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Interview
Danny MacAskill über Physik-Unterricht und Trial auf dem Trailbike

MTB-News.de: Hi Danny, wir brauchen Dich wohl nicht vorzustellen. Deshalb starten wir gleich mit der ersten Frage: Hast Du als Schüler eigentlich in Physik aufgepasst?

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Danny MacAskill: Hab ich tatsächlich! Naturwissenschaften und Sport waren meins, Geschichte und Englisch haben mich dagegen nicht so interessiert.

Ehrlich? Wenn Du Fahrrad fährst, sieht es nämlich ein bisschen so aus, als ob Du in Physik geschlafen hättest …

Ahhh, ich verstehe. Ja, ich denke das kann man dann sagen.

# Im Physik-Unterricht hieß es, man könne nicht exakt geradeaus Fahrrad fahren - der Schotte scheint dagegen keine Kurven zu benötigen, um sein Fahrrad im Gleichgewicht zu halten.

Sind denn neue Tricks, Setups oder Drops wissenschaftlich durchdacht; rechnest Du beispielsweise Geschwindigkeiten aus, die Du für einen Sprung benötigst?

Nein, in Zahlen wird da nicht gerechnet. Es geht nur darum, ob es technisch gesehen machbar ist, ob ich für eine Rotation genügend Impuls bekomme oder so. Ich denke also nicht darüber nach, was ich konkret machen muss, welche Geschwindigkeit ich brauche, nein. Es ist mehr ein Gefühl: Das kann ich machen, das nicht.

Hattest Du das Gefühl auch im April 2009, als dein Video „Inspired Bicycles“ auf Youtube durch die Decke ging? Was wäre gewesen, wenn das nicht passiert wäre?

Naja, geplant habe ich das nicht. Ich arbeitete damals seit 3 Jahren als Mechaniker bei Macdonald Cycles in Edinburgh, und ich hätte den Job wohl auch erstmal nicht aufgegeben. Meine Arbeit hat mir Spaß gemacht, ich liebe es an Fahrrädern rumzuschrauben. Das Gute an der Arbeit in der Werkstatt im Keller war: Die Bikes geben Dir keine Widerworte! Wenn Du im Verkauf bist musst Du mit den Kunden sprechen…

Wenn mein Video mich nicht davon abgebracht hätte, wäre ich gerne noch Weltcup-Mechaniker geworden. Reisen und an Bikes schrauben, perfekt! Aber dann hatte ich mit dem Video einfach großes Glück.

Hast Du irgendeine Idee, warum genau dieses Video so unfassbar erfolgreich war?

Schwierig. Ich denke, dass Trial als Sport in der Mitte verschiedenster Szenen angesiedelt ist. Pinkbike hat das Video gepostet, da haben es Mountainbiker gesehen. Dann haben es BMXer angeschaut. Trial-Fahrer. Rennrad-Fahrer. Alle möglichen Radfahrer einfach, und nicht nur eine der Szenen.

# Alles Kopfsache - für solch eine Aktion nimmt sich Danny viel Zeit und Ruhe.

Bist Du eigentlich Teil der Trial-Szene, in der es um Wettkämpfe und Weltmeistertitel geht?

Teil der Trial-Szene bin ich, aber nicht Teil der Wettkampf-Szene. Der Grund ist ziemlich einfach: Ich bin auf der Isle of Skye aufgewachsen, und das ist weit weg von jedem Wettbewerb. Aber ich bin auch einfach kein Wettkampf-Typ. Ich fahre gerne zum Spaß.

Das heißt, Du würdest bei einer Trial-WM auch nicht gut abschneiden? 

Nein, absolut nicht. Das ist auch nicht meine Art zu fahren. Bei Trial-Wettbewerben geht es zum Beispiel darum, wie oft Du den Fuß auf den Boden setzt. Ich dagegen suche mir Herausforderungen, bei denen ich 100 oder 200 Versuche brauche, um sie ein einziges Mal sauber zu schaffen! In den Videos kann ich das machen, aber in einem Wettbewerb wird das schwierig.

Wir haben Dich früher auf Orange Mountainbikes gesehen – jetzt warst Du in „The Ridge“ mit einem Santa Cruz Bronson unterwegs. Wie kommt’s? 

Der Kontakt kam über meinen Filmer Stu Thomson (Cutmedia) zustande. Er hatte ein Jahr vorher einen Film mit Peaty in Schottland gemacht, und ich wollte unbedingt einen Film auf der Isle of Skye drehen. So kam eins zum andern.

# Trial mit dem Trailbike? - "Du kannst auf allem Spaß haben!"

Und wie fährt sich ein 150 mm Fully als Trial-Bike?

Das ist schon interessant, du passt nämlich deinen Fahrstil an. Aber ich denke: Du kannst auf jedes Fahrrad sitzen und alles mögliche damit machen!

… ja, DU scheinst das zu können…

Naja, egal ob Rennrad oder BMX, Du fährst Fahrrad. Viel von der Fahrerei in „The Ridge“ war ja normales Mountainbiken, da war das Rad natürlich perfekt für. Dann waren da ein paar spezielle Sachen. Aber vor allem habe ich das Rad ja viel getragen, und da war es grad egal, was ich da durch die Gegend trage. Hätte wirklich alles sein können, von mir aus auch ein Rennrad (lacht).

Aber vermutlich war das Bronson dann doch eine bewusste Entscheidung, oder?

Klar, das Ding ist irrsinnig leicht und deshalb gut zu tragen! (lacht) Naja, und Bunny Hops konnte man damit auch ganz gut machen!

Für gewöhnlich fährst Du aber dein Inspired Skye, bei dem Du ja auch kräftig mit-entwickelt hast, oder?

Ja, auf jeden Fall. Wir entwickeln das Rad konstant weiter. Inzwischen fahre ich seit 8 oder 9 Jahren für Inspired, ein guter Freund führt die Firma, und sie haben einen großen Teil dazu beigetragen, dass ich heute hier stehe.

Die Firma ist aber ja ziemlich klein. Wie haben Sie Dich als Fahrer halten können?

Ganz einfach: Sie bauen das Fahrrad, das perfekt für mich ist. Inspired ist tatsächlich klein, aber ich arbeite sehr gerne mit ihnen zusammen. Wenn ich mal etwas ändern will; kürzere Kettenstreben oder ein höheres Innenlager vielleicht, dann machen Sie das sofort. Ich stehe da nicht in einer langen Warteschlange, sondern sie machen es sofort. Eine sehr coole Marke!

Welches ist denn das wichtigste Teil an Deinem Bike?

Das ist eine schwierige Frage. Ich würde sagen – und das sage ich nicht weil wir hier gerade am Magura-Stand stehen – für einen Trial Fahrer sind es die Bremsen, es sei denn er fährt Brakeless-Trial. Alles was Du tust, ist Präzision auf entweder dem Vorder- oder dem Hinterrad. Wenn an meinem Bike etwas nicht stimmt, besonders wenn an den Bremsen etwas nicht passt, dann fühle ich mich fast so, als ob ich krank wäre. Das beschreibt es denke ich ganz gut. Wenn ich irgendwo runter springe, dann muss ich wissen, wie das Rad reagiert.

# Das wichtigste Teil am Rad? - Ehrlich gesagt die Bremsen - das sieht man.

Das heißt, Magura hat Dich kürzlich allein durch das Produkt überzeugen können?

Nicht nur, denn als ich jung waren, fuhren auch alle meine Idole Magura Bremsen. Hans Rey oder Martin Ashton hatten damals auch alle Raceline Bremsen an ihren Bikes, deshalb freue ich mich jetzt auch über die Neongelben Bremsen an meinem Bike.

Kürzlich haben wir Dich als Stuntmen in einer Hollywood-Produktion gesehen. Wie unterscheidet sich die Arbeit dort von Deinen eigenen Filmen?

Das hat Spaß gemacht, aber ich habe da nur sehr am Rande mitgewirkt. Aber dennoch: Es ist völlig anders. Eigentlich sehr einfache Arbeit, weil ich nur das gleiche immer wieder machen musste. Fahrtechnisch nicht besonders anspruchsvoll. Bei meinen eigenen Filmen ist das anders, da strebe ich immer 100 % an, probiere neue Dinge aus. Und bei meinen eigenen Produktionen habe ich keinen Sicherheitsbeauftragten, der mir sagt, was ich machen darf und was nicht.

Wann dürfen wir denn mit Deinem ersten eigenen Hollywood-Streifen rechnen? 

(lacht) Ich weiß nicht ob das jemals passieren wird.

Obwohl es in gewisser Hinsicht schon der nächste Schritt wäre, oder?

Ja, aber ich halte die Dinge gern klein. Und ich sehe mich nicht wirklich im Kino.

Wie groß ist denn das Team, mit dem Du sonst arbeitest?

Die Ideen für neue Filme habe ich eigentlich immer selbst. Und je nach Idee suche ich dann die richtigen Partner. Für „Imaginate“ habe ich natürlich viel Hilfe gebraucht, für „Epecuen“ hingegen nicht sooo viel. Inzwischen finden sich in meinem Freundeskreis die richtigen Leute für fast jedes Projekt.

Ist denn Dein Erfolgsfaktor, dass Du immer in einer neuen Umgebung fährst?

Ja, ich glaube schon dass das wichtig ist. Wenn ich jedes Mal einen neuen Street-Film machen würde, wäre es verdammt schwer. Da habe ich selbst gleich 2009 die Messlatte sehr hoch gelegt, dass es schwierig wird, damit noch jemanden zu überraschen. Vor dem Film hatte ich ja 4 Jahre in Edinburgh gelebt und Spots gesucht und gefahren, dann haben wir einen kompletten Winter gefilmt – das wird verdammt schwer zu wiederholen. Heute kann ich kaum mehr 6 Monate in einen neuen Film packen, weil ich mit Foto-Shootings, meiner Drop- and-Roll-Tour und so weiter einfach eingebunden bin. Deshalb: Ja, ich arbeite auch an meinem fahrerischen Level, aber durch die neuen Filme vermeide ich den Vergleich mit dem vorherigen Film – und das sehe ich durchaus als Erfolgsfaktor für die neuen Filme. Das war auch bei „The Ridge“ ein wichtiger Faktor.

# Das fahrerische Level steigt - zusätzlich arbeitet Danny viel an Tricks, die einfach anders und neu sind.

Würdest Du denn sagen, dass Dein Level sich von Film zu Film steigert? Von außen ist es ja schwer zu beurteilen, welcher Move jetzt wirklich schwierig ist und welcher nur spektakulär aussieht.

Neue Tricks sind nicht immer schwierig, häufig sind sie auch einfach skurril oder albern. Zum Beispiel mein Zaun-Frontflip. Jeder Mountainbiker hat sein Rad schon einmal über einen Zaun heben müssen, deshalb habe ich überlegt: Wie könnte ich den Zaun überqueren? Auf dem Hinterrad? Auf dem Vorderrad? Vielleicht mit einem Frontflip?

Hast Du Dich da bei den Wintersportlern inspiriert, die auch gegen Bäume und andere Hindernisse „bonken“, um eine Drehung einzuleiten?

Nicht wirklich, ich hatte das Prinzip schon in „Imaginate“ gelernt, wo ich Matten hatte und neue Versuche unternommen habe. Aber natürlich: Ich schaue mir Wintersport an, und generell andere Sportarten, um Inspiration zu sammeln. Das ist ganz schön ergiebig, ich habe schon heute einige Ideen im Kopf, die ich in kommenden Videos umsetzen will. Die werde ich dann einfach ausprobieren.

# Fahrtechnik par excellence - um die effektive Drophöhe zu verringern, senkt Danny seinen Schwerpunkt schon ab, bevor er über die Kante fährt.

Einfach ausprobieren klingt etwas riskant – wie vermeidest Du, dass du dich dabei oder generell bei deinen Stunts verletzt? 

Das hängt immer davon ab, was Du gerade machst. Wenn wir bei einem Städte-Trip zum Beispiel in Barcelona sind, dann weiß ich, dass ich eine Sache genau einmal machen muss. Dann nehme ich mir die Zeit, ganz oft anzufahren, die Geschwindigkeit zu checken, und erst dann zu fahren. Irgendwann hebst Du dann ab und landest hoffentlich und verletzt Dich nicht. Dann gibt es aber auch andere Sachen, Flips zum Beispiel. Bevor ich eine neue Rotation wage, helfe ich mir mit Sturzmatten, die dann entfernt werden, wenn alles klappt. Zum Beispiel als ich in Edinburgh von der Burg gesprungen bin – ich hatte den Frontflip von der Burgmauer noch nie probiert – hatten wir nur 1,5 h Zeit für die Aktion. Ich wusste ungefähr, dass ich das machen kann, aber ich wusste auch: Wir wollen noch 4 Wochen weiterfilmen, wenn ich mich jetzt verletze, wird das nichts. Also haben wir eine Matte hingelegt, die schlimmeres verhindert hätte. Dann habe ich das Ding gestanden, Matte weg, Kamera an.

# Schmales Gelände in ausgesetzter Lage? - Gerne, aber doch bitte auf dem Hinterrad! In vielen Fällen hilft sich Danny mit Matten, die im Falle eines Falles schlimmeres verhindern würden.

Klingt einfach! Hast Du als Abschluss noch einen Tipp für jemanden, der Deine Art Fahrrad zu fahren mal ausprobieren möchte?

Ja klar. Habt Spaß! Ich bin heute hier, weil ich ständig an meinem Radfahren arbeite und Spaß am Radfahren habe. Ob Du zur Schule fährst oder auf Singletrails unterwegs bist, hab Spaß dabei!

Fotos: Philip Ruopp
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