Am diesem Wochenende wird die Deutsche Meisterschaft im Mountainbike Fourcross in Eisenhüttenstadt in Brandenburg ausgetragen. Hier kommen zehn Gründe, warum der Event im Osten nicht nur beachtenswert, sondern auch einen Besuch wert ist.
Erstens, das hohe Fourcross-Niveau in Deutschland. 2015 war für den deutschen Mountainbikesport ein besonderes Jahr. Nach langer Zeit gewann ein Deutscher in einer MTB- Eliteklasse den UCI Weltmeistertitel! Ein bärtiger Berliner fuhr im italienischen Val di Sole ins Regenbogentrikot. Aber im letzten September lief es für die Mannschaft Deutschlands noch besser, denn ein Reutlinger holte Bronze und somit standen mit Aiko Göhler und Benedikt Last zwei Deutsche nebeneinander auf dem Podium. Zusätzlich sicherte sich die Südbrandenburgerin Steffi Marth Bronze bei den Damen. Fazit: die Hälfte der zu vergebenden WM-Medaillen in der Disziplin Fourcross gingen somit an die Fahrer des BDR!
Zweitens, die Leistungsdichte verspricht packende Rennverläufe. Die drei WM-Medaillengewinner sind beileibe nicht die einzigen Favoriten. Zu viel kann passieren im Vierkampf. Bestes Beispiel sind die amtierenden Deutschen Meister im Fourcross. Letztes Jahr in Reutlingen setzten sich in einem rutschigen Regenrennen am Ende Johannes Fischbach und bei den Frauen Katrin Karkhof durch, obwohl beide mit ihrem derzeitigen Fokus auf die Disziplin Downhill nicht als Topfavoriten gesetzt waren. Doch in den spannenden Rennen erkämpften sie den Siege und das Publikum kam auf seine Kosten.
Drittens, Fourcross ist das actionreichste und unterhaltsamste Format für Zuschauer im Mountainbiken. Angespannte Nerven und Muskeln am Start, Zweikämpfe, Überholmanöver, technisch anspruchsvolle Sprungkombinationen und stets geht es Highspeed durch die Kurven, immer knapp am Grip-Limit. Simple Spielideen begeistern oft am meisten. Vier Fahrer, zwei scheiden pro Rennen aus, bis sich im Finale die besten vier deutschen Fourcrosser treffen!
Viertens, Fourcross macht den Fahrern mächtig Spaß, auch oder obwohl es fordernd für sie ist. Es bringt all die Fahrtechniken zusammen, die den Begeisterung für Bikeparks, auf Pumptracks und BMX-Bahnen ausmachen. Jeder, der das kann, kann auch Fourcross fahren. Allerdings mit einem völlig neuen Ansporn. Denn nach einem Zeitfahren, dessen Ergebnis zur Startaufstellung dient, geht es in die eigentlichen Rennen. Die Anwesenheit von drei Gegnern kickt gewaltig, vor allem wenn das eigene Vorderrad vor denen der anderen ist.
Fünftens, ein Lokalmatador mit Medaillenchancen sorgt immer für Stimmung. Klaus Beige steht für Eisenhüttenstadt. Zusammen mit seinem Fahrerkollegen Martin Otto und den rund dreißig Vereinsmitgliedern steht er hinter der Strecke und der Idee zur DM. Der Deutsche Vizemeister von 2011 ist ein technisch versierter Fahrer. Wo er am Start steht, zum Beispiel letztlich bei den Rennen der Pump Battle World Series, da merken seine Kontrahenten schnell, der smarte Ingenieur ist verdammt schnell, effektiv und sauber unterwegs. Als fairer Sportsmann ist er zudem bekannt. Wie viele Eisenhüttenstadter kann er an den Hang locken?
Sechstens, eine Strecke vom Feinsten ist allein schon eine Sehenswürdigkeit. Die Diehloer Berge ziehen sich nur ein paar Kilometer entlang des Oderstromes. In einem 10 0000 Quadratmeter großen, traditionellen Wintersportgebiet (!) entstand in den letzten Jahren aus den Ideen der lokalen Racer eine schnelle und höchste Ansprüche erfüllende Rennstrecke. Sie verläuft am Rand eines der nördlichsten deutschen Skihänge. Das die höchste Erhebung nur 116 Meter über den Meerespiegel ragt, stellt für Fourcross kein Problem dar. Die Piste geht ab! ProTour- oder WM-Strecken selbst in alpinen Austragungsorten haben auch nicht mehr Höhenmeter und kaum längere Fahrzeiten. 220 Meter lang ist der Hang als solcher, durch diverse Kurven wird die Fahrstrecke natürlich länger.
Siebentens, die Fahrmanöver werden begeistern. Sprünge gehören zum Fourcross und in Eisenhüttenstadt erwartet die Fahrer eine besondere Baulichkeit zum Abheben, die Proline. Die Fahrer müssen auf einem Streckenteil schnell entscheiden, ob ihr Schwung für die Proline-Sprünge von gewaltiger Weite reicht oder ob sie die weniger risikoreichen normalen Hindernisse wählen. Wohl gemerkt, die Entscheidung fällt in Bruchteilen von Sekunden, während vier Athleten Rad an Rad unterwegs sind. Die Qualität einer Rennstrecke bemisst sich am Ende aber vor allem daran, wie fair und offen die Zweikämpfe stattfinden können und ob unterschiedliche Fähigkeiten wie Reaktionsschnelligkeit und Spurtstärke am Start, der Speed in Kurven und Rhythm-Sektionen und taktisches Verhalten im Rennverlauf ausgeglichen werden können. Je später die Entscheidung auf dem Kurs fällt, umso besser sind die Rennen. Nach dem Premierenrennen im Mitteldeutschen 4X Cup wurde mit den gewonnenen Erfahrungen der Streckenverlauf und viele Details weiter optimiert.
Achtens, ein sympatischer, engagierter junger Ausrichter: Der Mountainbike und Skiverein MSV Diehloer Berge e.V. als Ausrichter dieses hochkarätigen Rennens wurde erst vor zwei Jahren neu gegründet und hat seit dem schon einiges bewegt. Machen wir uns nichts vor, in der Region Eisenhüttenstadt wachsen nicht nur sportlich die Bäume nicht in den Himmel. Die Sportanlage und die DM sind ein starkes Zeichen. Zur Anlage gehört auch eine bereits ehrenamtlich sanierte Skischanze aus den 1960ern, Skisprunglegende Jens Weißflog war Ehrengast bei der Bauübergabe. Ein Rodelberg sowie ein bald hoffentlich wieder eine Flutlichtanlage und ein Lift ergänzen das Areal. Direkt um die Ecke betreibt der lokale Motorsportclub eine Motocrossstrecke. Doch mit der DM kann der Verein Gästen wie Nachbarn zeigen, wie hoch eigentlich das sportliche Niveau ist. Wer seine Region so nach vorne pusht, der verdient viele Zuschauer und Teilnehmer.
Neuntens, hier gibt es zum Spitzensport Nachwuchs und Breitensport inklusive. Die DM Fourcross findet nicht zum ersten Mal im Rahmen des Mitteldeutschen Cup statt. Hervorgegangen aus dem 1997 ausgetragenen Sächsischen Dual Cup ist das mittlerweile die 20. Saison dieser Rennserie und schon vor 19 Jahren gastierte sie erstmals im Land Brandenburg. Ausgetragen werden derzeit vier offene Klassen (U14, U17, Damen, Hobby Herren, Masters) und die Herren Lizenz. In dieser Zeit konnten viele Talente zum MTB Sport finden, ganz oft auch aus Orten, die man wie Eisenhüttenstadt nicht sofort als 1a-MTB-Regionen auf dem Schirm hat. Das aber ist die große Kraft dieser Disziplin, niederschwellig kann sie konzentriert all das bieten, was den MTB-Sport so faszinierend macht. 4X kann damit einen Sport in die Fläche transportieren. Hochklassige Downhillrennen sind an Berge gebunden und Spitzensport in der olympischen Disziplin Cross Country findet fast nur noch in Baden-Württemberg statt. Eisenhüttenstadt bietet im Fourcross gleich zwei Rennen: einen Tag MDC, einen DM.
Zehntens, die Stadt und Region an der Grenze zu Polen sind eine Reise wert. Eisenhüttenstadt ist ein einziges großes städtebauliches und architektonisches Flächendenkmal, dass größte Deutschlands. Der Flair begeisterte schon US-Schauspieler Tom Hanks. Planmäßig entstand sie als sozialistisches Vorbild rund um das Eisenhüttenwerk. Mittelalterstädte kennt jeder, eine Stadtrundfahrt in einer einst als Vision gebauten modernen Stadt kann nur empfohlen werden. Doch die Region hat noch mehr zu bieten, sei es die alte Stadt Fürstenberg, das Kloster Neuzelle mit seiner Brauerei oder den prächtigen Naturpark Schlaubetal, wo sich das Land Brandburg von einer seiner schönsten Seiten erleben lässt.
