Allerspätestens nach der letzten Eurobike und der dort präsentierten Unmenge an E-Mountainbikes scheint klar: Für diese Systeme gibt es anscheinend – nicht nur unter Rentnern – eine Zielgruppe. Auch wenn sie nicht zwangsläufig etwas mit „Mountainbiken“ zu tun haben muss ist sie offensichtlich groß genug, um Messehallen zu fluten und das Freigelände zu elektrifizieren. Doch noch sind die Einstiegspreise hoch und nicht jeder will gleich groß investieren, weshalb sich auch das ein oder andere Nachrüstkit im Wettbewerb tummelt. Über eines dieser nachrüstbaren Kits haben wir schon berichtet) und nun mit dem E-Bike Bausatz von Cycloboost aus Frankreich eine weitere Lösung in der Praxis auf die Probe gestellt. Wie uns die Elektrifizierung gelungen ist und welche Probleme es gegeben hat, haben wir für euch in diesem Test zusammengefasst.
# Das einzige verfügbare Bike in der Redaktion, an das die Einheit gepasst hat – ein gerades Unterrohr ist Pflicht für die korrekte Montage.
# Pimp my ride and make it an E!
Die Übergabe unseres Test-Kits haben wir auf der Eurobike geregelt – und das war auch gut so. Bei dem Cycloboost-Bausatz handelt es sich nicht um ein Paket von drei oder vier Kilo, sondern um einen Koffer im Trolley-Format. Angeboten werden die drei Kits „Light“, „Powerful“ und KMP (Enduro), welches wir getestet haben.
Montage
# Ein 68er Tretlagergehäuse und ein absolut gerades Unterrohr waren notwendig, um die Einheit zu montieren.
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# Zwar sind die Kabel nummeriert, aber dennoch wirkt die Konstruktion auf den ersten Blick etwas undurchsichtig
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Zur Hilfestellung nutzten wir Video– und PDF-Anleitung. Tretlager raus, Rack drauf, neues Tretlager rein… Soweit konnten wir die Montage ohne wirkliche Probleme ausführen auch, wenn wir teilweise aufgrund der Unmenge an Kabeln etwas verwirrt wurden, die doch verbunden werden mussten – so schafften wir die Montage leider bei weitem nicht in den von Cycloboost genannten 10 Minuten. Als alles geschafft war, konnten wir es kaum erwarten: Die erste Probefahrt! Endlich. E-Bikes, so oft von eingefleischten Mountainbikern verlacht, sorgen dann bei näherer Betrachtung doch für ein hohes Maß an Neugier.
Erste Fahrt auf der Straße
Ernsthafte Anwendung
Als Bikefotograf ist man zumeist auf das gleiche Fortbewegungsmittel angewiesen wie die Leute, die man später an den teilweise entlegendsten Orten fotografiert. Leider kommt im Vergleich zum Fotofahrer ein erschwerender Faktor hinzu: Der Fotorucksack. Hier bewegen wir uns teilweise in Regionen um die 20kg und selbst wenn man auf eine Trinkblase oder zusätzliche Kleidung verzichtet, ist das schon ein ganz schönes Päckchen, was den Berg hinaufgebracht werden möchte.
Auf manchen Events bekommen akkreditierte Fotografen bereits E-Mountainbikes gestellt, um zeitnah verschiedene Fotospots abdecken zu können. Das ist insbesondere bei Endurorennen interessant, bei denen man sonst auf ein Auto oder ein Motorrad angewiesen wäre.
# Cycloboost-Bausatz beim Uphill
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Unser Ansatz war nun also, das Cycloboost-System als Unterstützung der Fotografeneinheit zu nutzen. Mit Fotorucksack und Oldschool-Hardtail ging es also ab auf den Hometrail. Der Weg dorthin führt bei mir zunächst über eine relativ steile Teerstraße – hier gab es für den Motor direkt einiges zu tun. So musste ich im leichtesten Gang immer noch kräftig mittreten, um die Steigung zu meistern. Doch für unseren Test waren wir natürlich mehr an Trails interessiert. Dort angekommen war nicht nur mein Fotofahrer, sondern auch ich bereits etwas gezeichnet. Mein Gesamtgewicht inklusive Fotorucksack und Bike bewegte sich immerhin bei gut 130kg. Ein Uphill wird einem schon mal nicht geschenkt – trotz Motorunterstützung.
# Auch mit Motorunterstützung bekommt man den Uphill nicht geschenkt.
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Die Belastung für den Motor und den Akku war somit sehr hoch und trotz einer vollen Ladung gab der Motor nach knapp 25km auf – rund die Hälfte der vom Hersteller genannten Fahrzeit. Hier dürfte man mit gemäßigterem Gelände und weniger Gesamtgewicht durchaus mehr rausholen können. Für mich wurde es dann durchaus etwas unangenehm: Ohne Unterstützung wollte das System natürlich immer noch durchs Gelände bewegt werden und ein 21kg-Bike plus Fotorucksack war da schon eine gewisse sportliche Herausforderung.
# Auf gehts in die Abfahrt
Nichtsdestotrotz blieb das System am Rad und der Akku im Rucksack, denn die Abfahrt war in Sicht. Mit voll bepacktem Rucksack auf Singletrails unterwegs zu sein ist schon eine Aufgabe – hinzu kam nun, dass das Kabel, welches aus dem Rucksack zur Steuereinheit führt, soweit relativ lose herumbaumelt. Hier muss man aufpassen, dass man die Verbindung nicht aus Versehen durch aktive Fahrweise löst.
# Große Sprünge sind mit dem hohen Gesamtgewicht nicht mehr drin.
Fazit
Unsere Vorstellung, dass eine solche Unterstützung stark genug wäre um das Bike-Fotografenleben zu erleichtern, war etwas hochgegriffen – hierfür stellte das System schlichtweg nicht genug Leistung zur Verfügung und der Akku litt wohl zu stark unter der Beanspruchung, als dass er in die Nähe der angegebenen 50km Reichweite gekommen wäre. Somit war das System letzten Endes eher eine Belastung denn eine Bereicherung, da wir knapp 10kg zusätzlich über den Trail bewegen mussten, ohne etwas davon zu haben.
Für wen ist also dieser Motor gemacht? Aktuell wird auch eine Befestigungsmöglichkeit für 73mm Tretlagergehäuse angeboten, was die Kompatibilität des Systems um einiges erweitern sollte. Leider gibt es nach wie vor kein geschwungenes Rack, mit dem man an neuere Rahmenformen anbauen könnte. So ist das System eine Möglichkeit für Leute, die noch ein alterndes Mountainbike (was den technischen Anforderungen des Anbaus entspricht) im Keller haben, dieses elektrisch wiederzubeleben. Dieses wird zwar dadurch nicht zu einem Trail-Spaßgerät, aber doch ein relativ solides Bike, dass für Freizeitfahrer auf gemäßigten Trails oder auf dem Weg zum Wochenmarkt eine gewisse Unterstützung bietet, mit der sie sich auf kurzen Touren das Leben etwas leichter machen können.
Technische Daten
(Herstellerangaben)
Kontinuierliche Leistung: 250w
Maximale Leistung (~30s) : 525w
Maximale Geschwindigkeit unbeladen: 46 km/h
Maximale Geschwindigkeit auf flacher Straße mit Ladung ohne Treten: 35km/h
Maximale Geschwindigkeit auf flacher Straße mit Ladung mit Treten: 46km/h (wenn man bergab fährt oder schneller mittritt, dreht sich der Motor nicht schnell genug um weiter Unterstützung zu bieten)
Bergleistung bei 20% Steigung: 20% mit pedalieren
Drehmoment am Laufrad: 60N.m
Kapazität des Akku: ~ 50km
Abmessungen (L x B x H ) : 28 x 16,5 x 11cm
Gewichtsangabe des Half-suspended-Kits MTB: 6,27kg (4,7kg am Rad ohne Batterie)
Gewichtsangabe des Full-suspended-Kits MTB: 6,54kg (4,97kg am Rad ohne Batterie)
Leider wich die Herstellerangabe stark vom wirklichen Wert ab. Bei uns war ein Zuwachs von 6,3kg am Bike zu messen. Soweit noch im Rahmen – allerdings war da noch nicht der 3,1kg schwere Akku dabei, welcher im Rucksack mitgeführt werden muss. In Summe kamen wir auf 9,4kg Systemgewicht, was unser Bike auf satte 21,5kg brachte.
Tretlagergehäuseoption Hardtail: square chainset sheel of 68mm
Tretlagergehäuseoption Fully: ISIS axis chainset shell 73mm
Preis: 759 Euro
Gewichte im Test
Komplettrad 12,1 kg
Komplettrad mit Cycloboost 18,4 kg + 3,1 kg Akku im Rucksack.