„Immer schneller, immer früher“ scheint aktuell das vorherrschende der Radindustrie zu sein. Der Eurobike-Termin wurde um 2 Monate nach vorne verlegt und gleichzeitig launchen viele Hersteller mitten im Jahr neue Produkte. Ist die Branche im Innovationsrausch? Hetzt sie sich und uns um den Verstand? Oder ist die Entwicklung vor allem positiv zu sehen? Wir haben uns in der Branche umgehört.
Auf der Eurobike scheinen zwei Strömungen die Stimmung zu beherrschen. Auf der einen Seite hat man das Gefühl, dass die Produktzyklen immer kürzer werden und manch ein Konzept nach der Markteinführung recht schnell wieder abdankt. Umbruch statt Verfeinerung – Hauptsache, man hat das Rennen gegen die Konkurrenz gewonnen. Auf der anderen Seite haben wir in den letzten Jahren richtig große Innovationen erlebt und der Erfindergeist zeigt, wie lebendig die Branche ist. Die Industrie ist definitiv im Umbruch – aber tut es ihr auch gut? Das haben wir Vertreter aus der Branche gefragt.
Elmar Keineke, Marketing Manager bei SRAM
„Ich finde es fast schon schade, wenn Leute über zu rasche Entwicklungen jammern. Sie sind doch der beste Beweis dafür, dass wir in einer gesunden Branche tätig sind. Ich finde es gut und wichtig, dass die Produktentwicklung progressiv voranschreitet. Das passiert bei SRAM nicht unter Handlungsdruck oder weil es in einem Business-Plan steht. Die 1x ist zum Beispiel das Kind von Ingenieuren, die im stillen Kämmerlein getüftelt haben. Das sind wirklich hochgradig passionierte Typen und es wäre alles andere als richtig, solch getriebene Ingenieure auszubremsen – wir wollen ja, dass sie sich ausleben. Außerdem sehen wir auch, dass nach Umbrüchen eine gesunde Stabilisierung eintritt. Mit der Eagle sind wir mittlerweile im dritten Entwicklungszyklus. Wir haben den Kern getroffen und das werden wir nicht für eine Neuerung umwerfen. Aktuell geht es darum, das Modell zu pflegen und in möglichst vielen Preisklassen anzubieten.“
Andi Lipp, Marketing Manager bei ION
„Der vorgelagerte Messetermin setzt uns nicht unter Druck, da unsere Kollektion für das kommende Jahr eigentlich immer im Frühjahr steht und es so sehr gut zum Sales-Prozedere passt. Trotzdem kommt uns der neue Termin nur halb entgegen. Er fällt in unser Order-Fenster und das ist alles andere als verkehrt. Doch ich sehe durchaus das Problem, dass unsere 2019er Produkte jetzt schon sehr, sehr früh an die Endverbraucher kommuniziert werden. Sie sind schließlich größtenteils erst im Frühjahr 2019 erhältlich. Ich habe etwas Sorge, dass der ein oder anderen Händler das zu spüren bekommt. In den alpinen Gegenden, in Graubünden oder Tirol, hat gerade erst die Saison begonnen und schon wissen die Leute, was 2019 auf den Markt kommt. Mir ist die Zeitspanne zwischen ‚drüber sprechen’ und ‚kaufen können’ etwas zu lang.“
Dirk Janz, CEO von Bike Action (Vertrieb von u.a. Race Face, Easton & Rocky Mountain)
„Ich finde den neuen Eurobike-Termin gut, weil der Handel sich viel früher informieren und sich mit mehr Zeit und mehr Wissen eine Meinung bilden kann. Für uns entspannt es die Situation. Das liegt aber auch daran, dass die Messe unsere Produktentwicklung nicht bestimmt. Wir bringen neue Produkte, wenn es so weit ist – und wir kommunizieren Neuheiten auch erst, wenn sie schon auf Lager sind. Bei Rocky Mountain, Race Face und Easton gibt es immer ein Embargo, bis das Produkt tatsächlich im Handel ist. Das stellt uns natürlich auch vor Herausforderungen und erfordert eine enge Zusammenarbeit mit den Händlern. Es braucht Vertrauen, aber das haben wir in den letzten Jahren aufgebaut und ich denke, dass es gerade für den Kunden fair ist, die News auch gleich kaufen zu können.“
Holger Feist, CEO von EVOC
„Wir haben unseren eigenen Zyklus und bestimmen somit, wann ein Produkt auf den Markt kommt. Wir fühlen uns auch gar nicht gezwungen, auf jeder Messe etwas Neues zu präsentieren. Generell ist schon zu beobachten, dass bei einigen Herstellern die Zyklen zu kurz werden und der Kunde fast schon überschüttet wird mit ständig Neuem. Uns ist wichtig, Produkte zu haben die mindestens 24 Monate und manchmal auch 36 Monate in der Kollektion Bestand haben.“
Anatol Sostmann, Head of Marketing bei ROSE
„Innovate or die – das ist schon das Motto in der Branche derzeit. Es herrscht durchaus ein Druck, Neues zu entwickeln, aber das motiviert auch und im Grunde ist das doch viel besser, als sich auf Sachen auszuruhen. Man muss eben die Balance finden bzw. selbstbewusst seine Strategie fahren. Es gibt Marken die stellen einen Prototypen vor, der dann acht Monate später verfügbar ist – vielleicht. Wir präsentieren lieber fertige Produkte. Manchmal gehört man zu den ersten, manchmal nicht. Wir werden nicht blind einer Herde hinterhergaloppieren, die auf den Abgrund zuhoppelt. Auf der anderen Seite gibt es durchaus Marken, auf die wir voller Respekt und Bewunderung blicken. Natürlich verwirrt die breite Palette und die raschen Wechsel viele. Doch wer weiß: Vielleicht spielt uns das bei Rose sogar in die Hände, weil wir mit unseren Produkten einen möglichst klaren und funktionalen Zugang bieten möchten.“
Chris Bättig, CEO von Chris Sports (Importeur von 23 Bike-Marken in der Schweiz, u.a. Mondraker, Koga und Rocky Mountain)
„Die Bike-Branche ist gutes Business und deshalb auch ein Haifischbecken. Man muss sich durchsetzen können. Die schnellen Entwicklungen sind aber inzwischen von der Messe unabhängig. MTB-News und Pinkbike haben heute mehr Impact als die Messe. Wir haben deshalb auch kräftig investiert und unter anderem ein Lab mit 450 Quadratmeter gebaut, wo wir ständig Händler schulen. Die Kosten sind höher, aber der Vorteil für den Kunden auch.“
Daniel Gareus, Head of Marketing bei Cosmic Sports (Markenvertrieb von u.a. ethirteen, SixSixOne und crankbrothers)
„Diesen jährlichen Rhythmus, dass Produktneuheiten zur Messezeit vorgestellt werden, gibt es so nicht mehr wirklich. Wir spüren generell die Tendenz, dass die Marken neue Produkte der Öffentlichkeit präsentieren, wenn sie fertig und erhältlich sind – egal, wann dieser Zeitpunkt ist. Wir begrüßen das, weil es auch die Frustration beim Kunden minimiert. Ich sehe die Eurobike inzwischen eher als wichtige Netzwerkplattform als als Ordermesse. Es ist eine zwiespältige Entwicklung: Hersteller müssen zwar nicht mehr krampfhaft zur Messe News zeigen, aber auf der anderen Seite muss man eben auch Wege finden, die neuen Produkte dann, wenn es so weit ist, auch zu kommunizieren.“
Sebastian Trapp, Abteilungsleiter Einkauf bei Bike Components (Online-Händler mit 320 Marken)
„Bewegung ist wichtig, man muss sich immer wieder neu erfinden – aber etwas Entschleunigung und ein längerer Lebenszyklus der Produkte würde der Industrie gut tun. Bei manchen Herstellern hat man das Gefühl, sie wollen um Biegen und Brechen zur Messe neue Produkte launchen. Einige liefern sich auch ein Wettrennen mit der Konkurrenz. Das wirkt manchmal zu gehetzt und unreflektiert. Doch generell belebt dieser Innovationsgeist die Branche ungemein. Es hat so viele spannende Entwicklungen gegeben die letzten Jahre, richtige Sprünge. Klar ist das auch für uns als Händler eine immense strategische Herausforderung. Wir müssen kalkulieren, wann wir wie viel von was auf Lager haben müssen. Aber das ist eben unser Job und den müssen wir gut machen.“
Robin Warne, Marketing & Sales Manager – HOPE
„Wir haben gar keinen Rhythmus. Wir vermarkten etwas, wenn es so weit ist. So gibt es für uns keinen speziellen Termin. Manchmal habe ich das Gefühl, dass heutzutage oft getauscht wird, was gar nicht getauscht werden müsste. Wir haben noch Ersatzteile für Bremsen, die über 20 Jahre alt sind. Ich denke, wir sind der beste Beweis, dass auch diese solide Strategie Erfolg haben kann.“
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