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Crankworx Ghost Teamblog #3
Wenn Speed Style schlägt, ist Speed sein Trick!

Buhrufe gab es zwar nicht, und dennoch war es unschwer zu bemerken, dass sich so mancher Zuschauer am Ende des Wettkampfs um seine Show gebracht fühlte. Dual Speed And Style heißt das Format, welches an diesem Abend hätte umbenannt werden müssen – in Dual Speed vs. Style. Was genau am Donnerstagabend beim Crankworx Festival in Rotorua geschah, lest ihr hier.

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Rückblick: wie aus einer „Schnapsidee“ Ernst wurde

„Sag mal, hältst du es nicht auch für realistisch, beim Crankworx um den Titel King Of Crankworx zu fahren?“ – frage ich Team-Fahrer Tomas Slavik auf unserer GHOST-Betriebsweihnachtsfeier. „King Of Crankworx? Ich hab keine Ahnung, was das ist!“, ist seine Antwort. „Da geht es um Vielseitigkeit – vor allem aber um Speed – auf dem Pumptrack, beim Dual Slalom usw.“, erkläre ich ihm kurz und knapp. „Pumptrack? Dual Slalom? Klingt interessant!“ Zwei Tage später dann ein Anruf – es ist Tomas, der die Idee wohl ernster genommen hatte, als meine Frage es eigentlich beabsichtigte. „Ich hab mich da mal eingelesen: klingt super, bin dabei!“

Zwei Monate später stehen wir hier, in Rotorua und blicken auf den Kurs des Dual Speed And Style Rennens, welches Tomas’ erster Wettkampf der diesjährigen Crankworx World Tour werden wird. Fünf Jahre ist es her, dass er das letzte Mal bei einem Crankworx Event an den Start ging. Damals fuhr er mit einer Goldmedaille im Giant Slalom in der Tasche nach Hause. Jetzt, da er zum ersten Mal mit dem ihm bis dato unbekannten Format Dual Speed And Style konfrontiert wird, fragt sich der 28-Jährige, ob er gegen die trickreichen Slopestyle- und Pumptrack-Experten eine Chance haben würde. Ein paar Tricks im Repertoire zu haben wäre wohl doch ganz praktisch gewesen. Auf zwei Tage ist das Rennen inklusive Training angesetzt – mal sehen, was sich da noch so entwickelt!

# Dual Speed And Style - Der Blick auf die Strecke - eine nahezu perfekte Strecke!
# Besser könnten Strecke und Bedingungen nicht sein
# Welcome back! - Tomas Slavik ist nach fünf Jahren Abstinenz zurück bei einem Crankworx-Festival.

Speed oder Style, das ist hier die Frage

Nachdem Tomas am Morgen noch unser Wohnzimmer in Beschlag genommen hatte, um auf dem Rücken liegend Tricks einzustudieren, entscheidet er sich nach einigen Trainingsläufen und dem erneuten Studium des Regelwerks, im Wettkampf auf sein dann doch eher bescheidenes Trick-Repertoire zu verzichten. Speed vs. Style sollte es am Ende heißen. In der Vergangenheit war daran schon so mancher Racer gescheitert, denn trotz ihrer doch sehr lässigen Art der jungen Slopestyle und Pumptrack-Profis, sollte man ihre Fitness nicht unterschätzen. Und Fitness ist neben Skills letztlich das A und O, um bei einem Rennen wie diesem mit blitzschnellen Pumpbewegungen durch die zahlreichen Wellen und Anlieger zu fetzen.

Doch was ihm an Style über die Jahre seiner Rennkarriere abhandengekommen ist, kann der 2-fache Weltmeister in Sachen Kraft und Spritzigkeit allemal wettmachen. Außerdem hat Tomas noch ein zweites Ass im Ärmel, was ihn obendrein von seinen Konkurrenten unterscheidet. Als einziger Teilnehmer geht Tomas auf einem Carbon-Hardtail an den Start. Dass dieses, nennen wir es Experiment, zünden würde, hätten im Vorfeld wohl die wenigsten mit einem Wetteinsatz beglaubigt. Das Bike seiner Wahl: Das All Mountain-Hardtail Asket, welches zwar für kompromisslosen Geländespaß konzipiert wurde, nicht aber für Dirt- oder 4Cross-ähnliche Einsätze. Dass es auch hier überzeugen könnte, davon waren im Vorfeld lediglich seine Entwickler und Testfahrer überzeugt.

# Der Exot unter den Dual-Bikes - das All Mountain-Hardtail Asket mit Carbon-Rahmen und gerade einmal 9,6 kg Gewicht.

Dass Tomas auf einem Carbon-Rahmen an den Start geht, bleibt nicht lange unbemerkt. Immer wieder wird er auf sein exotisches Wettkampf-Bike angesprochen. Die Einen lieben es, die Anderen hassen es – und Tomas selbst: er ist hin und weg, denn so schnell wie mit seinem neuen Arbeitsgerät hat er das Gate noch nie verlassen, vom Speed in den engen Anliegern des Kurses ganz zu schweigen.

Nach dem Seeding-Run, welcher ohne Tricks ausgetragen wird, liegt nur ein Fahrer vor Thomas, der Schwede und Mr. Style himself Martin Söderström, der jedoch im späteren Finale nach einem Sturz früh ausscheiden wird. Das Starterfeld verspricht eine starke Show. Dass diese die Zuschauer am Ende in zwei Lager spalten würde, hätte vor dem großen Finale aber wohl noch niemand erwartet.

# Martin Söderström, der wohl gefährlichste Fahrer im Feld
# Tomas Slavik

Speed vs. Style: denn Speed ist sein Trick

Das Gate fällt, und bevor das Hinterrad seines Konkurrenten Tyler das Startgatter verlassen hat, ist Tomas bereits fünf Meter voraus. Allein der Überraschungseffekt von Tomas’ überlegenen Starts habe so manchen Gegner nach eigenen Angaben für einen kurzen Moment aus der Fassung gebracht. Der 2-fache 4Cross-Weltmeister legt an diesem Abend Starts aufs Bankett wie kein Zweiter. Doch um sich in Sicherheit zu wiegen, reicht das nicht aus. Unter den Konkurrenten sind diverse Favoriten, die sich in der Vergangenheit bei Dual Slalom- und Pumptrack-Wettkämpfen mit einer unvergleichlichen Dominanz behaupten konnten. Die wohl Stärksten von ihnen: Kyle Strait und Adrien Loron.

Nachdem der erste Lauf des 1/8-Final-Heats aufgrund von Tylers trickbedingten Zeitgutschriften doch recht knapp zur Sache geht, entscheidet sich Tomas kurzerhand im zweiten Lauf auf einen Trick zu setzen. Als er uns von seinem Plan erzählt, spricht bewusst von Trick und nicht von Style – und das, obwohl der Toboggan laut Regelwerk recht gut bewertet wird, sofern seine Ausführung dem Geschmack der Judges entspricht. Während McCaul mit einem ordentlichen Tail Whip durch die Luft segelt, greift Tomas an den Sattel, schiebt das Bike unter sich durch und versucht trotz Trick die Flugzeit möglichst kurz zu halten. Der Plan geht auf: Tomas legt einen Start-Ziel-Sieg hin, bekommt jedoch lediglich 0,02 Sekunden Gutschrift für seinen ganz passablen Toboggan. Dennoch, McCaul gelingt es trotz seiner Tricks nicht an Tomas heranzukommen.

# Dann doch, ein Trick! - Tomas versucht die Punktrichter mit einem Toboggan zu überzeugen.

Sein nächster Kontrahent ist kein Geringerer als Tomas Lemoine – der spätere Pumptrack-Sieger – welcher sich als schwierigerer Gegner als erwartet entpuppt. Lemoine ist schnell, verdammt schnell sogar. Am ersten Trick-Jump packt er zudem einen mächtigen Flatspin aus. Das Resultat: satte 3.32 Sekunden Gutschrift für den Franzosen. Doch wieder reicht es nicht aus, um Tomas’ kompromisslose Runs zu unterbieten. Mit 0,33 Sekunden bleibt Slavik in Führung. Bringen ihm Tricks dann überhaupt etwas? Nein. Tomas entscheidet sich von nun an zu seiner ursprünglichen Taktik zurückzukehren: Speed statt Style.

# Speed vs. Style - Tomas Slavik vs. Tomas Lemonie

Das Halbfinale könnte eine Wende bringen: Tomas tritt gegen Pumptrack-Experten Adrien Loron an, der neben Speed auch jede Menge Style in petto hat. Tomas schnappt sich den Sieg auf Zeit, doch Loron punktet mit starken Tricks und schiebt sich mit hauchdünnem Vorsprung in Führung. Tomas bleibt entspannt, der zweite Lauf wird besser – er mag die äußere Bahn lieber. Doch dann, Loron explodiert förmlich am Start. Während Tomas noch im Gate steht, ist Loron schon einige Meter voraus. Was ist da los? Die Zuschauer sind perplex – hat Tomas verpennt? Die Zeitlupe gibt Aufschluss: Loron berührt das Gatter mit dem Vorderrad, worauf hin dieses auslöst, während Tomas’ Seite geschlossen bleibt. Die Kampfrichter werten diesen wohl eher technischen Mangel als Foul Lorons. Adrien wird disqualifiziert, was ihm die Höchstzeit, jedoch nicht das Aus im Wettkampf einhandelt. Damit steht Tomas im großen Finale – sein Gegner: kein Geringerer als Dual Slalom-Spezialist Kyle Strait.

Die Zuschauer sind aus dem Häuschen: Kyle, der schon mehrmals die prestigeträchtigen Dual Slalom-Rennen beim Sea Otter Classic und dem Crankworx gewinnen konnte und zudem jegliche Tricks beherrscht, gilt als klarer Favorit. Doch als das Startgatter zum ersten Lauf fällt, verstummt das Publikum. Slavik gelingt erneut der Holeshot. An Tricks versucht sich Slavik auch dieses Mal gar nicht erst – Strait ist als Gegner einfach zu gefährlich. Dennoch, mit mehr als einer Sekunde Vorsprung geht Tomas über die Ziellinie. Trotz Zeitgutschrift für seine Tricks bleibt Kyle hinter dem Weltmeister. Im zweiten Lauf lässt Slavik nichts mehr anbrennen und deklassiert Kyle mit 1,4 Sekunden Vorsprung, welche der Amerikaner über seine Zeitgutschriften erneut nicht wettmachen kann.

# Das geht sich aus, gut sogar. - Mit deutlichem Vorsprung verweist Tomas Kyle Strait auf Platz 2, der auch trotz mächtigem Trick-Level nicht mehr aufholen kann.

Es ist kaum zu fassen, doch zum ersten Mal in der Geschichte des Dual Speed And Style schlägt Speed den Style. Tomas ist aus dem Häuschen und kann seinen Erfolg kaum glauben. Nach fünf Jahren Abstinenz setzt er seine Crankworx-Geschichte dort fort, wo sie aufgehört hatte, auf dem obersten Treppchen des Podiums. Die Fans und Zuschauer sind zerrüttet – die einen feiern den Erfolg des Racers, die anderen ärgern sich mit den allen, die Style beim Dual Speed And Style für obligatorisch erachten. Doch vielleicht ist er das tatsächlich, auch wenn es die Regeln nicht gebieten. „Beim nächsten Mal gibt es die Show, die das Format verspricht – dann gehe ich auch mit einem Trickrepertoire an den Start“, verspricht Slavik zum Abschluss. Lassen wir uns überraschen was er bis Les Gets im Juni lernen kann. Wir sind jedoch recht zuversichtlich!

# Shake hands
# Sieg und Niederlage liegen nah beieinander
# Nach fünf Jahren nahtlos angeknüpft - Tomas feiert einen weiteren Crankworx-Sieg.

Tomas Slavik siegt beim Dual Speed And Style: die Fotostory

# Volle Konzentration
# Carbon statt Kondition
# Riders ready? Watch the gate!
# Wenn das nicht der perfekte Boden ist - Trail-Bauer Tomas ist begeistert.
# Kyle Strait
# BMX-Star Barry Nobles
# Railing ruts...
# Sollte man live erlebt haben!
# Durch die Kurven wie auf Schienen - Slavik ist begeistert von der Präzision seines neuen Arbeitsgeräts.
# Keine Chance - Selbst Style-Master und Vorzeige-Shredder R-Dog kann mit Tomas nicht mithalten. Schon in der Quali muss er sich dem Tschechen geschlagen geben.
# Ein letzter Trainingslauf vor dem großen Finale.
# Trick oder kein Trick - Tomas ist hin und her gerissen.
# Speed is his trick!
# Noch einmal wässern, dann kann die Show beginnen
# Eng geht es zur Sache, richtig eng. - Nur bei Tomas nicht: Er liegt meist schon auf halber Strecke mit ordentlich Vorsprung voraus.
# Vorsprung trotz Außenkurve
# Start-Ziel-Sieg, und was für einer!
# Das große Finale
# Klarer Sieg für Tomas
# Mit Spannung erwarten die beiden das Ergebnis der Punktrichter.
# Ein überglücklicher Tomas Slavik
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# Dual Speed And Style Rotorua - and the Winner is: - Tomas Slavik
# Winning bike - GHOST Asket LC 9
# Gold
Text: Maxi Dickerhoff – Ghost Bikes

 

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