haben wir die Formula Nero R getestet

Vollständigen Artikel lesen …

Testerprofil Gregor Sinn

    • Testername: Gregor Sinn
    • Körpergröße: 183 cm
    • Gewicht (mit Riding-Gear): 68 kg
    • Schrittlänge: 85,5 cm
    • Armlänge: 61 cm
    • Oberkörperlänge: 60 cm
    • Fahrstil: verspielt
    • Was fahre ich hauptsächlich: Downhill, Enduro
    • Vorlieben beim Fahrwerk: unauffällig, hinten progressiv, vorne wenig Druckstufe
    • Vorlieben bei der Geometrie: hinten nicht zu kurz, vorne geräumig, Lenkwinkel nicht zu flach

Video – AB Devinci Italy-Team in Action

Was denkt ihr über Formulas neusten Wurf? Würdet ihr eher zu schwarz oder ultraviolett greifen?


Weitere Informationen zur Formula Nero

Webseite: www.rideformula.com
Text & Redaktion: Gregor Sinn | MTB-News.de 2017
Bilder: Moritz Zimmermann

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