Focus Jam im Test: Die Stuttgarter Bikeschmiede schickt das Jam als komplett überarbeitetes 29″-Trailbike mit 150 mm Federweg in die Saison 2022. Neben einer komplett überarbeiteten Geometrie mit Fokus auf ein verspieltes Fahrverhalten setzt man auf einen horizontal montierten Dämpfer. Das ermöglicht eine niedrige Überstandshöhe und schafft im Rahmen Platz für eine Werkzeugtasche und eine Wasserflasche. Wir haben das Focus Jam getestet.
Steckbrief: Focus Jam 6.0 LTD 2022
Einsatzbereich | Trail, All-Mountain |
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Federweg | 150 mm/150 mm |
Laufradgröße | 29ʺ |
Rahmenmaterial | Aluminium |
Gewicht (o. Pedale) | 16,2 kg |
Rahmengrößen | S, M, L, XL (im Test: L) |
Website | www.focus-bikes.com |
Wie schon der Vorgänger (Artikel: Focus Jam 6.7 Nine im Test: Spiel mehr auf dem Trail!) setzt auch das neue Jam auf 29″-Laufräder und den bekannten F.O.L.D-Hinterbau. Der Federweg des Trail Bikes wächst allerdings auf 150 mm an Front und Heck. Auffälligste Neuerung ist definitiv der horizontal montierte Dämpfer, der eine sehr geringe Überstandshöhe ermöglicht und im Rahmen genügend Platz für eine Werkzeugtasche und eine Wasserflasche lässt. Dazu entfällt die Option auf einen Carbon-Rahmen, das neue Jam gibt es nur noch als Aluminium-Bike. Das schlägt sich auch in den Preisen nieder, die bei fairen 2.399 € starten. Unser Testbike in der Top-Ausstattung, das Focus Jam 6.0 LTD, wechselt für 3.999 € den Besitzer.
Viele weitere Details zum neuen Focus Jam erfahrt ihr zusätzlich in unserem Vorstellungsartikel: Neues Focus Jam 2022: Der Wald wird zum Spielplatz
Im Detail
Die auffälligste Neuerung am neuen Focus Jam springt mit dem komplett überarbeiteten Hinterbau-System sofort ist Auge. Der F.O.L.D.-Hinterbau (Focus Optimized Linkage Design) kommt weiterhin mit zwei ineinander verschachtelten Umlenkwippen, wobei der Main- und Guide Link die Position getauscht haben, sodass der Dämpfer horizontal statt vertikal im Rahmen sitzt. Focus hat die Gelegenheit genutzt, dem Hinterbau deutlich mehr Progression zu verpassen. Dazu ermöglicht das neue Design eine sehr geringe Überstandshöhe. Zusätzlich bleibt im Rahmen genügend Platz für eine Werkzeugtasche, die Platz für Minitool, CO2-Kartusche und Ersatzschlauch bietet, und eine Wasserflasche.
Der Alu-Rahmen in Raw-Optik ist hochwertig verarbeitet und überzeugt mit schlichtem, aber durchaus schickem Design. Die aufgeräumte, cleane Optik wird durch die im Rahmen verlaufenden Züge unterstrichen. Besonders geordnet wirkt dabei das Cockpit: Die Züge verschwinden nämlich direkt im Focus C.I.S. Vorbau und laufen durch den Steuersatz direkt in den Rahmen.
Geometrie
Die Geometrie des neuen Focus Jam fällt moderner und abfahrtslastiger aus. So sind die Reach-Werte deutlich gewachsen, hier liegen wir bei 480 mm in Rahmengröße L. Sitzrohrlänge und Überstandshöhe sind deutlich gesunken, was sowohl die Montage von Sattelstützen mit mehr Hub ermöglicht als auch die Bewegungsfreiheit auf dem Bike erhöht. Die Kettenstrebenlänge liegt über alle Größen hinweg bei 435 mm. Der Lenkwinkel liegt bei flachen 65°, der Sitzwinkel fällt mit 76° steil aus. Das Tretlager ist um 30 mm abgesenkt. Per Flip-Chip lassen sich Lenk- und Sitzwinkel um 0,5° steiler einstellen, wobei auch das Tretlager um 6 mm nach oben wandert. Zudem verlängert sich der Reach um 5 mm.
Rahmengröße |
S
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M
|
L
|
XL
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Laufradgröße | 29″ | 29″ | 29″ | 29″ |
Reach | 420 mm425 mm | 450 mm455 mm | 480 mm485 mm | 510 mm515 mm |
Stack | 602 mm | 611 mm | 630 mm | 648 mm |
STR | 1,431,42 | 1,361,34 | 1,311,30 | 1,271,26 |
Lenkwinkel | 65°65,5° | 65°65,5° | 65°65,5° | 65°65,5° |
Sitzwinkel, effektiv | 76°76,5° | 76°76,5° | 76°76,5° | 76°76,5° |
Oberrohr | 570 mm | 600 mm | 635 mm | 670 mm |
Steuerrohr | 90 mm | 100 mm | 120 mm | 140 mm |
Sitzrohr | 390 mm | 420 mm | 450 mm | 470 mm |
Kettenstreben | 435 mm | 435 mm | 435 mm | 435 mm |
Radstand | 1.166 mm | 1.200 mm | 1.239 mm | 1.277 mm |
Tretlagerabsenkung | 30 mm24 mm | 30 mm24 mm | 30 mm24 mm | 30 mm24 mm |
Einbauhöhe Gabel | 561 mm | 561 mm | 561 mm | 561 mm |
Gabel-Offset | 44 mm | 44 mm | 44 mm | 44 mm |
Federweg (hinten) | 150 mm | 150 mm | 150 mm | 150 mm |
Ausstattung
Insgesamt drei Ausstattungsvarianten stehen beim neuen Focus Jam zu Auswahl. Das Einsteigermodell liegt bei 2.399 €, die mittlere Ausstattungsvariante bei 2.999 € und das getestete Bike in der Topausstattung bei 3.999 €. Dabei liegt das Preis-Leistungs-Verhältnis bei allen Varianten des Alu-Trailbikes auf einem guten Niveau.
Unser Testbike, das Focus Jam 6.0 LTD, kommt mit einem hochwertigen Fahrwerk aus dem Hause RockShox und besteht aus einer RockShox Lyrik Ultimate RC2 Federgabel an der Front und einem RockShox Super Deluxe Select+ Dämpfer am Heck. Geschaltet wird mit der elektronischen SRAM GX Eagle AXS-Schaltgruppe, die knackig schnelle und präzise Schaltvorgänge garantiert. Ordentlich Verzögerung bietet die SRAM Code R Bremsanlage. Die Reifenkombination aus Maxxis Minion DHR und DHF ist auf einen EX 511-Laufradsatz aus dem Hause DT Swiss aufgezogen. Der Sattel wird mithilfe einer Kind Shock Rage Vario-Sattelstütze versenkt. Schick ist zudem das Cockpit, bestehend aus Race Face Chester-Lenker und Focus C.I.S.-Vorbau, in dem die Züge direkt verschwinden und versteckt durch den Steuersatz in den Rahmen geführt werden. Insgesamt bekommt man hier ein solides Ausstattungspaket zum fairen Preis von 3.999 €.
- Federgabel Rock Shox Lyrik Ultimate RC2 (150 mm)
- Dämpfer Rock Shox Super Deluxe Select+ (150 mm)
- Antrieb SRAM GX Eagle AXS
- Bremsen SRAM Code R
- Laufräder DT Swiss EX 511
- Reifen Maxxis Minion DHF / DHR 2.5 3C MaxxGrip EXO+ TR
- Cockpit RaceFace Chester 35 (780 mm) / Focus C.I.S. integrated (50 mm)
- Sattelstütze Kind Shock Rage (150 mm)
Modell | Focus Jam 6.8 | Focus Jam 6.9 | Focus Jam 6.0 LTD |
Federgabel | RockShox Revelation RC 29, 150 mm | Fox 36 Float Performance, 150 mm | RockShox Lyrik Ultimate RC2, 150 mm |
Dämpfer | RockShox Deluxe Select | Fox Float DPS Performance | RockShox Super Deluxe Select+ |
Laufräder | Novatec / Rodi Tryp30 | Novatec / Rodi Tryp30 | DT Swiss H370 / DT Swiss EX 511 |
Schaltwerk | SRAM NX Eagle | Shimano XT | SRAM GX Eagle AXS |
Schalthebel | SRAM SX Eagle | Shimano XT | SRAM AXS |
Kassette | SRAM PG-1210 | Shimano 10-50T | SRAM XG-1275 |
Kurbeln | SRAM NX Eagle | Shimano XT | SRAM GX Eagle |
Bremsen | SRAM G2 R | Shimano XT | SRAM Code R |
Sattelstütze | Kind Shock Rage | Kind Shock Rage | Kind Shock Rage |
Lenker | Focus Trail | Race Face | Race Face Chester, 780 mm |
Vorbau | Focus Locker SL | Focus C.I.S. Integrated, 50 mm | Focus C.I.S. Integrated, 50 mm |
Reifen | Maxxis Minion DHF (2,5" WT, EXO) / Maxxis Minion DHR II (2,4" WT, EXO) | Maxxis Minion DHF (2,5" WT, EXO) / Maxxis Minion DHR II (2,4" WT, EXO) | Maxxis Minion DHF (2,5" WT, EXO+) / Maxxis Minion DHR II (2,4" WT, EXO+) |
Sattel | Focus Trail SL | Focus Trail SL | Proxim W450 |
Preis | 2.399 € | 2.999 € | 3.999 € |
Auf dem Trail
Auf dem Focus Jam Platz genommen, fällt die angenehm aufrechte Sitzposition positiv auf. Auch der Sitzwinkel fällt steil genug aus, um selbst bei größerem Sattelauszug einen ansprechenden Kniewinkel zu garantieren. So werden auch lange Anstiege entspannt gemeistert. Ein Sprinter ist das Trailbike mit seinen stolzen 16,2 kg jedoch nicht: Der sehr aktive und sensibel ansprechende Hinterbau neigt zum leichten Wippen, bei ausgedehnten Anstiegen lässt sich dies durch einen Griff zum Plattform-Hebel am Dämpfer abschalten. In technisch anspruchsvollen Uphills generiert der Hinterbau dafür allerdings ordentlich Grip. Aufgrund des tiefen Tretlagers muss man etwas aufpassen, nicht mit dem Pedal an hohen Wurzeln oder Steinen hängenzubleiben.
Sobald die Zeichen auf Abfahrt stehen, mutiert das Focus Jam zur Spaßmaschine. Das tiefe Tretlager sorgt in Verbindung mit der ausgewogenen Geometrie für eine zentrale Position auf dem Rad. So macht es richtig Laune, das Bike von einer Kurve in die nächste zu werfen. Der Hinterbau saugt durch sein sensibles Ansprechverhalten viele Schläge und Unebenheiten auf. Dabei bietet das Fahrwerk jedoch ausreichend Gegenhalt und Progression, um in schnellen Anliegern nicht wegzusacken. Auch harte Landungen nach großen Sprüngen steckt es souverän weg. Generell freut sich das verspielte Trailbike über jeden Sprung und jede Welle, die zu dynamischen Fahrmanövern einlädt.
Auch auf steileren und härteren Abfahrten fühlt sich das Jam wohl. Die Kombination aus 65° flachem Lenkwinkel, ausladendem Reach und tiefem Tretlager vermittelt eine ordentliche Portion Laufruhe und ein sicheres Fahrgefühl in steilem Gelände. Gerade in anspruchsvollen Steinfeldern kommt das Fahrwerk mit seinen 150 mm Federweg bei hohen Geschwindigkeiten jedoch irgendwann an seine Grenzen.
Insgesamt ist das Focus ein starker Allrounder, der auch mal einen Bikepark-Ausflug mitmacht, wenn man damit zufrieden ist, die härteren Abfahrten nicht mit absolutem Topspeed fahren zu können. Dafür hat man auf Jumptrails umso mehr Spaß. Allerdings sollte man im Bikepark über ein Reifen-Upgrade nachdenken: Die Kombination aus EXO-Karkasse am Vorderrad und EXO+ am Hinterrad ist ein guter Kompromiss für Hometrail-Ausfahrten, bei härteren Einsätzen ist das Limit beim Durchschlagschutz jedoch schnell erreicht.
Das ist uns aufgefallen
- Proxim W450 Sattel Ein Sattel ist immer Geschmackssache. Uns konnte der Proxim W450 auf ausgedehnten Touren allerdings nicht überzeugen – er fühlte sich unbequem an.
- SRAM GX Eagle AXS Schaltgruppe Grundsätzlich bin ich eher ein Freund mechanischer Schaltungen. Die SRAM GX Eagle AXS überzeugte im Test jedoch mit dem aufgeräumt kabellosen Look und knackig präzisen Schaltvorgängen.
- Werkzeugtasche Die im Rahmendreieck untergebrachte Werkzeugtasche begeistert. Die simple Lösung bedeutet, selbst auf der kleinsten Feierabendrunde immer das wichtigste Werkzeug dabeihaben zu können. Praktisch!
- Focus C.I.S. Vorbau Braucht man den Focus C.I.S. Vorbau? Vermutlich nicht. Aber das Cockpit sieht damit einfach sehr aufgeräumt und schick aus. Gefällt!
- Rahmenprotektor Die Unterseite des Rahmens ist im Tretlagerbereich durch eine dickere Gummi-Folie gut geschützt. Im oberen Bereich kommt zusätzlich eine dünnere, klare Folie zum Einsatz.
- Kettenstrebenschutz Auch der Kettenstrebenbereich ist gut geschützt. Die leichten Finnen reduzieren zudem etwas die Geräuschentwicklung.
Fazit – Focus Jam 6.0 LTD 2022
Das Focus Jam ist ein verspieltes Trail Bike mit soliden Allround-Eigenschaften: Der 29er mit 150 mm Federweg lädt bei jeder Gelegenheit zu dynamischen Fahrmanövern und Sprungeinlagen ein. Erst bei sehr steilen und harten Abfahrten erreicht man die Grenzen des Bikes und muss etwas Geschwindigkeit herausnehmen. Für einen Preis von 3.999 € erhält man beim getesteten Topmodell Focus Jam 6.0 LTD zudem eine starke Ausstattung. Auch die Rahmendetails können mit der integrierten Zugverlegung, der Werkzeugtasche im Rahmen und den sinnvollen Protektoren im Tretlager- und Kettenstrebenbereich begeistern. Einzig das Gewicht fällt mit 16,2 kg recht hoch aus und lädt in Verbindung mit dem aktiven Fahrwerk eher nicht zu Uphill-Sprints ein.
Pro / Contra
Stärken
- starkes Preis-Leistungs-Verhätnis
- verspielter Allrounder mit breitem Einsatzbereich
- durchdachte Rahmendetails
Schwächen
- Gewicht
Wie gefällt euch die Neuauflage des Jam?
Testablauf
Wir haben das Focus Jam über einen Testzeitraum von mehreren Wochen hinweg mit auf die verschiedensten Trails im Schwarzwald genommen. Dabei war von ausgedehnten Touren rund um Baiersbronn bis zu den anspruchsvollen und sprunglastigen Trails rund um Freiburg so ziemlich alles dabei.
Hier haben wir das Focus Jam getestet
- Freiburg, Deutschland Borderline, Canadian Trail und Badish Moon Rising gehörten neben natürlichen Trails im Schwarzwald zu den regelmäßigen Ausflugszielen.
Testerprofil
- Testername: Sebastian Beilmann
- Körpergröße: 174 cm
- Gewicht (mit Riding-Gear): 68 kg
- Schrittlänge: 81 cm
- Armlänge: 63 cm
- Oberkörperlänge: 56 cm
- Fahrstil: Verspielt
- Was fahre ich hauptsächlich: Trail, Enduro, Park
- Vorlieben beim Fahrwerk: recht straff mit Progression
- Vorlieben bei der Geometrie: relativ flacher Lenkwinkel, kurze Kettenstreben, langes Oberrohr mit kurzem Vorbau