Fast wie ein zweiter Saisonstart
Finale bzw. Pietra Ligure ist in the books. Und wie war mein Rennen? Bittersweet, würde ich sagen, trifft es ganz gut. Nach den ersten beiden Runden in Tasmanien, die ja schon zwei Monate her sind, hat sich das fast wie ein zweiter Saisonstart angefühlt und ich muss sagen: nach den ersten beiden Rennen wusste ich definitiv, dass ich irgendwie noch nicht da bin, wo ich sein wollte – auf dem Rad, vom Feeling, von der Confidence und all dem.


Dafür war es gut, eine ordentliche Pause zu haben, um an ein paar Sachen zu arbeiten und vor allem ein bisschen mehr Zeit auf dem Enduro-Bike reinzubekommen, was für mich definitiv so die größte Herausforderung ist, weil ich keinen fetten Bikepark direkt vor der Tür habe. Ich verfüge zwar über gute Hometrails, wo ich viel fahren kann, aber eben wirklich so richtig gute Bike-Time mit dem Fahren, was am Ende vom Tag auch bei einer EWS oder EDR eben stattfindet, zu bekommen, war tricky und ist nicht immer ganz easy unter einen Hut zu bekommen mit allem anderen, was im Leben noch so abgeht, als Familienpapa und Co.
Aber wir haben gut gearbeitet: Ich habe am Rad noch ein paar Sachen verändert, mein Setup ein bisschen angepasst und kurz vor Finale gemerkt, dass ich da ein paar Veränderungen gemacht habe, die mir genau das gegeben haben, was ich vermisst hatte. Ich habe hier im Practice eigentlich schon gemerkt, dass ich mich wohl fühle und endlich wieder gegen die Strecke kämpfe – und nicht gegen mein Fahrrad und mich. Ein guter Fortschritt im Vergleich zu den ersten Rennen, die jetzt nicht schlecht waren und so ein bisschen Hoffnungsschimmer drin hatten. Mit ein paar guten Stages und einem guten Feeling hier und da, aber es war eben noch nicht das, was ich wollte.

Da habe ich gemerkt, dass das hier in Pietra direkt viel, viel besser war, ich einfach pushen konnte und da schon ein ganz anderes Feeling im Training hatte.
Race Day
Dann das Rennen, big day. Endlich noch mal ein großer Race Day, das fand ich cool, hat richtig Bock gemacht. Es war ein heißer Tag: Gott sei Dank hatte es hinten drin ordentlich Wolken gehabt im Berg, so dass der Morgen recht kühl war. Hinten raus war es jedoch sehr, sehr heiß und zehrend. Ich bin morgens recht gut gestartet, nachdem ich die letzten Rennen und bei der DM ziemlich stark noch damit gestruggelt hatte, mich zu fokussieren und bei der Sache zu sein und nicht nur einfach rumzufahren. So hatte ich es gut geschafft, hier direkt voll bei der Sache zu sein und stark ins Rennen einzusteigen.

Stage 1 Ich hatte sogar noch einen kleinen Fehler auf der ersten Stage, aber war dann 27., was mir gezeigt hat: okay cool, die Pace passt. Ich hatte mir vorgenommen, dass es mein schlechtestes Stage-Ergebnis vom Tag wird – das habe ich mit Stage 2 direkt widerlegt …
Stage 2 hier schoss ich leider oben geradeaus in den Wald hinein, hatte Gott sei Dank keinen Sturz, keinen Baumkontakt, aber viel Zeit verloren. Ich musste wieder hoch auf die Strecke schieben an der Stelle, wo ich raus bin. Das ist wichtig, dass man da nicht irgendwie nach dem nächsten Pfosten wieder reingeht und disqualifiziert wird. Also das Ding da durch den Wald geschoben und weiter. Ich hatte echt viel Zeit liegen lassen bei der Nummer und war trotzdem Irgendwas-Dreißigster auf der Stage. Da wusste ich, jo alles klar, irgendwas mache ich auf jeden Fall richtig heute. Das hat sich gut angefühlt.

Stage 3 hat das bestätigt. Eine kurze Stage, ich wurde Neunter. Nach langer Zeit endlich nochmal ein Top 10 Stage-Ergebnis, was für mich megacool war, auch für den Kopf einfach sehr sehr gut tat und Hoffnung gibt. Dann habe ich eigentlich genauso weiter gemacht.

In Stage 4 hatte ich auch wieder einen guten Lauf, war gut unterwegs und fühlte mich wohl auf dem Rad. Hat richtig Bock gemacht: richtig loose Stage, ziemlich rough – kaputtgefahren, super staubig und wirklich anspruchsvoll. Ich hatte schon so ein paar Stellen auf der Stage gut hinter mich gebracht, von denen ich wusste, die sind tricky Schlüsselstellen und schwierig, die gut zu bekommen. Das war einfach richtig geil, da zu merken: okay ich fahre wieder richtig gut, ich stehe gut auf dem Bike und fühle mich eins mit dem Rad.
Weiter unten habe ich eine Kurve fast zu gut bekommen und bin diese zu weit zu Ende gefahren, so innen in die Bank rein. So hat es mich aufgestellt und dann bin ich von der Strecke rechts runter in den Wald geflogen, befand mich quasi da – bei so klassischen Terrassen – eine Etage tiefer als mein Fahrrad, musste wieder hochklettern und weiterfahren. So war die Stage natürlich völlig durch. Schade, weil ich wusste, dass ich auf einem guten Run war und sogar trotz der Fehler, den ich am Morgen schon gemacht hatte, zwischendrin 24. im Overall war. So hatte ich natürlich die Hoffnung, dass ich noch ein bisschen weiter vorfahren kann. Aber: you win some, you lose some. So ist es im Racing und dann war ich glaube ich einfach durch nach der Stage.

Auf Stage 5 hatte ich oben einfach einen dummen Wegrutscher. Ich glaube, mein Gehirn war da schon nicht mir ganz so schnell, ich habe den Fuß nicht mehr gesetzt bekommen und bin wieder auf die Seite geknallt. Meine rechte Seite sieht ziemlich ramponiert aus, ich habe ordentlich Schürfwunden und Prellungen mitgenommen und so war die Nummer für mich so ein bisschen durch. Ich habe die Stage 6 noch versucht sicher hinter mich zu bekommen, aber da war definitiv keine Pace mehr da.
Also: in der Hinsicht ein richtig geiles Rennen, weil ich endlich wieder auf Pace war und es geschafft habe, einfach mein Limit zu fahren. Und das hat sich einfach gut angefühlt. Das ist das, was ich eigentlich die ganze Zeit vermisst habe, auch schon bei der DM – mich so richtig wohl zu fühlen. Der bittere Part ist definitiv, dass man weiß, dass einem ein gutes Ergebnis durch die Lappen gegangen ist und dass man da jetzt, „hätte hätte Fahrradkette“-mäßig, sicherlich noch mal ein gutes Ergebnis mit nach Hause nehmen können. War halt nicht so, aber ich nehme das Gute mit, bin darüber natürlich happy, hätte mir aber gewünscht, gerade auch fürs Team, da ein anderes Ergebnis einzufahren.
Aber so ist es. In Leogang haben wir jetzt kurz drauf direkt die nächste Chance und da bin ich guter Dinge, bin motiviert und hoffe, dass bis dahin noch ein bisschen die Blessuren abheilen, dass ich da wieder ganz fit bin und Gas geben kann. Ich hoffe, dass ich die Pace auch da quasi wieder fahren kann, dann sollte da was gehen.
Was sonst noch war
Ansonsten war Finale fast wieder wie ein Heimrennen für uns Deutsche, glaube ich. Wir hatten mit Sicherheit den lautesten Support an den Strecken. Das war mega! Es war richtig cool, weil einfach viele von der deutschen Gang wieder am Start waren und auch zum Anfeuern da waren. Das hat richtig Bock gemacht und fühlt sich gut an. Wir sind alle mega stoked für Raphaela, die ja auch wieder da hingefahren ist, wo sie sein kann (Raphaela Richter wurde 4. bei den Elite-Frauen: EDR Ergebnisse Pietra Ligure. Anm. d. Red.) und wo glaube ich alle sich sicher waren, dass sie das auch wieder schaffen kann. Vierter Platz, ganz knapp am Podium vorbei, mega stark!
Torben (Drach, Anm. d. Red.) hatte leider auch einen eher holprigen Start in den Tag auf der ersten Stage und hat eine ähnliche Nummer gedreht wie ich in der Stage 4. Er ist danach noch echt starke Stages gefahren. Das zeigt auch, dass er da eine Pace fahren kann, die ernst ist und weit nach vorne reicht. Richtig cool. Außerdem sind ein paar Leute personal best gefahren: ich weiß, dass Max Pfeil wieder richtig gut unterwegs war und auch eine Top 50 Stage hatte, Chris Löffler hatte seine erste Top 50 Stage überhaupt! Da waren definitiv ein paar Highlights für uns dabei richtig cool und bin gespannt, was da dieses Jahr noch geht. Der Vibe ist auf jeden Fall gut!

Nachtrag: Deutsche Enduro-Meisterschaft
Wie eben schon angesprochen, hat in Winterberg noch ein bisschen dieses Selbstvertrauen gefehlt. Ich hatte noch versucht, auf die Schnelle am Setup was zu ändern und bin das quasi aus der Kalten raus ins Training gefahren. Ob es das Richtige war, keine Ahnung. Aber es hat einfach ein bisschen was gefehlt bei mir und ich wusste, dass Torben mega stark ist dieses Jahr.
Das hat er bei den ersten EDR-Runden schon gezeigt und da freue ich mich drüber, dass er in diesem Jahr so eine gute Pace fahren kann. Und da wusste ich einfach: ich kann mir da keinen Fehler erlauben bei der DM, wenn ich’s wieder machen will, sondern muss mein A-Game bringen. Das habe ich leider nicht geschafft. Trotzdem bin ich relativ zufrieden mit dem, was ich zeigen konnte. Dafür, dass ich nicht on point war, war es kein schlechtes Rennen. Ich habe alles gegeben und das Rennen ja sogar bis zur letzten Stage angeführt.

Ich habe zwei Stages gewinnen können, das war auch cool. Sogar mit Jack quasi im Rennen und dann auf der letzten Stage habe ich es eigentlich mental verloren, weil ich mich nicht mehr richtig fokussiert habe und ein bisschen defensiv gefahren bin. Torben hat halt voll attackiert und hat das Ding einfach perfekt runtergebracht. Dicken Respekt dafür! So war es ein zweiter Platz. Natürlich will man das Rennen immer gewinnen, wenn man als Favorit da reinkommt und der Druck da ist. Es ist nicht ganz easy, so ein Rennen als Favorit und mehrfacher Meister, aber es ist trotzdem immer ein cooles Rennen und es war auch gerade dieses Jahr cool zu sehen, dass wir anspruchsvolle Strecken hatten, auch wenn es ein sehr kurzes Rennen war, was natürlich keine Fehler zugelassen hat.

Aber die Pace war bei vielen Leuten höher: auch Platz drei und vier waren nicht weit abgeschlagen, was sonst die Jahre oft der Fall war. Das zeigt auch, dass das Level steigt und mehr Leute Gas geben in Deutschland. Und das ist das, was ich mir immer gewünscht habe, wofür ich immer arbeite und kämpfe und versuche, Leute zu inspirieren, dass sie Gas geben und ja da auch Schritte gehen. Daher ist es cool und ein Stück weit eine Bestätigung, dass es sich lohnt, in die Competition zu investieren, in die Leute zu investieren. Und ich glaube, dass die Szene da deutlich stärker wird. Insofern war die DM ein Erfolg, auch wenn ich natürlich einen Titel verloren habe. Ich gönne Torben den Titel zu 100 Prozent als Freund und absolut fairen Kameraden.
Wir sind da beide auf dem Stand, dass wir sagen: wir wollen uns pushen und beide im besten Fall nach vorne gehen. Das schaffen wir, glaube ich, bis jetzt ganz gut. Deshalb Chapeau, ich bin stoked für ihn, auch wenn ich es natürlich selber gerne gemacht hätte, aber das ist Racing und mir hat ein vielfacher deutscher Meister nach dem rennen gesagt, das belebt das Geschäft. Könnt ihr euch jetzt denken, wer es war (lacht).
Grüße und bis zum nächsten Rennen!
Was wünscht ihr Texi für das nächste Rennen?
Alle Blog-Beiträge von Texi:
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- Enduro World Cup – Blog Christian Textor: Ein australischer Enduro-Star – Rennbericht aus Derby
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11 Kommentare
» Alle Kommentare im Forumbin schon gespannt wo die in LeogÄng fahren werden und ob die Trails danach adoptiert werden,hoffentlich
Ich habe bei meinen zahlreichen Rennen zb die Trail Skins Lite 2 getragen. Die stören überhaupt nicht, sind gut belüftet etc. und verhindern genau das:
Texi Du schreibst selbst dass Dir die Verletzungen dann die letzte Stage verhagelt haben. Was wenns bei der ersten Stage passiert? Ich sehs halt so: Wenn man abfliegt und Ellenbogenschoner anhat, kann man eher mal Energie über selbige abbauen anstatt sich zb das Handgelenk zu brechen. Ohne ärgert man sich dann eben wochenlang mit defekter Tapete herum. Das erinnert einen bei jedem mal anziehen, Duschen, was auch immer, schmerzhaft an den Crash. Psychologisch gesehen für einen Racer eher ungünstig finde ich. Crashen gehört halt leider zum Geschäft, hat ja sogar George W. Busch treffend beschrieben: "If you ride hard on a Mountainbike, you sometimes crash. If you never crash, you dont ride hard."
Aufgrund der Bauart des Unterarms bricht man sich diesen in aller Regel auch durch Stauchung und nicht durch seitliche Belastung.
Protektoren am Ellenbogen schützen also primär vor Schürfwunden und das ist es mir dann oft nicht wert.
Guter und ehrlicher Bericht. Echt schön zu sehen, dass sich die Favoriten im deutschen Bereich nicht noch gegenseitig zerfleischen. So muss das sein.
Ich sehe da noch großes Potenzial mit YT und Texi.
Anscheinend nur auf bestehenden Trails. Langweilig eigentlich.
Aber was sonst in Österreich. Weil ist ja Verboten und ein OK für neue Trails gibt's nicht mal für World Cups. Weil stell dir vor nach dem Rennen fahren die ganzen Mountainbiker dann drauf. Wo kämen wir da hin.
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