Zum Saison-Ende hat sich die Downhill-Elite auf dem amerikanischen Kontinent versammelt, um die letzten beiden World Cup-Rennen auszutragen. Mit dabei natürlich wieder unser Blogger und World Cup-Sieger Andreas Kolb. Wie sein Wochenende lief und warum er fand, dass Snowshoe keine Fehler verzeiht, erfahrt ihr im Artikel – viel Spaß!
Trackwalk – alles wie gehabt
Es war wieder an der Zeit für ein Übersee-Rennen – die letzten zwei World Cups stehen an. Die Motivation war natürlich nach dem zweiten Platz in Les Gets – ganz knapp den Sieg verpasst – riesengroß. Da will man natürlich mehr und auch der Gesamt-World Cup schaut gut aus. Vor Snowshoe war ich hier Sechster, was allerdings durchaus verbesserungsfähig ist. Die zwei Wochen Pause nach Les Gets habe ich zum Regenerieren genutzt. Wir hatten vorher drei Rennen in drei Wochen und direkt beim ersten, in Andorra, habe ich mir ein Band im Knöchel gerissen. So bin ich dann wenig Downhill gefahren und habe versucht, für Amerika 100 % fit zu sein.
Snowshoe ist eine meiner Lieblingsstrecken – letztes Jahr war ich hier in den härtesten Bedingungen Dritter. Irgendwie war ich bis zum Training allerdings etwas neben der Spur und im Kopf nicht ganz da, auch wenn ich nicht weiß warum. Das war vielleicht der erste Jetlag in meinem Leben – bisher hatte ich das noch nie. Ich versuche auch immer, mich der neuen Zeit frühzeitig anzupassen und bereits zu Hause länger aufzubleiben und später aufzustehen. Diesmal hatte ich allerdings etwas Probleme, mich zu konzentrieren und war etwas müde.
Die Strecke war beim Trackwalk ziemlich unverändert. Es gab lediglich ein einfacheres, meiner Meinung nach langweiliges Ziel und oben zwei neue enge Kurven – der Rest war identisch. Dennoch eine coole Strecke!
Trainings-Tag – am Jet geleckt
Das Training lief bei mir schwierig. Ich bin nicht ins Fahren gekommen und direkt im ersten Run leicht gestürzt. Auch auf dem nächsten Run bin ich direkt zweimal an denselben Stellen rausgefahren. Ich habe im Kopf einfach nicht richtig reingefunden und hatte zudem Probleme mit dem Bike-Setup. Schließlich bin ich mit der Front tiefer gegangen und habe ein härteres Heck mit schnellerem Rebound gewählt. Ich wollte in den flachen Steinfeldern nicht so weit hinten im Bike sitzen, sondern besser Speed generieren können und nach vorne pushen. Am Ende des Tages war das Feeling dann zwar etwas besser, aber keinesfalls optimal.
Quali-Tag – Stürze links und rechts
Gott sei Dank habe ich mich am Quali-Tag etwas besser gefühlt – sowohl körperlich als auch im Kopf. Ich habe wohl einen Tag gebraucht, um wieder ins Downhill-Fahren reinzukommen – ich hatte ja seit Les Gets eine längere Pause. Trotzdem habe ich gemerkt, dass ich im Kopf zu sehr daran gedacht habe, sicher zu fahren und es nicht zu übertreiben. In Snowshoe sieht man in jeder Sektion, in der man stehen bleibt, Stürze und es hat insgesamt extrem viele Verletzungen gegeben. Dann öffnet man abends Instagram und sieht direkt die ganzen Nachrichten. So hat’s auch den David Trummer, einen Freund von mir, erwischt, der dann leider raus war. Dean Lucas hatte einen unglaublich harten Sturz, Benoit Coulanges ist raus und so weiter und so fort. Vielleicht bin ich mittlerweile etwas schlauer geworden und stecke an Tagen oder Wochen wie diesen, wenn ich weiß, dass es nicht optimal ist, Vollgas zu geben, minimal zurück. Man muss nur einen Stein falsch treffen und dann steht man direkt vor einem Baum.
Leider war das bei mir in der Quali dann der Fall. Im ersten Rockgarden oben ging es zack-bumm direkt links in einen Baum rein. Als mein Rad nach links ausgebrochen ist, dachte ich sofort: „Okay, jetzt ist die Saison vorbei!“ Ich bin schon ziemlich schnell in den Baum und habe den Aufprall komplett mit der Schulter abgefangen. Doch schon eine Sekunde nach dem Aufprall habe ich gemerkt, dass ich immer noch auf dem Bike sitze, schon wieder am Fahren bin und alles ok ist. Auf der GoPro hört man mein kurzes Jubeln über diese Feststellung. Ich habe noch versucht, meine verdrehte Bremse nach oben zu schlagen, dann war das zu weit, dann nach unten … den Helm musste ich justieren, da die Brille ganz oben saß … so war der Quali-Lauf dann mehr oder weniger vorbei. Trotzdem bin ich noch 20. geworden und ich wusste, dass die Pace da ist.
Andreas Kolb trifft Baum in Snowshoe von Gregor – Mehr Mountainbike-Videos
Diese Erfahrung hat meinen Verdacht jedoch bestätigt – auf dieser Strecke ist ein kleiner Fehler bereits sehr gefährlich! Auch andere Strecken haben natürlich ihre Tücken – mein Final-Lauf in Les-Gets war alles andere als ruhig. Es ist jedoch etwas anderes, wenn du links und rechts einen halben Meter mehr Freiraum hast zum Fehler machen und nicht sofort in einem Baum oder einem brutalen Steinfeld hängst. Mental war das für mich eine schwierige Situation.
Final-Tag – das wird hart!
Nichtsdestotrotz bin ich motiviert in den Renntag gestartet. Gemeinsam mit Ronan Dunne hatte ich ein gutes Training und habe einige gute Linien gefunden. Nach der Quali habe ich einen weiteren Trackwalk gemacht und definitiv weitere Zeit gefunden. Persönlich finde ich das Semi-Finale nicht super cool. Wenn man dann schon Vollgas gibt, dann ist der Vibe für das Finale einfach weg – das ist mir etwa in Lenzerheide passiert. Da kam der super motivierte Andi im Finale einfach nicht mehr zum Vorschein. Deshalb war ich zuletzt im Semi-Finale zurückhaltender unterwegs. In Snowshoe hat das für Platz 8 gereicht, womit ich an sich zufrieden war. Bruni war allerdings auf einer extremen Pace unterwegs und mir war schon klar, dass es zwar nicht unmöglich, aber sehr schwierig sein würde, hier um den Sieg mitzukämpfen.
Zwischen Semi-Finale und Finale habe ich das Replay gesehen und analysiert, was Bruni & Co. anders machen. Dazu gehört natürlich auch, sich die GoPro anzuschauen: Wo kann man mehr treten, wo muss man Exit-Speed mitnehmen und so weiter. So kam ich dann auch in ein gutes Mindset, wusste, dass ich attackieren kann und die Strecke trocknete auch immer weiter ab. Entsprechend bin ich mit sehr guten Top-Splits ins Rennen gestartet – erst 4., dann 3. – doch vor der langen Stein-Sektion unten habe ich zu viel darüber nachgedacht, flowig und sauber zu bleiben. Dadurch habe ich kleine Fehler eingebaut und bin nicht am Limit gefahren. Das hat sich dann bis ins Ziel gezogen. Am Ende lag ich auf Platz 7 – auch wenn ich im Ziel noch dachte, es könnte für ein Podium reichen.
Insgesamt muss ich sagen, bin ich mit dem Ergebnis happy. Wenn ich mir die ganzen Verletzungen anschaue, hätte es echt schlimmer sein können. Wir hatten auch im gesamten Team keinen einzigen Platten – es gab einfach keine störenden Zwischenfälle. Meinem Selbstvertrauen hat es auch gutgetan, dass ich mit so einem Lauf noch so weit vorn war und im Gesamt-World Cup liege ich nun auf Platz 5. Ich könnte sogar bis auf Platz 3 nach vorn rutschen in Mont-Sainte-Anne. Ich bin in Top-Form, die Motivation ist groß und die Rennen sind unglaublich packend: Es gab 8 Sieger in 8 Rennen dieses Jahr! Dass Oisin gewinnt, hätte ich niemals geglaubt, doch es ist gut zu sehen und macht unseren Sport super speziell. Hoffentlich gewinnt in Mont-Sainte-Anne jemand sein zweites Rennen des Jahres – am liebsten ich!
Danke euch!
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