Fußball ist nicht unbedingt das Lieblingsthema von Radsport-Enthusiasten – ein Urteil des Europäischen Gerichtshof Ende Dezember gibt jedoch Anlass, einen Blick über den Tellerrand zu werfen. Dieses könnte die Monopolstellung von Sportverbänden einschränken und Sportlern mehr Freiheit bei der Wahl ihrer Events geben.

Worüber hat der EuGH geurteilt?

Seit über einem Jahr beschäftigt ein Streit die Fußball-Welt, der Ende Dezember mit einem aufsehenerregenden Urteil des Europäischen Gerichtshof eine weitere überraschende Wendung nahm. Mehrere große europäische Vereine möchten eine sogenannte Super League gründen, etwa um mehr garantierte Spiel- und damit Fernsehzeit zu erreichen. Diese soll privatwirtschaftlich organisiert sein, über eigene Investoren und Sponsoren verfügen und ohne die bekannten Fußball-Verbände auskommen. Die beiden große Verbände UEFA und FIFA sehen unter anderem die von der UEFA organisierte Champions League bedroht und wollen das Projekt lahmlegen, indem sie die betreffenden Vereine von ihren eigenen Ligen ausschließen.

Das EuGH-Urteil hat nun festgestellt, dass diese Praxis nicht mit europäischem Recht vereinbar ist. Die Verbände würden damit ihre Monopolstellung ausnutzen, was der Wettbewerbsfreiheit entgegensteht. Das Urteil kam recht überraschend, da der Generalanwalt Athanasios Tantos vor etwa einem Jahr in einer Einschätzung eher der Argumentation der Verbände gefolgt ist. Der Fußball-Streit ist damit weiterhin nicht beigelegt, da das Gericht gleichzeitig betont hat, dass die Super League mit dem Urteil noch nicht freigegeben ist. Zudem haben sich die meisten Clubs mittlerweile aus dem Projekt zurückgezogen.

Was bedeutet das EuGH-Urteil für Radfahrer?

Auch wenn es vor Gericht um eine Fußball-Angelegenheit ging, ist das Urteil auch für andere Sportarten spannend – vor allem auch den Radsport. Einerseits ist die Idee einer eigenen Radsport-Liga sowohl von Straßen-Teams als auch im Mountainbike-Bereich schon mehrfach öffentlich diskutiert worden. Entsprechende Stimmen sind zuletzt vor einem Jahr aufgekommen, als die UCI die Austragung des Mountainbike World Cups an Warner Brothers übergeben hat. Die Idee ist allerdings wesentlich älter. Bisher hätten den Profi-Fahrern und Teams allerdings ähnliche Sanktionen wie im Fußball, etwa ein Startverbot bei UCI-Events, gedroht. Das EuGH-Urteil könnte diesen einen Riegel vorschieben.

Doch auch Nicht-Profis dürfte das Urteil interessieren. So dürfen Radsportler mit einer Lizenz des nationalen Radsportverbands nicht an nicht-lizensierten Rennen teilnehmen und können im Zweifelsfall mit dem Entzug der Lizenz oder einer Sperre bestraft werden. Entsprechende Events sind in der im ständigen Wandel befindlichen Radsport-Szene allerdings keine Seltenheit. Manche Rennformate sind von der UCI noch gar nicht anerkannt oder organisiert. Manchmal ist kleinen Veranstaltern auch die Gebühr zu teuer. Auch diese Praxis der Radsport-Verbände erscheint nach dem Urteil nun fraglich.

Für alle von der UCI betreuten und reglementierten Disziplinen gilt:
Ein über den BDR lizenzierter Sportler darf nur an solchen Radsport-Veranstaltungen teilnehmen, die vom BDR, einem LV bzw. einem der UCI angeschlossenen Verband genehmigt und ordnungsgemäß ausgeschrieben worden sind.

Sportordnung des BDR 2023

Was sagst du zum Urteil und den Folgen? Meinst du, es wird zu privaten Radsport-Ligen kommen?

  1. benutzerbild

    DrunkenSailor

    dabei seit 03/2015

    Aber er bremst leider gefühlt, wo er kann, vielleicht nicht mal mit Absicht.
    Ist so eine Sache mit den Gefühlen...
    Ich kann Deine Meinung grundsätzlich nachvollziehen und manchmal hilft "Dampf ablassen" auch dem ganz individuellen Seelenfrieden.
    Darauf bezog ich mich mit Meinung vs. Wissen. Es ist eben alles deutlich komplizierter und die Punkte in Deinem originalen Beitrag waren nur eine Sammlung der vielen schlechten Dinge, und nur jener.
    Das hilft nicht wirklich weiter.
  2. benutzerbild

    captain hook

    dabei seit 10/2006

    Ist halt ein Missverhältnis gerade. Die große Mehrzahl der Mitglieder kommen aus dem Gelände- bzw. Strassenradsport, finanzieren aber Bahnrad oder Radfussball (damit will ich diese tollen Sportarten keinesfalls abwerten). Aber es muss doch die Frage erlaubt sein, ob das gesellschaftlich Sinn macht, wenn es nur darum geht, in diesen Sportarten Medallien zu gewinnen. Sollte man perspektivisch nicht Sportarten fördern, die mitgliedsstark sind? Das wäre fairer und alleine durch die Anzahl der Ausübenenden längerfristig auch erfolgsversprechender?

    Natürlich kann der BDR nicht für alle Fehlentwicklungen etwas. Aber er bremst leider gefühlt, wo er kann, vielleicht nicht mal mit Absicht. Gravel boomt gerade, was kommt da vom BDR?
    Aber wo genau siehst Du Zusammenhänge zwischen der Monopolstellung von Verbänden und "Förderung". Wenn jetzt alle kommerziell Freestyle außerhalb von Verbandsstrukturen macht, stellt sich die Frage nach der Verteilung von Fördergeldern um so mehr.

    Meiner Meinung nach sollte sich "Förderung" eh in ganz ganz überwiegendem Anteil auf den Nachwuchsbereich konzentrieren. Und genau da seh ich außerhalb des Verbandssports rel. wenig.

    Diese kommerzielle Schiene außerhalb der Verbände bezieht sich doch in aller Regel auf einige wenige Profibereiche, die man medial vermarkten kann. Da wird dann tatsächlich Geld verdient und bewegt sich meiner Meinung nach spätestens dann eh außerhalb aller Förderstrukturen.
  3. benutzerbild

    schmitr3

    dabei seit 02/2007

    Aber wo genau siehst Du Zusammenhänge zwischen der Monopolstellung von Verbänden und "Förderung". Wenn jetzt alle kommerziell Freestyle außerhalb von Verbandsstrukturen macht, stellt sich die Frage nach der Verteilung von Fördergeldern um so mehr.
    Den Zusammenhang habe ich nicht hergestellt, das kam in der Diskussion so auf, aber nicht von mir.
    Meiner Meinung nach sollte sich "Förderung" eh in ganz ganz überwiegendem Anteil auf den Nachwuchsbereich konzentrieren. Und genau da seh ich außerhalb des Verbandssports rel. wenig.
    Sehe ich ähnlich. Alleine auf Medallien aus sein, hilft nicht nachhaltig.
  4. benutzerbild

    captain hook

    dabei seit 10/2006

    Sehe ich ähnlich. Alleine auf Medallien aus sein, hilft nicht nachhaltig.
    Naja, Nachwuchs-Förderung kann/wird ja am Ende zu Medaillen führen - oder andersherum... ohne Nachwuchsförderung wird es da nix zu gewinnen geben. Und natürlich muss man sich für das Ziel der Förderung entscheiden. Nachwuchs über die Förderung am Ende in ein rein kommerzielles Geschäft zu überführen halte ich für nur eingeschränkt sinnvoll. Dann soll das kommerzielle System bitte ich die Nachwuchsförderung inkludieren.

    Sicherlich schafft diese Öffnung der Systeme für einige wenige zusätzliche Einnahmequellen und Betätigungsfelder. Die kommerziell uninteressanten Positionen (wie zB Nachwuchsförderung) werden aber dabei hinten runterfallen.
  5. benutzerbild

    konamann

    dabei seit 05/2001

    Leude, Förderung ist ja schön und gut aber allein dass ein Verband für sich die Alleinherrschaft proklamieren kann und Regeln aufstellen kann wie es die UCI tut ist im Gesamten einfach ungerecht.

    Wenn die Sportler entscheiden können ob und wo sie nebenbei starten möchten ist das doch nue positiv.

    Ob dann wirklich ne bessere Serie rauskommt oder ob es manchen Lizenzfahrern nur mehr Freiheit gibt auch mal ein Quatschrennen mit Freunden mit zu machen ist mir einerlei

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