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Eurobike
Trends für 2015 – Elektrifizierung [2/3]

Bei der Anreise zur Messe ahnen wir es schon, als wir uns im Vorbeifahren die Bikes der zahllosen Touristen am Bodenseeufer anschauen: 2015 wird mehr denn je das Jahr der Pedelecs und der E-Bikes. Und der elektrifizierten Fahrräder ganz allgemein. Denn auf der Eurobike 2014 sind nicht nur neue E-Bikes vom Stadtrad über das Touren-Bike bis hin zum Mountainbike gezeigt worden, sondern auch einige elektrifizierte Komponenten, die an Mountainbikes und E-Bikes in gleichem Maße geschraubt werden sollen. Wir schauen für euch genauer auf den Trend hin zur Elektrifizierung des Fahrrades. Hochspannung oder Tiefentladung – das ist hier die Frage.

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# E-Bike und epische Landschaften - ein Spaß bis der Strom aus ist.

Elektrifizierung von Antrieb und Komponenten

Lautlos setzt sich ein Toyota Prius – der Pionier von Elektro(hybrid)antrieben in der Automobilindustrie – in Bewegung und surrt einige Kilometer rein elektrisch fahrend vor sich hin. Am wenige Meter weiter stehenden Pedelec sieht die Sache etwas anders aus: Der Fahrer tritt in die Pedale und je nach Wunsch schiebt eine stärkere oder schwächere unsichtbare Hand ihn noch vorne. Und während der Absatz von teil- und vollelektrischen Autos noch ausgesprochen schleppend verläuft, sind die elektrifizierten Fahrräder in der vergangenen Saison extrem in Schwung gekommen. Über 400.000 sollen laut dem Statistik-Portal „statista“ abgesetzt worden sein, womit E-Bikes aktuell gut 11 % der verkauften Fahrräder ausmachen. Zum Vergleich: Mountainbikes an sich machen ebenfalls 11 % des Marktes aus.

Kaum eine Vermietung, die Touristen noch ein konventionelles Bike anbietet. Kaum ein Auto auf der Autobahn, bei dem auf dem Weg in den Urlaub nicht zumindest ein E-Bike auf dem Gepäckträger mitfährt. Der Trend zum elektrischen Hilfsantrieb am Fahrrad ist an sich nicht neu, doch die Konsequenz, mit der er die Industrie erwischt hat, wird erst in der vergangenen Saison in vollem Umfang deutlich werden – insbesondere im Bezug auf E-MTBs.

# Bosch Motor mit eigener Kunststoffabdeckung und umlaufendem Unterfahrschutz aus Aluminium
# Das Q1 wird es 2015 auch mit Motorunterstützung geben und heißt dann Q1+ - Der Akku ist Teil des Rahmens und geht direkt in die Motoreinheit am Tretlager über.

Ganz grob gefasst lässt sich die Elektrifizierung des Fahrrades in die Elektrifizierung des Antriebes und die der Komponenten unterteilen. Die Elektrifizierung des Antriebs hat mit dem Pedelec – aber auch mit Konzepten wie dem Ego Kit oder dem E-Ram von Bionicon – begonnen und ist mittlerweile voll in Schwung. Auf der Eurobike ist kaum ein Stand zu sehen gewesen, an dem nicht ein Fahrrad mit der zweiten Generation des bewährten Bosch-Antriebs am Innenlager zu sehen gewesen wäre. Und wer nicht auf Bosch setzt, der verbaut Antriebssysteme von Brose oder anderen Herstellern.

Nachdem der Antrieb zunächst in Trekking-Bikes und Stadträdern elektrifiziert worden ist, ist nun kein Einsatzbereich mehr heilig. So macht die Elektrifizierung auch vor Mountainbikes nicht Halt und für konditionell weniger starke Fahrer oder aber schwer beladene Biker (z.B. Fotografen) kann der Elektroantrieb schnell zum echten Spaßbringer werden. Er unterstützt bergauf, doch weil (bei den meisten Konzepten) noch immer eine Eigenleistung zu erbringen ist, muss man diese vereinfachte Fortbewegungsart zweifelsohne als Sport durchgehen lassen. Die Frage, ob es unbedingt gut ist, wenn elektrisch unterstützte Biker höhere Regionen der Berge erklimmen, die sie sonst nicht erreicht hätten, ist zwar nicht ganz einfach zu beantworten, aber in der Praxis in der Regel irrelevant. Ein E-Bike wird wohl kaum bei der Besteigung eines im ewigen Eis liegenden Viertausenders eine Rolle spielen. Die limitierte Reichweite der Akkus im Allgemeinen und die Probleme mit Überhitzung von Motoren, Elektronik und Akkus bei langen Anstiegen im Speziellen sorgen dafür, dass man E-Bikes wohl auch 2015 wohl eher in den Tälern als auf den Gipfeln antreffen wird. Dort jedoch in jeder nur erdenkbaren Form und zunehmend mit großer Geschwindigkeit.

# In dieser Einheit steckt alles - Motor, Getriebe, Leistungselektronik, Sensorik

Das zweite Innovationsfeld der Elektrifizierung dreht sich um die Komponenten wie Schaltung, Federung und weitere Anbauteile. Vor etwas mehr als zwei Jahren haben Ghost, Haibike und Lapierre mit dem e:i Shock-System ein Fahrwerk vorgestellt, bei dem ein Beschleunigungssensor an der Federgabel die dem Fahrzustand angepasste Steuerung des Dämpfers übernimmt. Diese Idee ist weitergedacht worden und von Magura gibt es Konkurrenz dazu, bei der die Gabel direkt mit gesteuert wird. Abseits der Federung mit elektrisch geregelter Dämpfungseinstellung (und vielleicht bald auch Dämpfung… hier könnte sich eine Innovation eines aktuell nicht für elektrifizierte Komponenten bekannten Herstellers anbahnen) ist Shimano der Pionier im Bereich elektrische Schaltung. In diesem Jahr ist mit der neuen XTR Di2 die bewährte Technik aus der Dura Ace Rennradgruppe auf das Mountainbike übertragen worden und so können wir fortan nicht nur elektrisch unser Fahrwerk steuern lassen, sondern auch die Gänge wechseln. Wohin die Reise weiter geht, ist unter anderem schon bei KindShock mit einer per Funk gesteuerten Teleskopsattelstütze zu sehen gewesen. Auch eine Ansteuerung per Bluetooth ist hier bei einem anderen Hersteller im Gespräch, der bislang noch nicht für derlei Komponenten bekannt ist. Und so zeigt sich einmal mehr: das Fahrrad wird 2015 mehr elektrisieren denn je. Ob wir irgendwann auch elektronisch die Bremse anlegen, die Speichenspannung an den Trail anpassen oder den Reifendruck sowie die Rahmensteifigkeit variieren? Möglichkeiten gibt es viele, doch nicht alle machen Sinn. Wie so oft im Leben!

# XTR Di2 Umwerfer - Im Gegensatz zur Rennrad Di2 geht der XTR Di2 Umwerfer mit deutlich mehr Kraft ans Werk und soll so auch bei widrigen Bedingungen für schnelle Gangwechsel sorgen.
# Pendant zur eLect Gabel - Magura TSR Dämpfer

In der Automobilindustrie und auch bei den Flugzeugen hat es lange gedauert, bis sich Konzepte wie Drive-by-Wire entwickelt haben. Am Mountainbike ist es über viele Jahre noch wesentlich schleppender vorangegangen, denn hier gibt es keine Probleme mit den rechtlichen Rahmenbedingungen und der generellen Zulassungsfähigkeit solcher Produkte, sondern mit einer viel grundlegenderen, elementaren Frage: Will ich einen Akku am Fahrrad? Der Charme des Fahrrades ist an sich, dass es generell einsatzbereit ist. Ein wenig Luft in den Reifen, etwas Schmierstoff auf der Kette und ab geht die Post. Zur Not auch ohne die beiden genannten Zutaten. Ob nach langer Abwesenheit, im Urlaub oder nachts auf dem Weg nach Hause – das Fahrrad ist in der Regel ein denkbar anspruchsloser Begleiter. Ein bisschen Liebe schadet nie, doch ständige Aufmerksamkeit wie etwa das nächtliche Akkuladen am Smartphone ist bislang nie nötig gewesen, um das Fahrrad benutzen zu können.

# Nicolai Ion 16 E-Boxx mit dickem Bosch Elektromotor

Ob man den Trend hin zur Elektrifizierung nun gut heißt oder nicht, ist damit letzten Endes eine Frage der Philosophie. Wer das Fahrrad als puristisches Sportgerät versteht, wird sich selbstverständlich schwerer damit tun als der Gelegenheitsradler, der sich einen unbekannten Urlaubsort erschließen will. Für mich persönlich überwiegt die Idee des Fahrrades als immer einsatzbereites Sportgerät und Fortbewegungsmittel. Doch ich bin mir sicher, dass ich früher oder später elektrisch gesteuerte Komponenten am Rad haben werde. Denn wenn die Akkus lang genug halten, gibt es kaum ein Argument, dass gegen mehr Präzision, bessere Fahreigenschaften und niedrigere Bedienkräfte sprechen kann. Das bevorzugt aus meiner Perspektive den zweiten Teil der Elektrifizierung, doch wir alle wissen, dass die Mehrheit sich insbesondere für die erste Welle mit elektrischem Antrieb interessiert. Und das ist auch gar kein Problem – solange es auch in Zukunft noch Fahrräder gibt, die ganz klassisch allein aus Muskelkraft angetrieben werden.

# Das E-Bike-Monster von Conway - nach wie vor eigenwillig aber zweifelsohne eigenständig.

Lesenswert auch unsere Trendanalysen zum Enduro-Segment und den Fatbikes (folgt morgen).

Eurobike 2014 – der Neuheitenüberblick

MTB-News.de hat auch in diesem Jahr in umfassenden Foto- und Videoberichten von der Eurobike 2014 die Highlights für das Modelljahr 2015 präsentiert. Eine Übersicht über alle Artikel von der Eurobike 2014 findet ihr auf dieser Seite. Viel Spaß beim Durchstöbern, Lesen und Zuhören!

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