# Nur ein bisschen mehr als 20 kg bringt dieses Gefährt auf die Waage
Die Idee war mir schon seit einiger Zeit im Kopf herum gesponnen: Eine kombinierte Bike+Skitour. Warum? Wer schon einmal im Frühling eine Skitour gegangen is, der kennt den Grund: Der Schnee zieht sich im Tal bereits zurück, hält sich weiter oben aber noch hartnäckig. Und dazwischen: Eine wenig beschauliche Mischung aus Matsch, Schneematsch und Nassschnee.
Der geneigte Skibergsteiger wird auf seiner Tour also meist zunächst die Ski tragen und in Skischuhen wandern, dann regelmäßig die Ski an- und wieder abschnallen, um über einige Schneefelder zu gleiten, endlich seine Tour gehen und am Nachmittag die gleiche Prozedur in umgekehrter Reihenfolge hinter sich bringen. Hier kommt das Fatbike ins Spiel.
# Ja, man muss schon etwas breiter treten…
Mitte April gehen wir das Experiment an, fahren nachmittags noch nach Flumserberg. Im T-Shirt laden wir Ski und Bike aus, fixieren die Ski links und rechts des Oberrohrs, ziehen Rucksäcke und Skischuhe an. Moment. Skischuhe beim Fahrrad fahren? Es gibt sicher eine geeignetere Fußbedeckung, doch die Skischuhe zusätzlich am Rucksack? Nach einigen Metern der Eingewöhnung geht die Geschichte aber auch einwandfrei.
Unser Anstieg ist ziemlich flach, aber dafür ordentlich lang: gerade einmal 700 hm gilt es zu machen, dafür ist eine Strecke von etwa 12 km zurück zu legen. Skibergsteiger nennen so etwas gerne einen “Hatscher”, doch für den Einsatz des Bikes scheint der Anstieg wie gemacht. Bis wir den ersten Schnee unter die Stollen nehmen, vergeht ein Kilometer, und Max, der als Vergleichsgröße ohne Zweirad mit dabei ist, beginnt die Tour bereits zu verfluchen. Als im Tannenboden (1400) der Wald beginnt, ergreift er die Gelegenheit beim Schopf und schnallt auf einem Pistenrest die Ski an. Jetzt kann er direkt gehen und abkürzen, während ich mit dem Fatbike immer wieder begeistert von Schnee auf Schotter wechsle und die Serpentinen ausfahre.
An der Station Prodalp (1576) kommt es zu einer bizarren Begegnung im Abendlicht: Fatbikes trifft Pistenraupe. Als ich die frisch präparierte Piste unter die Stollen nehme, kann ich mir ein Lächeln nicht verkneifen, und selbst der Bullyfahrer, den meine Spur in seinem Werk stören müsste, muss lachen und bremst ab, um zu sehen, was da unterwegs ist.
# Wahnsinns-Panorama auf Pistenresten
Im ersten langen, durchnässten Schneefeld muss ich ganz schön Kraft investieren, von selbst fährt das Gefährt nicht – doch während ich ein normales Mountainbike spätestens hier stehen gelassen hätte, bleibe ich im Sattel. Dadurch bin ich zum einen schneller unterwegs als auf Ski, zum anderen eindeutig kraftsparender.

# Hier übernachtet das Bike
Eine halbe Stunde später hat Max die Ski weitere 10 Mal an und wieder abgeschnallt und seine Felle durchnässt. Während seine Füße leiden, ist das einzige Körperteil, dass bei mir momentan Kondition zeigen muss, das Gesäß.
# Sonnenaufgang um halb Sieben, Abmarsch von der Hütte um halb Acht.
In einem kurzen Anstieg nach Panüöl wird der Schnee kurz tiefer und die Straße steiler, prompt muss ich von meinem schwer beladenen Ross absteigen und ich frage mich, wie lang ich die 16 kg Gummi und Stahl noch mitschleppen will. Als die Straße nach P.1840 dann aber bergab Richtung Alp Fursch (1792) zeigt, sind sämtliche Unklarheiten beseitigt: Das Rad ist eben doch kaum zu übertreffen, mit 20 km/h und ohne jeden Kraftaufwand rolle ich die letzten 800 m abwechselnd über Schnee und Stein.
# Da geht’s lang
An der Alp schließe ich das Fahrrad ab und packe schon mal die Stirnlampe weiter nach oben, es ist bereits 21:20h und noch liegen knapp 400 hm vor uns. Bis hier hin war ich geschätzt 50 % schneller und einiges entspannter unterwegs als ohne Fahrrad, jetzt wartet eine geschlossene Schneedecke und steileres Gelände, zumindest ohne Spikes ist hier Schluss auf Gummi.
Dass ich jetzt die Spur anlege ist ja wohl klar, bis wir den First erreichen sehen wir kein einzige Spur im Schnee, wir sind ganz allein in dieser klaren Aprilnacht, die nur langsam anzieht. Ab dem First folgen wir den Spuren am Kamm entlang, müssen in der langsam vorschreitenden Dunkelheit kaum mehr Höhe gewinnen, und staunen nicht schlecht, als in einem Fenster der Spitzmeilenhütte (2087) noch Licht brennt. Der Blick ins Fenster verrät: Um 22:30 schauen der Wirt und seine Frau gerade Tatort. Wir beziehen den Winterraum, verdrücken noch eine Packung Spaghetti und fallen schnell in den Schlaf.

# Den Gipfel im Blick, den Fahrradhelm am Rucksack
Das ist ja hier keine Skibergsteiger-Website, deshalb halte ich es mal kurz: Am nächsten Morgen Aufstieg zum Spitzmeilen, dabei stellenweise zu Fuß, weil das Gelände auch für die Ski irgendwann zu steil oder wieder zu hart wird. Nach einer ersten Abfahrt im Pulverschnee erneuter Aufstieg zum Wissmilen und nochmals eine sahnige Abfahrt bis Fursch, wo das Fatbike bereits wartet.
# Links der Spitzmeilen-Gipfel, rechts der Wissmilen, dazwischen ein Traum von Abfahrt.
# Ganz links oben zu erahnen: Die Alp Fursch
Auf dem Rückweg spielt das Gefährt seine Vorteile wieder voll aus, anstatt mir Blasen zu laufen, lasse ich es lieber laufen (und wieder 50 Cent in die Wortspielkasse), finde im Sulzschnee irgendwann den optimalen Driftpunkt und gelange strahlend am Parkplatz an. Max hat die einzig richtige Entscheidung getroffen, ist nochmals ins Skigebiet aufgestiegen und dann auf beschneiten Pisten abgefahren, auch eine gute Variante.
# Der Moonlander.
Fazit: Experiment Fatbike-Skitour geglückt. Für den fliegenden Wechsel von Schnee zu Nicht-Schnee ist mir noch kein besseres Fortbewegungsmittel begegnet. Spaß macht’s auch noch. Heißt nicht, dass ich jetzt jedes Wochenende mit Fatbike+Ski los ziehe, aber die Tour schreit nach Wiederholung.
97 Kommentare
» Alle Kommentare im ForumBei aller Liebe zum Fatbike, aber gegen 1 Paar Ski und einen einsamen Gipfel mit besten Frühjahrsfirn kann ein Fatbike auf einer überfüllten Skipiste nicht mithalten...
Klasse Artikel, ein Grund mehr die Anschaffung eines solchen Bikes zu planen
Warum Fatbikes Spaß machen kann man in drei Artikeln nachlesen oder man schaut einfach 3:17 Minuten Schneidi zu.
Fat..al gut

G.
Keine Ahnung ob's schon genannt wurde: Gleis-Schotter.
In einer Gegend, wo's wirklich sonst überhaupt Nichts MTB-mäßiges gibt, habe ich einen uralten ehemaligen (jetzt bewaldeten) Bahndamm entdeckt, mit einem kilometerlangen Trail oben drauf, der größtenteils aus Gleisschotter besteht. Das sind nicht die perfekt abgerundeten, flachen Steine aus dem Fluss, sondern vom Format her eher Speerspitzen und Rubikwürfel. Macht auch schön Krach wenn man darauf rumfährt. Mit "normalen" Reifen würde man die Idee, da oben langzufahren, wahrscheinlich schnell aufgeben. Mit meinen 2.5er Hookworms, die man problemlos mit 1 bar fahren kann, geht das schon besser, aber man merkt immer noch daß der Untergrund etwas schwieriger ist. Mit Fat-Tires und 0,5 bar müsste das sehr entspannt laufen.
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